Profilbild von mariederkrehm

mariederkrehm

aktives Lesejury-Mitglied
offline

mariederkrehm ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mariederkrehm über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.09.2019

Rastloses Spektakel

Die Waldmeisterinnen
0

Um Waldmeister geht es nicht in diesem Buch, obwohl es bei dem Titel „Die Waldmeisterinnen“ eine gute Idee gewesen wäre, zu erklären, dass der Geschmack nicht grün ist und auch nicht aus der Flasche kommt. ...

Um Waldmeister geht es nicht in diesem Buch, obwohl es bei dem Titel „Die Waldmeisterinnen“ eine gute Idee gewesen wäre, zu erklären, dass der Geschmack nicht grün ist und auch nicht aus der Flasche kommt.

„Waldmeisterinnen“ sind Holly und Lia erstmal, weil sie im Wald wohnen und da einen Laden haben. Lia ist Bäckerin und Holly ist Erfinderin; zusammen sind sie leidenschaftliche Problemlöser.

Das Geschäft läuft aber nicht so gut. Da haben die zwei die Idee, mal ein Fest für die Waldbewohner zu machen. So kommt endlich Schwung ins Kontor und die Nachfrage der Tiere ist so groß, dass Holly und Lia sogar Termine für ihre Dienstleistungen vergeben.

Wobei die vermeintlichen Probleme der Kundschaft meist harmloser Natur sind. Der Wolf braucht zum Beispiel eine Sockenanziehhilfe und die Wildschweinkinder wünschen sich einen Ball, der automatisch wieder zurückrollt. Das kriegen die zwei
hyperaktiven Waldmeisterinnen natürlich hin und sprühen dabei nur so vor guter Laune und Hilfsbereitschaft.

„Die Waldmeisterinnen“ ist eine abgedrehte, rastlos erzählte Geschichte ohne Verschnaufpausen. Ein Thema ist noch nicht ganz beendet, da geht es auch schon an einer anderen Stelle rund.

Das hektische Geschehen wird durch die überfüllten Satzkonstruktionen zusätzlich aufgeladen. Auf der anderen Seite punktet das Buch mit vielen bunten Illustrationen und einem liebevollen Layout.

  • Einzelne Kategorien
  • Spaß
Veröffentlicht am 17.09.2019

Spinne im Schlafanzug

Die kleine Spinne Widerlich sagt Gute Nacht (Pappbilderbuch)
0

Sie ist nicht auf Anhieb als Spinne zu erkennen, die kleine Spinne Widerlich: Im Gesicht sitzt ein süßes Stupsnäschen, auf der Stirn rollt sich eine kesse Haarlocke und die Augen, groß wie Untertassen, ...

Sie ist nicht auf Anhieb als Spinne zu erkennen, die kleine Spinne Widerlich: Im Gesicht sitzt ein süßes Stupsnäschen, auf der Stirn rollt sich eine kesse Haarlocke und die Augen, groß wie Untertassen, glänzen im Mondlicht. Ist nicht weiter schlimm, immerhin heißt sie ja „Widerlich“, da muss sie nicht auch noch fies spinnig aussehen.

Das Spinnenkind schleppt einen Stoffhasen mit sich rum, und weil es gleich ins Bett geht, stecken alle vier Arme und die vier Beine schon im Schlafanzug. Jetzt geht es nochmal los und sagt allen Verwandten Gute Nacht. Tante Igitte, Onkel Langbein und Oma Erna zum Beispiel. Bei der Oma hat die Illustratorin übrigens gepatzt: Erna strickt ihre Socken nur auf zwei statt auf fünf Nadeln, die man eigentlich dafür braucht.

Schließlich – das ist das glückliche Ende der Geschichte – liegt die kleine Spinne in ihrem eigenen Netz und Mama Spinne deckt sie zu.

„Die kleine Spinne Widerlich sagt Gute Nacht“ eignet sich als kurze Abendlektüre für die Kleinsten. In den detailreich ausgestalteten, doppelseitigen Bildern kann man immer wieder neue Einzelheiten entdecken und das Gesehene für den kleinen Plausch vor dem Schlafengehen nutzen.

Etwas holprig lesen sich die gereimten Texte, denen ein sinnvoller Rhythmus fehlt. Fürs flüssige Vorlesen am Kinderbett sollte man sie vorher mal geübt haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Spaß
Veröffentlicht am 11.08.2019

Von Einfalt, Sorgfalt und Vielfalt

Die geheime Mission des Kardinals
0

Wie ermittelt man in einem Mordfall, wenn man in einer Diktatur lebt und arbeitet? Wenn man damit rechnen muss, dass überall der Geheimdienst mithört, Beweise verschwinden und die Beschuldigten am Ende ...

Wie ermittelt man in einem Mordfall, wenn man in einer Diktatur lebt und arbeitet? Wenn man damit rechnen muss, dass überall der Geheimdienst mithört, Beweise verschwinden und die Beschuldigten am Ende sowieso freikommen, weil sie um fünf Ecken mit dem Herrscherhaus verwandt sind?

Zakaria Barudi, Kommissar in Damaskus, in froher Erwartung seiner bevorstehenden Pensionierung, hat damit Erfahrung. Die braucht er auch, als er Ende 2010 seinen neuesten und aller Voraussicht nach letzten Fall übernimmt: Ein vom Vatikan ausgesendeter Kardinal wird ermordet und danach, symbolträchtig präpariert, in einem Fass bei der italienischen Botschaft angeliefert.

Dieser Kriminalfall bietet weder wilde Schießereien noch spektakuläre Verfolgungsjagden. Auch ist kein Mitspieler aus dem privaten Umfeld des Kommissars in das Verbrechen involviert. Ebensowenig bestimmen absichtlich gelegte Fährten geisteskranker Massenmörder den Fortgang der Handlung. Dafür gibt es vielfältige Einblicke in die syrische Gesellschaft und in die Abgründe religiösen Irrsinns – vom christlichen Wunderheiler bis zur islamistischen Terroreinheit.

Barudi geht mit viel Gelassenheit, Toleranz, Witz, Erfahrung und kriminalistischer Sorgfalt vor. Er spricht mit jedem, macht sich aber mit niemandem gemein. Eine moralische Stütze und geniale kriminalistische Ergänzung findet er in seinem italienischen Kollegen Marco Mancini, den man ihm für die Ermittlungen zur Seite stellt.

„Die geheime Mission des Kardinals“ ist ein erstklassiger Roman. Das atmet man auf jeder Seite ein, merkt es aber vor allem, wenn man das Buch zur Seite legt: Es fehlt, wie ein guter Freund, und schnell nimmt man es wieder zur Hand und liest einfach weiter.

Veröffentlicht am 05.08.2019

Ereignisreiche Geschichte, eintönig dargeboten

Ein Lied von Liebe und Verrat
1

Aliki singt ihr letztes Klagelied. Sie spricht es auf ein Tonband, und es ist das Klagelied ihres eigenes Lebens.

Die alte Frau lebt in einem Dorf im Nordosten Griechenlands, wo sie sich ihren Lebensunterhalt ...

Aliki singt ihr letztes Klagelied. Sie spricht es auf ein Tonband, und es ist das Klagelied ihres eigenes Lebens.

Die alte Frau lebt in einem Dorf im Nordosten Griechenlands, wo sie sich ihren Lebensunterhalt als Klageweib verdient. Eine Ethnologin aus dem fernen Amerika ist daran interessiert und bittet Aliki, die Klagegesänge für sie aufzunehmen, wofür sie ihr einen Kassettenrekorder dalässt.

Aliki nutzt diese Gelegenheit und hält die Geschichte ihrer Jugend auf dem Gerät fest. Eine Jugend im Krieg, als Griechenland von deutschen Truppen besetzt ist, die Menschen nichts zu essen haben und jeden Moment damit rechnen müssen, getötet zu werden.

Aliki lebt als Waise bei Chrysoula und deren Sohn Takis, seit ihr Vater wegen des Diebstahls eines Kürbisses von den Deutschen exekutiert worden ist. Dort gibt es Besucher im Keller, denn Chrysoula versteckt Stelios und seine Mutter Sophia, die als Juden aus Athen geflüchtet sind. Beide Frauen kommen ums Leben, als sie verraten werden, und mit ihnen wird fast das ganze Dorf ermordet.

Für die drei Kinder beginnt eine Flucht durch Griechenland, auf der sie sich mit einem Puppentheater über Wasser halten. Obwohl der Krieg beendet ist, besteht durch die Anarchie im Land weiter Gefahr für alle drei. Überschattet ist die Kindergemeinschaft von dem Verdacht, dass Takis, der eine Schwäche für das Soldatenleben und Uniformen hat, den Tod der Dorfbewohner zu verantworten hat.

Die Geschichte ist ungewöhnlich, ereignisreich und nimmt viele unvorhersehbare Wendungen. Problematisch ist die Erzählweise, denn als Lebensbericht angelegt, bietet „Ein Lied von Liebe und Verrat“ (Original: „My Last Lament“) naturgemäß keine Perspektivwechsel. Die Ereignisse werden oft nicht reflektiert, und so liest sich das Buch streckenweise sehr monoton.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Thema
Veröffentlicht am 27.06.2019

Enttäuscht die Erwartungen

Waffenschwestern
0

Wenn ein Buch, sauber betitelt, schwer in der Hand liegend, als Dreiteiler angekündigt bei Fischer Tor erscheint, dürfen die Erwartungen hoch sein. Umso schwerer wiegt dann eine Voll-Enttäuschung wie „Waffenschwestern“. ...

Wenn ein Buch, sauber betitelt, schwer in der Hand liegend, als Dreiteiler angekündigt bei Fischer Tor erscheint, dürfen die Erwartungen hoch sein. Umso schwerer wiegt dann eine Voll-Enttäuschung wie „Waffenschwestern“. Es ist ein mühsamer Weg durch 620 Seiten netto, und doch will man bis kurz vor Schluss nicht glauben, dass dieses Buch ein Fehlkauf war.

Obwohl es ganz gut anfängt: Das Bauernmädchen Nona Grey steht mit acht Jahren kurz davor, wegen Mordes gehenkt zu werden. Buchstäblich in letzter Sekunde nimmt eine Äbtissin sie mit ins Kloster zur süßen Gnade, wo sie zusammen mit anderen Anwärterinnen zur Kämpferin ausgebildet werden soll. Klinge, Geist, Weltkunde und Pfad heißen die Fächer, in denen die Mädchen Unterricht erhalten.

Nach diesem vielversprechenden Anfang wird die Geschichte sehr eintönig. Eine unüberschaubare Schar kleiner Novizinnen, die bis zu Schluss nicht älter als vierzehn sind, allerdings schon kämpfen können wie die Berserker, macht sich im Klosteralltag gegenseitig das Leben schwer. Sticheleien, Gemeinheiten und Intrigen bestimmen, neben sich wiederholenden Übungen in den verschiedenen Kampfestechniken, das Geschehen.

Echt gekämpft wird auch nur selten, stattdessen kämpft sich der Leser fortlaufend durch ausufernde Bestrafungsrituale, bei denen der Geprüfte zeigen darf, dass er möglichst lange und regungslos körperliche Schmerzen aushalten kann.

Nur in Bruchstücken gibt es Einsichten in Nonas kurze Vergangenheit. Auch über die Herkunft, die Entwicklung und das Innenleben der anderen Figuren erfahren wir – zumindest in diesem ersten Buch – zu wenig. Ortswechsel, parallele Handlungen, kleine Wissensvorsprünge, die Spannung erzeugen könnten – leider Fehlanzeige.

Wie die winterlich geprägte Kunstwelt, in der die Geschichte angesiedelt ist, insgesamt funktioniert, wird nur angerissen. Auch über die im Kloster ausgeübte Religion erhält man nur wenige Informationen. Da reißen auch die letzten 100 Seiten nichts raus, die ein so wuchtiges Finale bieten, dass sie fast gar nicht zum Rest des Buches zu passen scheinen.