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Veröffentlicht am 12.05.2022

Sehr wechselhafter Krimi

Das Böse vom Gardasee
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Luca hat noch schwer am Verlust seines Herzensmenschen zu knabbern und verliert sich in seiner Trauer. Selbst sein alter Freund Vialli kann ihn nicht aus seinem Schneckenhaus zerren, als er ihn um Hilfe ...

Luca hat noch schwer am Verlust seines Herzensmenschen zu knabbern und verliert sich in seiner Trauer. Selbst sein alter Freund Vialli kann ihn nicht aus seinem Schneckenhaus zerren, als er ihn um Hilfe bei den Ermittlungen in mehreren Mordfällen bittet. Erst als Vialli selbst wie vom Erdboden verschwunden ist, sieht sich Luca in der Pflicht, alles dafür zu tun, um den ominösen Fall zu lösen. Er ahnt nicht, dass er sich auf einen echten Drahtseilakt begibt...

Inmitten der wunderschönen Bergwelt am Gardasee lässt Alessandro Montano das Böse mit seiner hässlichsten Fratze in Erscheinung treten und schickt das Grauen auf einen mörderischen Streifzug rund um den See.
Die grausamen Morde legen sich wie dunkle Schatten über die Idylle und lassen echte Schockmomente an die Oberfläche steigen.
Auch wenn der Krimi zu Beginn etwas braucht um ein wenig in Fahrt zu kommen, so ist das erste Drittel mit einer doch recht spannenden Handlung versehen. Der Mittelteil allerdings zieht sich in die Länge, weil die Leser:innen nicht immer sofort wissen, ob das Geles4nen der Gegenwart oder der Vergangenheit zuzuordnen ist. Hier wären entsprechende Hinweise in Form von Jahreszahlen oder die Unterscheidung in "damals/früher" und "heute" hilfreich gewesen.
Das letzte Drittel allerdings hat es in sich und ist nichts für Zartbesaitete, denn es fließt Blut, richtig viel Blut und es artet schon fast in ein Gemetzel aus, wenn der Autor zum Showdown ruft.
Die Thematik bietet wirklich unglaublich viel Konfliktstoff und zeigt, wies sehr sich Menschen hinter einer Maske verstecken können und sich im Verlauf der Jahre durch Erlebtes zum Negativen hin verändern.
Luca ist in seiner Trauer gefangen und es fühlt sich manchmal so an, als würde diese ihm regelrecht die Luft zum Atmen nehmen, aber er berappelt sich noch rechtzeitig und merkt, dass die Sonne auch weiterhin für ihn scheint und das Leben nach einem traumatischen Verlust doch noch gute Tage für ihn parat hält.
Die Figuren sind sehr facettenreich angelegt, doch hier überwiegt eindeutig das Böse und die Gewaltspirale scheint keine Grenzen zu kennen. Manchmal ist mir das ein bisschen zu viel, da hier fast alle Arten von Verbrechen Einzug in die Handlung halten, die man sich als Leser:in nur vorstellen kann.
So wirkt der Roman an manchen Stellen etwas überfrachtet und mitunter unglaubwürdig.
Die letzten hundert Seiten jagen die Leser.innen atemloser Spannung durch den Roman und verlangen ihnen einiges ab.
Der Autor bringt wirklich das abgrundtief Böse im Menschen bei seinen Protas zum Vorschein und zeigt den Gardasee von seiner dunklen Seite.

Eingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 11.05.2022

Kann nicht halten, was der Klappentext verspricht

Garmischer Mordstage
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Journalist Ben hat sich die Heimkehr ins heimische Garmisch irgendwie anders vorgestellt – herzlicher und unkomplizierter. Denn kaum hat er den Fuß in die heimische Pension gesetzt, steht die Polizei vor ...

Journalist Ben hat sich die Heimkehr ins heimische Garmisch irgendwie anders vorgestellt – herzlicher und unkomplizierter. Denn kaum hat er den Fuß in die heimische Pension gesetzt, steht die Polizei vor der Tür und ermittelt, da ein Gast ausgerechnet als Leiche auf der Weide eines Biobauern gefunden wird. Erste Hinweise, dass Stier Attila als Mörder herhalten muss, scheinen haltlos, da Wieseggers Schwester in den Fokus der Ermittelnden rückt. Und dann sind da auch noch alte Rechnungen, die auf ihren „Zahltag“ warten…


GaPa als Umschlagsplatz für Mord und Totschlag, falsche Fuffziger und zwielichtige Gestalten – klingt aufregend und zeigt, dass hinter der Postkartenidylle das Böse wohnt. Roland Krause versucht mit teilweise kauzigen Typen die bayerische Kulisse im Werdenfelser Land zu beleben und zeigt, dass hinter Dirndl und Lederhose doch so manch ausgebuffter Haudegen steckt.
Es gelingt ihm allerdings nur leidlich, denn ich kann mich mit den Figuren nicht wirklich anfreunden, da sie mit ihren Ecken und Kanten einfach zu aufgesetzt und zu dick auftragen erscheinen. Gerade Ben als Hauptfigur soll doch die Leser:innen durch die Geschichte führen und ihnen seine alte neue Welt zeigen. Doch er stößt mich mit beiden Händen weit von sich, ist ein Unsympath und versteckt seinen Drang, nach der Flasche oder dem Glas Bier zu greifen, nicht wirklich. Er verkörpert perfekt den Antihelden und der Autor lässt ihn als Verlierer auf der ganzen Strecke erscheinen.
Die Mischung aus bayerischer Mundart und Denglisch ist gewöhnungsbedürftig, genauso wie der Humor des Autors. Satire ist nicht wirklich mein Metier, aber genau diese streut Krause gerne und viel als humoristische Einlage ein – kann man mögen, muss man aber nicht.
Der Fall an und für sich wird eher nüchtern und unaufgeregt präsentiert, lässt Nervenkitzel und Spannung vermissen und daher zieht sich das Buch ein wenig in die Länge.
Wer GaPa kennt, wird sicherlich die oder andere Ecke wiedererkennen, genießt die Lüftlmalerei, flaniert durch die Frühlingsstraße und lässt sich vom Flair der Stadt verzaubern.
Ansonsten kann der Krimi leider nicht halten – was der Klappentext verspricht

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Veröffentlicht am 10.05.2022

Sein oder nicht sein...

Bretonisch mit Herz
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Tereza hat alle Hände voll zu tun, um die Vorbereitungen für das Literaturfest und ihre Buchhandlung unter einen Hut zu bringen. Und dann geschieht eine Sensation, die die Welt der Literatur auf den Kopf ...


Tereza hat alle Hände voll zu tun, um die Vorbereitungen für das Literaturfest und ihre Buchhandlung unter einen Hut zu bringen. Und dann geschieht eine Sensation, die die Welt der Literatur auf den Kopf stellt, denn Tereza findet ein Manuskript, das aus der Feder von Shakespeare stammt. Doch es tauchen Zweifel an der Echtheit dieses Schriftstückes auf. Damit nicht genug, denn der Trubel geht weiter, da sich ein geheimnisvoller Fremder meldet, der Tereza die Villa Wunderblau streitig machen will. Die Turbulenzen spitzen sich immer mehr zu und Terezas ist ihrs Lebens nicht mehr sicher….

Gabriela Kasperski packt zum Abschluss der Geheimnisse um die Villa Wunderblau noch einmal all ihr Können aus und begeistert ihre Leser:innen mit einer unglaublich dichten und mitreißenden Handlung, die keine Wünsche offen lässt. Wieder einmal beweist die Autorin, dass sie sich stilsicher auf dem Parkett aller gängigen Literatur-Genres bewegt und serviert den Lesenden eine Mischung aus Krimi, Drama und Romanze, die es in sich hat.
Die Schreibende verpackt die Rahmenhandlung mit Tereza in zwei Schachteln und wer es wagt, diese zu öffnen, hat die berühmte Büchse der Pandora in der Hand. Dabei führt die Autorin eine geschickte Feder, beeindruckt Fans von William Shakespeare ebenso wie Hobby- Ermittler: innen, in dem sie die Geschichte in der Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt und so für jede Menge Spannung sorgt, wenn sich die Erzählstränge wie Zöpfe ineinander verflechten.
Sensations- & Habgier, tiefe Gefühle und echte Bedrohung sind die Hauptzutaten, die Kasperski hier einsetzt, um den Spannungsbogen immer fester zu zurren und die drohende Gefahr beim Lesen zu spüren.
Tereza schlittert wieder unabsichtlich in die Katastrophe hinein und muss versuchen, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, denn je mehr Menschen von dem geheimnisvollen Manuskript wissen, desto gefährlicher wird es für sie. Der ominöse Kapuzenmann ist wie ein lästiger Schatten, der immer wieder auftaucht und nicht nur Tereza in Angst und Schrecken versetz.
Damit die Nerven bei den Leser; innen nicht zu sehr flattern, schafft Gabriela Kasperski kleine Atempausen, die das sommerliche Flair der Bretagne aus den Seiten steigen lässt und Urlaubsstimmung verbreitet. Auch sorgen die Schlagabtausche zwischen Tereza und Mahon dafür, dass sich der ein oder andere Schmunzler im Gesicht der Lesenden zeigt, denn die beiden schleichen umeinander wie die Katze um den Milchnapf. Ob es hier eine Fortsetzung geben wird? Ich würde es mir sehr wünschen 😊
Es gibt wenige Krimi-Reihen, die mit jeder neuen Veröffentlichung immer besser werden, aber bei dieser passt einfach alles – eine Hauptfigur, die von der ersten Seiten an die Herzen der Leser:innen erobert, spannende Fälle, die mit viel Einfallsreichtum, perfektem Timing und frischen Ideen punkten können und jede Menge Meeresrauschen, das nicht nur die Sehnsucht nach der Bretagne in sich trägt, sondern auch gut gehütete Geheimnisse an den Strand spült.

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Veröffentlicht am 09.05.2022

Romanbiografie mit einigen Längen

Fräulein Stinnes und die Reise um die Welt
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Clärenore Stinnes wagt Ende der 1920er Jahre einen Schritt, für den sie nicht nur skeptisch hochgezogene Augenbrauen erntet, sondern der ihr Häme und Spott einbringt. Sie will als erste Frau in einem Automobil ...

Clärenore Stinnes wagt Ende der 1920er Jahre einen Schritt, für den sie nicht nur skeptisch hochgezogene Augenbrauen erntet, sondern der ihr Häme und Spott einbringt. Sie will als erste Frau in einem Automobil die Welt umrunden und pfeift auf Konventionen. Mit der nötigen Ausrüstung, zwei Technikern, einem Fotografen, Hund Lord und jeder Menge Vorurteile geht’s auf große Reise…

Wer den Klappentext liest und das historische Coverfoto betrachtet, bekommt sofort Lust, ebenfalls den Koffer zu packen und sich der ungewöhnlichen Reisegruppe anzuschließen. Das große Abenteuer wartet und die fernen Länder locken.
Die Romanbiografie bietet mitunter interessante Einblicke und es wird sehr deutlich, wie sehr sich Clärenore gegen die gesellschaftliche Stellung der Frau auflehnt, aber so ganz gelingt es ihr leider nicht, sich aus dem steifen Korsett zu befreien. Ihr Pioniergeist und ihr Tatendrang in allen Ehren, aber manchmal habe ich das Gefühl, als fahre sie mit angezogener Handbremse durch ihre eigene Geschichte und steht sich dabei selbst im Weg. Mitunter wirkt sie hochnäsig und recht unterkühlt, sodass ich ihr ihre Herzlichkeit nicht abkaufe und sie eher als aufgesetzt empfinde.
Mit dem Verlauf der Reise tauchen Unwägbarkeiten, auf die es zu bewältigen gilt, aber egal ob technischer oder zwischenmenschlicher Natur, jedes Problem löst sich ziemlich rasch in Wohlgefallen auf.
Die Reiseroute führt nicht nur Clärenore durch unbekannte Länder, sondern sie zeigt auch die Schönheiten und Gefahren, die sich den Abenteuern entgegenstellen. Brüllende Hitze, sibirischer Winter, die Tücken des Saharasandes oder die schwüle feuchte Luft in Südamerika- das alles kann die Autorin sehr gut transportieren. Auch erhalten die Lesenden einen Einblick in fremde Kulturen, Stellung der Frau in selbigen und lernen die dortigen Gepflogenheiten ein wenig kennen.
Allerdings fehlt mir die Nähe zu den Figuren, die mich von sich begeistern. Ich lese zwar die Geschichte einer beeindruckenden Frau, ohne jedoch davon tief im Innern berührt zu werden. Vielmehr spult sich alles routiniert und relativ oberflächlich ab. Der Vorhang wird nicht leicht angehoben, aber tiefere Einblicke werden verwehrt.
Auch die Romanze ist keine große Überraschung und wenn ich ehrlich bin, fehlen mir hier die tiefgreifenden Emotionen, die das vorsichtige Annähern, die unterdrückte Sehnsucht und die bedingungslose Hingabe beim Lesen nachfühlen lassen.
Die Biografie von Clärenore Stinnes ist sicher aufregend, mit staunenden und ergreifenden Momenten versehen, aber in diesem Roman gelingt die Umsetzung leider nicht ganz so gut.

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Veröffentlicht am 08.05.2022

Traditionen und Brauchtum bewahren, um auch morgen noch vom alten Wissen zu profitieren

KUNTH Bildband Zukunftsprojekt Tradition
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Was haben die deutsche Brotkultur, das Hebammenwesen, die Kunst des Reetdachdeckens und die Passionsspiele von Oberammergau gemeinsam? Auf den ersten Blick scheint es so, als gäbe es nicht einen Hinweis, ...

Was haben die deutsche Brotkultur, das Hebammenwesen, die Kunst des Reetdachdeckens und die Passionsspiele von Oberammergau gemeinsam? Auf den ersten Blick scheint es so, als gäbe es nicht einen Hinweis, der sie alle miteinander verbindet und doch ist es so – nämlich Tradition und Brauchtum.

Damit altes Wissen nicht verloren geht, das Heute und Morgen vom Gestern profitiert, dafür gibt es das immaterielle Kulturerbe der UNESCO, das eben jene Gepflogenheiten schützt und bewahrt.

Das Buch biete einen wundervollen Einblick in Handwerk, Kunst und Kultur, zeigt von der Ostfriesischen Teezeremonie im Norden bis hin zum Almabtrieb im Süden die ganze Bandbreite an wundervollen Sitten und Gebräuchen. Aber auch altes Handwerk und Berufe, die heute eher in Vergessenheit geraten sind.

Die Reportagen sind nicht nur informativ, sondern die fesseln die Leser:innen an die Seiten, vermitteln Informatives und Wissenswertes und sind Anreiz für kurze Stippvisiten, um vor Ort eigene Erfahrungen mit den Traditionen zu machen.

Satte Farben lassen die Darßer Türen in ihrer ganzen Pracht leuchten, gestochen scharfe Bilder vermitteln die Kunst des Blaudrucks, ungewöhnliche Einblicke geben den Blick auf die Pfeifen einer Orgel frei und fast könnte man meinen, dass Notenschlüssel und Noten aus den Seiten schweben, wenn die Chöre zum Singen beginnen.

Ein wunderbarer Streifzug in Wort und Bild durch die einzigartige Kulturlandschaft Deutschland, die es zu bewahren und zu erhalten gilt.

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