Profilbild von melange

melange

Lesejury Star
offline

melange ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit melange über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.03.2018

Traurig schön

Das Geheimnis der Muse
0

Zum Inhalt:
Olive ist die Tochter einer reichen, jedoch leicht gemütskranken Mutter und eines jüdischen Vaters, der im Wien der 30er Jahre eine Kunstgalerie führt. Die Familie wird nach Spanien verschlagen, ...

Zum Inhalt:
Olive ist die Tochter einer reichen, jedoch leicht gemütskranken Mutter und eines jüdischen Vaters, der im Wien der 30er Jahre eine Kunstgalerie führt. Die Familie wird nach Spanien verschlagen, wo Olive Teresa und Ivan kennenlernt, ein Geschwisterpaar, welches ihr die Augen zu den politischen und ökonomischen Umständen öffnet.
Odelle hingegen lebt in den 60er Jahren in London. Sie kommt von den Kolonien und wird wegen ihrer Hautfarbe zwar nicht geächtet, aber doch gemieden, bis sie das Glück hat, eine Anstellung bei der kapriziösen Marjorie Quick zu bekommen.
Beide Frauen sind, ohne es zu wissen, durch das Schicksal dieser Dame verbunden.

Mein Eindruck:
Olive und Odelle – zwei Frauen, zwei Welten. Beide sind sie Außenseiterinnen mit einer künstlerischen Begabung ohne eine nahe Familie, bei Olive durch das Unverständnis, das ihre Eltern ihrer Kunst entgegenbringen, bei Odelle durch die räumliche Entfernung. Und beide bringen sie ihrer Umwelt eine gewisse Abgeklärtheit entgegen. Wenn sie an ihrem Schicksal manchmal zu verzweifeln drohen, schaffen sie es, sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf zu ziehen, - wenn auch auf eine zum Teil sehr unorthodoxe Art und Weise.
Die Autorin weiß sehr geschickt, Umstände und Umgebungen zu schildern. Einiges, was heute unmöglich erscheint, war vor noch nicht allzu langer Zeit absolut üblich: Offene Diskriminierung des Geschlechts und der Hautfarbe. Der Umgang durch ihre Protagonistinnen mit dieser Herabwürdigung ist zeitgemäß – nicht grober Klotz auf grobem Keil, sondern fließend wie das Wasser, welches Felsen brechen kann.
Die Intensität, mit der sich Burton ihren Frauenfiguren widmet, lässt sie ein wenig bei den männlichen Charakteren vermissen. Einzig Isaac, ein spanischer Revolutionär und Olives Objekt der Begierde, gewinnt an Kontur, die restlichen Herren sind eher Beiwerk oder Stichwortgeber für den weiblichen Part.
Die Gliederung in einige große Kapitel mit zwei Unterkapiteln, welche sich jeweils mit dem Schicksal Odelles und Olives befassen, lassen den Leser langsam, aber unaufhaltsam auf eine Katastrophe hinzulaufen, welche die Verbindung der beiden Frauen erklärt. Diesem Augenblick fiebert man entgegen und versinkt in einem Buch, das vermag, die kleinen Schicksale im großen Ganzen zu vermitteln.

Mein Fazit:
Kleine Geschichten in der großen Geschichte

Veröffentlicht am 16.02.2018

Menschenhandel

In eisiger Nacht
0

Zum Inhalt:
Zwölf Frauen erfrieren in einem Laster, da ihr Schleuser nicht an die automatische Kühlung gedacht hat. Max Wolfe beginnt mit seinen Recherchen in Chinatown, dem Fundort des Wagens. Bald muss ...

Zum Inhalt:
Zwölf Frauen erfrieren in einem Laster, da ihr Schleuser nicht an die automatische Kühlung gedacht hat. Max Wolfe beginnt mit seinen Recherchen in Chinatown, dem Fundort des Wagens. Bald muss er jedoch feststellen, dass das Krebsgeschwür des modernen Sklavenhandels nicht nur wuchert, sondern von heller Farbe ist.


Mein Eindruck:
Der Journalist Tony Parsons schreibt für die Boulevardpresse in Großbritannien – und das merkt man seinem Stil an. Auf den Punkt, schnörkellos und mit dem Ohr am Stammtisch der Welt sind seine Krimis eher reißerisch und blutig und die Schauplätze drastisch umschrieben. Die Charaktere zeichnen sich leider entweder durch eine gewisse Farblosigkeit aus (das Kollegium um Max Wolfe) oder sind absichtlich gegen den Strich gebürstet – so viele im Grunde ihres Herzens doch eigentlich ganz sympathische Kriminelle wie hier findet man wohl eher nicht im wahren Leben. Richtig Spaß machen der immer vorhandene, subtile Humor und der Protagonist, der das Herz am rechten Fleck hat, seine Handlungen und die seiner Behörde hinterfragt und gerne einmal politisch absolut unkorrekt denkt: Zum Beispiel halten er und seine Kollegen sich bei einer Schlägerei von verfeindeten Gangstergruppen heraus, anstatt sich selber durch ein Intervenieren in Gefahr zu bringen. Gut auch, dass Max privat wenigstens relativ glücklich ist, zwar ohne Frau, dafür mit kleiner Tochter, die jedoch für ihr Alter zu eloquent redet und handelt – das hätte der Autor besser regeln können.
Die Szenen sind gut ausgewogen zwischen privaten Teilen und Ermittlungen, eher stillen Momenten und Action und der Leser kann sich mitgenommen fühlen und kommt – wenn er sich aufmerksam verhält – auf die gleiche Lösung wie die Beamten; der bittere Moment zum Schluss ist ein Markenzeichen von Parsons-Krimis.

Mein Fazit:
Ein schlüssiger Aufbau, unkompliziert in Stil und Sprache, mit leichten Schwächen in den Charakteren, aber spannend

Veröffentlicht am 01.01.2018

Unerwartet gelungen

Die Erbin
0

Zum Inhalt:
Die Welt der Hochfinanz ist ein Haifischbecken – in Schweden wie im Rest der Welt. Und der größte Hai ist David Hammar, ein Raubfisch, der auf den nächsten Happen einen besonderen Appetit hat. ...

Zum Inhalt:
Die Welt der Hochfinanz ist ein Haifischbecken – in Schweden wie im Rest der Welt. Und der größte Hai ist David Hammar, ein Raubfisch, der auf den nächsten Happen einen besonderen Appetit hat. Dafür gibt es nicht nur wirtschaftliche Gründe, David ist bei diesem Coup auf Rache aus – Rache an den de la Grips, die ihn und seine Familie vor Jahren tief verletzt haben. Eigentlich eine kühl kalkulierte Aktion, bei der durchaus Kollateralschäden in Kauf genommen werden, aber dann begegnet David Natalia de la Grip und sein wohl durchdachter Plan ist nicht mehr so einfach durchzuführen.

Mein Eindruck:
Der Klappentext klingt sehr klischeehaft: Bad Boy, Milliardär, mit dunklem Geheimnis, trifft traumhaft schöne Frau und natürlich ist da auch diese animalische Anziehungskraft, die diese all ihre keuschen Gedanken ad acta legen lässt und dann geht es nur noch um das eine – in wahnsinnig luxuriöser Umgebung mit vielen kultivierten, intelligenten, reichen und erfolgreichen Menschen. Ja, auch das ist „Die Erbin“, aber unerwarteter Weise auch einiges mehr. Die Autorin hat gut recherchiert und vermag, wirtschaftliche Zusammenhänge einfach, aber nicht trivial darzustellen. Ihre Charaktere haben Tiefe und werden facettenreich geschildert. Sie machen – bis auf die absolut starrsinnigen Fälle – eine Entwicklung durch und selbst die Unsympathen agieren folgerichtig und ihrer zum Teil jahrhundertelangen Konditionierung entsprechend. Da dem Buch eine hochspannende Geschichte um Macht und Geschäfte gleichberechtigt neben dem Liebesgesäusel und den damit einhergehenden fleischlichen Gelüsten zugrunde liegt, macht es zumeist Spaß, in dieser Story zu versinken. Nur im Mittelteil gibt es (für meinen Geschmack) ein wenig zu viel Matratzen-Akrobatik mit der Gefahr, das Buch entnervt zur Seite zu legen. Der gute Schreibstil bewahrt zum Glück vor diesem Fehler.
„Die Erbin“ ist der Start einer Trilogie, deshalb lässt die Autorin einige Fragen unbeantwortet. Diese sind jedoch unerheblich, so dass sich niemand gezwungen sehen muss, die folgenden Bände zu lesen. Sollte Ahrnstedt ihrem Stil treu blieben, ist es jedoch bestimmt nicht schade um die Investition.

Mein Fazit.
Wirtschaftswissenschaftler mit Gefühlen – es passieren Zeichen und Wunder
4 Sterne

Veröffentlicht am 30.12.2017

Verwunschene Landschaft

Kein guter Ort
0

Zum Inhalt:
Der Psychologe Arne Eriksen findet sein neues Betätigungsfeld in einer Klinik in Telemark. Durch seine Patientin Janne – süchtige Tochter eines Polizeichefs – fällt sein Augenmerk zufällig ...

Zum Inhalt:
Der Psychologe Arne Eriksen findet sein neues Betätigungsfeld in einer Klinik in Telemark. Durch seine Patientin Janne – süchtige Tochter eines Polizeichefs – fällt sein Augenmerk zufällig auf ein Hotel an der Rabenschlucht, das Schauplatz einiger Tode war. Bei dem letzten Ereignis vor 10 Jahren starben ein junges Mädchen und ihr Vater. Janne reagiert neugierig, Arne will helfen und beide beschwören Ereignisse herauf, die für sie und andere gefährlich werden – schließlich ist der Mörder von damals noch unerkannt.

Mein Eindruck:
Der dritte Teil der Serie um Arne Eriksen nimmt zwar öfter Bezug auf die beiden vorangegangenen Bücher, lässt sich aber gut ohne Vorkenntnisse lesen.
Diese Erzählung ist eine gut geratene Mischung aus Kriminalroman und esoterisch angehauchter Geschichte. Sehr schön nimmt Bernhard Stäber den Faden seiner norwegischen Wahlheimat auf, bei der sich die Menschen ihrer Umgebung, Vorfahren und den mystischen Gefühlen, die damit einhergehen, besonders bewusst sind. Unauffällig und unaufgeregt lässt der Autor seine Figuren in diesem Kosmos agieren, so dass auch einem kühlen, abgeklärten, deutschen Leser alle Vorkommnisse absolut einsichtig und folgerichtig erscheinen. Langsam und stetig wird dazu die Spannungsschraube angezogen, der eingängige Schreibstil macht es leicht, der Geschichte zu folgen. Gut gefällt, dass Stäber vielen seiner Charaktere gute und schlechte Seiten zubilligt – das macht die Personen glaubhafter als eine einfache Schwarz-Weiß-Zeichnung. Leider kann er sich nicht der momentanen Mode entziehen, unbedingt eine tumbe Schar von Rechtsextremen irgendwie in die Geschichte zu prügeln, - und das auch noch buchstäblich. Wenn es der Story nützt, sind solche Aspekte angemessen, hier bedienen sie jedoch nur den moralischen Zeigefinger.
Der Schluss bietet einen sympathischen Ausblick und die Aussicht auf mehr Landschaft, mehr Menschen und mehr spannende Geschichten in Arnes Umfeld.

Mein Fazit:
Spannende Unterhaltung in schöner Landschaft

Veröffentlicht am 28.12.2017

Old School

Hamish Macbeth und das Skelett im Moor
0

Zum Inhalt:
Der Dorfpolizist Hamish Macbeth wird als Urlaubsvertretung nach Cnothan geschickt. Dort herrscht eine abweisende Stimmung vor, die sich nicht nur gegen ihn richtet, sondern hauptsächlich einem ...

Zum Inhalt:
Der Dorfpolizist Hamish Macbeth wird als Urlaubsvertretung nach Cnothan geschickt. Dort herrscht eine abweisende Stimmung vor, die sich nicht nur gegen ihn richtet, sondern hauptsächlich einem zugezogenen Engländer gilt. Mit schlechter Laune ist es jedoch nicht lange getan – kurze Zeit später sieht sich Hamish einem Skelett gegenüber, - und dieses Skelett hat ein englisches Gebiss….

Mein Eindruck:
Die Liebhaber der klassischen, britischen Krimis im Stil von Agatha Christie oder Caroline Graham kommen hier voll auf ihre Kosten. Denn auch wenn der dritte Teil aus der Hamish Macbeth Serie erst 2017 in Deutschland veröffentlicht wurde, hat das Buch bereits fast 30 Jahre auf dem schottischen Buckel. Dementsprechend sind die Mordfälle keinesfalls albtraumtauglich und die ermittelnden Beamten haben keine größeren Probleme als polizeilichen Ehrgeiz und Standesdünkel. Aber genau das macht den Charme der Geschichte aus. Der Protagonist ist liebenswert altmodisch (und denkt über einen Heiratsantrag nach, weil er mit einer hübschen Frau im Bett gelandet ist), das weitere Personal knorrig und drollig, der Fall mit Humor geschildert und der Schluss zeigt sich mit Emanzipation: Die holde Maid rettet den Helden und zwar nicht mit Pferd und Rüstung, sondern mit schickem Automobil.
Beaton orientiert sich bei ihrem Schreibstil am „Easy Writing“ der Grand Dame des Kriminalromans. Ihre Sätze sind kurz, aussagekräftig und lassen sich genießen, ohne Kapriolen in den Gehirnwindungen ihrer Leser zu schlagen. Leider kommt die Auflösung des Falls im Gegensatz zu den ersten beiden Hamish Macbeth Bänden zu plötzlich und nicht unbedingt folgerichtig daher: Bei „Hamish Macbeth fischt im Trüben“ und „… geht auf die Pirsch“ konnte man mit ein bisschen Nachdenken selber den Täter erraten, hier muss man sich auf Hamishs Spürnase verlassen. Das sollte aber nicht davon abhalten, sich auf die nächsten Fälle Macbeths zu freuen, - seine roten Haare bieten einen unterhaltsamen Kontrapunkt zum Einheitsgrau der modernen Ermittler.

Mein Fazit:
Leichte Unterhaltung in guter, britischer Tradition