Profilbild von jenvo82

jenvo82

Lesejury Star
offline

jenvo82 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit jenvo82 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.03.2017

Die Rebellion der Surrogate im Geheimversteck

Das Juwel - Die Weiße Rose
0

„Das Arkanum schweigt. Ich betrachte die kleine silberne Stimmgabel, die inmitten des Schmucks auf meiner Frisierkommode liegt. Garnets Worte hallen mir durch den Kopf: Wir holen dich da raus.“

Inhalt

Violet ...

„Das Arkanum schweigt. Ich betrachte die kleine silberne Stimmgabel, die inmitten des Schmucks auf meiner Frisierkommode liegt. Garnets Worte hallen mir durch den Kopf: Wir holen dich da raus.“

Inhalt

Violet Lasting, dem aufsässigen Surrogat der Herzogin vom See, gelingt ihre Flucht aus dem Juwel, jener Welt der Schönen, Adligen und korrupten Menschen, die nur eines im Sinn haben – ihre Kinder von Frauen austragen zu lassen, die diese Geburt nicht überleben werden, um anschließend muntere Ränkespiele betreiben zu können. Mit Hilfe ihres Geliebten und des abtrünnigen Sohnes der Herzogin flieht Violet quer durchs ganze Land in einen Bezirk, der ein Geheimnis in den Tiefen seines Waldes beherbergt. Dort angekommen, im Haus „Der weißen Rose“, offenbart sich Violet die eigentliche Bestimmung aller Surrogate und ihre besondere Fähigkeit, die Elemente auf schockierende Art und Weise zu beeinflussen. Ihre neue Lehrmeisterin und deren geheimer Zirkel planen einen Aufstand, sie alle wollen gemeinsam die Grausamkeiten der Obrigkeit beenden und Violet steht im Zentrum ihrer Bemühungen, denn nur die stärksten Surrogate können die Elemente verändern und lenken und den Adel damit zerschlagen. Doch die Adligen ahnen eine Verschwörung und holen sofort zum Gegenschlag aus …

Meinung

Bereits den ersten Band dieser Jugendbuch-Trilogie habe ich im vergangenen Jahr voller Begeisterung gelesen, weil endlich mal ein untypisches und dennoch fesselndes Thema die Basis der Erzählung bildet. Im weitesten Sinne ist es natürlich der klassische Kampf zwischen Gut und Böse aber unter näherer Betrachtung geht es hier um Abhängigkeit, Leihmutterschaft, Ausbeute und Unmenschlichkeit. Amy Ewing jongliert in „Das Juwel“ gekonnt mit einer spannenden Haupthandlung, die stellenweise sogar märchenhaft schön wirkt, sie inszeniert eine harmonische aber nicht übertriebene Liebesgeschichte und setzt auf magische Handlungen, außergewöhnliche Gaben und unbekanntes Wissen. Insgesamt ein sehr gekonnter Mix, bei dem mich auch der zweite Teil der Reihe auf ganzer Linie überzeugen konnte.

Der Schreibstil wirkt jugendlich frisch, die Charaktere sind gut beschrieben und die Rollen klar verteilt. Besonders die offenbarten Wahrheiten rund um das Leben der Surrogate oder hier explizit die Kraft ihrer elementaren Fähigkeiten konnten mich von der Story überzeugen. Selbst das gewählte Setting in einem Land, in dem es verschiedene Bezirke mit immer schlechteren äußeren Faktoren gibt und nur einen kleinen Teil, der voller Schönheit glänzt, weil er alle anderen Bereiche gnadenlos und skrupellos ausbeutet, gefällt mir sehr gut. Zwischen rauchenden Schloten und verfallenden Häusern dringt kaum Licht in das Leben der Menschen, während der Adel rauschende Feste in goldenen Palästen feiert und sich in seiner Herrlichkeit beweisen muss. All das ergibt eine in sich geschlossene, nachvollziehbare Geschichte, die nicht nur oberflächlich erzählt, sondern für ein Jugendbuch erstaunlich viele Werte und Bedeutsamkeit vermittelt.

Fazit

Ich vergebe 5 Lesesterne für dieses innovative Jugendbuch, welches seinem Vorgänger in nichts nachsteht. Empfehlenswert für alle, die Märchen mögen, gepaart mit Spannung, Intrigen, verbotener Liebe und magischen Fähigkeiten. Ein gelungener Mix, der auch junge Erwachsene begeistern kann. Ich freue mich schon sehr auf den Abschlussband der Trilogie, welcher im April 2017 erscheint. Besonders schön ist hier auch die Covergestaltung, die farblich auf den Inhalt abgestimmt wurde und hochwertig erscheint – also sicher auch eine gelungene Geschenkidee.

