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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gelungener zweiter Streich

Mörderische Wahrheiten
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Zum Inhalt:
In Wien werden einige Jugendliche mit 21 Messerstichen ermordet. Diese Serie ähnelt Fällen vor mehren Jahren. Der damalige Mörder, dessen DNA bei den Leichen gefunden wird, ist jedoch vor kurzer ...

Zum Inhalt:
In Wien werden einige Jugendliche mit 21 Messerstichen ermordet. Diese Serie ähnelt Fällen vor mehren Jahren. Der damalige Mörder, dessen DNA bei den Leichen gefunden wird, ist jedoch vor kurzer Zeit im Gefängnis verstorben. Da er damals von Konrad Fürst überführt wurde, hofft die Wiener Polizei auf dessen Mithilfe. Er ist zwar gerade aus dem Koma erwacht, leidet aber an einer Amnesie, die ihn selbst sein Umfeld nicht erkennen lässt. Da die Zeit drängt, spannt der Chef der Polizei Carlotta Fiore ein.

Mein Eindruck:
Nein, Frau Prammer hat ihr Pulver nicht bei ihrem sehr guten Debütkrimi verschossen. Ganz im Gegenteil: Sie legt noch eine Schippe zu. Dabei halten sich humorvolle Teile, spannende Abschnitte und dramatische Stücke bravourös die Waage. Zu den liebgewonnenen Personen aus dem ersten Buch gesellen sich eine ganze Menge anderer Charaktere, welche den Lesern die Sicht auf den Täter lange und gekonnt vernebeln. Trotzdem wird es weder unübersichtlich noch fehlt der Geschichte der Tiefgang. Mit der Ich-Erzählerin Carlotta geht man auf der einen Seite auf die Jagd nach dem Mörder, auf der anderen Seite fiebert man mit ihr bei ihren privaten Belangen. Diese sind zwar nicht ohne Schwere, stören jedoch weder den Fortlauf des Krimis noch sind sie reiner Selbstzweck, um die Seiten zu füllen. Teilweise wird die Erzählung in Kursivschrift mit den Morden an den Jugendlichen unterbrochen. Deren Gedanken und Gefühle werden dabei sehr einfühlsam geschildert - ein großes Plus des Schreibstils von Frau Prammer, die ihren Figuren Farbe und Tiefe verleiht. Das Ende ist überraschend, einige Hauptprotagonisten zeigen neue Facetten, Carlottas und Fürsts Verhältnis wird klarer und die Personen bieten noch viele Entwicklungsmöglichkeiten. Beste Voraussetzungen für einen dritten Fall.

Mein Fazit:
Noch besser als „Wiener Totenlieder“

Veröffentlicht am 15.09.2016

Grandios

Der Anruf
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Zum Inhalt:
Vor sechs Jahren kam es zu vielen Toten bei einem Terroranschlag auf ein Flugzeug in Wien. Grund dafür war ein Anruf eines Mitglieds des amerikanischen Geheimdienstes bei dem Anführer der Terroristen. ...

Zum Inhalt:
Vor sechs Jahren kam es zu vielen Toten bei einem Terroranschlag auf ein Flugzeug in Wien. Grund dafür war ein Anruf eines Mitglieds des amerikanischen Geheimdienstes bei dem Anführer der Terroristen. Jetzt trifft sich Henry mit seiner damaligen Freundin und Kollegin Celia in ihrer neuen Heimat, um den Verrat von damals aufzuklären. Ein Duell entspinnt sich: Welches Mitglied ihres Teams war der Täter, was der Grund für seine Tat und wer schützte damals wen?

Mein Eindruck:
Ich wünsche mir ganz schnell eine Verfilmung dieses Buchs, - am liebsten mit Cate Blanchett und Russell Crowe. Denn dafür braucht es zwei überzeugende Schauspieler, da die Geschichte sehr schnell zu einem Kammerspiel dieser zwei Personen wird. Celia und Harry zeigen sich und den Leser auf der einen Seite viele Facetten ihrer Persönlichkeiten, behalten aber genauso viel versteckt hinter einer Maske, die sie in ihrer Geheimdienstzeit perfektioniert haben. Olen Steinhauer gelingt es phänomenal gut, die Katastrophe von 2006, die unterschiedlichen Lebensphilosophien seiner Hauptpersonen und ihre Beweggründe komprimiert auf nur 270 Seiten zu präsentieren, so dass zumindest mir nichts nach dem Ende gefehlt hat. Das stilistische Mittel, zum größten Teil die beiden Ex-Agenten als Ich-Erzähler fungieren zu lassen, lässt die Leser tief in die Gedankenwelt eintauchen, bis zum Schluss ein gemeinsamer Teil in der dritten Person den nötigen Abstand zum Showdown liefert. Und selbst dann legt der Autor noch nicht alle Karten auf den Tisch, kurze Einschübe einer Tonbandaufnahme lassen den Leser über das Ende spekulieren, - genau so, wie man es in der diffusen Welt der Geheimdienste erwartet.
Das Buch lässt einen mit einem flauen Gefühl im Magen zurück und der Gewissheit, das wohl nichts so ist, wie es scheint und Loyalität und Gewissen manchmal nur Wörter sind, die auf dem Altar des Großen und Ganzen geopfert werden können, wenn es die Staatsräson so will.

Mein Fazit:
Ein Thriller, der wirklich das Prädikat "Weltklasse" verdient

Veröffentlicht am 15.09.2016

Geschundene Seelen

So unselig schön (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi 3)
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Zum Inhalt:
In einer Industriebrache in der Nähe Münchens findet eine junge Frau beim Fotografieren eine Leiche. Aus Neugier und Abenteuerlust stellt sie eigene Nachforschungen an und kommt dabei nicht ...

Zum Inhalt:
In einer Industriebrache in der Nähe Münchens findet eine junge Frau beim Fotografieren eine Leiche. Aus Neugier und Abenteuerlust stellt sie eigene Nachforschungen an und kommt dabei nicht nur dem Team um Kommissar Dühnfort in die Quere, sondern erweckt auch die Aufmerksamkeit des Mörders.

Mein Eindruck:
Dies ist nach „Mörderkind“ und „Schuld währt ewig“ mein drittes Buch von Frau Löhnig und auch wenn ich ihre gute Schreibweise bewundere und mich gerne von ihrer Kunst, Geschichten zu erzählen, gefangen nehmen lasse, geht mir die immer gleiche Hauptperson auf den Zeiger: Eine gebrochene junge Frau, attraktiv und sportlich, vom Leben und durch einen Tod in ihrer unmittelbaren Umgebung gebeutelt, dadurch kratzbürstig und/oder verschlossen, hilft sich selbst, denn Gott hat gerade keine Sprechstunde. Und schon bald ist ein grundguter Samariter zur Stelle, der sich von ihrer schroffen Art nicht abwehren lässt. Aber wenn auch das Strickmuster in seiner Eintönigkeit an einen James-Bond-Film erinnert, bietet die Autorin ebenfalls die positiven Aspekte des Wiedererkennens: Ein im Großen und Ganzen sympathisches Ermittler-Team mit Ecken und Kanten, ein interessanter und tiefgründiger Fall mit einer großen Schar Tatverdächtiger und ein Endspurt mit Showdown und schlüssiger Auflösung. Frau Löhnig schreibt locker-flockig und so unkompliziert, dass man leicht folgen kann ohne gelangweilt zu werden. Fast, wie man einem guten Freund oder Kollegen zuhört, wenn er eine launige Geschichte beim Mittagessen erzählt. Leider ist dabei die Täterfigur zu offensichtlich geraten und – für meinen Geschmack – der Alkoholkonsum des leitenden Kommissars zu hoch. Die Anleihen bei skandinavischen Autoren mit der dauernden Grübelei und dem Schwermut sind so deutlich, dass es den Friedhof als Nachbarschaft gar nicht gebraucht hätte.

Fazit:
Ein Krimi in bewährter Güte, leider ein bisschen vom Reißbrett

3 Sterne

Veröffentlicht am 15.09.2016

Höchst vergnüglich

In der ersten Reihe sieht man Meer
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Zum Inhalt:
Alex, Mitte Vierzig, verheiratet und Vater zweier pubertierender Kinder, schläft am Abend vor der Abreise in den Urlaub ein und erwacht als pickliger Jüngling in den 80er Jahren, - mit dem ...

Zum Inhalt:
Alex, Mitte Vierzig, verheiratet und Vater zweier pubertierender Kinder, schläft am Abend vor der Abreise in den Urlaub ein und erwacht als pickliger Jüngling in den 80er Jahren, - mit dem Wissen von heute. Unsicher, ob er zurück in sein altes Leben findet, fügt er sich wohl oder übel in sein Schicksal und fährt mit Eltern, Oma und Schwester nach Italien.

Mein Eindruck:
Bastian Pastewka ist das Beste, was der Geschichte passieren konnte. Genial haucht, röchelt, brüllt, säuselt und spricht er der Geschichte Leben ein, großartig, wie er die unterschiedlichen Personen interpretiert. Aber selbst ein großer Künstler könnte nicht aus Mist Bonbons machen. Deshalb gerät es Herrn Pastewka und den Hörern zu einem großen Glück, dass die Vorlage für seine Sprecherbegabung nahezu perfekt ist.
Die beiden Autoren beweisen, dass sie jenseits von Kluftinger sehr humorvolle Stories erdenken können. Dabei fangen sie den Zeitgeist der 80er ebenso gut ein, wie sie sich in die Sorgen und Nöte der Familienväter in der heutigen Zeit einfühlen. Das größte Pfund für das Zwerchfell-Training liegt jedoch in vielen kleinen Dingen, die mit großer Detailgenauigkeit als Spiegel der Zeit vor Schengen und Multi-Kulti dienen: Dazu gehören nicht nur die Angst vor schlecht gelaunten Grenzern, die Notwendigkeit des Kartenlesens und das Fehlen von Klimaanlagen, sondern vor allem die in den letzten 30 Jahren antrainierte politische Korrektheit, die Alex in Fleisch und Blut steckt, bei seiner Familie jedoch noch keinerlei Anwendung findet und ihn ein ums andere Mal innerlich erbeben lässt.
Das Ende ist zwar für die Hörerschaft amüsant, wie es der Hauptperson in allen Konsequenzen damit gehen würde, sei dahingestellt.

Fazit:
Eine klare Hörempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Puzzle

Wer war Alice
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Zum Inhalt:
Eine junge Journalistin ertrinkt unter nicht sofort geklärten Umständen. Ihr Professor versucht, das Rätsel um ihren Tod mit Fragmenten aus ihrem Leben und mit der Hilfe von Weggefährten zu ...

Zum Inhalt:
Eine junge Journalistin ertrinkt unter nicht sofort geklärten Umständen. Ihr Professor versucht, das Rätsel um ihren Tod mit Fragmenten aus ihrem Leben und mit der Hilfe von Weggefährten zu lösen. Parallel dazu nimmt der Leser an Chats teil, liest Tagebucheinträge, ergründet die Psyche von Alices Freunden und ihrer Familie und erforscht die Funktionsweise neuer und alter Medien.

Mein Eindruck:

Das Konzept, verschiedenartige Medien und deren Wiedergabe in das Buch einzubinden, gefällt sehr gut. Wie ein Kaleidoskop widerspiegeln sich die Facetten von Alices Persönlichkeit in dieser Form der Darbietung von Texten perfekt. Problematisch ist jedoch die Tatsache, dass ich mit den allesamt sehr selbstverliebten Figuren nicht warm geworden bin und sie auch nicht als „echte“ Personen akzeptieren konnte. Einerseits gab es fast nur Journalisten, Wissenschaftler und Intellektuelle, andererseits ging es jedoch nur um Komasaufen, andere Drogen, Partys und komplizierte Liebesbeziehungen. Dadurch gewann man eher den Eindruck, es mit einer Schar Jugendlicher zu tun zu haben und nicht mit Menschen, die Ausbildungen mit zum Teil sogar höheren Weihen genossen haben. Ein erfreulicher Gegenpol zu diesen oberflächlichen Teilen waren die Tagebucheinträge, in denen Alice (kurioserweise als junges Mädchen) erstaunlich tiefsinnig wirkte. Diese Teile überzeugten und halfen darüber hinweg, dass in diesem Roman viel zu viel vordergründig intelligente Menschen ihr Heil in Stimulanzien jedweder legaler oder illegaler Art suchen.

Mein Fazit:
Ein sehr gut durchdachtes Konstrukt, welches handwerklich mehr als inhaltlich überzeugt.