Profilbild von kati-katharinenhof

kati-katharinenhof

Lesejury Star
offline

kati-katharinenhof ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kati-katharinenhof über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.01.2024

„Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant“ (Hoffmann von Fallersleben)

Der Milchhof – Das Flüstern der Gezeiten
0

Auch wenn der Krieg seit zwei Jahren beendet ist, so geht es doch nicht wirklich aufwärts für den Milchhof. Die Inflation bremst das Wirtschaftswachstum immer weiter aus und zwingt Lina und Alea fast in ...

Auch wenn der Krieg seit zwei Jahren beendet ist, so geht es doch nicht wirklich aufwärts für den Milchhof. Die Inflation bremst das Wirtschaftswachstum immer weiter aus und zwingt Lina und Alea fast in die Knie. Lina steht erneut vor schweren Entscheidungen, die zwischen Herz und Kopf zu treffen sind. Das Herz schreit nein, aber der Verstand ruft sie dazu auf, eine Ehe einzugehen, die sie nicht will, aber dennoch für den Milchhof durchziehen muss. Der politische Wind hat sich ganz deutlich gedreht und weht die verqueren Ideen eines einzelnen Fantrasten mitsamt seinen glühenden Fans an die Küste. Die Lage spitzt sich immer weiter zu...

Mit "Flüstern der Gezeiten" legt Regine Kölpin den zweiten Band ihrer Milchhof-Reihe ihren Leser:innen ans Herz. Es sind Schicksalsschläge, die immer wieder den Milchhof an der Nordseeküste heimsuchen und Lina zum Handeln zwingen. Statt in Ruhe und Frieden zu leben, werden die Ausmaße der Inflation immer deutlicher und machen auch vor dem Milchhof nicht Halt.

Auch wenn Kölpin sich bemüht, viele Situationen recht spannend zu gestalten, sind viele Abläufe schon im Vorfeld zu erahnen und keineswegs überraschend. Allerdings lässt das Lina als "Schwarze Witwe" in einem eher ungünstigen Licht erscheinen, denn sie hat mittlerweile schon zwei Ehemänner überlebt. Der Hang zur Dramatik ist ganz ok, aber gerade die Folgen aus der Nachlassregelung erscheinen doch sehr dick aufgetragen.

Lina findet dennoch mit Derk ihr großes Glück und daran kann zunächst auch der braune Sumpf nichts ändern. Doch die völkischen Ideologien schwappen wie eine Sturmflut über den Deich und nisten sich in den Köpfen der Menschen vor Ort ein. Es gibt ein Wiedersehen mit Otto, das aber auch anders ausfällt, als sich Derk zunächst erhofft hat.

Kölpin gestaltet mit ihrem sehr flüssigen und bildhaften Schreibstil einen angenehmen Leserahmen, der immer wieder Platz macht für die Ereignisse bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges. Die Erzählung im Zeitraffer wirkt manchmal etwas zu gestrafft, vieles wird ausgelassen und im Verlauf der Handlung als von den Leser:innen verstanden vorausgesetzt.

Im letzten Drittel zieht die Autorin die Zügel kräftig an, schüttet Leid und Elend über dem Milchhof und seinen Bewohner:innen aus und macht deutlich, wie lang der Arm der Nazischergen tatsächlich ist. Mir fehlt ein wenig die Möglichkeit, gemeinsam mit Lina und Derk zu altern, um ihre Gefühls- & Gedankenwelt komplett nachvollziehen und ihre Entwicklung miterleben zu können. Fakt ist aber, das Band zwei um ein Vielfaches mitreißender und aufwühlender geschrieben ist, als der Reihenstart.

Es gelingt Kölpin, ihre Leser:innen erneut auf Zeitreise zu schicken und den Wandel am, im und um den Milchhof bildlich vor sich zu sehen. Ein eindrückliches Buch, das mit seiner Thematik aktueller denn je ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.12.2023

Nur Reisen ist Leben, wie umgekehrt das Leben Reisen ist - Jean Paul

Yoga Town
0

Lucy hat einen Weg für sich gefunden, um im Einklang mit sich und ihrem Leben zu sein- Yoga heißt das Zaubert, das nicht nur sie erdet, sondern auch ihre Kursteilnehmer:innen. Aber irgendetwas stimmt nicht, ...

