Profilbild von mrs-lucky

mrs-lucky

Lesejury Star
offline

mrs-lucky ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mrs-lucky über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2024

bewegend und dramatisch, aber nicht so überzeugend wie Band 1

Und Großvater atmete mit den Wellen
0

In Trude Teiges Roman ‚Und Großvater atmete mit den Wellen‘ wird eine weitere Geschichte aus der Vergangenheit der Familie Juni Bjerkes erzählt. Diesmal steht die Jugend ihres Großvater Konrad im Mittelpunkt, ...

In Trude Teiges Roman ‚Und Großvater atmete mit den Wellen‘ wird eine weitere Geschichte aus der Vergangenheit der Familie Juni Bjerkes erzählt. Diesmal steht die Jugend ihres Großvater Konrad im Mittelpunkt, der im 2. Weltkrieg in japanischer Kriegsgefangenschaft einige entbehrungsreiche Jahre auf der Insel Java verbracht hat, nachdem das Handelsschiff, auf dem er gemeinsam mit seinem Bruder Sverre angeheuert hatte, beschossen und versenkt wurde.
Die zum Teil dramatischen Ereignisse dieser Zeit werden zum einen aus der Sicht Konrads erzählt, aber auch aus der seiner ersten großen Liebe Sigrid, die mit ihrer Familie auf Java lebt und ebenfalls in einem Lager der Japaner interniert ist. Die Schilderungen zu den Zuständen dort Erlebnissen dort wirken gut recherchiert, Trude Teiges bildhafte Sprache sorgt für lebendige Bilder, ohne bei grausamen Ereignissen zu sehr ins Detail zu gehen. Durch die personale Erzählperspektive entsteht eine große Nähe zu den Hauptcharakteren und den physischen wie psychischen Belastungen, denen sie ausgesetzt sind. Die Erzählungen wecken Betroffenheit und haben mich dazu bewegt, weitere Details zu den geschichtlichen Fakten dieser Zeit nachzulesen.
Einerseits erscheint die Geschichte authentisch, ist aber weniger glaubhaft, wenn man bedenkt, dass Juni hier die Vergangenheit ihrer Großvaters detailliert wieder gibt, während sie andererseits erwähnt, dass ihre Großeltern über ihre Vergangenheit eisern geschwiegen haben. Auch wenn dem Leser klar wird, wie die Erlebnisse der Vergangenheit auch die nächsten Generationen prägt, ist wenig nachvollziehbar, woher Juni die Details kennt, die ihren Großvater zu der Person gemacht haben, die sie kannte.
In ‚Als Großmutter im Regen tanzte“ gibt es eine Rahmenhandlung, in der Juni zu der Vergangenheit ihrer Mutter und Großmutter recherchiert. Diese zweite Zeitschiene hat dem Roman zusätzliche Tiefe verleihen und fehlt in der Fortsetzung, die mich nicht ganz so überzeugen konnte, wie der erste Band.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.04.2024

eine tragische Geschichte, eher Roman als Krimi

Der Nachtläufer
0

Karin Fossums Kriminalroman „Der Nachtläufer“ hat mich positiv überrascht, denn er hebt sich deutlich ab von der Masse anderer skandinavischer Krimis, unteranderem weil hier weniger die Auflösung der Straftat ...

Karin Fossums Kriminalroman „Der Nachtläufer“ hat mich positiv überrascht, denn er hebt sich deutlich ab von der Masse anderer skandinavischer Krimis, unteranderem weil hier weniger die Auflösung der Straftat im Vordergrund steht als vielmehr die psychologische Entwicklung der Hauptfigur.
Im MIttelpunkt der Geschichte steht der junge Meidel Jonsson, der nach dem Tod seines Großvaters den Halt im Leben zu verlieren droht. Er fürchtet die Rückkehr seines dominanten und gewalttätigen Vaters, der in 30 Tagen aus der Haft entlassen wird. Ein Revolver, den Meidel in einem Versteck im Haus seines Großvaters findet, vermittelt ihm das Gefühl von Stärke und Überlegenheit.
Angst kommt auch auf in der norwegischen Kleinstadt, in der in den warmen Augustnächten der sogenannte Nachtläufer unbemerkt in Häuser eindringt und die Schlafenden mit vorgehaltener Waffe bedroht. Wann schlägt er wieder zu? Wer wird davon kommen und wer ihm zum Opfer fallen? Kommissar Eddie Feber steht vor schwierigen Ermittlungen, denn es gibt kaum Spuren, abgesehen von kleinen Zetteln mit rätselhaften Ziffernfolgen, die der Täter gezielt zurück lässt.
Die Geschichte vermittelt mit seinem literarischen Stil eher den Eindruck eines Romans mit Krimi-Elementen. Mir gefällt dieser Fokus auf die persönliche Entwicklung des Hauptcharakters, Meidel ist eine tragische Figur, bei der sich die Frage stellt, ob er mehr Täter ist oder mehr Opfer.
Eddie Feber entspricht so gar nicht dem Klischee des depressiven, mit Problemen behafteten Ermittler, den man in vielen skandinavischen Krimis antrifft. Er ist intelligent, überrascht mit ungewöhnlichen Ermittlungsansätzen und ist nebenbei glücklicher Familienvater von 8 Kindern. Hier wird der ansonsten überzeugende Roman etwas unglaubwürdig. Auch wenn ein derart entspannt auftretender Kriminalkommissar eine erfrischende Abwechslung darstellt, habe ich seine private Seite als etwas zu rosarot dargestellt empfunden, Eddie Feber wird in meinen Augen zu sehr zu einem übernatürlichen Superhelden stilisiert, dem keine Herausforderung etwas anhaben kann. Aber vielleicht tue ich ihm auch Unrecht, und in einem der weiteren Bände darf er auch mal Schwächen zeigen, ich werde an der Reihe ganz sicher dran bleiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.03.2024

eine bewegende Lebensgeschichte

Annas Lied
0

Die Erzählung beginnt im Jahr 1929, als die achtjährige Hannah unbeschwert in Kopenhagen aufwächst im Kreis einer großen Familie. Von ihren vier älteren Brüdern lassen drei ihre Leidenschaft zur Musik ...

Die Erzählung beginnt im Jahr 1929, als die achtjährige Hannah unbeschwert in Kopenhagen aufwächst im Kreis einer großen Familie. Von ihren vier älteren Brüdern lassen drei ihre Leidenschaft zur Musik zum Beruf werden, auch Hannah findet früh Ruhe und Bestätigung im Klavierspiel. Die Mutter legt großen Wert auf jüdische Traditionen und hält die Familie zusammen. Als ihre Söhne sie ins Unglück stürzen, in dem sie sich in dänische junge Frauen verlieben und eine arrangierte Ehe in jüdische Kreise ablehnen, setzt sie ihre Hoffnung auf Hannah, die Familie zu ehren und ihre Traditionen weiter zu führen.
Der Roman überzeugt sowohl inhaltlich als auch sprachlich, man spürt in vielen Szenen den Respekt und die Bewunderung des Autors gegenüber seiner Großtante und der Art und Weise, wie sie trotz vieler Schicksalsschläge und Bürden in ihrem Leben nie den Mut und Lebenswillen verliert. Beide verbindet die Liebe zur Musik, die bei Benjamin Koppel Lebensinhalt ist und für Hannah eine Art Rettungsanker, in der Musik findet die Trost, sie repräsentiert für Hannah aber auch Freiheit und Selbstständigkeit, die sie zur Wahrung der Tradition aufgeben musste.
Der Roman berührt mit seiner bewegenden Geschichte, er bietet einen teils faszinierenden teils erschreckenden Einblick in ein jüdisches Familienleben im letzten Jahrhundert und zeichnet das Bild einer starken Frau. Anfangs habe ich es seltsam empfunden, dass die Erzählung bei einigen Abschnitten sehr bildhaft und intensiv ausfällt, in anderen Punkten aber eher oberflächlich bleibt, nicht zuletzt bei einigen von Hannahs Empfindungen. Letztendlich passt dies aber zu Hannahs Charakter ebenso wie zu der Vermischung biographischer mit fiktionalen Elementen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.03.2024

brisant und spannend

Stummer Schrei (Eva Nyman ermittelt 1)
0

‚Stummer Schrei‘, der erste Band aus Arne Dahls neuer Krimireihe beginnt brisant. Der Manager eines Stahlkonzerns rast über die Schnellstraße und zeigt einem Elektroauto-Fahrer den Mittelfinger, als sein ...

‚Stummer Schrei‘, der erste Band aus Arne Dahls neuer Krimireihe beginnt brisant. Der Manager eines Stahlkonzerns rast über die Schnellstraße und zeigt einem Elektroauto-Fahrer den Mittelfinger, als sein Wagen unvermittelt in Flammen aufgeht und in ein Rapsfeld rauscht Wenig später explodiert in der Stockholmer Innenstadt in einer Werbeagentur eine Paketbombe und tötet einen Mitarbeiter, der gerade eine große Kampagne für die Automobilindustrie gestartet hat.
Stecken Klimaaktivisten hinter den Anschlägen? Eva Nyman, Chefin der neu gegründeten NOVA Gruppe innerhalb der NOA der schwedischen Polizei, wird nachdenklich, als in dem an sie adressierten anonymen Bekennerschreiben der Ausdruck „Ruinen des Verfalls“ auftaucht, der sie an ihren ehemaligen Vorgesetzten Lukas Frisell erinnert. Doch könnte Lukas Frisell als ehemaliger Polizist soweit gehen, als Terrorbomber für so viel Schrecken zu sorgen?
Die Ermittlungen werden wechselnd aus der Sicht der verschiedenen NOVA-Mitglieder erzählt, allesamt starke Charaktere, deren Eigenheiten der Leser im Verlauf näher kennenlernt. Auch Lukas Frisell spielt eine wichtige Rolle, seine Figur ist tragend für die deutliche Kritik an klimapolitischen Entwicklungen unserer Zeit und der phlegmatischen Haltung eines Großteils der Bevölkerung.
Der Krimi bietet eine spannende Geschichte mit herausfordernden Ermittlungen und einigen unerwarteten Wendungen. Die Sprache ist wie gewohnt brillant, lediglich bei den anonymen Briefen habe ich die Sprache als zu pathetisch empfunden, das wiederholte Zitieren von Passagen aus den Briefen hat es nicht besser gemacht.
Insgesamt wirkt die Handlung jedoch gut recherchiert, mir gefällt die Mischung aus Gesellschaftskritik und persönlichen Schicksalen, es steht nicht wirklich ein Ermittler im Mittelpunkt, sondern die Zusammenarbeit der Gruppe ist ausschlaggebend für die Aufklärung. Ich freue mich auf eine Fortsetzung, das Ende verspricht eine weitere brisante Geschichte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.03.2024

Wie erstrebenswert ist ewiges Leben?

Wir werden jung sein
0

Professor Mosländer forscht an der Berliner Charité an einem neuen Medikament zur Bekämpfung von Herzmuskelschwäche und testet dieses an einer kleinen Probandengruppe, als bei allen 4 Personen plötzlich ...

Professor Mosländer forscht an der Berliner Charité an einem neuen Medikament zur Bekämpfung von Herzmuskelschwäche und testet dieses an einer kleinen Probandengruppe, als bei allen 4 Personen plötzlich unerwartete Nebenwirkungen auftreten. Statt nur am Herzmuskel die Bildung regenerierter Zellen anzustoßen, findet bei den Versuchspersonen eine Verjüngung aller Zellen statt. Diese bahnbrechende Entdeckung weckt in der Öffentlichkeit nicht nur Begehrlichkeiten sondern entfacht auch kontroverse Diskussionen.
Die Geschichte wird wechselnd aus der Sicht der 4 beteiligten Probanden erzählt, dazu kommen der Professor selbst und eine Beraterin des Bundesgesundheitsministeriums, die die Entdeckung des Medikaments ethisch begutachten soll. Der 16-jährige Jakob, der gerade seine erste Liebe erlebt, steckt plötzlich in einem Körper mit dem biologischen Alter von 8 Jahren, Jenny wird nach mehrfachen vergeblichen künstlichen Befruchtungen plötzlich unerwartet schwanger, der 80-jährige gebrechliche Immobilienmogul Wenger, der gerade seinen Nachlass regeln will, bekommt unerwartete neue Energie, und die ehemalige Schwimmerin und Olympiasiegerin Verena stellt in einem Schaukampf neue Rekorde auf.
Der Autor begleitet seine Hauptfiguren über einen Zeitraum eines guten Jahres, er erzählt in einem humorvollen Stil von Erfahrungen und Erlebnissen mit ihren verjüngten Körpern, die nicht immer nur positiv ausfallen.
Das Thema ist einerseits mit viel Witz umgesetzt, beschäftigt sich jedoch gleichzeitig mit der ernsten Frage, wie erstrebenswert ein Medikament, das den Alterungsprozess der Menschen auffällt, tatsächlich ist. Was sind die Folgen für den Einzelnen aber auch für unsere Gesellschaft?
Der Roman gibt keine abschließenden Antworten, regt aber zum Nachdenken an. Mir gefällt es, dass die Geschichte bei diesem durchaus ernsten Thema stets mit einem Augenzwinkern erzählt wird. Sie bleibt in ihrer Kürze eher an der Oberfläche, beleuchtet dennoch verschiedene Folgen und Aspekte anhand der sehr ungleichen Testgruppe.
Das Ende kam dann für meinen Geschmack etwas plötzlich, und die Entwicklungen waren für mich nicht immer nachvollziehbar, hier hätte für mich ein offeneres Ende besser gepasst.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere