schöne Familiengeschichte über die Suche nach dem persönlichen Glück
MädelsabendAuch Anne Gesthuysen dritter Roman hat mich wie schon die Vorgänger schnell in seinen Bann gezogen. Im Stil kommt „Mädelsabend“ dem Debüt „Wir sind doch Schwestern“ nahe, auch hier spielt wieder die Heimatregion ...
Auch Anne Gesthuysen dritter Roman hat mich wie schon die Vorgänger schnell in seinen Bann gezogen. Im Stil kommt „Mädelsabend“ dem Debüt „Wir sind doch Schwestern“ nahe, auch hier spielt wieder die Heimatregion der Autorin am Niederrhein eine große Rolle und es wird eine Familiengeschichte über mehrere Generationen erzählt.
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen unter anderem Ruth und ihr Mann Walther, die nach mehr als 60 gemeinsamen Ehejahren auf der „Bönninghardt“ ins Altersheim übersiedeln mussten. Während Ruth dort aufblüht und unter dem Einfluss der Mitbewohnerinnen versucht, der Unterdrückung und dem strengen Regiment ihres Ehemannes zu entkommen, fühlt Walther sich unter den vielen Witwen zunehmend unwohl und sehnt sich nach seinem früheren Zuhause. Engste Vertraute der beiden und manchmal auch Vermittlerin ist Enkelin Sara, die jedoch selbst gerade vor einer wichtigen Lebensentscheidung steht, da der jungen Mutter ein Forschungsstipendium in Cambridge angeboten wurde, das ihre Beziehung auf eine Zerreißprobe stellt.
Mich hat beim Lesen die Lebendigkeit der Figuren begeistert, was vielleicht mit daran liegt, dass die Autorin sich eng an Personen aus ihrer Vergangenheit orientiert und auch eigene Kindheitserinnerungen in die Geschichte einfließen lässt. Ihre Charaktere sind dabei nicht immer einfach. Ruth beispielsweise offenbart im Verlauf anhand von Anekdoten aus ihrer Vergangenheit, welch schweres Schicksal sie bisweilen erdulden musste, zeigt aber auch ihre Schwäche, sich aus eigener Kraft aus diesem Joch zu befreien. Nach 65 Jahren Ehe können Ruth und Walther nicht wirklich mit einander aber auch nicht ohne einander auskommen, sie sind verwachsen in vergangenen Werten, die für uns heute undenkbar scheinen. Während Ruth als junge Frau zuweilen darunter gelitten hat, dass ihr Ehemann die Entscheidungsgewalt über ihr Leben besaß, stellt Enkelin Sara die Gegenseite dar als moderne Frau, die Familie und Karriere unter einen Hut zu bekommen versucht. „Kämpfe nicht gegen dich selbst, sondern richte dich in dem Leben ein, dass dich froh macht.“, das ist ein Rat, den Ruth ihrer Enkelin mitgibt und in dem in meinen Augen viel Wahrheit steckt.
Das Buch geht mit seiner offenen und teils schonungslosen Art nahe, es hat mich an vielen Stellen nachdenklich gestimmt und lässt mich mit einem anderen Blick auch auf das Leben meiner Eltern und Großeltern blicken.