Lucy hat einen Weg für sich gefunden, um im Einklang mit sich und ihrem Leben zu sein- Yoga heißt das Zaubert, das nicht nur sie erdet, sondern auch ihre Kursteilnehmer:innen. Aber irgendetwas stimmt nicht, denn Lucy war noch nie in Indien. Kann sie wirklich die Inhalte so vermitteln ? Ihr komplettes Leben wird auf den Kopf gestellt, als Mutter Corinna plötzlich wie vom Erdboden verschluckt ist. Lucy und ihr Vater Lou begeben sich auf Spurensuche. Dabei Lucy ahnt nicht, dass diese Reise ihr Leben für immer nachhaltig verändern wird...


Gib Daniel Speck Tinte und Papier und es entsteht daraus garantiert ein Bestseller. Speck ist ein Wortakrobat, der mit seinen Geschichten auf Menschenfang geht, um intensive Lebensreisen zu ermöglichen, die unter die Haut gehen. Mit "Yoga Town" gelingt ihm eine Zeitreise im Hippie-Bus der ganz besonderen Art und er entführt nicht nur nach Indien, sondern lässt den Zeitgeist und die Musik der späten 1960er Jahre durch die Seiten wehen.

Die Songs der Beatles vom weißen Album nisten sich als Ohrwürmer ein und bilden so eine fantastische Playlist, die die Lesenden regelrecht auf den Schwingen der Musik durch die Seiten trägt. Lucy muss nach und nach erkennen, dass ihre Eltern Geheimnisse haben und ihr eigentlich fremd sind. Und wenn wir ehrlich sind, wie gut kennen wir selbst unsere Eltern und ihre Vergangenheit?

Genau hier setzt Speck an und zeigt, dass hinter einer elterlichen Beziehung auch immer die Geschichte eines Paares steckt, das sich zufällig begegnet und dann beschließt, den Lebensweg gemeinsam zu gehen. Dass nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, ist nur allzu menschlich und so taucht Lucy immer tiefer in die Vergangenheit ein, lernt ihre Eltern besser kennen und somit letztendlich auch sich selbst.

Ein Buch, das so bunt und abwechslungsreich ist wie das Leben in den 60ern des letzten Jahrhunderts, voller "Love and Peace" steckt und auch den sehr lockeren Umgang mit psychedelischen und synthetischen Stoffen unter die Lupe nimmt.. Eine Geschichte mit vielen Emotionen, die den ein oder anderen wehmütigen Moment beinhaltet und trotzdem voller Lebensfreude steckt.

Viele Aussagen der Figuren gehen ins Herze, stimmen nachdenklich und richten den Blick auf die eigene Familiengeschichte, die vielleicht auch das ein oder andere Geheimnis verbirgt. Speck beweist wieder einmal, dass das Leben die interessantesten Geschichten schreibt und gibt seinen charismatischen und starken Figuren einen sehr lebhaften Rahmen, um ihr Herz und ihren Geist zu öffnen.

Grandios erzählt, mit Herz und Hirn versehen und mit ganz vielen tollen Songs bestückt, wird auch dieser Roman zu einem echten Pageturner ! Ganz großes Kino!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.12.2023

Manchmal muss es eben Meer sein...

Zwischen Herzklopfen und Schneegestöber
0

Marie kennt sich mit Problemen in der Ehe sehr gut aus, ist es doch ihre Aufgabe als Paartherapeutin, fremden Paaren zuzuhören und ihnen einen Weg aus der Beziehungssackgasse aufzuzeigen. Nie und nimmer ...

