Vielfältige Familiensaga mit sehr mannigfaltigen Charakteren
Die BlankenburgsFrankfurt im Jahr 1929: Die Porzellanmanufaktur Blankenburg steht für ein über 150-jähriges Familienimperium. Die Geschäfte laufen gut, bis zum Börsencrash 1929. Als das Familienoberhaupt Adalmar und sein ...
Frankfurt im Jahr 1929: Die Porzellanmanufaktur Blankenburg steht für ein über 150-jähriges Familienimperium. Die Geschäfte laufen gut, bis zum Börsencrash 1929. Als das Familienoberhaupt Adalmar und sein Schwiegersohn Richard ihr gesamtes Vermögen verlieren, nehmen sie sich beide das Leben und hinterlassen die Schwestern Elise und Ophélie, die fortan den Kampf um die Manufaktur in unsicheren wirtschaftlichen Zeiten und mit dem Hintergrund des erstarkenden Nationalsozialismus führen müssen. Leider sind sich beide Schwestern nicht gerade freundlich gesonnen, was sehr hinderlich ist. Außerdem haben zahlreiche andere Charaktere an der Zukunft der Manufaktur Blankenburg ein Wörtchen mitzureden, sodass sich mit diesem Hintergrund eine interessante Familiengeschichte ergibt.
Der Roman „Die Blankenburgs“ stammt vom Autor Eric Berg, der eigentlich eher für seine Kriminalromane bekannt ist, nun sich aber zunehmend historischen Romanen widmet. Bisher war mir keines seiner Werke bekannt. Das Cover des Buches finde ich sehr ansprechend und neugierig machend. Auch der Hintergrund einer Familiengeschichte stimmte mich hoffnungsvoll, sodass ich sehr schnell und gern mit der Lektüre begonnen habe. Der Schreibstil des Romans ist äußerst gelungen. Er ist sehr komplex und bringt die unterschiedlichsten Charaktere mit ins Spiel, immer wieder verbunden mit historischen Hintergründen, die sich zum Zeitpunkt der Geschichte ereignen. Die Geschichte wird dadurch sehr facettenreich und authentisch und man ist als Leser mittendrin im Geschehen. Auch der Sprachstil gefällt mir außerordentlich gut – hat man es doch endlich mal wieder mit einem anspruchsvollen Roman zu tun, der sich einer gehobeneren Sprache (teilweise Fremdwörter) bedient. Die Kapitel sind recht lang gewählt, teilweise etwas zu lang, sodass eine Unterbrechung des Leseflusses eher ungünstig angelegt ist. Somit wird der Leser aber dazu verleitet schnell weiterzulesen. Das Buch an sich beginnt mit einem Kracher und endet mit vielen verschiedenen Ereignissen am Ende. Zwischendurch haben wir als Leser ausreichend Zeit die verschiedensten und komplexesten Charaktere kennenzulernen. Dabei durchlebte ich als aufmerksamer Leser nicht nur eine Gefühlsreise durch alte Familiengeschichten, sondern alle Personen sind sehr gut vor meinem inneren Auge auferstanden. Der Autor hat es so hervorragend verstanden diese zu skizzieren, dass sie einfach herrlich zusammenpassen und von jedem Typus etwas dabei ist. Weiterhin sind passend dazu die handelnden Personen und deren Rolle sowie die Stammbäume anzumerken, denn man hat es am Anfang etwas schwer die vielen Namen zu zuordnen. Zu den Charakteren passt auch die historische Geschichte an sich, die äußerst eng mit den Personen verwoben ist. Ein kleines Manko ergibt sich für mich hauptsächlich zum Ende des Buches. Die Ereignisse überschlagen sich und alles wirkt sehr hastig runter geschrieben – als ob man zum Ende kommen musste. Das fand ich sehr schade. Außerdem wirken manche Erzählpfade (für mich vor allem die Einbindung von den chinesischen Triaden) zu ausgedehnt. Außerdem wird bereits im Klappentext versprochen, dass sich viel um die Fehde zwischen Elise und Ophélie drehen wird – allerdings kommt genau deren Geschichte stellenweise zu kurz oder wird nur als „Nebenerklärung“ erläutert. Stattdessen tritt mit Tankred eine Hauptperson auf den Plan, von der man bis zum Schluss nicht richtig weiß, was man von ihr halten soll. Dies wirkt ein bisschen unausgegoren in der Beschreibung.
Mein Fazit: Es ist eine lesenswerte, zeitgenössische Geschichte, voller Intrigen und Familienzwisten und -begebenheiten, die uns zudem die schwierige deutsche Geschichte vom Übergang der Weimarer Republik zum Nationalsozialismus näherbringt und damit schon allein interessant ist. Allerdings müssen kleinere Abstriche hinsichtlich der extremen Komplexität der handelnden Personen und den vielen Nebenerzählpfaden gemacht werden. Trotzdem bekommt das Buch eine klare Leseempfehlung und sehr gute 4 Sterne von mir.