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Veröffentlicht am 16.02.2018

Die Töchter unserer Mutter sind hart im Nehmen… notgedrungen

Die andere Schwester
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Die Töchter unserer Mutter sind hart im Nehmen… notgedrungen

„Sie hatte längst aufgegeben, sich eine andere Mutter zu wünschen. Wie auch den Traum von einer Schwester, die ihre beste Freundin war. Manche ...

Die Töchter unserer Mutter sind hart im Nehmen… notgedrungen

„Sie hatte längst aufgegeben, sich eine andere Mutter zu wünschen. Wie auch den Traum von einer Schwester, die ihre beste Freundin war. Manche Dinge entwickelten sich eben nicht so, wie man es sich ersehnte, selbst wenn man darüber lange Jahre bittere Tränen vergoss.“

Meghann Dontess und Claire Cavenaugh sind Schwester, haben allerdings ziemlich konträre Vorstellungen vom Leben. Ihr Kontakt beschränkt sich auf wenige, meist kurze und unpersönliche Telefonate. Die beiden haben jedoch eines gemein: eine trostlose Kindheit mit einer oberflächlichen und narzisstischen Mutter, die ihnen unmissverständlich klarmachte, dass Liebe nicht von Dauer ist. Während Meghann zu einer erfolgreichen und unnahbaren Karrierefrau wurde und ein Luxusleben in Seattle führt, unzählige Männer in ihr Bett, aber keinen einzigen in ihr Herz lässt, lebt Claire bei ihrem leiblichen Vater im River’s Edge Resort. Sie liebt ihre Arbeit im Familienunternehmen und ist alleinerziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter. Sowohl Meghann, als auch Claire leiden unter ihrer Entfremdung, doch die zaghaften und teilweise ziemlich unbeholfenen Versuche, aufeinander zuzugehen, führen lediglich zu gegenseitigen Missverständnissen und emotionalen Verletzungen. Als Claire der großen Liebe ihres Lebens begegnet und Meghann zur Hochzeit einlädt, läuten bei der ehrgeizigen Scheidungsanwältin sämtliche Alarmglocken. Sie wähnt ihre kleine Schwester in Gefahr und macht sich sofort auf den Weg, um sie vor dem größten Fehler ihres Lebens zu bewahren. Etliche Turbulenzen und eine längst fällige Aussprache scheinen nun unausweichlich…

Kristin Hannah befasst sich in diesem Roman mit tiefen und schmerzhaften Verletzungen aus der Vergangenheit. Ihre großen Themen sind Verdrängung, Bitterkeit, Konfrontation und letztendlich Vergebung, die sie in einem wunderschönen und einfühlsamen Schreibstil meisterhaft umgesetzt hat. Bei der Charakterisierung von Meghann zeigt sie deren harte Fassade als unabhängige Single-Frau, erlaubt jedoch nach und nach immer tiefere Einblicke in deren Innerstes, wo ein kleines, verängstigtes Mädchen sich aller bitteren Erfahrungen und Zweifel zum Trotz immer noch nach Liebe sehnt. Die Autorin lässt ihre Protagonistin eine große Wandlung durchleben und im Verlauf der Handlung beginnt Meghanns schroffe und autoritäre Fassade schließlich zu bröckeln. Mit Claire hat Kristin Hannah eine sehr sympathische zweite Hauptfigur in ihren Roman eingebracht. Die liebevolle und sanfte Frau leidet zwar ebenfalls unter den traumatischen Kindheitserlebnissen, darf sich jedoch dank ihrer kleinen Tochter Alison, ihres fürsorglichen Vaters Sam und ihrer treuen Freundinnen aufgefangen und geliebt wissen. Mit dem einsamen und ziellos von Ort zu Ort ziehenden Joe Wyatt tritt eine interessante Nebenfigur in Erscheinung. Hinter seinem vernachlässigten und ungepflegten Äußeren verbirgt sich ein hoch intelligenter, jedoch von tiefen Schuldgefühlen gequälter Mann, den eine tragische Begebenheit vollkommen aus der Bahn geworfen hat. Auch die Figur des attraktiven Sängers und Songschreibers Bobby Austin, der von einer Karriere als Country- und Western Star träumt, spielt eine bedeutende Rolle in diesem Buch. Als Antagonistin tritt Meghanns und Claires Mutter Eliana Sullivan in Erscheinung. Neben ihren inszenierten Auftritten und ihrem kalten, abweisenden, zutiefst egoistischen Verhalten gelingt es Kristin Hannah, dem Leser auch einen Blick auf Elianas Verletzlichkeit und ihre eigenen seelischen Wunden zu vermitteln.

Kristin Hannah hat mir mit diesem außergewöhnlichen Roman ein tief berührendes und lange nachwirkendes Leseerlebnis beschert. Der einnehmende Schreibstil, eine riesengroße Palette von Gefühlen sowie ein erhöhter Spannungsbogen ab dem letzten Drittel dieses Buches sorgten dafür, dass ich es kaum noch aus der Hand zu legen vermochte. „Die andere Schwester“ hat mir ausgezeichnet gefallen und ich durfte die Autorin wieder einmal als großartige Erzählerin und eindrucksvolle Vermittlerin von Emotionen erleben.

Obgleich der Untertitel dies bereits verrät, möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass es sich bei dem vorliegenden Roman um keine Neuerscheinung handelt, sondern um das Buch „Wer zu lieben wagt“ aus dem Jahr 2003, welches nun unter dem Titel „Die andere Schwester“ veröffentlicht wurde.

Veröffentlicht am 16.02.2018

Chanel No. 5 - Ein Denkmal für Coco Chanels große Liebe

Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe
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Chanel No. 5 - Ein Denkmal für Coco Chanels große Liebe

Michelle Marly befasst sich in diesem Roman mit dem Traum von einem ganz besonderen Parfum: Chanel No. 5 - dem bekanntesten und zu seiner Zeit ...

Chanel No. 5 - Ein Denkmal für Coco Chanels große Liebe

Michelle Marly befasst sich in diesem Roman mit dem Traum von einem ganz besonderen Parfum: Chanel No. 5 - dem bekanntesten und zu seiner Zeit teuersten Parfum der Welt, das für die französische Modeschöpferin Coco Chanel zur Herzensangelegenheit wurde.

Im Prolog gibt die Autorin einen kurzen Rückblick in das Jahr 1897, wo ein junges Mädchen im katholischen Kloster von Aubazine, einem Waisenhaus der Zisterzienserinnen, von einem besseren Leben träumt. Dieser Traum sollte für die damals vierzehnjährige Gabrielle Chasnel auch tatsächlich in Erfüllung gehen. Ihr war es bestimmt, die gesamte Modewelt durch ihr sicheres Gespür für Stil und Eleganz auf den Kopf zu stellen. Die ehemals arme Näherin erregte als Hutmacherin mit ihren schlichten, eleganten Kreationen schon bald die Aufmerksamkeit der Pariser Damenwelt. Zahlreiche Affären mit bedeutenden Männern öffneten ihr die Türen zur Pariser Hautevolée. Als Mademoiselle Coco Chanel avancierte Gabrielle zur Berühmtheit. Sie war unkonventionell und legte es darauf an zu schockieren, indem sie beispielsweise das Korsett aus der Modewelt verbannte und Hosen für Frauen entwarf. Mit dem attraktiven englischen Lebemann und Polospieler Arthur „Boy“ Capel schien die zierliche Kindfrau mit dem kurzen schwarzen Haar und den dunklen Augen auch ihr privates Glück gefunden zu haben. Die Nachricht vom tödlichen Autounfall der Liebe ihres Lebens im Alter von nur achtunddreißig Jahren erschüttert sie über alle Maßen. Coco verschließt sich vor der Welt und gibt sich ihrer abgrundtiefen Verzweiflung und ihrem unendlichen Schmerz hin. Letztendlich ist es der letzte Wille des Geliebten, der sie aus ihrer Lethargie zu erwecken vermag. Coco beabsichtigt, ein Parfum zur Erinnerung an Boy zu kreieren – einen ganz besonderen Duft, der ihre Liebe für die Ewigkeit bewahren soll. Chanel No. 5 wird schließlich zu einem Monument einer unvergänglichen Liebe.

Abgesehen vom Prolog konzentriert sich die Handlung dieses Buches auf den Zeitraum von 1919 bis 1922. Michelle Marly präsentiert mit „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ einen fesselnden Roman, der einerseits durch den großen Bekanntheitsgrad der Modeschöpferin, andererseits durch einen wunderschönen Schreibstil und hervorragend recherchierte historische Details beeindruckt. Die Protagonistin Coco Chanel wird als bildhübsche, zierliche Frau einfacher Herkunft beschrieben, die es durch ihr mutiges und energisches Streben und eine große innere Stärke schafft, ihren großen Traum zu verwirklichen. Die Autorin berichtet von zahlreichen Liebesaffären und Kontakten zur gehobenen Gesellschaft, die Coco Chanel geschickt zu nutzen wusste. Ihre stilvolle Eleganz fand im Paris in der Belle Époque begeisterten Zuspruch, die Kreationen von Mademoiselle Chanel eroberten die Modewelt im Sturm. Die Autorin hat diese Ikone einer ganzen Ära eingehend beleuchtet und zum Leben erweckt. Abgesehen von Arthur Capel kreuzen etliche weitere bedeutende Personen Cocos Weg. Die atemberaubend schöne und elegante Marie Sophie Godebska, die spätere Ehefrau von José Sert und Muse der Belle Époque galt als Königin der Pariser Gesellschaft und spielt als ihre engste Freundin eine bedeutende Rolle in Coco Chanels Leben. Die moderne Geschäftsfrau umgibt sich mit Künstlern wie Jean Cocteau, Sergej Djagilew, Igor Strawinsky oder Pablo Picasso und knüpft auch Kontakte zur Aristokratie. Die Beziehung zum russischen Großfürsten Dimitri Pawlowitsch Romanow führt Coco bei ihrer Suche nach dem eigens für die Zarenfamilie kreierten Parfum „Bouquet de Catherine“ schließlich zum französischen Chemiker Ernest Beaux. Dem ehemaligen Parfümeur des russischen Zarenhofes gebührt der wohl größte Anteil an der Entstehungsgeschichte von Chanel No. 5, dem Denkmal für Coco Chanels große Liebe Boy.

Fazit: Im Roman „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ erzählt die Autorin die faszinierende Geschichte einer Frau, die sich ihren Weg mutig bis ganz nach oben bahnte. Michelle Marly verstand es ausgezeichnet, sämtlichen Beteiligten Leben einzuhauchen, sie werden vielschichtig, interessant und höchst authentisch dargestellt. Die Erfüllung von Arthur Capels letztem Wunsch liest sich wie eine wunderschöne Liebeserklärung und man vermeint nach dem Schließen der letzten Buchseite einen Hauch von Chanel No. 5 im Raum zu verspüren.

Veröffentlicht am 11.02.2018

Der dreizehnte Pass

In eisiger Nacht
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Der dreizehnte Pass

„Die dreizehnte Frau, die Einzige, die nicht erfroren ist. In dieser Stadt gab es zehn Millionen Menschen. Und ich suchte nach nur einer Frau.“

Der englische Bestsellerautor Tony ...

Der dreizehnte Pass

„Die dreizehnte Frau, die Einzige, die nicht erfroren ist. In dieser Stadt gab es zehn Millionen Menschen. Und ich suchte nach nur einer Frau.“

Der englische Bestsellerautor Tony Parsons befasst sich im vierten Fall seiner Krimireihe um den Ermittler Max Wolfe mit dem brandaktuellen Thema „Menschenhandel“, dem derzeit einträglichsten Verbrechen und am schnellsten wachsenden Geschäftszweig der Welt.