Veröffentlicht am 06.03.2017

Schöne neue Heimat auf Zeit

Das geträumte Land
0

„Viel zu lange hatte sie gewartet, etwas aus sich zu machen, und jetzt, mit dreiunddreißig, hatte sie alles, oder war kurz davor, alles zu haben, was sie sich je für ihr Leben gewünscht hatte.“

Inhalt

In ...

„Viel zu lange hatte sie gewartet, etwas aus sich zu machen, und jetzt, mit dreiunddreißig, hatte sie alles, oder war kurz davor, alles zu haben, was sie sich je für ihr Leben gewünscht hatte.“

Inhalt

In ihrem Heimatland Kamerun sehen Neni und Jende keine Perspektiven für sich und ihr gemeinsames Leben, ganz anders als in Amerika, in einem Land, in dem jeder die Möglichkeit bekommt, sich zu beweisen und ungeachtet seiner Herkunft oder Abstammung erfolgreich zu sein. Sie sind jung, engagiert und träumen gemeinsam den Traum einer selbstbestimmten, erfolgreichen Zukunft, fernab der Fesseln ihrer Heimat. Jende arbeitet als Chauffeur des erfolgreichen Geschäftsmannes Clark Edwards und Neni drückt die Schulbank, um in nicht allzu ferner Zeit Pharmazie studieren zu können. Doch was vielversprechend und hoffnungsvoll beginnt, wandelt sich bald in ein schlechtes Omen. Die Jongas haben keine Greencard und stehen kurz vor der Ausweisung, die Wirtschaftskrise zwingt Mr. Edwards dazu, seinen Angestellten zu entlassen und das zweite Kind fesselt Neni an ein ungewolltes Hausfrauendasein. Schon bald müssen die beiden erkennen, dass die schöne neue Welt, in der sie sich bereits tief verankert sahen, ihnen immer mehr entgleitet. Als Jende auch noch krank wird, ziehen sie Bilanz und überdenken erstmals ihre Entscheidung…

Meinung

Die kamerunische Autorin Imbolo Mbue vereint in ihrem Roman viele verschiedene Aspekte des Migrantendaseins in einem Land fern der Heimat. Zum einen entwirft sie das Bild einer zunächst glücklichen Ehe, getragen von gemeinsamen Zukunftsplänen und tiefer, echter Liebe zum anderen zeigt sie die Entwurzelung, die der Sprung ins Ungewisse mit sich bringt. Während in der Heimat existentielle Probleme vorherrschen, denen man sich nicht entziehen kann, wenn es an Geld und Status fehlt, bedrohen in der Fremde eher die mangelhaften Rahmenbedingungen das Glück. Und so wandelt sich nicht nur die Bedeutsamkeit der Eheleute füreinander, sondern es treten zunehmend Dissonanzen in ihrer Beziehung auf, die bald mit Abweisung, Sorge und körperlicher Wut einhergehen. Im fremden Land werden auch die Liebenden zu Fremden, weil alle Gewissheiten, die man in der Heimat hat, hier nicht gelten. Allein die klassische Rollenverteilung in einer kamerunischen Ehe wird intensiv und differenziert beleuchtet, das Dilemma zwischen Verantwortung und Fürsorge einerseits und Freiheitsbeschneidung und Abhängigkeit andererseits. Amerika öffnet Türen, die vorher gar nicht da waren.

Auch der zweite Erzählstrang, der sich nahtlos und in Kombination mit dem ersten abwechselt, zeigt eine typisch amerikanische Familie, die zwar genügend Geld und Status besitzt, aber vollkommen die Werte zueinander verloren hat. Eine betrogene Ehefrau, die ihr Unglück in Alkohol und Tablettensucht begräbt, zwei Söhne, die der Familie zumindest teilweise den Rücken kehren und ein Familienoberhaupt, welches nur noch die Karriere vor Augen hat und darüber hinaus keine Freizeitaktivitäten mehr pflegen kann und möchte. Trotz Geld und Ansehen findet man hier Gefühlskälte und Drama. Interessant ist die Verknüpfung der Lebenswege durchaus, obwohl sich auch Längen einschleichen, obwohl man als Leser schnell erkennt, dass es für die Afrikaner in Amerika kein Happy-End geben wird. Und sich durch die Schreibweise dazu berufen fühlt, keine wirkliche Nähe zu den Protagonisten aufzubauen. Sie stehen eher für Rollenbilder, für Menschen ihres Volkes und weniger für sich selbst. Alles wirkt irgendwie verallgemeinernd und man könnte vielleicht die Namen tauschen, die Schicksale und Lebenswege blieben die gleichen.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne für diesen vielschichtigen, unterhaltsamen Migrantenroman, der zeigt, dass sich Träume und Wunschvorstellungen in der Realität manchmal als untragbar und enttäuschend herausstellen, der für Ausgewogenheit und menschliche Nähe plädiert und letztlich auch dafür, sein persönliches Glück eher in den Menschen zu suchen und weniger in der äußeren Lebensweise.

Veröffentlicht am 27.02.2017

Die tödliche Prophezeiung von Carcassonne

Secret Fire
0

„Wie ich schon sagte, die Finsternis ist in Ihnen. Aber Sie selbst sind nicht dunkel. Tatsächlich wissen wir über diese Wirklichkeit nur wenig. So viel Wissen ist verloren gegangen. Es wird ein äußerst ...

„Wie ich schon sagte, die Finsternis ist in Ihnen. Aber Sie selbst sind nicht dunkel. Tatsächlich wissen wir über diese Wirklichkeit nur wenig. So viel Wissen ist verloren gegangen. Es wird ein äußerst gefährliches Experiment.“

Inhalt

Sacha bleiben nur noch wenige Tage, bis zu seinem 18. Geburtstag und an diesem denkwürdigen Tag soll sich der uralte Fluch seiner Familiendynastie erfüllen, der besagt, dass Sacha sterben muss. Um dies zu verhindern arbeiten Taylor und der Bund der Alchemisten unter Hochdruck an einer Strategie, die die Unabänderlichkeit der Prophezeiung aufheben kann. Doch ihr Gegner, selbst ein abtrünniger Alchemist hat einen dunklen Pakt mit dem Dämon der Finsternis geschlossen und setzt all seine Energie darauf, den Fluch wahr werden zu lassen. Denn erst wenn Sacha tot ist, kann das Böse die menschliche Dimension durchdringen und Zugang zur realen Welt bekommen. Es beginnt ein erbitterter Wettlauf gegen die Zeit, bei dem es nur einen Sieger geben kann …

Meinung

Nachdem bereits der erste Band dieser Dilogie mein Interesse geweckt hatte, musste die Fortsetzung natürlich auch gelesen werden, denn ich wollte doch unbedingt wissen, ob es den beiden jugendlichen Protagonisten gelingt, mit Hilfe der Alchemie ihre mächtigen Gegner auszuschalten. C.J. Daugherty schafft mit der Reihe „Secret Fire“ eine wirklich gelungene Fantasy-Reihe, die in erster Linie spannend, actionreich und magisch daherkommt und bei der die Liebesgeschichte angenehm im Hintergrund bleibt. Klassische Elemente, wie übersinnliche Fähigkeiten, dunkle Kräfte und bedrohliche Vorkommnisse wechseln hier mit spannenden Kampfszenen und halsbrecherischen Stunts. Oft fühlt man sich als Leser wie in einem Film, der nicht nur in die historische Stadt Carcassonne führt, sondern in alte Kathedralen, verlassene Gebäude und andere magische Orte. Alles steuert in diesem Finale auf einen Zweikampf hin, dessen Ausgang bis zur letzten Minute ungewiss bleibt und dessen Gelingen von vielen entscheidenden doch unbekannten Faktoren abhängig zu sein scheint.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne für diese gelungene Jugend-Fantasy, die mit sympathischen Protagonisten und einem hohen Spannungsfaktor punkten kann. Sehr geeignet auch für junge Leser und interessant für alle, die gerne mal in das Genre hineinschnuppern möchten. Es empfiehlt sich, den ersten Band im Voraus zu lesen, weil man erst dann alle Zusammenhänge logisch erschließen kann und die Vergangenheit der Protagonisten ausreichend kennt.

Veröffentlicht am 27.02.2017

Die Lücke, die bleibt auch wenn sie sich schließt

In jedem Augenblick unseres Lebens
0

„Ja, es gilt wohl den Weg fest im Blick zu behalten und nicht in den Graben zu schauen, sagt sie. Ich weiß nicht, im Graben wachsen jedenfalls Blumen, auf dem Weg nicht, antworte ich.“

Inhalt

Das Leben ...

