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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.04.2024

Wer ermordete das Ehepaar Riewerts?

Kalte Marsch
4

Dies ist der zehnte Band der erfolgreichen Krimi-Reihe über den Flensburger Kommissar John Benthien. Auch wenn man, wie ich, die vorherigen Fälle nicht kennt, kommt man ohne Probleme in das Buch und seine ...

Dies ist der zehnte Band der erfolgreichen Krimi-Reihe über den Flensburger Kommissar John Benthien. Auch wenn man, wie ich, die vorherigen Fälle nicht kennt, kommt man ohne Probleme in das Buch und seine Handlung hinein.
John wurde strafversetzt in das beschauliche Örtchen Friedrichstadt, wo sich seine kriminalistische Tätigkeit auf Wandschmierereien, losgelöste Boote und randalierende Klima-Demonstranten beschränkt. Aber dann erschüttert ein Doppelmord die Idylle. Das Ehepaar gehörte einer dubios anmutenden Freikirche an. Zunächst gibt es keinen greifbaren Anhaltspunkt, der zu dem oder die Täter führen könnte. Schlimmer noch, Johns ehemalige Kollegen Lilly Velasco und Tommy Fitzen werden von Flensburg aus auf den Fall angesetzt und sind angewiesen, John von den Ermittlungen fernzuhalten. Was nicht ganz einfach ist, denn er ist es, der wesentliche Hintergründe erkennt und erste Spuren aufdeckt. Unterstützt wird er dabei von seiner forschen Tochter Celine und seinem Vater Ben, der auch mitmischen will. Der Humor kommt also nicht zu kurz.
Die Spannung steigt von Kapitel zu Kapitel. Welche Rolle spielt Staatsanwältin Sanna, die John nach Kräften Knüppel vor die Beine wirft? Und was haben die Vorstandsmitglieder der Kirche und deren schillernde Gallionsfigur Nele Flohr mit dem Mordfall zu tun? Auf einmal gibt es eine ganze Reihe Verdächtiger, der Fall wird immer undurchsichtiger.
Ich habe jede einzelne Seite dieses Krimis genossen. Die Figuren sind sympathisch und authentisch und die Antagonisten so widersprüchlich wie geheimnisvoll. Die kurzen Kapitel sind sehr angenehm zu lesen, und die bildhaften Ortsbeschreibungen geben dem Leser das Gefühl, mittendrin zu sein. Es gibt ein paar interessante Twists, und kommt das Ende dann auch nicht wirklich überraschend, so bietet es doch ein paar aufregende Momente.
Kalte Marsch ist ein spannender und sympathischer Küstenkrimi, den ich rückhaltlos empfehlen kann.

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  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 21.03.2024

Zu aufgebläht für einen echten Thriller

Tränenschwur
0

Die 17jährige Hayley Gibbs und ihr jüngerer Bruder Graham werden in die geheime Zentrale der pseudoreligiösen Gemeinschaft „Eden“ verschleppt. Hayley ist hochschwanger, ihr Baby soll dort einer anderen ...

Die 17jährige Hayley Gibbs und ihr jüngerer Bruder Graham werden in die geheime Zentrale der pseudoreligiösen Gemeinschaft „Eden“ verschleppt. Hayley ist hochschwanger, ihr Baby soll dort einer anderen Frau, die selbst nicht gebärfähig ist, überantwortet werden. Ob Hayley die Entbindung überlebt, ist dem Oberhirten der Sekte gleichgültig. Während die beiden Jugendlichen verzweifelt versuchen zu fliehen, wird Special Agent Tom Hunter auf den Fall aufmerksam. Gemeinsam mit seiner Vertrauten Liza Barkley, einem verlässlichen Team von FBI-Mitarbeitern und einer Reihe abtrünniger Sektenmitglieder begibt er sich auf die schier aussichtslose Suche nach dem aktuellen Aufenthaltsort der Kirche. Gleichzeitig hat deren Anführer einen gewaltbereiten Anhänger mit der Aufgabe betraut, die geflohenen Jünger zu finden und zu töten. Es beginnt eine mörderische Jagd, bei der es nur einen Sieger geben kann.

Ist die Lektüre der ersten hundert Seiten dieses knapp 800 Seiten starken Romans noch aufregend und vielversprechend, so verpufft die Spannung im weiteren Verlauf. Eine langweilige Szene reiht sich an die nächste, viele davon bringen die Handlung nicht voran und dienen nur endlosen Rückblenden und der Schilderung des komplizierten Gefühlslebens der beiden Ermittler. Ohne Zweifel hat die Autorin hervorragend recherchiert, das Buch liest sich flüssig, aber ein Thriller ist das nicht. Nach so etwas wie hintergründiger Dramatik sucht man vergebens. Zudem stellen die mehr als fünfzig namentlich erwähnten Figuren eine echte Herausforderung dar. Mehr als einmal musste ich in meinen Notizen nachblättern, um mich zu erinnern, wer sich denn nun hinter diesem oder jenem Namen verbirgt. Hätte man den Umfang dieses Romans um die Hälfte reduziert, wäre das der Spannung zuträglicher geworden. Okay, der Showdown entschädigt ein wenig für die vielen hundert Seiten Langeweile. Hätte ich das Buch nicht im Rahmen einer Leserunde gelesen, hätte ich es vermutlich allerspätestens in der Mitte zugeklappt und weggelegt.
Mein persönliches Fazit: Wer epische Breite und viel Herz-Schmerz gepaart mit ein wenig harmloser Action liebt, liegt mit diesem Roman richtig. Thriller-Fans dagegen kann man damit nicht begeistern.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.02.2024

Sympathisches Ermittlerteam aus dem Norden der Republik

Enna Andersen und das weite Land
0

Hauptkommissarin Enna Andersen aus dem Raum Oldenburg löst erfolgreich sogenannte Cold Cases. Diesmal wird das spurlose Verschwinden eines Großbauern und seiner Frau vor zwanzig Jahren neu aufgerollt, ...

Hauptkommissarin Enna Andersen aus dem Raum Oldenburg löst erfolgreich sogenannte Cold Cases. Diesmal wird das spurlose Verschwinden eines Großbauern und seiner Frau vor zwanzig Jahren neu aufgerollt, deren sterbliche Überreste überraschend gefunden wurden. Enna und ihr Team haben so gut wie keine Anhaltspunkte zum Täter, außerdem gibt es im Umfeld der potentiell Verdächtigen einen weiteren Mordfall. Und der dafür zuständige Kripobeamte lässt Enna über seine eigenen Ermittlungen im Unklaren. Warum mauert er und wird dabei auch noch von der Staatsanwaltschaft unterstützt? Nach und nach ergeben sich eine ganze Reihe von Verdächtigen, aber keine stichfesten Beweise, und Enna stochert weiterhin im Nebel herum. Wird es ihr gelingen, den alten und neuen Fall trotz aller Widerstände und Ungereimtheiten zu lösen?
Dies war mein erster Roman von Anna Johannsen. Ich fand, er startete etwas schwerfällig und ohne erkennbare Spannungskurve, aber nach dem ersten Viertel änderte sich das schlagartig. Ein Ermittlungserfolg jagte den nächsten, einige der Figuren agierten immer rätselhafter, andere verschwanden von der Bildfläche und konnten nur durch beharrliches Nachforschen gefunden und befragt werden. Bis kurz vor Ende des Buches hatte ich keinen blassen Schimmer, wer der Täter sein könnte. Die Auflösung war dann ebenso logisch wie aufregend. Auch wenn für mich das Grande Finale ein wenig hopplahopp über die Bühne lief, fand ich es packend erzählt. Ich habe diesen Krimi in zwei Tagen ausgelesen, weil ich unbedingt wissen musste, wie es weiterging. Ich wurde nicht enttäuscht. Besonders gut haben mir die typisch norddeutschen Namen gefallen, von denen ich einige noch nie gehört habe. Man konnte die einzelnen Figuren trotz ihrer Vielzahl mühelos auseinanderhalten. Die Ortsbeschreibungen der Region zwischen Nordsee, Jadebusen und der Wesermündung waren bildhaft und dabei doch unaufdringlich, niemals langweilig, wie das in manchen anderen Regionalkrimis der Fall ist. Enna Andersen und ihr Team kamen sehr sympathisch rüber, trotz gelegentlicher Kabbeleien hielt man zusammen, um gemeinsam den Fall zu lösen. Auch der Antagonist aus den eigenen Reihen agierte für mich glaubhaft. Am Ende wurden alle gesponnenen Handlungsfäden entwirrt, es blieben, zumindest für mich, keine Fragen offen. Die Länge des Romans ist mit 303 Seiten genau richtig, die Kapitel waren angenehm kurz gehalten, und es gab nicht zu viele unterschiedliche Handlungsfäden und Erzähler.
Ich kann diesen liebenswerten und perfekt erzählten Krimi nur wärmstens empfehlen.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

See you later, allogator

Der Stich
13

Ein US-amerikanisches Unternehmen mit dem klangvollen Namen DNArtists hat genmanipulierte Steckmücken in den Florida Keys freigelassen, um nach eigenen Angaben die Population der für Menschen nicht ungefährlichen ...

Ein US-amerikanisches Unternehmen mit dem klangvollen Namen DNArtists hat genmanipulierte Steckmücken in den Florida Keys freigelassen, um nach eigenen Angaben die Population der für Menschen nicht ungefährlichen Insekten zu dezimieren. Das Experiment läuft aus dem Ruder, zahlreiche Opfer dieser Mückenstiche sterben innerhalb kürzester Zeit. Der aus Kuba stammende Student Quito Montezza ist der einzige, der die Gefahr erkennt, aber man hält seine Warnungen zunächst für Hirngespinste. Zur gleichen Zeit trifft die ebenfalls aus Kuba geflohene Inéz Barrera auf den Keys ein. Die beiden jungen Leute treffen unter dramatischen Umständen aufeinander, und es gelingt ihnen, Quitos Vater, den Deputy Chief des Monroe Countys, von der Wahrheit ihrer These zu überzeugen. Aber sie haben mächtige Gegner, und es entbrennt ein Kampf auf Leben und Tod.

Wie schon in seinem letztjährigen Thriller „Der Riss“ kann der Autor die Spannung bis zur letzten Seite halten, meine Erwartungen wurden übertroffen. Es war für mich als Leser nicht schwer, in die Handlung hineinzukommen, schwer war es lediglich, das Buch zwischendrin aus der Hand zu legen. Schon der Einstieg in den Roman vibriert vor Action. In der Folge jagt eine Knaller-Szene die nächste, und die beiden Protagonisten Quito und Inéz kommen so sympathisch rüber, dass man sich am liebsten an ihre Fersen heften und sie bei diesem brandgefährlichen Actionabenteuer persönlich unterstützen möchte. Und immer, wenn man denkt, jetzt kann es nicht mehr ärger kommen, eskalieren die Ereignisse weiter. Das Grande Finale schließlich lässt in puncto Spannung keine Wünsche offen.
Wer bisher noch keinen Thriller von Thilo Winter gelesen hat, sollte das jetzt nachholen. Ich persönlich schätze den klaren Erzählstil des Autors und dass er auf blutige Details verzichtet. Bemängeln könnte ich allenfalls seine etwas unbeholfene Wortwahl bei den Liebesszenen und die eine oder andere inhaltliche Ungereimtheit.
Von mir gibt es für diesen Roman ganz klar fünf Sterne mit Auszeichnung.

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Veröffentlicht am 27.11.2023

Rücksturz in die frühen 1960er Jahre

Commissario Tasso treibt den Winter aus
3

Was als fröhliches Volksfest beginnt, bei dem traditionell der Winter ausgetrieben wird, endet in einem Blutbad. Ein junger Mann stirbt nach einem brutalen Messerangriff, ein zweiter wird verletzt. Commissario ...

Was als fröhliches Volksfest beginnt, bei dem traditionell der Winter ausgetrieben wird, endet in einem Blutbad. Ein junger Mann stirbt nach einem brutalen Messerangriff, ein zweiter wird verletzt. Commissario Tasso, der eher unfreiwillig an dem Umzug mit den gruseligen Schnappviechern teilnimmt, ermittelt, seine ehemalige Praktikantin Mara Oberhöller steht ihm wieder tatkräftig zur Seite. Aber niemand scheint etwas gesehen zu haben, die Nachforschungen verlaufen zunächst ergebnislos. Noch dazu gibt es Rivalitäten zwischen der Polizia di Stato, zu der Tasso gehört, und den ortsansässigen Carabinieri, die keine Einmischung in ihren Fall dulden wollen.

Da ich die beiden vorherigen Bände um Commissario Tasso und Mara Oberhöller nicht kannte, fiel mir der Einstieg in diesen Krimi nicht ganz leicht. Die vielen Figuren, die einem als Leser dabei begegneten, waren für mich nicht ohne weiteres auseinanderzuhalten, weswegen ich immer mal wieder zurückblättern musste, um zu sehen, wer nun eigentlich gemeint war. Zudem wurde ich mit den beiden Protagonisten nicht wirklich warm, es kam keine rechte Nähe zu ihnen zustande. Das änderte sich erst ab der Mitte des Romans, dann wurde die Sache allmählich spannend, und zum Ende hin machte das Lesen und Mitfiebern richtig Spaß.

Die Autorin hat die Stimmung und Realitäten der 1960er Jahre sehr gut eingefangen, der Roman entwickelte einen eigenen Charme. Das geschmackvolle Coverbild spiegelt diese Epoche perfekt wider. Es ist ein stiller Krimi ohne Knalleffekte, der zum Nachdenken und Schmunzeln anregt.

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