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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2022

Sprachwitz vom Feinsten

Gärten, Gift und tote Männer
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„...“So gesehen ist es total schwer vorstellbar, dass ausgerechnet eine Mann Amerika entdeckt haben soll“, bemerkte Bobo, die einzige Witwe unter uns. „Das war eh reiner Zufall,“ stellte Elsbeth fest [..], ...

„...“So gesehen ist es total schwer vorstellbar, dass ausgerechnet eine Mann Amerika entdeckt haben soll“, bemerkte Bobo, die einzige Witwe unter uns. „Das war eh reiner Zufall,“ stellte Elsbeth fest [..], „wenn ich mich recht erinnere, wollte er ja ganz woanders hin“...“

Wieder einmal treffen sich die alten Damen von Oberdistelbrunn mit dem Pfarrer zum Lesezirkel. Von der Literatur kommt man schnell zu den Fähigkeiten des männlichen Geschlechts im Suchen und Finden, wie das obige Zitat zeigt. Dann erscheint der Bauer Gustl, dem grade die Hühner wegsterben. Er selbst bricht auch zusammen und wird ins Krankenhaus befördert.
Die Autorin hat einen sehr amüsanten und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. An vielen Stellen habe ich mich prächtig amüsiert. Der Schriftstil sprüht vor Wortwitz.
Paula, die Ich – Erzählerin, war Lehrerin. Das blitzt mehrmals in der Handlung auf. Die Ehe mit Alfred ist in die Jahre gekommen. Man lebt nebeneinander statt miteinander. Alfreds pragmatische und phlegmatische Art kann Paula schon auf die Palme bringen. Typisch ist seine Reaktion, als Paula fragt, womit sie den 17jährigen Neffen Vincent beschäftigen sollen, der von ihre Schwester bei ihr für einige Wochen abgeladen wird.

„...Aber er will doch sowieso Natur studieren. Und das kann er hier rund um die Uhr. Im Wald gibt`s Eulen, auf den Feldern Blumen und im Haus Spinnen...“

Berta, ihr Nachbarin, nimmt das Leben, wie es kommt. Selbst mit ihrem Übergewicht hat sie kein Problem.
Gustl angeblicher Herzinfarkt lässt Paula keine Ruhe. Als Kennerin von Kräutern tippt sie auf Giftmord. Doch keiner will ihr glauben.
Höhepunkte im Geschehen sind immer wieder die Gespräche. So antwortet Pater Ägydius, als er von Bobo gefragt wird, wie er zum Glauben gefunden hatte.

„...Meine Liebe, es gibt verschiedene Wege Gott zu finden. Auf dem einen rast du mit deinem roten Rennwagen dahin. Über kurz oder lang wirst du damit auf direkten Weg zu unserem Herrn gelangen…“

Als im Schloss eine Gartenschau stattfindet, ist das ganze Dorf auf den Beinen – und Paula stolpert über die nächste Leiche. Jetzt wird`s ernst, denn der Kriminalist Hartmann hat sich auf Paulas Familie eingeschossen. Paula konstatieret:

„...Das Ganze kam mir immer mehr wie ein Puzzle vor, bei dem alle Teile vorsätzlich an falscher Stelle eingefügt waren...“

Sehr gut gefällt mir, dass sich die Protagonisten im Laufe der Handlung weiter entwickeln. So erkennt Paula zunehmend, was sie an Berta hat. Deren lebensfrohe Art lässt Paula zeitweise ihre Sorgen vergessen.
Ganz nebenbei lerne ich einiges über Heil- und Giftpflanzen.
Paulas Schlussfolgerungen nach Analyse der Morde sind nicht von der Hand zu weisen. Doch als sie den letzten Fakt in den Händen hält, wird es für sie selbst kritisch. Kurz vor knapp wird der Fall gelöst und Paula gerettet.
Das Buch hat mich ausgezeichnet unterhalten. Zum Abschuss meiner Rezension kommt eines meiner Lieblingszitat. Es handelt sich um Alfreds ersten Kochversuch. Dazu sollte man wissen, das er von Beruf Ingenieur war.

„...Im Kochbuch ist gestanden, dass man Pudding unter ständigen Rühren kochen müsse. Da habe ich mir gedacht, ich erspar mir das einfach, wenn ich im Backofen die Option Umluft wähle. Da zirkuliert die Hitze ja von selbst...“

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Veröffentlicht am 24.02.2022

Mut in dunkler Zeit

Der Engel von Warschau
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„...Na ja, jedenfalls werden Naujocks und seine Männer in ein paar Stunden als polnische Rebellen verkleidet unseren eigenen Rundfunksender in Gleiwitz angreifen. Eine unglaubliche Provokation, die wir ...

„...Na ja, jedenfalls werden Naujocks und seine Männer in ein paar Stunden als polnische Rebellen verkleidet unseren eigenen Rundfunksender in Gleiwitz angreifen. Eine unglaubliche Provokation, die wir Deutschen natürlich nicht hinnehmen können...“

Diese Sätze werden zwischen Reichsminister Dr. Hans Frank und dem SA -Mann Ludwig Fischer gewechselt. Wenige Tage später ist Fischer Gouverneur von Warschau.
In der polnischen Hauptstadt arbeitet Irena im Sozialamt. Sie nutzt jede Chance, um den sozial Benachteiligten zu helfen. Einige ihrer Freundinnen sind Jüdinnen.
Die Autorin hat einen bewegenden historischen Roman geschrieben. Sie hat damit den Frauen ein Denkmal gesetzt, die vielen jüdischen Kindern das Leben gerettet haben.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. Da die Geschichte in zwei unterschiedlichen, sich abwechselnden Teilen erzählt wird, hat jeder seinen eigenen Stil. Kursiv gedruckt erfahre ich, was die politisch Verantwortlichen so vor haben. Hier sorgen die Worte und die Gespräche für Eiseskälte und Menschenverachtung.
Demgegenüber ist bei Irena und ihren Freundinnen viel Mitgefühl zu spüren. Ihre erste Illusion allerdings wird schnell zerstört.

„...Aber vielleicht war ja am Ende alles halb so schlimm? Mit Verbündeten wie England und Frankreich würde ein eventueller Krieg nicht lange dauern...“

Mit der Umsiedlung aller Juden ins Ghetto ist der Anfang vom Ende gemacht. Erschüttert hat mich, dass selbst in dieser Lage nach gesellschaftliche Unterschiede eine Rolle spielten. Auch im Ghetto gab es arm und reich. Es waren meist die Kinder, die Nahrungsmittel und Medikamente ins Ghetto geschmuggelt haben. Im Ghetto selbst versuchte man, ein normales Leben zu organisieren.

„...Die Ärzte des Ghettos boten Schulungen an, die den Bewohnern die Wichtigkeit von Hygienemaßnahmen vermittelten….“

Besonders bewegend fand ich die Szene, als Dr. Korczak mit den Waisenhauskindern zum Umschlagplatz ging. Er kannte die Zukunft und hat den Kindern trotzdem die Hoffnung nicht genommen.
Ziemlich detailliert wird beschrieben, wie es Irena und ihren Freundinnen gelang, Kinder aus den Ghetto zu schmuggeln. Für die Eltern war es eine harte Entscheidung. Es ging um Leben und Tod, bedeutete es doch, dass sie vermutlich ihre Kinder nie wiedersehen würden. Irena hat exakte Aufzeichnungen geführt, in denen der alte und der neue Name enthalten war. Die durften nie in fremde Hände gelangen.
Das Buch ist ein Buch gegen das Vergessen. Davon kann es nicht genug geben.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Schönes Adachtsbuch

40 Tage mit C. S. Lewis
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„...Dieses Buch ist in der Überzeugung entstanden, dass es fast 60 Jahre nach seinem Tod noch äußerst lohnenswert ist, sich mit den Gedanken von C. S. Lewis zu beschäftigen. Seine scharfen Analysen und ...

„...Dieses Buch ist in der Überzeugung entstanden, dass es fast 60 Jahre nach seinem Tod noch äußerst lohnenswert ist, sich mit den Gedanken von C. S. Lewis zu beschäftigen. Seine scharfen Analysen und brillanten Argumentationen haben im Laufe der Zeit nichts von ihrer Kraft eingebüßt...“

Diese Worte stammen aus dem Vorwort des Buches, in dem auch eine kurze Biografie von Lewis steht. Der Autor hat Texte von Lewis genutzt, um damit ein Andachtsbuch für 40 Tage zu gestalten.
Jeder Tag ist nach dem gleichen Schema aufgebaut.
Er beginnt mit einer Überschrift und den in kursive Schrift gesetzten Zitat aus einem Buch von Lewis. Die verwendeten Werke sind ganz unterschiedlich. Es sind nicht nur seine geistlichen Schriften, sondern auch seine Fantasy – Romane, die dabei genutzt werden. Bei manchen der Texte empfiehlt es sich, sie zwei Mal in Ruhe zu lesen, um tief genug in die Gedanken eindringen zu können.
Anschließend folgt ein Bibelwort, das zum Text passt.
Danach finden unter dem Zeichen einer Bank drei leere Zeile, auf denen ich eigene Gedanken hinterlassen darf.
Dann kommt eine mal länger, mal kürzere begleitende Erläuterung. Nicht immer sind die Texte von Lewis so griffig, dass sich ihre Bedeutung in geistlicher Sicht sofort erschließt. Gleichzeitig werden im Rahmen der Erläuterung weitere Verweise aufgezeigt und Parallelen zu Lewis` Leben angegeben.
Einige Fragen, die nun gestellt werden regen zum eigenen Nachdenken und Reflektieren an.
Den Abschluss jedes Tages bilden Impulse zum Gebet.
Die gewählten Themen sind vielfältig. Zur Sprache kommt nicht nur Lewis` Einstellung zum Glauben, auch Erwählung, Glaube und Naturwissenschaft, Pazifismus werden in Lewis` Büchern verarbeitet und wurden nun vom Autor für das Andachtsbuch aufgearbeitet.
Die jeweils gleiche Struktur für jeden Tag finde ich gelungen, weil sie eine Art von Beständigkeit vermittelt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 22.02.2022

Klasse Kinderbuch

Rotkäppchen rettet den Wolf
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„...Ein Nicht – Märchen? Warum nicht. Beginnen wir die Geschichte also nicht mit ES WAR EINMAL, sondern mit: ES IST...“

Mit diesen Worten weiß ich in etwa, was mich erwartet. Ein altes Märchen wird ins ...

„...Ein Nicht – Märchen? Warum nicht. Beginnen wir die Geschichte also nicht mit ES WAR EINMAL, sondern mit: ES IST...“

Mit diesen Worten weiß ich in etwa, was mich erwartet. Ein altes Märchen wird ins Heute übertragen. Und das ist richtig klasse gemacht.
Das Buch beginnt mit dem Steckbrief von Rotkäppchen und lässt daneben Platz für den Steckbrief des Lesers oder der Leserin.
Unser modernes Rotkäppchen heißt eigentlich Anna. Ihre rote Kappe hat sie von der Oma bekommen. Sie ist ihr Markenzeichen.
Als Rotkäppchen zur Großmutter geht, trifft sie auf den Bürgermeister. Der plant, anstatt des Waldes einen Supermarkt bauen zu lassen. Was soll dann aus den Tieren werden?
Gekonnt wird die historische Märchenstruktur genutzt, um Themen wie Umweltschutz und gemeinsames Handeln zu vermitteln. Gleichzeitig wird der Wolf als notwendiger Bestandteil des Waldes vorgestellt. Familie Wolf erhält einen eigenen Steckbrief.
Der Schriftstil ist kindgerecht und humorvoll. Rotkäppchen äußert deutlich, was sie denkt. Selbst dem Bürgermeister sagt sie die Meinung.
Das Gespräch mit der Oma macht ihr deutlich, wie viel sie erreichen kann, wenn siesich im Kampf für die Erhaltung des Waldes Verbündete sucht.
Am Ende gibt es ein Wolfsquiz und das Rezept für den Kirschkuchen, mit dem Rotkäppchen zur Oma geht.
Die Illustrationen sind hochwertig. Sie veranschaulichen sehr gut wesentliche Elemente der Handlung.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich werde es gern weiter empfehlen.

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Veröffentlicht am 22.02.2022

Die Intrigen des Hospitalmeisters

Die Begine und der Turm des Himmels
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„...Er hatte gerade eine Nische entdeckt und seine Sackpfeife von der Schulter genommen, da ertönte über ihm ein gellender Schrei. Ehe er begriff, was geschah, hörte er ein knackendes Bersten und keine ...

„...Er hatte gerade eine Nische entdeckt und seine Sackpfeife von der Schulter genommen, da ertönte über ihm ein gellender Schrei. Ehe er begriff, was geschah, hörte er ein knackendes Bersten und keine vier Schritte von ihm entfernt schlug ein Körper auf den Boden auf...“

Sehr schnell ist Gallus, der Musiker, daraufhin verschwunden. Auffallen durfte er nicht schon wieder. Dass am Turm des Ulmer Münsters ein Gerüst zusammengebrochen war, konnte vieles bedeuten.
Die Autorin hat eine spannende Fortsetzung íhrer historischen Krimis um die Begine Anna geschrieben.
Der Schriftstil ist wie gewohnt ausgefeilt. Er passt sich der historischen Situation an.
Anna wurde in die Backstube abkommandiert. Sie soll den Siechenmeister Lazarus so wenig wie möglich treffen. Ihr Verhältnis wäre Wasser auf die Mühle des Hospitalmeisters. Der hat sie sowieso schon auf den Kieker. Hinzu kommt, dass die Verwaltung des Hospitals in städtische Hände übergehen soll. Das passt ihm gar nicht. Rom war schön weit weg.

„...Macht, dachte er wütend. Davon würde nicht mehr viel übrig bleiben, wenn der Orden das Spital und somit ihn selbst tatsächlich fallen lassen würde….“

Der Unfall am Turm heizt die Gemüter an. Viele vergleichen das Bauwerk mit den Turm von Babel und fürchten Gottes Zorn. Außerdem waren die Kosten explodiert.
Jakob, Annas Bruder, wartet auf den Tag, wo seine Schwester den Siechenmeister heiraten darf. Die Zustimmung von Rom hat er sich teuer erkauft. Annas Leben als Begine ist ihm schon lange ein Dorn im Auge. Es ist seinem Streben nach dem Bürgermeisteramt nicht gerade förderlich. Trotzdem mag er seine Schwester. Das zeigt sich vor allem darin, wie er auf ihre Wünsche für die Zukunft eingeht.
Sehr gut werden die Zeitverhältnisse wiedergegeben. Aberglaube ist die Regel, nicht die Ausnahme. Damit kann man sich unliebsame Zeitgenossen vom Halse halten und eventuell deren Vermögen kassieren. Wieder einmal werden die Beginen beschuldigt. Unabhängige Frauen mit reichlich Vermögen sind nicht gern gesehen. Natürlich mischt Anna fleißig bei der Aufklärung der Unfälle mit und bringt sich mehr als einmal in Gefahr.
Ausführlich werde ich ebenfalls mit der Medizin der Zeit vertraut gemacht.

„...Das Schlehenaschenelixier half bei Gicht und Rheuma, der Meisterwürzwein senkte Fieber und konnte bei Lungenentzündung Leben retten...“

Erstaunlich fand ich die Operation am Kopf. Damit hatte der Verletzte zumindest eine geringe Überlebenschance.
Die Geschichte wird logisch zu Ende geführt. Das Nachwort trennt Fiktion von Realität.
Das Buch hat mir erneut ausgezeichnet gefallen. Es verknüpft historisches Wissen geschickt mit Spannungselementen.

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