„Ja, es gilt wohl den Weg fest im Blick zu behalten und nicht in den Graben zu schauen, sagt sie. Ich weiß nicht, im Graben wachsen jedenfalls Blumen, auf dem Weg nicht, antworte ich.“

Inhalt

Das Leben von Tom könnte glücklich sein, denn er hält seine neugeborene Tochter im Arm, die trotz ihrer Frühgeburt ein erstaunlich stabiles Wesen ist. Doch für Tom gibt es kein Familienglück am nächsten Tag, denn während er die Tochter mit Milchnahrung füttert, kämpft seine Frau auf einer anderen Krankenstation um ihr Leben, ein Leben, welches sie an eine besonders schwere, akute Form der Leukämie verliert. Fortan ist Tom auf sich allein gestellt, allein mit einem Herz voller ungewisser Gefühle und einem Kopf voll angestauter Trauer. Karin, die Liebe seines Lebens hat ihm zwar einen Teil ihrer selbst geschenkt, doch sie wird nie wieder zurückkehren in ein Familienleben, in eine Partnerschaft, die Tom derzeit noch viel dringender braucht als seine wunderbare Tochter. Nach und nach richtet er sich ein in einem Leben voller Verantwortlichkeiten und schreibt auf, wie es war mit Karin, was er an ihr liebte, was sie ihm bedeutet hat und warum er jeden Augenblick seines Lebens an ihrer Seite so geliebt hat. Er schreibt es nicht nur für sich, nein sondern auch für seine Tochter Livia, die ihre Mutter nie kennenlernen durfte, sich aber ihrer gewiss sein soll.

Meinung

Dieser Roman reiht sich ein in eine Thematik, die mir im Jahr 2017 bisher sehr häufig begegnet ist. Ein weiteres Buch über den Verlust, die Trauer, das Sterben und die Last der Hinterbliebenen. Und doch ist dieser Roman ganz anders als die bisher gelesenen, denn hier handelt es sich in erster Linie um einen Erfahrungsbericht, direkt aus der Feder eines Betroffenen, der literarisch versucht, sein Leben mit der verlorenen Liebe aufzuarbeiten. Und genau aus diesem Grund, fiel es mir stellenweise sehr schwer, weiterzulesen. Bereits im ersten Drittel des Buches brauchte ich mehr Taschentücher als mir lieb war, angesichts dieser tieftraurigen, hoffnungslosen Situation, in der sich der Protagonist befindet. Schwankend zwischen Hoffnung und Ungläubigkeit muss er miterleben, wie seine Zukunft innerhalb weniger Tage zu Staub und Asche zerfällt und er kann diesem Vorgang rein gar nichts entgegensetzen.

Wie gerne würde ich hier 5 Sterne vergeben, doch ein sehr dominanter aber ungewöhnlicher Schreibstil, hat das Lesevergnügen etwas eingetrübt. Es ist nicht nur die eigenwillige Sprache, die Dialoge fortlaufend aneinanderreiht, so dass man sehr genau lesen muss, welche Person gerade spricht und wer nur antwortet. Nein es sind auch willkürliche Zeitsprünge, mal in die jüngste Vergangenheit, dann wieder in die Kennenlernphase des Paares und hinüber in die Zukunft, mit einem munteren Kleinkind. Ebenso unschön fand ich den zusätzlichen Ausflug, in die aktuelle Familienproblematik, in der Toms Vater nach 10 Jahren seinem Krebsleiden erliegt und sie gemeinsam die letzten Stunden auf der Palliativstation verbringen. Mir hätte es deutlich besser gefallen, wenn es einzig um die Beziehung zwischen Tom und Karin gegangen wäre, auch wenn das Schicksal für Tom gleich zweimal in kurzer Folge Trauer und Leid bereithält.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für einen einmaligen Roman, der ganz nah dran ist am Leser und seinen Gefühlen, der mich emotional tief bewegt und für die Befindlichkeiten eines liebenden Menschen sensibilisiert hat. Die autobiografischen Züge haben mir ausgesprochen gut gefallen, selbst wenn nicht einmal die Namen geändert wurden. Gerade das macht dieses Buch aus, seine Authentizität, seine harte, schonungslose Abfolge unglücklicher, schicksalhafter Fügungen, die man als Mensch nicht rational erklären kann, denen man nicht einmal etwas entgegensetzen kann. Hinterfragt wird hier das Warum? Doch beantwortet wird die Frage nicht, weil der Autor selbst und wohl auch kein anderer eine echte Lösung dafür finden kann. Punktabzug nur für die Schreibweise und hin und wieder zerfaserte Gedankengänge, die dem Geschehen ihren Glanz nehmen aber auch verhindern, dass man daran zerbricht. Lesen sollte man dieses Buch zu einer Zeit, in der man ein stabiles Nervenkostüm hat oder Gefühle sehr nah an sich heranlassen möchte – zum Weinen schön!

Veröffentlicht am 21.02.2017

Ein Lied für die Menschlickeit

Tadunos Lied
0

„Wann immer er spielte, lehrte er seine Bewacher etwas. Er lehrte sie, dass sich Lebensqualität nicht unbedingt an den Annehmlichkeiten bemisst, die man genießt. Er lehrte sie, dass ein ehrenhaftes, beherztes ...

„Wann immer er spielte, lehrte er seine Bewacher etwas. Er lehrte sie, dass sich Lebensqualität nicht unbedingt an den Annehmlichkeiten bemisst, die man genießt. Er lehrte sie, dass ein ehrenhaftes, beherztes Leben im Kerker fruchtbarer sein kann, als ein verlogenes, falsches im Elfenbeinturm.“

Inhalt

Als Taduno aus dem Exil zurückkehrt, hat sich alles verändert: seine Nachbarn und Freunde erkennen ihn nicht mehr, seine Stimme hat er durch Misshandlungen verloren und seine Freundin sitzt unschuldig in Gefangenschaft, weil man ihn, den begnadeten Musiker bestrafen wollte. Einzig die Tyrannei in seinem Land ist geblieben und mit ihr die Tyrannen, die ein ganzes Volk klein halten und unterdrücken. Taduno beschließt, seine Stimme wiederzufinden und mit ihr gegen seine Widersacher mutig anzutreten. Vielleicht gelingt es ihm dadurch seine Geliebte aus den Klauen des Feindes zu befreien. Doch bald schon merkt er, welch hohen Preis er zahlen muss, wenn er all seine Überzeugungen an Menschen verkauft, die weder ein Gewissen haben noch im Sinne des Allgemeinwohls handeln und so trifft er eine einsame Entscheidung im Einklang mit seiner Seele…

Meinung

Auf diesen Roman bin ich einerseits wegen seines schönen Covers aufmerksam geworden und andererseits schien mir der Klappentext eine interessante, bewegende Lebensgeschichte eines mutigen nigerianischen Mannes nahezubringen. Und genau das bietet „Tadunos Lied“ in formvollendeter Weise.

Taduno und seine sehr persönliche Geschichte hat mich von der ersten Seite an inspiriert und mir eine Geschichte voller Traurigkeit präsentiert, die dennoch nicht in der Hoffnungslosigkeit versinkt. Besonders gelungen empfand ich die zahlreichen tiefgründigen Themen, die Odafe Atagun in seinem Debütroman anspricht. Während der Leser zu Beginn eine erdrückende Last empfindet, die Taduno auf Grund seines Identitätsverlusts erleidet, hebt sich die Stimmung, nachdem endlich die Erinnerung seiner Mitmenschen zurückkehrt und seine Rückkehr gebührend gefeiert wird. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit dem sehr einfachen, sympathischen Hauptprotagonisten, der eigentlich mehr als bescheiden leben möchte. Kaum hat er seinen Weg gefunden, ereilt ihn bereits der nächste Rückschlag, nunmehr die Bedrängung und Versklavung seines Volkes unter selbstsüchtigen Gesichtspunkten einiger korrupter Menschen.

Ein sehr schlichter, unprätentiöser Schreibstil erzeugt Melancholie und Stille, konzentriert auf die wenigen wichtigen Dinge im Leben, denen sich Taduno verschrieben hat: Liebe, Menschlichkeit, Aufrichtigkeit und Treue.

Fazit

Mit „Tadunos Lied“ habe ich mein erstes Lesehighlight im Jahr 2017 gefunden und vergebe hier 5 Lesesterne und eine unbedingte Leseempfehlung. Selten hat mich ein politisch orientierter Roman so bewegt, dass er mich stellenweise zu Tränen gerührt hat. Selten gibt es einen Protagonisten, der so selbstlos und christlich handelt, dass man zwischen Bewunderung und Anteilnahme schwankt. Und selten macht es mich traurig, das eine Geschichte beendet ist, die wirklich so erzählt wurde, wie man es sich wünscht: mit einem Mann, der an seinem Schicksal wächst und nicht daran zerbricht. Intensiv, bewegend und schockierend ehrlich – Daumen hoch für diesen gesellschaftskritischen Roman.