Platzhalter für Profilbild

leseeule1220

aktives Lesejury-Mitglied
offline

leseeule1220 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit leseeule1220 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.09.2025

so überraschend wie ein Center Schock

Adlergestell
0

Die Mauer ist gefallen und die große Freiheit ist zum Greifen nah. Laura Laabs erzählt in ihrem Roman Adlergestell von einer Zeit, die von Hoffnung aber auch Erschöpfung geprägt war. Nicht nur das Leben ...

Die Mauer ist gefallen und die große Freiheit ist zum Greifen nah. Laura Laabs erzählt in ihrem Roman Adlergestell von einer Zeit, die von Hoffnung aber auch Erschöpfung geprägt war. Nicht nur das Leben der Erwachsenen änderte sich von heut auf morgen. Sie prägte und formte eine ganze Generation von Nachwendekindern.
Die namenlose Erzählerin reist mit uns in ihre eigene Kindheit, zurück in die Eigenheimsiedlung am Adlergestell, gemeinsam mit ihren beiden besten Freundinnen. Während die Mädchen versuchen ihren Platz in dieser neuen Welt zu finden, bröckelte diese um sie herum und mit ihr ihre Freundschaft. Die ältere Generation leidet noch immer unter Kriegstraumata und die Erwachsenen sind getrieben von einer Mischung aus Freiheit, Aufschwung und Ernüchterung. Es beginnt eine Reise der Aufarbeitung der persönlichen Geschehnisse, um das vermeintliche Ende zu verstehen.

Die Autorin verknüpft geschickt die Vergangenheit mit der Gegenwart und zeigt wie schnell sich alles wandeln kann. Die Nebencharaktere wirken zunächst blass. Deshalb war ich echt überrascht, als einige von ihnen mit ihren persönlichen Gedanken und Lebensgeschichten zu Wort kamen. Diese Erzählungen waren zum Teil sehr bewegend und gaben der Geschichte eine neue Tiefe. Die Geschichte des Adlergestells mit einzubauen gefiel mir richtig gut. Ich traue mich kaum zu sagen aber es hat ewig gedauert, bis ich herausfand, was es mit dem Adlergestell auf sich hatte. Die eingestreuten Werbeunterbrechungen wirken zunächst nostalgisch lustig, wichen aber schnell einem bitteren Nachgeschmack durch deren Interpretationen.
Nach dem Lesen habe wirklich einiges nach recherchiert, da mir einige Fakten einfach unbekannt waren. Ich selbst wurde kurz vor der Wende im tiefsten Osten geboren und etwas später als die drei Mädchen eingeschult. Mir war dennoch vieles von dem Gelesenen vertraut und zog mich in meine eigene Vergangenheit zurück. Ich las meinem Mann im Nachhinein viele Passagen vor. Er war ebenso begeistert und besonders gefielen ihm die einzigartige Ausdrucksweise. Jede Zeit und jeder Charakter bekam einen ganz individuellen Ton. Das Springen zwischen den Zeiten und Charakteren war anfangs etwas wirr für mich, dennoch fand ich mich schnell zurecht. Mein Vater wuchs in dieser Gegend auf und so hörte ich mir natürlich auch seine Sicht der Dinge an. Besonders der optische Wandel ist ihm noch immer im Gedächtnis geblieben.
Da diese Zeit historisch und politisch sehr geprägt war, ist es nicht verwunderlich, dass sich dies auch in diesem Roman widerspiegelt. Von damals bis in die Neuzeit. Mit dem Ende der Geschichte hadere ich etwas. Es wirkt alles im Nachhinein schlüssig aber auch etwas konstruiert.
Adlergestell ist kein Wohlfühlroman. Die Nostalgie, die er auslöst, wird immer wieder unterbrochen. Vieles wirkt komisch aber zeigt gleichzeitig die harte Realität. Wer mit einem nicht linearen Erzählstil kein Problem hat, sollte sich auf diese Reise in die Vergangenheit einlassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.08.2025

klingt noch lange nach

Das Geschenk des Meeres
0

Es ist um 1900, als die junge Dorothy in das kleine abgelegene Fischernest Skerry an der schottischen Küste zieht, um dort als Dorflehrerin ein neues Leben zu beginnen. Als Fremde hat sie es nicht gerade ...

Es ist um 1900, als die junge Dorothy in das kleine abgelegene Fischernest Skerry an der schottischen Küste zieht, um dort als Dorflehrerin ein neues Leben zu beginnen. Als Fremde hat sie es nicht gerade leicht, in der sehr eigenwilligen Dorfgemeinschaft Fuß zu fassen. Ebenso verhindern zahlreiche Umstände, dass sie ihr Liebessglück, mit dem Fischer Joseph, findet. Durch ein Unglück verliert sie auch noch ihren geliebten Sohn Moses. Jahre später, wird in einer Wintersturmnacht ein kleiner Junge angespült, der ihrem verlorenen Sohn unheimlich ähnelt. Damit werden Dinge und Geheimnisse ans Licht gebracht, die längst begraben schienen.
Die Geschichte spielt auf drei Zeitebenen und wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Und immer wieder steht die große Frage Raum, was geschah damals wirklich mit Moses und was hat es mit diesem geheimnisvollen Jungen auf sich.
Nach und nach erfährt man von den Träumen, Wünschen und Geheimnissen der einzelnen Personen. Sie begehen Fehler und müssen mit den Konsequenzen ihrer Handlungen leben. Besonders spürbar dabei, Dorothy hat den Tod von Moses nie verarbeitet. Viele Zusammenhänge erschließen sich erst im Laufe der Zeit, durch Rückblicke und Perspektivwechsel. Allmählich setzt sich das Gesamtbild der wahren Ereignisse zusammen. Die kurzen Kapitel sorgten für einen angenehmen Lesefluss.
Die Figuren wirkten auf mich allesamt authentisch und so rauh und unnahbar wie die schottische Küste selbst. Besonders nachvollziehbar empfand ich Dorothys Schwierigkeiten, sich in das Dorfleben zu integrieren. Nicht nur die Dorfbewohner machten es ihr schwer, oft stand sie auch selbst im Weg. Es gab Fehler auf allen Seiten. Es wird mehr übereinander als miteinander geredet. Natürlich regt es mich immer wieder auf, wenn Konflikte auf Grund von mangelnder Kommunikation oder falschem Stolz entstehen und künstlich aufrecht erhalten werden. Doch genau dies passt hervorragend in die handelnde Zeit und zu den Menschen dieser Umgebung. Mir gefiel, dass die Autorin eine kleine schottische Sage mit in die Geschichte eingewebt hat und nur am Rande mit floss. Dies sorgte für eine ganz besondere Atmosphäre.
Der Schreibstil ist ruhig und beschreibt malerisch die Umgebung. Die Naturbeschreibungen sind sehr ausschweifend und lassen einen fühlen, als wäre man direkt vor Ort. Es wird mit Worten gespielt, die eine ganze eigene Stimmung erzeugen.
Es ist kein Wohlfühlroman, sondern eine Geschichte die einen berührt, mitfühlen lässt und in die Tiefe geht. Trauer, Verlust und Hoffnung auf zweite Chancen machen diesen Roman zu etwas ganz besonderen.
Eine klare Empfehlung für alle, die in die leisen Töne eintauchen wollen und das raue schottische Setting lieben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.05.2025

Tiefgründiges Familiendrama im Schutze des Waldes

Der Gott des Waldes
0

„Sie erzählte, das Wort komme vom griechischen Gott Pan, dem Gott des Waldes. Er liebte es, die Menschen zu täuschen und ihre Sinne zu verwirren, bis sie die Orientierung verloren. Und den Verstand, sagte ...

„Sie erzählte, das Wort komme vom griechischen Gott Pan, dem Gott des Waldes. Er liebte es, die Menschen zu täuschen und ihre Sinne zu verwirren, bis sie die Orientierung verloren. Und den Verstand, sagte T.J., “

Dieser Sommer sollte etwas ganz besonderes werden. Ferienlagerromantik mitten im Wald.
Es wurde aber relativ schnell klar, dass dieser Schein trügt. Ein Mädchen verschwindet aus dem Camp. Ausgerechnet die Tochter der Besitzer. Und sie ist nicht die erste. Bevor sie geboren wurde, verschwand ihr Bruder ebenfalls unter mysteriösen Umständen in diesem Wald und konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Mit dem Verschwinden von Barbara rückt alles wieder in die Gegenwart und die Stimmen werden lauter, dass nichts ein Zufall sein kann.
Auf die konkreten Figuren und Handlungen möchte ich hier nicht direkt eingehen, da ich sonst Gefahr laufe ausversehen zu spoilern.
Besonders beeindruckt hat mich die wirklich außergewöhnliche Erzählweise. Die Autorin springt immer wieder zwischen verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven hin und her. Und selbst diese sind nie linear erzählt, sondern springen auch untereinander scheinbar willkürlich durcheinander. Dies sorgte oft für überraschende Wendungen und oft wurde ich in meinen Spekulationen in die Irre geführt, als hätte ich mich selbst im Wald verlaufen. Beim Lesen kam mir oft der Schmetterlingseffekt in den Sinn. Jede Handlung in der Vergangenheit hat spürbare Auswirkungen auf die Gegenwart. Die Spannung blieb dadurch durchgehend auf einem hohen Niveau. Erst nach und nach verdichteten sich die vielen kleinen Details zu einem Gesamtbild, dessen Ausmaß sich dem Leser erst ganz zum Schluss offenbart. Erst, wenn man die Vergangenheit versteht, lässt sich das Rätsel um Barbaras Verschwinden lösen.
Der Wald als Schauplatz verlieh der Geschichte eine geheimnisvolle aber auch beklemmende Atmosphäre. Als wäre der Wald selbst unsicher, ob er uns seine Geheimnisse anvertrauen möchte. Die Erzählperspektive verstärkte diesen Effekt für mich immens. Es wird zwar aus mehreren Sichtweisen erzählt aber nie in der Ich-Perspektive. Es wirkte auf mich fast so, als würde der Gott des Waldes seine Geschichte erzählen. Dabei zeigt er uns immer nur das, was er für nötig hält und uns dann wieder im Dunkeln tappen lässt.
Wie die Geschichte an sich entfaltete sich die Komplexität der Figuren erst nach und nach, mit jedem neuen Rückblick. Wie viel Vergangenheit steckt in unserer Gegenwart?
Trotz des Kriminalfalls, stehen für mich vor allem die Geschichten hinter der Geschichte im Vordergrund.
Liz Moore gelingt es auf beeindruckende Art und Weise eine Gesellschaftsanalyse der Rolle der Frau im Wandel der Zeit und Familienhierarchien der damaligen Zeit darzustellen und welche Folgen daraus entstehen konnten.
Für mich war diese Geschichte ein leises und tiefgründiges Highlight. Gerade diese Erzählweise und die darin verwobenen Themen werden mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Wer subtile Spannung und raffiniert verwobene Erzählstränge mag, wird diesen Roman nicht mehr aus der Hand legen können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.04.2025

Ein Slowburn Thriller mit äußerst nervigen Hauptprotagonisten

Die Kurve
0

Auch im kriminellen Milieu läuft nicht immer alles nach Plan. Für solche Fälle ruft man Carl zu Hilfe, um alles wieder gerade zu biegen. Carl, ein gerissener Problemlöser, der weiß wie er seine Crew einsetzen ...

Auch im kriminellen Milieu läuft nicht immer alles nach Plan. Für solche Fälle ruft man Carl zu Hilfe, um alles wieder gerade zu biegen. Carl, ein gerissener Problemlöser, der weiß wie er seine Crew einsetzen muss und welche Strippen zu bewegen sind. Die Mafia hat Probleme? You better call Carl. Eine Millionärstochter wird ermordet? You better call Carl.
Ein außenstehender Erzähler berichtet die Geschehnisse in kleinen Episoden, wobei jedes Kapitel aus der Sicht von einem anderen Mitarbeiter Carls sowie ihm selbst handelt. Eine Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt zu bekommen und einen größeren Überblick zu erhalten gefiel mir schon immer am besten. Leider war es für mich nicht immer leicht, gleich herauszufinden, von wem das jeweilige Kapitel handelt. Selbst in den Kapiteln wurde des Öfteren hin und her geswitched und irgendwann ging mir dann einfach der rote Faden verloren. Dabei ist er ja eigentlich vorhanden, in Form von Carls Telefonaten, die er mit seinen Mitarbeitern führt und damit zu einem allumfassenden Verbindungsglied wird. Ein wenig hat es mich an die Erzählweise von Tarrantino erinnert.
Zu Beginn war ich wirklich neugierig auf Carl und seine Arbeitsweise. Ich stellte ihn mir als ein charmantes und cleveres Genie a la Raymond Reddington vor. Die Ernüchterung kam leider sehr schnell. In meinen Augen ist Carl einfach ein unsympathischer Krimineller, der seine Mitarbeiter mit Gewalt unter Kontrolle hält. In den häufig eingeschobenen Monologen ist er sich fast nur am selbstbemitleiden. Seine ständigen Stimmungsschwankungen waren für mich schwer auszuhalten. War er doch mal ehrlich sympathisch, sodass ich ihn hätte mögen können, war er in der nächsten Sekunde hochgradig aggressiv und unter der Gürtellinie. Einzig eine Szene ließ mich meine Gefühle gegenüber Carl überdenken. Ich weiß bis heute nicht, ob ich ihn vielleicht doch unterschätzt habe oder es ihn noch egoistischer für mich macht. Carl deutete mal an es mit der Verschlüsselung seiner Geschäfte am Telefon manchmal zu übertreiben. Genau dieses Gefühl hatte ich teilweise beim Lesen der Geschichte. In meinen Augen ging es weniger um die Fälle an sich, sondern mehr um Carls Mitarbeiter. Besonders Ridley ist mir da in Erinnerung geblieben. Seine Hintergrundgeschichte hat mich am meisten berührt sowie das, was das Schicksal noch für ihn bereit hält.
Während die aktuellen Fälle in Bearbeitung sind, erfährt man als Leser immer wieder zwischendurch, quasi Schnipselweise, mehr über die Vergangenheit von Carl und seinen Mitarbeitern. Also die Geschehnisse, die sie ins Hier und Jetzt gebracht haben und mit welchen Traumata sie bis heute zu kämpfen haben.
Der derbe bisweilen vulgäre Schreibstil mag manchmal abschreckend wirken aber passt meiner Meinung nach sehr gut zum rauen Umgangston, der in diesem Milieu herrscht.
An sich hätte ich diesen Roman schon echt mögen wollen. Die langsame Erzählart und die Hintergründe der meisten Protagonisten gefielen mir echt gut. Auch, dass die Fälle so abliefen bzw. so ausgingen hätte ich auch noch verkraften können, wie das sehr offene Ende. Aber ganz ehrlich? Carl hat es einfach versaut. Sein widerlicher Charakter legte sich einfach wie ein Schatten über die ganze Geschichte.
Schwer zu sagen, ob ich eine Leseempfehlung geben kann. Ich denke hier sollte jeder selbst entscheiden, ob er sich auf die Geschichte einlassen möchte oder nicht. Ich persönlich bereue es nicht, hätte mir aber mehr erhofft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.04.2025

Tiefgründiger Debütroman über soziale Ungerechtigkeit und Resilienz

Ganz aus Splittern
0

Ein Problemkind aus einem Problemviertel. Hat man einmal diesen Stempel aufgedrückt bekommen, ist es meist unmöglich sich aus dieser drohenden Abwärtsspirale heraus zukämpfen. Genau in diesem Dilemma befindet ...

Ein Problemkind aus einem Problemviertel. Hat man einmal diesen Stempel aufgedrückt bekommen, ist es meist unmöglich sich aus dieser drohenden Abwärtsspirale heraus zukämpfen. Genau in diesem Dilemma befindet sich die 17 jährige Protagonistin Christine. Aufgewachsen im falschen Teil der Stadt, muss sie eine Schule besuchen, die ihr kaum eine Perspektive bietet aus diesem sozialen Brennpunkt heraus zu kommen. Und vor ihrer Junkie-Mutter und ihrem gewalttätigen Stiefvater zu fliehen. Dabei hätte Christine das Potenzial dazu, wenn sie nur die Chance dazu hätte. Stets an ihrer Seite ist ihr bester Freund Tjard, der sie beschützt und immer für sie da ist. Eines Tages erhält sie die einmalige Chance, als eine Art Sozialexperiment, an ein renommiertes Elitegymnasium zu wechseln. Nach langem zögern nimmt sie aber das Angebot an. Dort lernt sie Alex kennen, der ihr von Anfang den Atem raubt. Nun scheint sich Christines Blatt zu wenden. Doch zu Hause spitzt sich das Drama immer weiter zu und auch auf der Sonnenseite ist nicht alles Gold was glänzt.
Gerade zu Beginn hat mich der Schreibstil einfach umgehauen. Mit einer präzisen Nüchternheit tauchte ich in Christines Viertel und Alltag ein. Die soziale Ungerechtigkeit zwischen den Schichten wurde meiner Meinung nach großartig ausgearbeitet ohne klischeehaft oder sentimental zu werden.
Hut ab vor dieser sehr jungen Autorin, die es jetzt schon versteht mit Worten Bilder und Stimmungen zu malen. Im Gedächtnis geblieben ist mir vor allem das gelbe Mehrfamilienhaus in dem Christine lebt. Normalerweise steht die Farbe Gelb für Wärme und Fröhlichkeit. Doch hier bildet sie fast schon einen ironischen Kontrast, denn hinter diesen Mauern, gibt es schon lange keine Fröhlichkeit mehr.
Christine ist für mich, trotz ihres Alters und Lebensumstände ein sehr intelligentes und reifes Mädchen. Ihr zögern über den Schulwechsel konnte ich absolut nachvollziehen. Wer möchte schon gern, als Sozialexperiment angesehen werden. Auch ihre Hartnäckigkeit nicht aufzugeben und sich ihrem Schicksal zu ergeben, hat mich echt beeindruckt. Tjard habe ich einfach ins Herz geschlossen. Er ist ein wunderbarer Chaot, der aber absolut treu Christines Leben zusammenhält. Die Beziehung der beiden war mir zwischendurch manchmal etwas suspekt. Ab und an dachte ich wirklich Christine nutzt Tjard etwas aus, da er ihr Kleber ist, der die Splitter zusammenhält. Im Laufe der Geschichte begriff ich aber dass die beiden einfach auf eine besondere Weise seelenverwandt sind. Ich wünschte mir jeder hätte einen Tjard. Jemanden der bedingungslos hinter einem steht und die Scherben zusammenklebt. Auch ihre anderen Freunde sind durch die Bank weg einfach herrlich skurril. Jeder von ihnen gibt ihr auf ganz individuelle Art und Weise Halt, obwohl er selbst sein Päckchen zu tragen hat.
Typisch NA auch die Liebesgeschichte zwischen Christine und Alex. Quasi Anziehung auf den ersten Blick, obwohl beide aus unterschiedlichen Welten stammen. Zwar ist diese Art von Love Interest nicht so mein Fall aber gehört zu diesem Genre halt einfach dazu. Für mich sprang der Funke einfach nicht über. Außerdem war die Liebesgeschichte der beiden für mich absolut nebensächlich. Mir ging es allein um Christines Schicksal und ihren weiteren Werdegang. Aus diesem Grund hätte ich mich gefreut, mehr von ihrem neuen Schulalltag zu erleben. Dort wurden zwar einige Konflikte angerissen aber aus meiner Sicht irgendwie nicht zu Ende gebracht. Auch wenn die Geschichte an manchen Stellen vorhersehbar war, konnte mich der Plottwist doch überraschen. Mit den Geschehnissen am Ende hadere ich immer noch ein wenig. Diese Wendung kam so kurz und kalt, sodass ich kaum realisieren konnte was da geschah.
Christines Geschichte verdeutlicht wieder einmal mehr, dass wir mehr sind als unsere Vergangenheit oder Herkunft. Jeder sollte die gleichen Chancen haben seinen Weg gehen zu können.
Auch, wenn mir nicht alles gefallen hat, hat die Grundgeschichte für mich genau ins Schwarze getroffen. Es führte mir wieder einmal vor Augen, wie sehr gerade die Schwächsten in unserem System leiden und wie wichtig Resilienz ist. Ich denke auch, dass Christines Schicksal für viele bittere Realität ist.
Aufgrund der Spice Szenen würde ich nicht gerade eine Empfehlung ab 14 Jahren geben. Lest auch bitte unbedingt die Trigger-Warnungen.
Auch, wenn ich einige Kritikpunkte habe, hat mich die Geschichte echt gepackt und ich empfehle sie jedem weiter, der sich mit authentischen und sozialen Themen beschäftigen möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere