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Veröffentlicht am 12.02.2021

Roadtrip durch China

Tausche Ehe minus gegen Freundschaft plus
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„...Warum reden Männer immer nur von den inneren Werten der Frauen, meinten damit jedoch bloß das möglichst tiefe Dekolleté?...“

Nachdem Tomasa so ihre Erfahrungen mit Tinder gemacht hat, fällt obiges ...

„...Warum reden Männer immer nur von den inneren Werten der Frauen, meinten damit jedoch bloß das möglichst tiefe Dekolleté?...“

Nachdem Tomasa so ihre Erfahrungen mit Tinder gemacht hat, fällt obiges Zitat. Ihr bleibt eine letzte Möglichkeit. Sie will den Mann ihrer Träume in China treffen und überredet ihre Freundin Christine zu einem kurzfristigen Trip. Als Motivation sagt sie ihr, dass ein gemeinsames Konzert in China geplant sei.
Der Autor hat einen witzigen Roadtrip durch China geschrieben. Die Geschichte ist skurril, humorvoll und stark überzeichnet. Eine Katastrophe folgt der nächsten.
Begleitet werden die beiden vom Rauhaardackel Hugo.

„...Wobei Hunde ohnehin intelligenter sind als Menschen, schließlich akzeptieren sie weibliche Führungskräfte...“

An vielen Stellen findet sich tiefschwarzer Humor. Ab und zu gibt es gekonnte politische Anspielungen.

„...Wir Westler geben zu allem unseren Senf ab, schwingen die Moralkeule, wir glauben, alles besser zu wissen, vor allem wenn man aus Deutschland kommt...“

Das Buch strotzt von einer Menge ungewöhnlicher Einfälle und bedient gekonnt manches Klischee.
Als besonderes Stilmittel werden immer wieder Kommentare eingefügt, nicht nur von den beiden Protagonisten. Sie bringen das Geschehen auf den Punkt und ergänzen die eigentliche Handlung durch spitze Bemerkungen oder Hintergrundinformationen.

„...Intuition ist übrigens die Fähigkeit, die Lage in Sekundenschnelle falsch zu beurteilen...“

Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat einer mehr oder weniger bekannten Persönlichkeit.
Die Geschichte hat mich sehr gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 28.01.2021

Chance auf einen Neuanfang

Das Knistern der Sterne
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„...Manchmal gaben ihr die Muskeln der Menschen wahre Geheimnisse preis. Stella konnte die Sorgen und Ängste, die Probleme und die unterdrückten Gefühle mit Hilfe ihrer Fingerkuppen nicht bloß ertasten, ...

„...Manchmal gaben ihr die Muskeln der Menschen wahre Geheimnisse preis. Stella konnte die Sorgen und Ängste, die Probleme und die unterdrückten Gefühle mit Hilfe ihrer Fingerkuppen nicht bloß ertasten, sie konnte sie buchstäblich sehen…“

Stella ist Masseuse. Momentan aber hat sie ihr Leben gegen die Wand gefahren. Sie hat sich von ihrem Mann getrennt und die gemeinsame Wohnung verlassen. Auf der Arbeit wurde ihr gekündigt und das Gespür, das im Eingangszitat beschrieben wird, ist verschwunden. Sie übernachtet in einer Jugendherberge. Auf einer Bank am Ufer des Wannsees spricht sie der 70jährige Balthasar an. Er lädt sie zu einer Kreuzfahrt ein. Ihre einzige Pflicht besteht darin, ihm beim Abendessen zu erzählen, wie sie ihren Tag verbracht hat. Stella sagt zu.
Die Autorin hat eine tiefgründige Gegenwartserzählung geschrieben. Von Anfang an ist klar, dass Balthasar ein Geheimnis hat. Nur: welches?
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Die Tage an Bord sind eher beschreibend, während die abendliche Gespräche ab und an ins Philosophische abgleiten.

„...Ich habe oft einen Gedanken, dass das, was wir sehen, also wahrnehmen, das ist, was in uns selbst vorgeht...“

Dabei zeigt sich auch, dass Stellas Leben nicht so war, wie es am Anfang aussah. Nach und nach werden ihre Lebenslügen offensichtlich. Doch sie nutzt die Reise, um innerlich mit sich ins Reine zu kommen.

„...Wir alle haben Abgründe. Schattige Täler, in die selten jemand blickt. Seiten, die wir mit aller Kraft vor der Welt verstecken...“

Während Balthasar die gesamte Reise nur in seiner Kabine verbringt, nimmt Stella an den angebotenen Ausflügen teil. Diese Ausflüge geben Stella ein neues Gefühl von Freiheit.

„...Stella hatte das Gefühl sich aufzuplustern, weiter zu werden, sich zu dehnen und zu wachsen. Sie spürte, wie ihre Haare sich kringelten, und öffnete ihren Zopf...“

Während ich Stellas Entwicklung von Tag zu Tag verfolgen darf, klärt sich Balthasars Geheimnis erst spät.
Natürlich gibt es an Bord auch humorvolle Szenen. Spannend fand ich es, die Passagiere mit Stellas Augen zu sehen. Sie hatte oft den richtigen Blick, musste sich aber auch von manchem Klischee verabschieden.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie zeigt, dass manchmal ein Neuanfang das beste Mittel der Wahl ist.

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Schillers Weg nach Weimar

Der lange Weg nach Weimar
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„...Es war vollbracht, er war stolz, dass ihm noch einmal eine Symphonie gelungen war...“

Wir schreiben das Jahr 1824. In Wien dirigiert Beethoven zur Uraufführung selbst seine neunte Sinfonie. Gast dieser ...

„...Es war vollbracht, er war stolz, dass ihm noch einmal eine Symphonie gelungen war...“

Wir schreiben das Jahr 1824. In Wien dirigiert Beethoven zur Uraufführung selbst seine neunte Sinfonie. Gast dieser Veranstaltung ist Andreas Streicher. In Gedanken lässt er seine Jahre mit Friedrich Schiller Revue passieren, dessen „Ode an die Freude“ zum Glanzpunkt der Sinfonie wird.
Dann wechselt das Geschehen ins Jahr 1782 nach Mannheim.
Der Autor hat eine abwechslungsreiche Romanbiografie über das Leben von Friedrich Schiller geschrieben. Romanbiografie deshalb, weil es sich manchmal mehr wie ein Roman, an anderen Stellen mehr wie eine sachliche Biografie liest.
Es handelt sich um den zweiten Teil. Obwohl ich Band 1 nicht kenne, hatte ich kein Problem, der Handlung zu folgen.
Mannheim ist ein schwieriges Pflaster. Schiller hat den Kopf voller Pläne, aber kein Geld. Das dortige Theater erwartet, dass er seine Stücke den Wünschen des Publikums anpasst. Konkurrenzdenken und eigene Erwartungen der Theaterleute machen es zunehmend schwierig, Fuß zu fassen und das Leben finanzieren zu können. Andreas Streicher, der Freund, sorgt mit seinem musikalischen Talent für das nötige Kleingeld.
Eines wird sehr schnell deutlich. Wenn Schiller eine Idee hat, dann ist er ein unermüdlicher Arbeiter. Er macht notfalls die Nacht zum Tag und blendet das reale Leben aus. Dabei nimmt er keinerlei Rücksicht auf seine Gesundheit.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er passt sich den historischen Gegebenheiten an. Die Verwendung vielfältiger Zitate und Ausschnitte aus Originalbriefen geben den Buch seine Authentizität.
Schwierig ist es für Schiller, sein Inkognito aufrecht zu erhalten. Das führt zu Verwicklungen, zumal auch sein Verhältnis zu Frauen sehr diffizil ist . Manchmal ist er einfach zu vertrauensselig. Seine harsche Art, sich mit den herrschenden Verhältnissen auseinander zu setzen, ist auch nicht jedermanns Sache. Eine seiner Selbsteinschätzungen klingt so:

„...Irgendein kindsköpfiger Teufel wirft mich wie seinen Ball in dieser Welt herum. Die Freundschaft der Menschen ist das Ding, das sich des Suchens nicht lohnt. Wehe dem, den seine Umstände nötigen, auf fremde Hilfe zu bauen...“

Noch blickt Schiller mit Ehrfurcht auf zu Goethe. Er fühlt sich für Weimar nicht reif. Trotzdem ist er nicht bereit, seine schöpferischen Werke unter Wert zu verkaufen. Lieber stürzt er sich in neue Schulden.
Frankfurt, Walldorf und erneut Mannheim sind die nächsten Stationen seines Lebens. In Darmstadt darf er vor Herzog Carl August lesen. In Leipzig lernt er die Leichtigkeit des Lebens kennen, bevor ihm Körner in Dresden eine sorgenfreie und schaffensreiche Zeit beschert. Hier soll auch seine Ode an die Freude entstanden sein.
Schon vor Leipzig hat ihn Charlotte von Kalb unter ihre Fittiche genommen. Sie führt ihn in das Leben der höheren Schichten ein und ebnet ihm durch ihre Kontakte den Weg nach Weimar. Dort warnt ihn Herder:

„..Versprechen Sie sich nicht zu viel von Weimar...“

Und Herder sollte Recht behalten. Goethe will keinen Konkurrenten an seiner Seite. Er lobt Schiller weg und verschafft ihm eine Professor in Jena. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis aus den beiden völlig ungleichen Männern Freunde werden, die sich gegenseitig beflügeln

„...Goethe hielt Wort und brachte auf die Bühne, was Schiller schrieb. Sie trafen sich fast täglich,wenn es sich einrichten ließ...“
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Spannend fand ich manch Diskussion über die Politik dieser Zeit. So stand bei einem Treffen mit Humboldt der Sturm auf die Bastille und die darauf folgenden Ereignisse im Mittelpunkt. Humboldt verpackt seine Meinung geschickt in eine Frage:

„...Sie meinen also, meine Herren, einen König zu köpfen und einen Minister den Krähen zum Fraß öffentlich an einen Laternenpfahl zu hängen, Angst und Schrecken zu verbreiten, sei geeignet, eine neue, eine bessere Staatsform zu gebären. Raub und Mord als Weg zu einer gerechten Gesellschaft?...“

Jedes Kapitel beginnt mit Ort und Jahreszahl, sowie einem Zitat, nicht immer, aber meist aus Schillers Feder.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeugt von ausführlicher Recherche des Autors und lässt das Leben des Friedrich Schiller mit all seinen Facetten lebendig werden.


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Veröffentlicht am 11.01.2021

Ein etwas anderes Sachbuch über den Wein

Wein
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„...Der Wein ist eine Liebeserklärung Gottes an die Menschen. Er ist eines der wunderbarsten Geschenke an uns...“

Das Zitat stammt aus dem Prolog des Buches. Der Autor ist Weinsommelier. Er verknüpft ...

„...Der Wein ist eine Liebeserklärung Gottes an die Menschen. Er ist eines der wunderbarsten Geschenke an uns...“

Das Zitat stammt aus dem Prolog des Buches. Der Autor ist Weinsommelier. Er verknüpft in dem Buch zwei Themen miteinander. Einerseits ist es vollgepackt mit gut strukturierten Informationen über den Wein, andererseits zeigt er auf, welche Rolle der Wein in der Bibel spielt.
Das Buch ist nach dem Prolog in elf Kapitel gegliedert, enthält einen Epilog und einen Anhang.
Der Weinberg, die Weinrebe, Korkenzieher und gute Gläser sind die Inhalte der ersten vier Kapitel. Neben den sachlichen und trotzdem lockeren, manchmal auch humorvollen Ausführungen sind in jedem Kapitel kleine Kästchen eingebettet, wo mir als Leser Faktenwissen kompakt geliefert wird. Eines beginnt so:

„...Je nachdem, welche Gesteinsart im Weinberg vorherrscht, entwickelt der Wein seine ganz eigene Aromatik...“

Bezüge zur Bibel findet der Autor mit der Hochzeit zu Kanaan und der Begegnung zwischen Jesus und dem Zöllner Matthäus.
In den nächsten vier Kapiteln geht es um die Farbe des Weines, das Aroma, das Verhalten bei Weinproben und die Kombination von Speisen mit dem richtigen Wein. Hier greift der Autor auf seine Erfahrungen in verschiedenen Weinseminaren zurück.

„...je länger der Winzer die Traubenschalen mitvergärt, desto kräftiger und Tiefer wird die Farbe...“

Manchmal hat der Autor erstaunlich unkonventionelle Ideen, mit den Sinn des Weines für die Geselligkeit, aber auch das gedeihliche Miteinander darzulegen. Ein bisschen Ausführlicher hätte ich mir die Abgrenzung von Genuss und Sucht gewünscht.
Die letzten Kapitel enthalten sehr konkrete Empfehlungen für die Gestaltung von Weinabenden. Das betrifft sowohl die Auswahl der Weine, als auch den möglichen Ablauf des Abends. Eine Vielzahl von Bibelstellen wird ebenfalls angegeben.
Der Epilog übernimmt die Funktion einer komprimierten Zusammenfassung.
Der Anhang enthält persönliche Buchempfehlungen des Autors, ein Weinglossar, Anmerkungen und Bildquellen.
Hervorzuheben ist die edle Aufmachung des Buches. Das betrifft sowohl die Papierqualität als auch die gestochen scharfen vielfältigen Fotos.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist einmal ein etwas anderes Nachschlagewerk.

Veröffentlicht am 05.01.2021

Wo ist Heimat?

Häuser aus Sand
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„...Was ist ein Leben? Eine Abfolge von Jas und Neins, Fotos, die in einer Schublade landen, Liebschaften,die man für die Rettung hält, die sie nie sind. Weitermachen, aushalten, auch dann nicht aufhören, ...

„...Was ist ein Leben? Eine Abfolge von Jas und Neins, Fotos, die in einer Schublade landen, Liebschaften,die man für die Rettung hält, die sie nie sind. Weitermachen, aushalten, auch dann nicht aufhören, wenn es wehtut...“

Dies Gedanken kommen Atef 2011 angesichts seiner Enkel. Davor liegt ein Leben, das eines selten war – beständig.
Im Jahre 1963 heiraten Alia und Atef in Nablus. Wie es Tradition ist, liest Salma, Alias Mutter, am Abend vorher aus dem Kaffeesatz. Sie erkennt, dass sich ihr Schicksal in Alias Leben wiederholen wird und verschweigt das. Salma stammt aus einer vermögenden palästinensischen Familie in Jaffa. Nach der Gründung Israels wurden sie gezwungen, Land und Haus zu verlassen. Da sie ihr Vermögen retten konnten, war ein Neubeginn möglich.
Die Autorin hat eine bewegende Familiengeschichte geschrieben. Ich darf Atef und Alia bis ins hohe Alter begleiten,
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er gibt das Spannungsverhältnis wieder, das den Roman wie ein roter Faden durchzieht. Es sind nicht nur die politischen Spannungen, sondern auch die innerhalb der Familie.
Alia besucht gerade ihre Schwester in Kuweit, als ihr der Sechstagekrieg die Heimat nimmt. Eine Rückkehr nach Nablus ist ausgeschlossen. Ihr Mann wird eine Stelle an der Universität in Kuweit erhalten, ihren Bruder Mustafa wird sie nie wiedersehen. Sehr eindrücklich wird beschrieben, warum dem so war. Atef verarbeitet seine Erlebnisse in Briefen, die er an Mustafa richtet. Erst ganz am Schluss erfahre ich, was wirklich geschehen ist. Die Szenen im Gefängnis sind heftig.
Das Paar hat drei Kinder. Atef ist ein liebevoller Vater. Beide haben mit Religion wenig am Hut. Erstaunlich ist deshalb, wie unterschiedlich die Kinder sich entwickeln. Das Buch räumt gründlich mit einigen Vorurteilen auf. Dass Riham Kopftuch trägt, ist weder den Eltern, noch dem Ehemann geschuldet. Es war ihre freie Entscheidung.
Der Kuweitkrieg ist der nächste Einschnitt im Leben der Familie. Jetzt ist Amman die neue Heimat. Zwei der Kinder allerdings ziehen in die Welt.
Später wird man sich in Beirut treffen. Und wieder ist Krieg.
In Nablus ermöglicht mir die Autorin auch einen Blick auf die Palästinenser, die ihre Heimat mit Nichts verlassen haben und nun mehr schlecht als recht in Lagern leben.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es wirft wie ein Schlaglicht den Blick auf ein Volk, das seit Jahrzehnten entwurzelt ist. Mit einem Zitat der Enkelin möchte ich meine Rezension beenden:

„...Palästina war für die Familie eine offene, nie völlig verheilte, nie ganz verschorfte Wunde, über die von den Großeltern kaum je gesprochen wurde...“

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