Marie kennt sich mit Problemen in der Ehe sehr gut aus, ist es doch ihre Aufgabe als Paartherapeutin, fremden Paaren zuzuhören und ihnen einen Weg aus der Beziehungssackgasse aufzuzeigen. Nie und nimmer hätte sie es sich träumen lassen, dass sie einmal selbst in einer verzwickten Lage steckt. Statt den Hochzeitstag mit ihrem Mann gebührend zu feiern, sieht sie ihn in einer doch sehr eindeutigen Situation mit seiner Assistentin. Da hilft nur eins...die Flucht nach vorn und die heißt Fehmarn. Zwischen alten Heimatgefühlen, Alpakas und ganz vielen Feriengästen versucht Marie den Kopf frei zu bekommen, aber das ist nicht ganz so einfach....


Fehmarn ist mir auch im Winterkleid vertraut und gerade dieser besondere Anblick, wenn der Strand mit Eiskristallen überzogen ist und die Wellen in der Wintersonne glitzern, verzaubert noch mehr, macht das Herz weit und Kopf und Seele frei. Marie empfinde ich als eher übergriffige Persönlichkeit, die mit ihrem Esotherikgedöns und dem ganzen dazugehörigen Schnickschnack eher fehlplatziert wirkt. Auch ist sie in meinen Augen ganz schön unreif für eine Frau, die mit Mitte vierzig eigentlich geerdet und mit beiden Beinen fest im Leben stehen sollte.

Ihr Verhalten ist mitunter recht kindisch, aber gut, so ist sie nun mal und sie jetzt noch zu ändern würde nichts bringen. Der Ferienhof an der Steilküste von Katharinenhof wirkt heimelig, wenn auch ein wenig aus der Zeit gefallen. Zimmer ohne Dusche und WC im 21. Jahrhundert, Gemeinschaftsbad auf der Etage und auch sonst die ein oder andere fehlende Annehmlichkeit lassen eher den Eindruck entstehen, dass sich auf dem Anwesen seit Mitte der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts nicht mehr viel getan hat.So rückständig, wie das Bild dargestellt wird, ist Katharinenhof nun wirklich nicht.

Mir kommen die Passagen mit den Alpakas einfach viel zu kurz, denn sie sind eher nur niedliches Beiwerk in der Geschichte. Auch vermisse ich mehr Inselglanz, Dünenflüstern und das "im Meer mehr"-Feeling, das die ganz besondere Schönheit der Insel im Winter und gerade zu Weihnachten wie im Märchen erscheinen lässt.

Das Liebeskarussell dreht sich munter, ein paar abgegriffene Klischees werden aus der Mottenkiste hervorgeholt und zu einer netten Story verarbeitet. Opa und Oma Moormann sind aber eindeutig die heimlichen Stars des Romans, denn sie sind nicht nur echte Insel-Originale, sondern sie dazu noch liebenswert, authentisch und herzig.

Die Geschichte liest sich, trotz einiger Fehler in der Rechtschreibung, ganz flott von der Hand weg, hinterlässt aber leider keinen bleibenden Eindruck. Daher neutrale 3 Sternchen

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.12.2023

Unterhaltsame Krimikomödie

Aktiv sterben
0

Nomen est Omen- aber doch nicht im kleinen Städtchen Galgen. Dort geht es lauschig und gemütlich zu und wenn demnächst auch noch Kurgäste kommen, ist die Erholung perfekt. Doch es scheint jemand etwas ...

Nomen est Omen- aber doch nicht im kleinen Städtchen Galgen. Dort geht es lauschig und gemütlich zu und wenn demnächst auch noch Kurgäste kommen, ist die Erholung perfekt. Doch es scheint jemand etwas gegen die idyllische Ruhe zu haben, denn ausgerechnet im Kühlhaus vom Hotel Waldfrieden macht es sich eine Leiche bequem. Das Aus des Hotel scheint vorprogrammiert, gäbe es da nicht die Angestellten, die kräftig ihre Nasen in Angelegenheiten stecken, die sie normalerweise nichts angehen...


Wenn sich ein Buch selbst nicht so ganz ernst nimmt und der Autor mehr Augenzwinkern statt Tinte verbraucht, dann ist es Zeit für den großen Auftritt des Hotels Waldfrieden. Der recht plüschige Mikrokosmos ist Dreh- & Angelpunkt von Bösewichten, heimlichen Affären, die gar nicht mehr so heimlich sind und liebenswerten Charakteren, die ein wenig Krimiluft schnuppern wollen.

