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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.12.2018

Wer ist der Fremde?

Sanfte Rache
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Was erstmal klingt wie ein typischer Thriller - zumindest dem Klappentext nach - ist doch ein bisschen anders. Denn es gibt keinen klassischen Mord oder eine klassische Ermittlung, dafür eine verschwundene ...

Was erstmal klingt wie ein typischer Thriller - zumindest dem Klappentext nach - ist doch ein bisschen anders. Denn es gibt keinen klassischen Mord oder eine klassische Ermittlung, dafür eine verschwundene Frau. Hinter ihrem Verschwinden scheint mehr zu stecken, als es am Anfang den Anschein hat.

Erzählt wird zum einen aus der Sicht der Protagonistin Emory Charbonneau, zum anderen aus der Sicht ihres Mannes bzw. den Ermittlern, die sich auf die Suche nach ihr begeben, nachdem sie von einem Trainingslauf für einen Marathon nicht zurückkehrt. Die Wechsel habe ich sehr genossen, denn so bleibt die Spannung immer erhalten und die Abwechslung sorgt dafür, dass man beide Sichtweisen kennenlernt, ohne dass es langatmig wird.

Auch der Plot an sich konnte mich fesseln, weil es eben kein klassischer Thriller war. Man weiß nicht so genau, auf welcher Seite man stehen soll. Ich habe zwar relativ schnell meine Sympathien verteilt, aber ein richtiges Gut-Böse-Denken fällt schwer. Einige Personen sind nämlich während des Lesens sehr schwer zu durchschauen.

Was mich etwas genervt hat, war die sich anbahnende Liebesgeschichte, die das Buch auch enthält. Liebe und Schmetterlinge im Bauch dürfen natürlich auch in einem Thriller vorkommen, aber die Sexszenen hätte es für meinen Geschmack nicht gebraucht. Hier habe ich auch relativ schnell drübergelesen, weil ich wissen wollte, wie die Story an sich vorangeht.

Aber Spannung und Platz zum Miträtseln gab es bis zum Ende. Gerade gegen Schluss entwickelt sich das Buch nämlich zu einem richtigen Pageturner, der mit überraschenden und richtig unerwarteten Wendungen punkten kann.

Insgesamt hat mir das Buch wirklich gut gefallen, die 500 Seiten waren gut gefüllt, deswegen gibt es von mir 4,5 Sterne!

Veröffentlicht am 01.12.2018

Am Ende wartet der Tod

Ein Spiel für Gewinner
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Das Buch beginnt nicht so, wie man es sich vorstellt, denn man erhält erstmal eine ernste Warnung: Menschen, die momentan psychisch nicht stabil sind, sollten das Buch nicht lesen - um nicht inspiriert ...

Das Buch beginnt nicht so, wie man es sich vorstellt, denn man erhält erstmal eine ernste Warnung: Menschen, die momentan psychisch nicht stabil sind, sollten das Buch nicht lesen - um nicht inspiriert zu werden, ihr Leben zu beenden. Auch Anlaufstellen, die denjenigen helfen können, werden angegeben. Das hat mich überrascht, ist nach dem Lesen des Buches aber absolut nachvollziehbar. Hierfür ziehe ich auch den Hut vor den Autorinnen.

Aber dann geht es auch schon los mit dem Spiel. Man lernt zu Beginn gleich die beiden wichtigsten Personen kennen. Auf der einen Seite Kilian, dessen Freundin Selbstmord beging, ohne dass er es auch nur geahnt hat. Und Kommissar Dornfeld, der das Spiel unbedingt aufhalten möchte. Als Leser taucht man im Wechsel in die beiden Perspektiven ein. Das war super, da es sich zwar immer um das Spiel dreht, aber eben auf unterschiedliche Sichtweisen. Spannung wird auch dadurch aufgebaut, dass manchmal der Spielmacher selbst in Erscheinung, aber ohne, dass er seine Identität preisgibt. Hier ist also miträtseln angesagt, auch wenn es einem als Leser nicht leicht gemacht wird - denn potentielle Kandidaten gibt es kaum.

Für zartbesaitete ist das Buch wirklich nicht zu empfehlen. Normalerweise kann ich viel Blut und grausame Morde in Büchern leicht vertragen, hier geht es aber auch viel um die Psyche: Wie werden die Spieler beeinflusst, um sich selbst nicht nur zu verletzen, sondern sogar vom Leben zu verabschieden? Die Aufgaben, die sie erfüllen müssen, sind teilweise auch nicht ohne. Hier hat sich mir auch an der ein oder anderen Stelle der Magen umgedreht.

Als Leser ist man durch Kilian sehr nah am Spiel, man fiebert richtig mit, denn man weiß ja: Nach 15 Aufgaben kommt das Ende. Dadurch entsteht eine Art Countdown, der einen an das Buch fesselt.
Der Schreibstil ist brutal, ehrlich, aber auch unglaublich fesselnd - ich habe den Thriller auf jeden Fall kaum aus der Hand legen können.

Das Ende... ja, das Ende... es kommt nicht unerwartet, aber mit sehr viel Wums und spannenden Wendungen. Denn es überschlagen sich die Ereignisse, man glaubt den nächsten Schritt zu kennen, wird aber eines besseren belehrt. Und schließlich erfährt man, wer der Spielmacher ist - und hier wurde ich ein bisschen enttäuscht. Einfach, weil ich mit jemand anderem gerechnet habe. Aber passend und schlüssig war es auf jeden Fall.

Insgesamt hat mich das Buch wirklich begeistert - aber bitte nur lesen, wenn man es aushält! Von mir gibt es 4,5 Sterne!

Veröffentlicht am 16.10.2018

Geht die Welt unter?

Das KALA-Experiment
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Das Buch startet schön gemütlich: Eine Videobloggerin interviewt einen Physiker, der kurz darauf tot ist - ob Selbstmord oder Mord, weiß man nicht so recht. Aber weil der Protagonistin Nina Bornholm einiges ...

Das Buch startet schön gemütlich: Eine Videobloggerin interviewt einen Physiker, der kurz darauf tot ist - ob Selbstmord oder Mord, weiß man nicht so recht. Aber weil der Protagonistin Nina Bornholm einiges komisch vorkommt, macht sie sich daran, die Hintergründe aufdecken zu wollen.

Und dann geht es Schlag auf Schlag: Wie lernen unterschiedliche Personen in verschiedenen Teilen der Welt kennen. Es gibt nur eine Gemeinsamkeit: Es geschehen unerklärliche Dinge, so als wäre es möglich, dass Menschen und Dinge aus der Zukunft in die Gegenwart reisen.

Die Vorstellung fand ich unheimlich spannend, gerade weil es so unerklärlich ist. Und genau wie die verschiedenen Protagonisten steht auch der Leser zuerst ohne viele Informationen da. Nach und nach kommt etwas Licht ins Dunkel, was teilweise sehr physikalisch erklärt wird. Ich gebe zu, dass ich bei diesen Passagen nicht gerade viel verstanden habe, aber das hat mich auch nicht gestört. Denn sie haben sich gut in die Gesamtgeschichte eingefügt, sie waren nicht zu langatmig und irgendwie schlüssig (auch wenn ich das natürlich nicht aus fachlicher Sicht beurteilen kann).

Spannend wird es aber dann auch, als die Protagonisten aufeinander treffen und ahnen, dass die Welt in Gefahr ist. Alles wirkt sehr abstrakt, deswegen finden Nina Bornholm, John Sparrow und der Pastor Victor Kessler auch kaum Unterstützung, um das Unvermeidliche zu verhindern. Ich war natürlich sofort auf ihrer Seite.

Was anfangs etwas verwirren kann, sind die unterschiedlichen Erzählstränge. Denn mal verfolgt man Nina, dann John oder eben den Pastor. Mir hat das allerdings sehr gut gefallen, weil nicht nur die Ausmaße des Problems verdeutlicht wurden, sondern die Spannung so sehr gut aufrechterhalten wurde. Schließlich wollte man immer weiterlesen, um zu erfahren, was als nächstes passiert.

Einen kleinen Kritikpunkt habe ich allerdings: Es gibt eine kleine Nebenhandlung mit Johns Tochter, die an einer unheilbaren Krankheit erkrankt ist und ihr Leben deswegen in einem sterilen Raum im Krankenhaus verbringen muss. Das hätte ich nicht gebraucht, weil es für mich nicht so gut in die Gesamtgeschichte gepasst hat. Die Intention Johns, die Welt zu retten, um seine Tochter zu retten, hätte man auch mit einem "normalen" Verhältnis der Beiden zueinander erklären können.

Insgesamt hat mir das Buch aber wirklich einige tolle Lesestunden beschert, deswegen gibt es von mir 4,5 Sterne!

Veröffentlicht am 13.06.2018

Wem kannst du trauen?

Wahrheit gegen Wahrheit
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Wie der Klappentext verrät, geht es in diesem Buch vor allem darum: Ehefrau gegen Ehemann, gegenseitiges Vertrauen und natürlich immer die Frage, wer auf welcher Seite steht. Die Idee ist zwar nichts neues, ...

Wie der Klappentext verrät, geht es in diesem Buch vor allem darum: Ehefrau gegen Ehemann, gegenseitiges Vertrauen und natürlich immer die Frage, wer auf welcher Seite steht. Die Idee ist zwar nichts neues, aber für mich immer wieder spannend.

Und spannend ist der Thriller wirklich: Denn auf einmal weiß die Protagonistin Vivian nicht mehr, ob ihr Mann wirklich der ist, der er zu seien scheint. Ihre ganze Ehe und ihre Familie scheinen auf einer Lüge zu basieren. Man leidet wirklich mit ihr mit. Die Zerrissenheit zwischen ihrem Gewissen gegenüber ihrem Beruf bzw. der Treue zu ihrem Land und dem Wunsch, ihre Familie zu schützen, ist einfach super. Ich habe mich beim Lesen mehr als einmal gefragt, wie ich handeln und mich entscheiden würde.

Gut gefallen hat mir auch, dass man das Gefühl bekommt, wirklich etwas über die Arbeit von Geheimdiensten zu erfahren. Egal ob der Aufbau der Behörde, die Hierarchien und natürlich immer die strengen Geheimhaltungsstufen - es wirkt realistisch und hat deswegen sehr gut zum Buch gepasst.

Spannend war es auf jeden Fall und ich habe auf jeder Seite mitgefiebert. Das wird auch dadurch unterstützt, dass es immer wieder neue Wendungen gibt, etwas anderes passiert mit dem man nicht rechnet und mehr als einmal das Gefühl hat, jetzt müsste alles auffliegen.

Auch die Sprache ist sehr rasant, man fliegt nur so über die Seiten. Sachliche Passagen, in denen mehr erklärt wird, wechseln mit emotionalen gedankliche Passagen der Protagonistin ab. Es gibt auch immer wieder Rückblenden, in denen sie sich an Ereignisse erinnert, die früher stattgefunden haben - und sie hätten stutzig machen müssen. Das alles wurde geschickt miteinander verflochten, sodass es keine Längen gab.

Etwas gestört hat mich der Amerika gegen Russland-Aspekt, bei dem die Amerikaner als die Guten und die Russen als die Bösen eingeordnet wurden. Ich denke, dass ist aufgrund des Patriotismus normal, trotzdem war mir das etwas zu sehr schwarz-weiß-gezeichnet und ich bin der Meinung, in Zeiten vom IS gibt es durchaus größere Gefahren für jedes einzelne Land.

Das Buch hat mich wirklich gefesselt und es klang für mich alles plausibel und realistisch: Bis auf den Schluss. Hier war ich ein klein wenig enttäuscht, denn irgendwie war es etwas vorhersehbar. Außerdem war es für meinen Geschmack etwas unglaubwürdig, auch wenn es natürlich Raum lässt, weiterzudenken. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja auch irgendwann einen zweiten Teil.

Insgesamt fand ich das Buch richtig spannend und ich habe die Lesezeit genossen. Trotzdem muss es leichte Abzüge geben, deswegen "nur" 4,5 Sterne.

Veröffentlicht am 26.04.2018

Wenn Menschen zu Mördern werden...

Invisible
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Dieses Buch hat mich wirklich von der ersten Seite an mitgerissen. Gleich am Anfang bringt ein sehr angesehener Herzchirurg während des OPs einen Patienten unter Vollnarkose um - und es folgen weitere ...

Dieses Buch hat mich wirklich von der ersten Seite an mitgerissen. Gleich am Anfang bringt ein sehr angesehener Herzchirurg während des OPs einen Patienten unter Vollnarkose um - und es folgen weitere Morde von scheinbar unscheinbaren Personen. Die Gründe scheinen nicht nachvollziehbar: Zwar wurden sie von den Opfern provoziert, aber was löst diese Reaktionen aus? Wie schnell wird man zum Mörder?

Diese Frage beschäftigt nicht nur die beiden Ermittler Nina Salomon und Daniel Buchholz, sondern auch den Leser. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie das ganze am Ende aufgelöst wird, sodass es immer noch glaubwürdig ist. Denn die Morde scheinen so absurd und die Täter so normal - kein Vergleich zu Serienmördern, die man aus amerikanischen Thrillern kennt. Der Leser wird aber bis zum Ende auf die Folter gespannt.

Das trägt natürlich dazu bei, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Ein Ereignis jagt das nächste, es gibt viele Vermutungen, bei denen man gut miträtseln kann. Das macht für mich einen guten Thriller aus.

Buchholz und Salomon haben mich schon im ersten Teil begeistert und auch jetzt sind die beiden für mich ein absolutes Dream-Team. Vor allem Nina finde ich richtig gut: Sie setzt sich immer durch, macht was sie für richtig hält und man merkt, dass sie für ihren Job lebt. Die Aufklärung der Fälle steht für sie immer im Vordergrund. Das macht sie sehr glaubwürdig und natürlich sympathisch, denn sie lässt sich nicht hineinreden. Ohne ihre Beharrlichkeit hätte man die Fälle bestimmt ad acta gelegt.

Wie schon "anonym" ist auch dieses Buch aus den Perspektiven der beiden Ermittler geschrieben. Jedes Kapitel wechselt sie. Das finde ich an sich nicht schlecht, aber hier habe ich einen kleinen Kritikpunkt: Ich fände es schön, wenn die Kapitel mit dem jeweiligen Namen überschrieben wäre. Wenn ich das Buch nämlich mal weggelegt hatte, habe ich immer ca. eine halbe Seite bis Seite gebraucht, um wieder zu verstehen, wer gerade erzählt. Das ist aber auch schon alles.

Insgesamt war der Thriller super und ich freue mich bereits auf das nächste Gemeinschaftsprojekt von den beiden Autoren. Von mir gibt es 4,5 Sterne!