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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.07.2018

Ein dreckiges Spiel

Fake
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Zum Inhalt:
Die amerikanische Geisel Catherine Finch wird bei einem nicht autorisierten Drohnenangriff getötet. Da die Weltlage momentan höchst fragil ist, möchte der amerikanische Geheimdienst diesen ...

Zum Inhalt:
Die amerikanische Geisel Catherine Finch wird bei einem nicht autorisierten Drohnenangriff getötet. Da die Weltlage momentan höchst fragil ist, möchte der amerikanische Geheimdienst diesen Umstand unter den Teppich kehren und reaktiviert einen Agenten, der sich eigentlich schon in Rente befindet.
Aber es gibt auch andere Mächte. Mächte, die nicht wollen, dass die Friedensinitiative des Präsidenten Erfolg hat. Und diese Mächte versuchen alles, um den Tod Catherines zu beweisen. Mit allen Mitteln.

Mein Eindruck:
Wenn Rayburn etwas beherrscht, dann ist es Spannung zu erzeugen. Sein Buch ist in vier Abschnitte eingeteilt, deren einzelne Kapitel zumeist nur aus wenigen Seiten bestehen. Obwohl es eine Vielzahl von handelnden Personen gibt und die Kapitel fast immer einen Wechsel von Schauplatz und Charakteren beinhalten, verliert der Leser nicht den Überblick, sondern wird in einen schier atemlosen Strudel der Ereignisse hineingezogen. Das Stilmittel des Cliffhangers wird dabei ein um das andere Mal genutzt – aber nicht abgenutzt. Ganz im Gegenteil blättern sich die Seiten wie von selbst, da immer die Hoffnung auf den Fortlauf des gerade genossenen Erzählstranges in kürzester Zeit gegeben ist.
Bei den Charakteren hat mich jedoch gestört, dass vor allem das „böse“ Personal wirklich ohne jeden auch nur geringfügigen Zug von irgendetwas Positivem gezeichnet ist, hier sind es wahre Teufel in Menschengestalt. Bei den „guten“ Menschen gibt sich Rayburn differenzierter, trotzdem kann er mit diesen Figurentwürfen den Holzschnitt der anderen Charaktere nicht wirklich kompensieren.
Für seine Story hat der Autor entweder sehr gut recherchiert oder ist ein Meister der Täuschung seiner Leserschaft über diesen Umstand. Zu keiner Zeit hat man das Gefühl, als ob Rayburn nur über ein fundiertes Halbwissen verfügt – egal, ob bei militärischen Rängen, geschichtlichen Zusammenhängen oder der beruflichen Fotografie.

Mein Fazit:
Spannend, zum Teil sehr traurig und mit unterschiedlicher Güte der Figuren

Veröffentlicht am 03.06.2018

Traum oder Albtraum?

The Wife Between Us
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Zum Inhalt:
Mehrere Frauen, ein Mann. Die eine war mit ihm verheiratet, die zweite will es sein und dann gibt es noch die Schwester, welche ihren kleinen Bruder sehr liebt und sich um ihn kümmert, nachdem ...

Zum Inhalt:
Mehrere Frauen, ein Mann. Die eine war mit ihm verheiratet, die zweite will es sein und dann gibt es noch die Schwester, welche ihren kleinen Bruder sehr liebt und sich um ihn kümmert, nachdem die Eltern früh verstorben sind. Und Richard im Fokus des Interesses: Ein erfolgreicher Geschäftsmann mit Charisma und gutem Aussehen, großzügig und liebevoll. Aber es gibt noch eine andere Seite an ihm, - oder bildet sich das seine Exfrau nur ein?

Mein Eindruck:
Gekonnt spielen die Autorinnen Hendricks und Pekkanen mit Perspektiven, Wahrnehmungen und Zeitebenen und verwirren damit die Leserschaft vortrefflich. Allerdings ist der Klappentext zu bemängeln, der meines Erachtens zu viel verrät, wenn man sich die Mühe macht und ihn genau liest und nicht nur überfliegt.

Die Charaktere machen Spaß, auch wenn die Zeichnung „Dame von der Vergangenheit gebeutelt, jetzt an Trunksucht leidend“ nach „Girl on the Train“ und „The Woman in the Window“ langsam an Originalität verliert. Jedoch vermag das Autorenduo diesem alten Bild einen neuen Pinselstrich zu verleihen und zur Mitte des Buches mit einer Wendung zu verblüffen. Diese verleitet fast zum nochmaligen Lesen der vergangen Seiten, obwohl sie sehr (und fast zu) ausführlich das Leid der verflossenen Gattin beleuchten und damit die Leser stellenweise langweilen. Aber mit der großen Überraschung und dem Moment der Erkenntnis verwandelt sich das Buch in einen veritablen Page-Turner und der Rest der Seiten fliegt nur so dahin, da die Auflösung der Hauptfrage „Wer sagt die Wahrheit und wer hat nicht nur ein Schräubchen locker?“ heiß ersehnt wird. Dass die Autorinnen auch noch zum Schluss mit einem kleinen Kabinettstückchen in Sachen unerwarteter Entwicklung aufwarten, ist die Kirsche auf der Torte.

Mein Fazit:
Am Anfang ein bisschen zäh, aber dann ein Kobe-Rind in Sachen Psychothriller

Veröffentlicht am 29.04.2018

Krisenmanager

Riskante Manöver
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Zum Inhalt:
Mats Holm ist PR-Agent. Aber nicht irgendein PR-Agent, sondern der beste. Der, den man holt, wenn man als Konzern tief in einer braunen Masse steckt, aus der man sich selber nicht befreien ...

Zum Inhalt:
Mats Holm ist PR-Agent. Aber nicht irgendein PR-Agent, sondern der beste. Der, den man holt, wenn man als Konzern tief in einer braunen Masse steckt, aus der man sich selber nicht befreien kann. So geht es dem Pharmakonzern Wenner, der mit Komplikationen bei Krankheitsverläufen von Kindern in Verbindung gebracht wird. Mats versucht, das Kind zu schaukeln, bevor es ganz im Brunnen versinkt, - wenn nötig, auch am Rande der Legalität.

Mein Eindruck:
Das Feld der Wirtschaftskriminalität ist es wert, beackert zu werden. Dabei gestalten sich die Suche nach der Wahrheit und das Streben Mats’, seinen Auftraggeber aus den negativen Schlagzeilen zu holen, so spannend, dass es die übliche Krimihandlung mit Mord und Entführung gar nicht gebraucht hätte. Ganz im Gegenteil, diese Teile der Geschichte wirken fast wie Fremdkörper und sind eher Stichwortgeber für den echten Thriller um Medikamente für Kinder. Glücklicherweise führen sie aber auch die interessante Figur eines Kommissars ein, die bei weiteren Krimis aus der Feder Bingüls bestimmt Verwendung finden wird.
Die grobe Einteilung des Buchs in Tage (mit einer Feineinteilung in Zeitpunkte), welche die Vorkommnisse strukturieren, verleiht dem Drama zusätzlichen Zug. Doch auch ohne dieses Stilmittel blickt die Leserschaft teilweise entsetzt, teilweise neugierig und teilweise wie vor den Kopf geschlagen durch das Schlüsselloch des Raums, in dem die Macht eines Konzerns sitzt. Die Tatsache, dass der Autor selber Unternehmenssprecher war, verleiht diesem Blick eine Art Ritterschlag und das Gefühl der Wahrhaftigkeit, - was einen noch zusätzlich Galle schmecken lässt. Leider kann der Autor nicht dem Drang widerstehen, seine Hauptpersonen mit einem komplizierten Privatleben auszustatten, welches die in sich abgeschlossene Geschichte um einen unnötigen Cliffhanger bereichert. Denn dieser Krimi ist es wert, einen Nachfolger zu bekommen, - ganz ohne Privatgedöns.

Mein Fazit:
Ein sehr lesenswerter Blick auf das, was hinter verschlossenen Türen großer Konzerne passiert, - obwohl man es manchmal wohl lieber nicht wissen möchte

Veröffentlicht am 08.04.2018

Kleinstadttragödie

Kleine Feuer überall
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Zum Inhalt:
Elena ist zufrieden mit ihrem Leben. Ihr Mann ist erfolgreicher Anwalt, drei ihrer Kinder beliebt und wohlgeraten, die jüngste Tochter zwar aufmüpfig, aber Kinder in der Pubertät sind nun ...

Zum Inhalt:
Elena ist zufrieden mit ihrem Leben. Ihr Mann ist erfolgreicher Anwalt, drei ihrer Kinder beliebt und wohlgeraten, die jüngste Tochter zwar aufmüpfig, aber Kinder in der Pubertät sind nun einmal so. Doch dann vermietet sie eine Wohnung an die Künstlerin Mia mit einer vollständig anderen Sicht auf Glück und muss feststellen, dass ihre Idylle vielleicht doch nicht so perfekt wie gedacht ist.

Mein Eindruck:
Celeste Ng hat ein Händchen dafür, die Beweggründe ihrer Personen dem Leser tief in Herz und Hirn zu stopfen, so dass er gar nicht anders kann, als die Handlungen dieser Charaktere zu verstehen, wenn auch nicht unbedingt gut zu heißen. Dabei brilliert sie insbesondere bei den Grautönen, denn trotz absolut gegensätzlicher Lebensansätze und Sichten wollen Mia und Elena niemandem etwas Schlechtes und sorgen trotzdem mit ihren Handlungen für Kummer bei einem Teil ihrer Umgebung. Der Schreibstil Ngs ist intensiv, aber nicht verschwurbelt, ihre gutbürgerliche Kleinstadt ist zwar sehr deutlich gezeichnet, könnte aber tatsächlich überall auf der ganzen Welt angesiedelt sein, wo Menschen auf eine gewisse Etikette und Umgang miteinander Wert legen.
Die Story ist sehr schön aufgebaut, mit einem Beginn, der ein Ende markiert, auf das in der folgenden Geschichte hingesteuert wird. Bedächtig, unaufhaltsam und mit einer Warnung an Helikoptereltern, die manchmal gar nicht wissen, was sie ihrem Nachwuchs mit übertriebener Fürsorge antun. Zwischenspiele in der Vergangenheit verraten unauffällig, warum der Weg in die zum Glück dann doch zu überstehende Katastrophe folgerichtig scheint und welche Lehren die Charaktere daraus ziehen können – sofern sie denn wollen. Da Ng ihren Figuren Vielschichtigkeit und Wille, über den Tellerrand zu schauen, zubilligt, sollte der Brand zu Beginn des Buches ein reinigendes Feuer und kein zerstörerisches sein.

Mein Fazit:
Ein ruhiges Buch, trotz aller Hitze

Veröffentlicht am 02.04.2018

Stilvoll

Krokodilwächter
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Zum Inhalt:
Die Studentin Julie wird ermordet aufgefunden, in ihre Gesichtshaut ist ein Muster geritzt. Die ermittelnden Beamten Jeppe Kørner und Anette Werner finden die völlig verstörte Vermieterin Esther ...

Zum Inhalt:
Die Studentin Julie wird ermordet aufgefunden, in ihre Gesichtshaut ist ein Muster geritzt. Die ermittelnden Beamten Jeppe Kørner und Anette Werner finden die völlig verstörte Vermieterin Esther vor, denn der Mord gleicht einer Buchidee Esthers bis auf den letzten Ritzer – aber fast niemand kennt das Manuskript. Als weitere Spuren auf die ältere Dame weisen, werden die Beamten misstrauisch: Ist Esther schuldig oder wird versucht, ihr den Mord anzuhängen?

Mein Eindruck:
Krokodilwächter sind Vögel, die in Symbiose mit Krokodilen leben, - sie sorgen für deren Zahnpflege und werden dafür nicht gefressen. So eine Zweckgemeinschaft wird im Laufe des Buches thematisiert und diese Stelle war der Punkt, an dem das Buch seine Bestnote einbüsste. Es war einfach nicht schlüssig, warum die beiden Charaktere so und nicht anders agierten.
Bis dahin fühlte man sich sehr gut unterhalten, Engberg hat ein Händchen dafür, Figuren so zu erschaffen, dass sie genau die richtige Dosis von Deutlichkeit besitzen. Beispielsweise Julie eher diffus, ihre Stiefmutter verhuscht, der Autist ein bisschen fern von allem. Dass alle sehr problembehaftet sind (Alkoholismus, Kinder, die Kinder bekommen, Untreue, Machtmissbrauch) verhilft zwar nicht unbedingt zu guter Laune, jedoch zu einem großen Feld an möglichen Verdächtigen und Motiven. Dass bei den beiden ermittelnden Beamten der im Fokus steht, der das unglücklichere Leben hat, fügt sich ins Bild eines skandinavischen Krimis. Der Verlauf der Geschichte nimmt den Leser mit, sie wird zwar in der dritten Person geschildert, beleuchtet dabei aber immer das Vorgehen und die Gedanken Jeppes, Annettes oder Esthers.
Neben dem Schreibstil Engbergs gefällt insbesondere die Gestaltung des Covers. Erst auf den zweiten Blick sieht man Schnitte im Umschlag, welche die Sicht auf den blutroten Einband freigeben. Eine sehr gelungene Hommage an das Innenleben.

Mein Fazit:
Gut geschrieben, fantastisch gelungene Optik, das Verhalten der Charaktere abseits der drei Hauptfiguren ist jedoch schwer verständlich