Das Hotel ist in die Jahre gekommen, hat trotz Renovierung nicht wirklich zahlungskräftige Gäste anlocken können und trotzdem gibt es etwas, das es aufweisen kann - nämlich Menschen mit Herz, die für die wenigen Gäste da sind, um ihnen den Aufenthalt so schön wie möglich zu gestalten.

Lüdicke gelingt es, den Hotelbetrieb mit all seinen Abläufen sehr gut zu schildern und auch mal Türen zu öffnen, die uns sonst verborgen bleiben. Es ist, als habe er einen magischen Schlüssel, der gemeinsam mit den doch sehr unkonventionellen Ermittlungsmethoden der Angestellten das Krimi-Genre und den Humor einfließen lässt.

Es gibt zwar keine großartigen Aufreger, aber die braucht es auch nicht unbedingt, denn der Roman weiß gut zu unterhalten und trotzdem das ein oder andere Rätsel zu verstecken, das es zu enttarnen gilt. Eine gelungene Mischung aus Cosy-Crime und Komödie, Ermittlungsarbeit und möglichen Täter:innen, die für ordentlich Wirbel zwischen den Türen des Hotels sorgen.

Kurzweilig zu lesen und für einen verregneten grauen Nachmittag genau die richtige Lektüre.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.12.2023

Kann man lesen, muss man aber nicht

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
0

Ist es ein Ritualmord oder steckt doch mehr dahinter ? Sander und von Bodenstein werden zur Leiche einer 16jährigen gerufen, die hinter einem Marienaltar abgelegt wurde. Die ersten Zeichen deuten darauf ...

Ist es ein Ritualmord oder steckt doch mehr dahinter ? Sander und von Bodenstein werden zur Leiche einer 16jährigen gerufen, die hinter einem Marienaltar abgelegt wurde. Die ersten Zeichen deuten darauf hin, dass der Mörder ein abgelehnter Asylbewerber sein könnte. Aber ist die Lösung wirklich so einfach ? Das Konstrukt droht zu zerfallen, als ein mit Bisswunden übersäter Mann auf einer Landstraße gefunden wird. Hängen die beiden Taten zusammen ? Wenn ja, wie ?

Bisher habe ich noch keinen Kriminalroman von Nele Neuhaus gelesen und immer wieder zu hören bekommen, dass mir definitiv etwas entgangen ist. Also habe ich mit Band 11 diese Leselücke schließen wollen. Zugegeben, mit 1234 Seiten ist dieser Wälzer schon eher als episch zu bezeichnen und weckt mit seinem Titel Erwartungen.

Aber schon ganz bald stellt sich heraus, dass ich den Hype um die Autorin nicht teile und schon gar nicht die vielen positiven Meinungen, mit denen dieses Buch überschüttet wird. Neuhaus verliert sich in Schilderungen von Nichtigkeiten, die nichts, aber auch wirklich gar nichts zum Verlauf der Handlung, geschweige denn zur Auflösung der Taten beitragen.

Vielmehr schmückt sie mit leeren Phrasen die Seiten, um einen Fall zu konstruieren, der recht häufig Stolpersteine in der Logik vorweist und dann auch noch mit Fehlern in der Rechtschreibung und Interpunktion aufwartet. Manchmal fehlen ganze Wörter, sodass ich den Satz mehrmals lesen muss, damit sich mir der Sinn erschließt.

Die Thematik scheint auch gerade sehr "in" zu sein, obwohl sie sich hier und da politisch nicht ganz so einwandfrei auf den Seiten wiedergibt. Ich bin nach gut 450 Seiten dazu übergegangen, quer zu lesen, um zum Ende zu gelangen. Meinen Krimiausflug in den Taunus habe ich mir irgendwie fesselnder, mitreißender vorgestellt.

Erkenntnis des Tages: Nicht alles, was gehyped wird muss man auch wirklich lesen

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere