Am Ufer der Träume
Am Ufer der TräumeThomas Jeiers Geschichte beginnt mit der großen Hungersnot in Irland im Jahre 1845, als die Kartoffelfäule unzähligen Menschen die Lebensgrundlage nimmt. Aufgrund der Missernten sind sie auch nicht mehr ...
Thomas Jeiers Geschichte beginnt mit der großen Hungersnot in Irland im Jahre 1845, als die Kartoffelfäule unzähligen Menschen die Lebensgrundlage nimmt. Aufgrund der Missernten sind sie auch nicht mehr dazu in der Lage, ihre Abgaben an die englischen Landherren zu bezahlen und werden zu Tausenden kurzerhand von ihrem Heim verjagt. Insgesamt sterben im Laufe der Hungersnot, die von 1845 – 1849 währte, eine Million Menschen. Erschöpfung, Hunger, Erkältungskrankheiten und gefährliche Seuchen rafften die arme Bevölkerung dahin und viele versuchten, ihrem Schicksal durch Emigration zu entrinnen. Das bevorzugte Ziel war Amerika, das Land der unendlichen Möglichkeiten. Thomas Jeier erzählt in diesem Buch vom Schicksal der Irin Rose Campbell, die mit ihren beiden Töchtern Molly und Fanny eben dieses Schicksal erleidet und mit nur wenigen Habseligkeiten im Gepäck von ihrer Farm vertrieben wird. Einzig das Aufeinandertreffen zwischen ihnen und dem jungen Iren Bryan Halloran, der Molly das Jagen und das Überleben in der Wildnis lehrt, rettet den Frauen das Leben. Als der strenge Winter sich mit einem Blizzard ankündigt, sucht die kleine Gruppe Zuflucht in einem Arbeitshaus und plant für das kommende Frühjahr den Aufbruch nach Amerika. Der Autor schildert in eindrucksvollen Bildern und drastischen Beschreibungen das elende Leben und die Ausbeutung der von Schicksalsschlägen gezeichneten irischen Landbevölkerung dieser Jahre und ihren Überlebenskampf nach ihrer Ankunft im „Land der ungeahnten Möglichkeiten“. Das New York ihrer Träume war ein vollkommen anderes, als Molly und Fanny es sich vorgestellt hatten. Nach dem Tod ihrer Mutter während der langen und entbehrungsreichen Überfahrt auf dem Schiff nach Amerika und dem rätselhaften Verschwinden Bryans von diesem Auswandererschiff heuerten die Mädchen als Näherinnen an und Fanny und Molly gehen ihren Weg.
Thomas Jeier hat mich mit seiner faszinierenden Erzählung über diese Frauenschicksale in den Bann gezogen. Der Großteil des Buches behandelt die Zeit in Irland, erst im letzten Drittel wird auf die Besiedelung Amerikas und auf die Probleme mit den Ureinwohnern eingegangen. Der flüssige Schreibstil und der interessante Plot machten diese Lektüre zu einem Vergnügen und die Ungewissheit der Ankunft des verschollenen Bryan am Ziel ihrer gemeinsamen Träume verlieh dem Buch die nötige Spannung. Die Liebesgeschichte zwischen Bryan und Molly spielt zwar eine herausragende Rolle, gleitet jedoch nie ins Klischeehafte oder Seichte ab. Die handelnden Personen erschienen durchaus glaubwürdig, wobei das größte Augenmerk auf die Protagonistin Molly gelegt wurde. Einzig die Tatsache, dass dieser Roman nicht lange nach der Ankunft Mollys in der wilden unendlichen Weite Amerikas endet, hat mich traurig gestimmt. Ich hätte gerne mehr über die Besiedelung des so genannten Wilden Westens gelesen, über die Kämpfe zwischen den weißen Einwanderern und den amerikanischen Ureinwohnern und dem Start in ein gemeinsames Leben von Molly und Bryan am Ziel ihrer Träume. Leider endete das Buch mit dem Auftauchen Bryans. Ich würde nur allzu gerne weitere Bücher von Thomas Jeier lesen und mehr über dieses raue, wilde Land lesen, das heute den zweitgrößten Kontinent der Erde darstellt.