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Veröffentlicht am 07.12.2018

schöne Familiengeschichte über die Suche nach dem persönlichen Glück

Mädelsabend
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Auch Anne Gesthuysen dritter Roman hat mich wie schon die Vorgänger schnell in seinen Bann gezogen. Im Stil kommt „Mädelsabend“ dem Debüt „Wir sind doch Schwestern“ nahe, auch hier spielt wieder die Heimatregion ...

Auch Anne Gesthuysen dritter Roman hat mich wie schon die Vorgänger schnell in seinen Bann gezogen. Im Stil kommt „Mädelsabend“ dem Debüt „Wir sind doch Schwestern“ nahe, auch hier spielt wieder die Heimatregion der Autorin am Niederrhein eine große Rolle und es wird eine Familiengeschichte über mehrere Generationen erzählt.
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen unter anderem Ruth und ihr Mann Walther, die nach mehr als 60 gemeinsamen Ehejahren auf der „Bönninghardt“ ins Altersheim übersiedeln mussten. Während Ruth dort aufblüht und unter dem Einfluss der Mitbewohnerinnen versucht, der Unterdrückung und dem strengen Regiment ihres Ehemannes zu entkommen, fühlt Walther sich unter den vielen Witwen zunehmend unwohl und sehnt sich nach seinem früheren Zuhause. Engste Vertraute der beiden und manchmal auch Vermittlerin ist Enkelin Sara, die jedoch selbst gerade vor einer wichtigen Lebensentscheidung steht, da der jungen Mutter ein Forschungsstipendium in Cambridge angeboten wurde, das ihre Beziehung auf eine Zerreißprobe stellt.
Mich hat beim Lesen die Lebendigkeit der Figuren begeistert, was vielleicht mit daran liegt, dass die Autorin sich eng an Personen aus ihrer Vergangenheit orientiert und auch eigene Kindheitserinnerungen in die Geschichte einfließen lässt. Ihre Charaktere sind dabei nicht immer einfach. Ruth beispielsweise offenbart im Verlauf anhand von Anekdoten aus ihrer Vergangenheit, welch schweres Schicksal sie bisweilen erdulden musste, zeigt aber auch ihre Schwäche, sich aus eigener Kraft aus diesem Joch zu befreien. Nach 65 Jahren Ehe können Ruth und Walther nicht wirklich mit einander aber auch nicht ohne einander auskommen, sie sind verwachsen in vergangenen Werten, die für uns heute undenkbar scheinen. Während Ruth als junge Frau zuweilen darunter gelitten hat, dass ihr Ehemann die Entscheidungsgewalt über ihr Leben besaß, stellt Enkelin Sara die Gegenseite dar als moderne Frau, die Familie und Karriere unter einen Hut zu bekommen versucht. „Kämpfe nicht gegen dich selbst, sondern richte dich in dem Leben ein, dass dich froh macht.“, das ist ein Rat, den Ruth ihrer Enkelin mitgibt und in dem in meinen Augen viel Wahrheit steckt.
Das Buch geht mit seiner offenen und teils schonungslosen Art nahe, es hat mich an vielen Stellen nachdenklich gestimmt und lässt mich mit einem anderen Blick auch auf das Leben meiner Eltern und Großeltern blicken.

Veröffentlicht am 22.11.2018

starkes Thema, aber in der Umsetzung zu wenig originell

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Das Cover von Andreas Eschbachs neuem Roman „NSA“ ist auffallend und wirkt provozierend mit einem leichten Augenzwinkern, das verspricht einen spannenden Thriller à la Eschbach mit originellen Thesen. ...

Das Cover von Andreas Eschbachs neuem Roman „NSA“ ist auffallend und wirkt provozierend mit einem leichten Augenzwinkern, das verspricht einen spannenden Thriller à la Eschbach mit originellen Thesen. Doch im Verlauf der Lektüre wuchs meine Verwunderung. Das soll alles sein? Eine derart platte Geschichte mit klischeehaften Charakteren? Aus diesem vielversprechenden Thema hätte ich mir bei Eschbach eine deutlich originellere und phantasievollere Entwicklung erwartet.
Die Idee ist spannend; Eschbach malt aus, wie die Geschichte verlaufen wäre, wenn bereits zur Zeit des Nationalsozialismus die Computertechnologie weiter entwickelt gewesen wäre ähnlich wie heute mit mobilen Telefonen, Internet und Emails, was eine totale Überwachung ermöglicht hätte. Im Mittelpunkt seiner Vision stehen die Programmstrickerin Helene Bodenkamp und der Analyst Eugen Lettke. Beide sind eher unpolitische Personen, für die Ideologien des Nationalsozialismus nicht unbedingt empfänglich, lehnen sich aber auch nicht dagegen auf. Beide landen aus ganz unterschiedlichen Intentionen beim NSA, dem Nationalen Sicherheits-Amt. Helene entwickelt Programme zur Überwachung der Bürger des Reichs, ohne sich groß Gedanken über deren Funktion zu machen. Erst als ihre große Liebe aufgrund seiner Fahnenflucht untertauchen muss, wird ihr die Gefahr bewusst, die von den Programmen ausgeht. Sie versucht, ihre Kenntnisse zu nutzen, um ihren Geliebten zu schützen, während sie gleichzeitig von ihrem Vorgesetzten Lettke genötigt wird, ihm dabei zu helfen, das System für seine eigennützigen Zwecke zu missbrauchen, so dass sie sich immer wieder in Gefahr begibt, indem sie das Regime hintergeht.
Das Buch ist atmosphärisch verfasst, die sprachliche Terminologie an die Zeit angepasst. So ist von Komputern die Rede, dem Weltnetz, Elektrobriefen oder dem Volkstelefon. Amüsant ist die Idee, das Programmieren mit Hausarbeitstätigkeiten wie Backen und Stricken zu vergleichen mit der Konsequenz, dass das „Programmstricken“ reine Frauenarbeit ist und für Männer unwürdig, die für die Technik und die Auswertungen zuständig sind. Helene beweist, wie engstirnig diese Einschätzung ist, steckt sie mit ihrer Intelligenz und ihrem analytischen Denken doch einige in die Tasche.
Nach einem spannenden ersten Kapitel mit einem vielversprechenden Einblick in die Arbeit des NSA und einer dramatischen Entwicklung kommt es zu einem harten Bruch in der Spannungskurve. Sehr langatmig wird über die Kindheit und persönliche Entwicklung von Helene und Eugen Lettke berichtet, hier hätte Straffung gutgetan. Mich hat es enttäuscht, dass Eschbach wenig eigene Visionen entwickelt, sondern nur historische Begebenheiten etwas anders ablaufen lässt unter Zuhilfenahme der Computertechnik. Hätte nicht auch der Widerstand die technischen Möglichkeiten viel mehr ausnutzen müssen? Wo sind die Hacker, die doch gerade unter diesem Regime jedes Schlupfloch hätten nutzen müssen? Wie von Eschbach gewohnt wirkt das Buch gut recherchiert, es gibt viele interessante technische Einblicke und Hintergrundinformationen, aber erst gegen Ende des Buches wird die ganze Brisanz der Entwicklungen greifbar. Ich hätte mir mehr Kapitel gewünscht wie im etwa letzten Viertel des Buchs.
Besonders eingeprägt hat sich mir folgender Ausspruch: „Ja, schon seltsam. Je mehr Informationsquellen wir haben, desto weniger wissen wir.“

Veröffentlicht am 18.11.2018

kurzweiliger Krimi mit viel norddeutschem Lokalkolorit

Elbspiel
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Bei Philip Goldbergs drittem Fall mit dem Titel „Elbspiel“ vereint die Autorin Nicole Wollschläger ihre Leidenschaften für Bücher und für Schauspiel in einem spannenden Kriminalroman.
In Kophusen, einer ...

Bei Philip Goldbergs drittem Fall mit dem Titel „Elbspiel“ vereint die Autorin Nicole Wollschläger ihre Leidenschaften für Bücher und für Schauspiel in einem spannenden Kriminalroman.
In Kophusen, einer fiktiven Kleinstadt, in die es den Berliner Ermittler Goldberg vor einiger Zeit aus persönlichen Gründen verschlagen hat, plant der frühere Starschauspieler Arno Menzinger ein Comeback mit der Inszenierung des „Jedermann“. Als besonderer Clou sollen die Rollen ausschließlich mit Laiendarstellern aus der Region besetzt werden. Die Aufregungen um die Besetzungen, die bis in die Kophusener Polizeidienststelle reichen, werden bald durch mysteriöse Zwischenfälle und einen ungewöhnlichen Leichenfund getrübt.
Für mich war dieser dritte Band der Einstieg in die Reihe, mich haben auf Anhieb die spritzige Erzählung und die zum Teil kauzigen Charaktere in den Bann gezogen. Ein paar Anspielungen auf die ersten beiden Bände machen neugierig und werfen ein paar Fragen zur Vorgeschichte auf, da dieser Fall in sich abgeschlossen ist, hatte ich nicht den Eindruck, dass mir elementare Vorkenntnisse fehlen.
Der Krimi enthält neben einer spannenden Geschichte mit einigen verzwickten Wendungen sehr viel Lokalkolorit. Ich lebe in der Gegend, in der die Geschichte spielt, so dass mir viele der erwähnten Schauplätze bekannt und vertraut sind, das schafft beim Lesen klare Bilder von den Szenarien.
Insbesondere die Hauptfiguren der Reihe sind toll getroffen, entsprechen herrlich typischen norddeutschen Charakteren ohne dabei platt zu wirken. In diesem Band gibt es noch dazu einen tiefen Einblick hinter die Kulissen einer Theaterinszenierung, die harte Arbeit die damit verbunden ist aber auch die Schattenseiten dieser oft nur scheinbar glänzenden Welt.
Die rund 280 Seiten dieses Bandes bieten meiner Meinung nach kurzweilige Unterhaltung und ausreichend Originalität, um aus der Masse der Krimis hervorzustechen

Veröffentlicht am 16.11.2018

"Jeder braucht eine gute Geschichte..."

Die wundersame Mission des Harry Crane
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Harry Crane führt ein ruhiges wenn auch nicht immer ausgefülltes Leben als Analyst einer Forstbehörde in Pennsylvania. Als seine geliebte Frau Beth bei einem schrecklichen Unfall getötet wird, gerät Harrys ...

Harry Crane führt ein ruhiges wenn auch nicht immer ausgefülltes Leben als Analyst einer Forstbehörde in Pennsylvania. Als seine geliebte Frau Beth bei einem schrecklichen Unfall getötet wird, gerät Harrys Leben aus den Fugen, er verliert den Halt und wird von Schuldgefühlen geplagt. Eine absurd hohe Schadensersatzzahlung veranlasst ihn, seinen Job zu kündigen und in die abgelegenen Wälder der Endless Mountains zu seinen geliebten Bäumen zu fliehen mit der Absicht sich dort selbst zu verlieren. Stattdessen findet er sich jedoch unversehens als Untermieter eines wundersamen Baumhauses wieder. Diese Obhut verdankt er der Begegnung mit der 10-jährigen Oriana und ihrer Mutter Amanda, die ebenfalls auf ganz unterschiedliche Weise mit dem unerwarteten Tod ihres Vaters beziehungsweise Ehemanns zu kämpfen haben. Die resolute Oriana zieht Harry mit sich in die Märchenwelt, die sie um ihre Trauer errichtet hat, denn sie ist zu dem Schluss gekommen ist, in Harry einen Schlüssel für die Lösung ihrer beider Probleme gefunden zu haben.
Harry lässt sich erst nur zögernd auf Orianas Vorschläge ein, je mehr im Wald sein Selbstvertrauen wächst, umso überzeugter steigt er in seine Mission ein, die Geschichte des alten Grum lebendig werden zu lassen.
Das Buch erzählt eine bewegende Geschichte über Verlust, Trauer und die Kraft von Freundschaft. In weiten Teilen verläuft die Erzählung eher ruhig, es gibt viele nachdenklich stimmende Momente, andere Stellen verleiten zum Schmunzeln mit ihrer Situationskomik, Spannung kommt in erster Linie gegen Ende auf.
Eine Besonderheit des Buchs ist sein märchenhafter Charme, es enthält nicht nur ein eigenes Märchen in Form der Geschichte des alten Grum, sondern es tauchen immer wieder Bezüge zu bekannten Märchen auf. Da ist zum Beispiel Oriana, die mit ihrem roten Mantel wie Rotkäppchen durch den Wald streift, der böse Wolf, Harrys und Orianas Mission bedroht, oder auch Anspielungen auf das Märchen von Goldmarie und Pechmarie. Dieses Thema zieht sich konsequent durch das Buch, trotz einem realistischen Grundsatz gibt es Elemente, denen etwas Magisches anhaftet. Sehr gut gefallen hat mir Harrys Charakter, der sehr glaubhaft angelegt ist und mit seiner sensiblen Art überzeugend. Ich habe beim Lesen Anteil genommen an seinem persönlichen Schicksal und seiner Entwicklung, seine Verbundenheit mit den Bäumen hat etwas symbiotisches, der Autor geht sehr einfühlsam mit diesem Thema um. Kleine tragikomische Szenen sorgen dafür, dass das Buch nicht ins Kitschige abrutscht.
Mir hat das Buch insgesamt gut gefallen, auch wenn es an einigen Stellen zu sehr detailverliebt wirkt und in Nebenhandlungen verliert, hier hätten ein paar Kürzungen gutgetan.

Veröffentlicht am 07.11.2018

ein Krimi aus Norddeutschland: spannend, mit einer tragikomischen Geschichte und viel trockenem Humor

Sörensen fängt Feuer
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Drei Monate nachdem Kommissar Sörensen mit seinen Ermittlungen Unruhe in die scheinbare Idylle Katenbülls gebracht hat, haben sich die Wogen noch nicht ganz geglättet, noch immer sind ihm einige Mitbürger ...

Drei Monate nachdem Kommissar Sörensen mit seinen Ermittlungen Unruhe in die scheinbare Idylle Katenbülls gebracht hat, haben sich die Wogen noch nicht ganz geglättet, noch immer sind ihm einige Mitbürger nicht wohl gesonnen. Während einer kurzen Stippvisite Sörensens in seine alte Heimat Hamburg bahnt sich jedoch ein neuer Fall an, als Ole Kellinghusen mitten in der Nacht eine junge Frau vors Auto läuft: blind, unterernährt und barfuß im Nachthemd irrt Jette mitten im Winter kurz vor Weihnachten über die Landstraße. Sörensens gute Vorsätze, die Tabletten gegen seine Angststörung abzusetzen, geraten ins Wanken, als er bei der Suche nach Jettes Herkunft auf eine Leiche trifft. Doch damit nicht genug, da Jette nicht zurück nach Hause kann, sieht Sörensen keinen anderen Ausweg, als seinen Vater zur Hilfe zu holen, und je tiefer er die Hintergründe der Tat beleuchtet umso mehr Details kommen zum Vorschein über den religiösen Wahn und gut gehütete Geheimnisse, die sich um Jettes Geschichte ranken.
Wie schon im ersten Band „Sörensen hat Angst“ hat mir auch hier wieder die Mischung des Krimis gefallen. Sven Stricker hat ein Händchen dafür, die Charaktere und Szenerien so lebendig zu schildern, dass man den Eindruck bekommt, mitten in Katenbüll zu stehen und ihnen beim Agieren zu sehen zu können.
Sörensen ist kein einfacher Charakter, er wird von seiner Angststörung beherrscht, steht sich oft selbst im Weg mit seiner umständlichen Art und seinem mangelnden Selbstbewusstsein. Dass er nicht perfekt ist und an sich zweifelt, macht ihn aber auch sympathisch. Sörensens persönliche Geschichte nimmt neben dem Kriminalfall viel Raum ein, gerade seine Persönlichkeit, sein manchmal unkonventionelles Handeln und Denken, machen aber den Charme der Geschichte aus. Es gibt eine ordentliche Prise trockenen norddeutschen Humors mit herrlichen Dialogen, die mich beim Lesen immer wieder haben auflachen lassen.
Der Fall um Jette birgt jedoch einige Tragik, er offenbart die Verzweiflung und Desillusion einiger Beteiligter, hier kommt Sörensen seine sensible Seite zu Gute.
Mich hat der Krimi von Anfang bis Ende gut unterhalten, der Fall ist spannend, und wartet mit einigen überraschende Entwicklungen auf, die Charaktere sind mir weiter ans Herz gewachsen, und ich bin sehr gespannt darauf, wie sich Sörensen in (hoffentlich) folgenden Bänden weiter entwickeln wird.