Nachdem ein nachlässig abgestellter LKW mitten in Londons Chinatown Aufmerksamkeit erregt und ein Sondereinsatzkommando den Laderaum öffnet, bietet sich den Beamten ein Bild des Grauens: im Inneren des Kühllastwagens befinden sich elf tote Frauen, die zwölfte Überlebende erliegt kurz darauf ihren schweren inneren Verletzungen im Krankenhaus. Angesichts der Tatsache, dass im Führerhaus des Lastkraftwagens insgesamt dreizehn Pässe aufgefunden wurden, arbeitet die Polizei mit Hochdruck daran, die einzige Überlebende dieser Todesfahrt ausfindig zu machen. Die Ermittlungen führen die britische Polizei ins Rotlichtmilieu, wo aufgrund eines Hinweises in einem Lapdance-Club illegal ins Land gekommene Mädchen arbeiten sollen. Doch ein älterer, unscheinbar wirkender Chinese erregt ebenfalls die Aufmerksamkeit der Ermittler, und auch die Inhaberin eines der erfolgreichsten Prostitutionsringe der Stadt scheint mehr zu wissen, als sie der Polizei zu verraten bereit ist. Als der Aufenthaltsort des LKW-Fahrers ausfindig gemacht werden kann, entzieht sich dieser einer Einvernahme – und die Situation wird für die involvierten Beamten bald lebensgefährlich…
In Tony Parsons neuem Fall fungiert sein Protagonist Max Wolfe als Ich-Erzähler und rollt diesen verzwickten Fall von Menschenschmuggel nach und nach auf. Bereits im Prolog wird der Leser hautnah mit dem dramatischen Schicksal der zwölf Frauen konfrontiert, die im Inneren des Kühllastwagens eingeschlossen sind und langsam erfrieren. Dieser zutiefst erschütternden Szene folgt der Bericht von der Abfahrt des Lastkraftwagens bis zu dessen Ankunft im Herzen von London, wo das führerlose Gefährt schließlich von der Polizei geöffnet wird. Die anschließende Polizeiarbeit wird aus der Sicht des Kriminalbeamten Max Wolfe erzählt, der in enger Zusammenarbeit mit seiner Vorgesetzten Pat Whitestone und seinen beiden Kollegen Edie Wren und Billy Greene durch die Handlung führt.

Ich empfand den Schreibstil des Autors als leicht zugänglich und einnehmend und möchte zudem auf die gewählte Ausdrucksweise und den völligen Verzicht des Gossenjargons hinweisen – zwei Faktoren, die ich als überaus bereichernd empfand. Der ernsten und leider nur zu aktuellen Thematik dieses Buches war es geschuldet, dass der Spannungsbogen in diesem Buch konstant hoch blieb. Die Ermittlungen der Polizei bringen dem Leser die grauenhaften Hintergründe des Menschenhandels auf sehr anschauliche Art und Weise nahe. Die Einblicke ins Rotlichtmilieu zeigten desillusionierte und eingeschüchterte junge Mädchen, deren Träume von einer anständigen Arbeit und einem Neubeginn in einem westlichen Land brutal zerschmettert wurden. Tony Parsons schreibt über die Motivation der betroffenen Kraftfahrer, die sich an diesem einträglichen Geschäft beteiligen, er berichtet auch über den Voyeurismus von Passanten, die mit ihren Mobiltelefonen ungeniert grauenhafte Vorgänge dokumentieren und in der Öffentlichkeit verbreiten. In der Person des Max Wolfe und seinen beiden Kollegen zeigt er die Gefahr von Undercover-Einsätzen auf, bei denen die ermittelnden Polizeibeamten täglich ihr Leben aufs Spiel setzen.

Die handelnden Figuren dieses Buches waren sehr gut dargestellt, sie wirkten authentisch und in einigen kurzen Rückblicken erfährt man auch einiges über Ereignisse aus den Vorgängerbüchern. Max Wolfe wird als besonnener Mann dargestellt, der die Polizeiarbeit sehr ernst nimmt, zugleich aber versucht, auch seinem Privatleben gerecht zu werden. Die Liebe zu seiner sechsjährigen Tochter Scout und seinen Cavalier King Charles Spaniel namens Stan brachten ihm auf Anhieb viele Sympathiepunkte meinerseits ein. Die Person der Ermittlungsleiterin Pat Whitestone wird vielschichtig gezeichnet, indem die Hintergründe für ihre harte, unnachgiebige Haltung und ihr scheinbar versteinertes Herz nach und nach offenbart werden. Da „In eisiger Nacht“ mein erstes Buch des Autors ist, fehlt mir leider der Bezug zu den vorherigen Bänden dieser Reihe, speziell die Informationen zu den einzelnen Charakteren und ihrer Entwicklung. Edie Wren, die kleine rothaarige Irin aus London, war mir auf Anhieb sympathisch. Sie glänzt als Wolfes Kollegin zwar mit einem frechen Mundwerk, imponiert aber zugleich mit ihrem tapferen Handeln. Ebenso ans Herz gewachsen ist mir Edies Großmutter, die trotz beginnender Erinnerungslücken eine bezaubernde, herzliche alte Dame ist. Bei einigen Figuren dieser Handlung war mir längere Zeit nicht ganz klar, welche Rolle sie im Verlauf des Buches spielen, und ob ich sie zu den Protagonisten, oder eher zu den Antagonisten zählen soll. So konnte ich beispielsweise den gelassen wirkenden älteren Chinesen Keith Li, die hochklassige Londoner Geschäftsfrau Ginger Gonzalez und ein Mitglied der Familie Warboys nur sehr schwer einschätzen. Ich muss gestehen, dass Tony Parsons es doch tatsächlich gelungen ist, mich auf die Folter zu spannen und auf falsche Fährten zu führen. Im Gegensatz zu einigen anderen Rezensenten wurde ich von der Identität des Drahtziehers hinter all den bösen Machenschaften wirklich überrascht.

„In eisiger Nacht“ war für mich eine spannende, durch die Thematik jedoch auch äußerst dramatische und tief betroffen machende Lektüre. Die Geschichte des Menschenschmuggels, die hier beispielhaft durch eine fingierte Geschichte dargestellt wird, findet auf den Straßen dieser Welt permanent statt – und in der Dramatik des Todes sämtlicher Insassen eines Lastkraftwagens fand dies bereits seinen grauenhaften Höhepunkt im Sommer des Jahres 2015 in Österreich, was auch meine Hauptmotivation darstellte, dieses Buch zu lesen. Ich durfte durch diesen Kriminalroman einen neuen Spannungsautor für mich entdecken, dessen Schreibstil mir sehr gut gefallen hat und der mir mit diesem Buch eine sehr berührende und nachdenklich machende Thematik nahebrachte.

Ich möchte abschließend noch auf das Buchcover hinweisen, das aus meiner Sicht ausgezeichnet gelungen ist. Die schlichten, klaren Formen und die Farbgestaltung wirken elegant und äußerst anziehend - in einem Buchladen hätte ich dieses Buch aufgrund der Optik auf jeden Fall sofort zur Hand genommen. Einzig die Haptik fand ich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig - ich hatte permanent das Gefühl, Sand auf dem Buch zu haben und versuchte automatisch, die vermeintlichen feinen Körner wegzuwischen ?


Veröffentlicht am 05.02.2018

MEHR ALS NUR EIN TRAUM...

Mehr als nur ein Traum
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ICH HABE EINEN TRAUM…

„Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht wegen der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters ...

ICH HABE EINEN TRAUM…

„Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht wegen der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden.“ (Martin Luther King)

„Gott hat uns alle in einer wunderbaren Vielfalt geschaffen. Nur nehmen wir Menschen diese Vielfalt nicht zum Anlass, uns daran zu erfreuen, voneinander zu lernen und die Welt abwechslungsreich, schön und bunt zu gestalten, sondern wir lassen zu, dass Fremdartigkeit uns Angst macht, sogar abstößt und Misstrauen hervorruft.“ (Felicitas Jecklin)


Die talentierte Fotografin jüdischer Herkunft weiß, wovon sie spricht, denn ihre eigene Kindheit in Nazi-Deutschland war von Diskriminierung, Hass und Verfolgung geprägt. Die unvermutete Erbschaft eines Hauses in Wilkinson County, Mississippi, eröffnet Felicitas eine völlig neue Perspektive. Die chaotisch veranlagte und impulsive junge Frau kündigt ihren Job und verabschiedet sich von ihrer Freundin, um das Erbe in Übersee anzutreten. Aufgrund ihrer humorvollen und ehrlichen Art gewinnt Felicitas in ihrer neuen Heimat sehr rasch viele Sympathien, sie zeigt keinerlei Scheu, auf andere zuzugehen. Dass sie hierbei jedoch keinen Unterschied zwischen Menschen mit weißer und schwarzer Hautfarbe macht, ist in Zeiten der Rassentrennung in den Südstaaten vielen ein Dorn im Auge. Durch ihr Engagement nach dem Tod eines kleinen schwarzen Jungen zieht Felicitas die Aufmerksamkeit einer grausamen rassistischen Vereinigung auf sich, die eine Gleichberechtigung der Schwarzen mit aller Macht verhindern möchte. Die Gesetzeshüter vor Ort haben alle Hände voll zu tun, als die Ereignisse sich zuspitzen und die Übergriffe auf die schwarze Bevölkerung zunehmen. Und obgleich Sheriff John Johansen und Sheriff Landon Brown charmant und entgegenkommend scheinen, weiß Felicitas bald nicht mehr, wem sie noch trauen kann. Bei einer genaueren Überprüfung treten Ungereimtheiten in den Nachlasspapieren dieser Erbschaft zu Tage und Felicitas mutiert zum Spielball gefährlicher unbekannter Akteure.

Bereits im Prolog wird der Grundstein für einen gewissen Spannungsbogen gelegt. Eine Frau mittleren Alters wird im Spätsommer des Jahres 1961 unterwegs zu einem von Schwarzen bewohnten Dorf erschossen. Mit dem unerwarteten Erbe der Protagonistin Felicitas Jecklin steigt die Autorin in ihre Geschichte ein und begibt sich hierbei in das Jahr 1963. Sie zeichnet das Bild einer alleinstehenden und unabhängigen Fotografin, die äußerst vielschichtig und durch ihre traumatische Vergangenheit geprägt ist, aber dennoch vorurteilsfrei und offen auf andere zugeht. Ihre Hilfsbereitschaft und der mutige, selbstlose Einsatz für ihre Mitmenschen zeichnen sie als warmherzige und mitfühlende Frau aus. Mit der Person des Sheriffs Landon Brown präsentiert Elisabeth Büchle die männliche Hauptfigur ihres Buches. Der große, stattliche Mann ist schwer zu durchschauen und seine Motive und Handlungen gaben mir einige Male Rätsel auf. Die Charakterisierung der vielen Nebenfiguren ist der Autorin ebenso treffend gelungen wie jene ihrer Protagonisten. Meine besondere Zuneigung galt der lebenserfahrenen und zutiefst gläubigen Greisin namens Birdie sowie ihrer Enkeltochter Lily.

Die Handlung findet im Zeitraum zwischen 1961 und 1964 statt und wird in fünf Kapitel erzählt, wobei Elisabeth Büchle geschichtliche Hintergründe und historische Persönlichkeiten gekonnt mit der Handlung verbindet. Die Rassentrennung im Süden der USA wird ebenso thematisiert wie die Problematik der eskalierenden Prostitution und des Drogenkonsums in Südvietnam vor Ausbruch des Vietnamkrieges. Wie auch in den anderen Romanen der christlichen Bestsellerautorin Elisabeth Büchle hat in diesem Buch der Glaube an Gott eine wichtige Position inne. Speziell Birdie findet durch ihre Gebete, ihren unerschütterlichen Glauben, ihre gelebte Nächstenliebe und ihre Bereitschaft zur Vergebung stets die richtigen Worte für ihre Mitmenschen.

Fazit: Mit „Mehr als nur ein Traum“ ist der Autorin aus meiner Sicht ein faszinierender, sehr tiefgründiger Roman in wunderschönem Schreibstil und mit ungewöhnlich hohem Spannungsniveau gelungen. Die bildhafte Beschreibung der beeindruckenden Landschaft am Ufer des Mississippi und ausgezeichnet recherchierte historische Fakten, gepaart mit tiefen Emotionen und überzeugenden Figuren laden förmlich dazu ein, der Autorin in die Südstaaten zu folgen und ein mitreißendes Abenteuer an der Seite ihrer Protagonisten zu erleben.

Ich bedanke mich für ein grandioses Leseerlebnis und hervorragende Unterhaltung auf sehr hohem Niveau.

Veröffentlicht am 01.02.2018

Wirf dein Herz voraus, und spring hinterher!

Küstenträume
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Wirf dein Herz voraus, und spring hinterher!

„Ich lege dir ans Herz, was mir außer dir am wichtigsten ist: meinen Hof und meine Tanja, und ich weiß, dass beides bei dir in guten Händen ist. Ich umarme ...

Wirf dein Herz voraus, und spring hinterher!

„Ich lege dir ans Herz, was mir außer dir am wichtigsten ist: meinen Hof und meine Tanja, und ich weiß, dass beides bei dir in guten Händen ist. Ich umarme dich in Liebe, dein Onkel Henry.“

Der unvermutete Tod ihres geliebten Onkels Henry ist ein Schock für Judith Reimann. Die schlimme Nachricht erreicht die alleinerziehende Mutter einer achtjährigen naseweisen Tochter noch dazu in einer tristen Situation. Judith hat nicht nur ihre Anstellung in einem Biomarkt verloren, ihr wurde auch der Mietvertrag für die kleine Wohnung in Hannover gekündigt. Nach dem Erhalt eines Schreibens, in dem sie um ihre Anwesenheit bei der Testamentseröffnung aufgefordert wird, entschließt sie sich kurzerhand, nach Nordenham zu fahren.

Zur gleichen Zeit entdeckt die taffe Karrierefrau Tanja Merker, dass ihr Lebensgefährte sie schmählich hintergangen hat. Die Juristin kündigt ihren Job in einem Versicherungskonzern, zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus und bucht kurzentschlossen einen Urlaub auf Sylt. Dort erreicht sie eine Briefnachsendung – auch Tanja wird zur Eröffnung von Heinrich Reimanns Testament geladen.

Durch die Testamentseröffnung wird das Leben der beiden Frauen vollständig auf den Kopf gestellt. Der gute Onkel Henry hinterlässt seinen Hof in Bördiek zu gleichen Teilen Judith und Tanja. Er macht jedoch zur Bedingung, dass die beiden mindestens vier Wochen lang auf dem Hof leben, und ihr Erbe ein Jahr lang nicht verkaufen dürfen. Was für die beiden Städterinnen zunächst unvorstellbar scheint, wird nach genauerer Betrachtung vorsichtig in Erwägung gezogen – und schließlich entscheiden Judith und Tanja sich für das vierwöchige Abenteuer in dem idyllischen kleinen Dorf mit seinen schrulligen und liebenswerten Bewohnern.

Marlies Folkens erzählt in ihrem Roman die wunderschöne und herzerwärmende Geschichte eines alten Mannes, der seinen Traum leben durfte und nach seinem Tod dazu beitragen möchte, dass sich auch die Träume jener Menschen erfüllen, die ihm am meisten am Herzen lagen. Die Protagonisten dieses Buches wurden sehr überzeugend dargestellt. Judith Reimanns ruhige, besonnene Art, ihr unscheinbares Äußeres und ihre Zurückhaltung stellen einen ziemlichen Kontrast zur ehrgeizigen und sportlichen Juristin Tanja dar. Tanja ist spontan, selbstbewusst und fühlt sich bereits ihr ganzes Leben lang als „Getriebene“. Die Person des liebevollen und herzlichen Heinrich Reimann wird dem Leser in Form von Rückblenden vorgestellt, während die anderen Nebenfiguren dieses Buches nach und nach auf dem Schauplatz der Handlung erscheinen. Marlies Folkens hat sich mit deren Charakterisierung ebenfalls große Mühe gegeben und ich war besonders der achtjährigen kleinen Tochter von Judith zugetan. Das eigensinnige und selbstbewusste kleine Mädchen mit dem feuerroten Haar, das vor nichts und niemanden Angst hat, zeigt einen für ihr Alter ungewöhnlichen Scharfsinn und übergroßes Einfühlungsvermögen - im Grunde war Anna meine ganz persönliche Protagonistin in diesem Buch. Gertrud Köhler ist eine typische liebenswerte Bewohnerin des kleinen Ortes Bördieks, ihr Tante-Emma-Laden stellt einen wichtigen Dreh- und Angelpunkt dar. Der Inhaber des benachbarten Hofes namens Jürgen Peters und der attraktive Christoph Janssen fungieren nicht selten als Retter in der Not, und letztendlich schaffte die Autorin es sogar, meine Sympathie für die redselige Plaudertasche Annegret durch ihre Hilfsbereitschaft und ihr riesengroßes Herz zu erwecken.

Der locker-leichte Schreibstil und der interessante Inhalt machten die Lektüre dieses Buches zu einem reinen Vergnügen, einzig der vermehrte Einsatz von Kraftausdrücken in diesem Buch hat mich gestört und stellt einen kleinen Kritikpunkt meinerseits dar.

Fazit: Der Roman „Küstenträume“ hält, was das verlockende Coverfoto mit dem idyllischen Haus vor einer malerischen Landschaft verspricht: der Leser taucht in eine Geschichte ein, in der es um die Erfüllung von Träumen geht, wo Menschen sich an Wegkreuzungen ihres Lebens befinden, und Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Autorin fragt zu Recht: „Was ist mit den Wünschen, die man sich nicht mit Geld erfüllen kann?“ Eine wunderschöne Geschichte, die mir große Freude bereitet hat und die ich sehr gerne weiterempfehle.