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Veröffentlicht am 10.07.2025

Gute Grundlage, aber auf Figurenebene leider ziemlich schwach

Bis mein Herz wieder schlägt
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Ich habe große Erwartungen in dieses Buch gesetzt, weil es mich im Setting an „Wolke Sieben ganz nah“ erinnert hat, das ich letztes Jahr von vorn bis hinten geliebt habe. Diese Konkurrenz ist also schon ...

Ich habe große Erwartungen in dieses Buch gesetzt, weil es mich im Setting an „Wolke Sieben ganz nah“ erinnert hat, das ich letztes Jahr von vorn bis hinten geliebt habe. Diese Konkurrenz ist also schon hart, aber auch ungeachtet dessen konnte mich „Bis mein Herz wieder schlägt“ leider nicht überzeugen.

Besonders durch die erste Hälfte habe ich mich eher geschleppt. Die Zeitsprünge in hohem Tempo laufen immer nur auf Emerys Herzanfälle hinaus. Was danach passiert oder wie es den beteiligten Nebenfiguren währenddessen ergangen ist? Nebensächlich. Kann so entschieden werden, führt in der Konsequenz bei mir aber dazu, dass ich keine Nähe zur Geschichte aufbauen kann, weil sie bruchstückhaft und wenig plausibel wirkt.

Die zweite Hälfte hat mir besser gefallen, was zu großen Teilen daran lag, dass es ein paar spannungstreibende Elemente gab, deren Auflösung ich gerne erfahren wollte. Und ganz am Ende hab ich auch geweint, die Emotionalität kam mir insgesamt aber einfach viel zu spät.

Das ist einer meiner großen Kritikpunkte: Alles dreht sich nur um Emery, aber die bleibt mir bis zum Ende wenig greifbar. Sie scheint mir sehr lange sehr unreif zu sein, mit wenig Selbstreflexion und Empathie für ihre Herzensmenschen. Auch die Nebenfiguren bleiben mehr oder weniger ohne Profil. Sie bekommen allesamt 1-2 Charakterzüge, über ihre echten Emotionen erfahren wir wenig. Ich habe nichts gegen eine Protagonistin im Fokus, aber auch Nebenfiguren brauchen Tiefe, sonst leidet die gesamte Handlung.

Kritikpunkt 2: Die angekündigte Liebesgeschichte bzw. das Liebesdreieck kommt mir deutlich zu kurz für einen Liebesroman. Colin wird von Emery so schrecklich behandelt und tut mir einfach nur leid. Die Chemie zwischen Nick und Emery stellte sich für mich auch nicht so recht ein und die Romance war mir zu konstruiert - schließlich sehen die beiden sich ja auch immer nur eine kurze Zeit lang.

Der Roman lässt sich sprachlich gut lesen und ich würde auch nicht grundsätzlich von der Lektüre abraten. Mir persönlich drehte sich die Geschichte aber zu sehr um eine selbstbezogene Protagonistin mit wenig Wachstum und dafür mit viel emotionaler Distanz. Nebenbei werden auch immer mal wichtige Themen angesprochen, etwa die Diskriminierung queerer Menschen, doch auch die kommen mir schlicht zu kurz. Das Ende fand ich zu großen Teilen gut und emotional, wenngleich ich es mir auch ein wenig anders gewünscht hätte.

Und abschließend noch ein Wunsch an den Verlag: Inhaltswarnungen wären hier meiner Meinung nach angebracht gewesen.

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TW: Krebserkrankung, Tod, Blut, M0rd

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Veröffentlicht am 02.07.2025

Spannende Ausgangssituation, mir jedoch zu zäh und emotional oberflächlich weitergeführt

Löwen wecken
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Es war mein erster Roman der Autorin und auch, wenn ich einige Kritikpunkte an ihm habe, bleibe ich weiter an Ayelet Gundar-Goshen dran, weil mich dieses moralisch Ambivalente literarisch grundsätzlich ...

Es war mein erster Roman der Autorin und auch, wenn ich einige Kritikpunkte an ihm habe, bleibe ich weiter an Ayelet Gundar-Goshen dran, weil mich dieses moralisch Ambivalente literarisch grundsätzlich total reizt.

„Löwen wecken“ wirft ein Scheinwerferlicht auf den Umgang mit bzw. die Haltung zu BIPoC-Geflüchteten in Israel. An der Stelle möchte ich auf jeden Fall auch anmerken, dass wir uns in Deutschland wohl kaum eines besseren Umgangs rühmen dürfen und so Einiges aus dem Roman für uns selbst reflektieren können.

Die Ausgangssituation ist so erzürnend wie spannend - ein weißer Neurochirurg überfährt nachts, scheinbar unbeobachtet, einen geflüchteten Eritreer und fährt einfach weg. Im weiteren Verlauf sieht er sich mit dessen Frau konfrontiert, die ihr Wissen um den Unfall zu nutzen weiß. Etan gerät daraufhin in ein komplexes moralisches Konstrukt aus Lügen gegenüber seiner Frau, altruistisch(?)-egoistischen Taten und Begierde.

Ich sehe, dass Gundar-Goshen ein Gespür hat für Ambivalenzen und das moralisch Graue. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, um den selbstgerechten Rassismus unter privilegierten weißen Israelis darzustellen. Und doch war mir das Werk zu ausschweifend und emotional auf Figurenebene zu flach, als dass es meinen Erwartungen hätte entsprechen können.

Wir sitzen nicht nur in Etans Kopf (was, gelinde gesagt, oft fast unerträglich ekelhaft ist), sondern bekommen auch Einblicke in Sirkit, die Frau des Getöteten, sowie Etans Frau Liat. Weitere Nebenfiguren kommen ebenfalls kurz dazu, deren Rolle hat sich mir aber nicht immer erschlossen. Am Ende führt die Autorin beeindruckenderweise ziemlich viele Fäden zusammen, aber das wäre insgesamt dennoch kompakter gegangen. Obwohl die Sprache klar ist, wird meiner Meinung nach zu viel mit detaillierten Bildern, Wiederholungen und ausschweifenden Gedankengängen gearbeitet, die das Lesen anstrengend gemacht haben.

Ganz schlimm und mehr als unangenehm fand ich die dargestellte Anziehung zwischen Etan und Sirkit. Keine Ahnung, ob die Autorin hier genau diese Gefühle bei den Lesenden erzielen wollte, aber ich hätte es nicht gebraucht. Die Emotionen der Figuren fand ich abgesehen von Wut und Ekel generell nicht oft greifbar, sodass mir da die Nähe fehlte. Sirkit und Liat waren die für mich weitaus spannenderen Figuren, besonders erstere bekommt am Ende nochmal einen netten Twist.

Ein tolles Grundgerüst, das mir deutlich kürzer wesentlich besser gefallen hätte. Es vermag schon, die Grenzen zwischen Gut und Böse, zwischen Opfer und Täter verschwimmen zu lassen, die Gedanken und Handlungen der Figuren selbst blieben mir dahingehend aber zu sehr an der Oberfläche. Wütend macht das Ende in jedem Fall und ich bleibe wie gesagt auch weiter interessiert an der Autorin.
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TW: Rassismus, Dr0genkriminalität, Kindstod, Blut/Wunden, M0rd

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Veröffentlicht am 30.06.2025

Ein mystisch-dystopisches Kammerspiel mit Tränengarantie

Die Rettung
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Wer McConaghys früheren Werke schon mochte, kann unbesorgt zu „Die Rettung“ greifen. Für mich sind die Geschichten der Autorin ein Garant für starke Emotionen und atmosphärische Settings. All das erfüllt ...

Wer McConaghys früheren Werke schon mochte, kann unbesorgt zu „Die Rettung“ greifen. Für mich sind die Geschichten der Autorin ein Garant für starke Emotionen und atmosphärische Settings. All das erfüllt auch ihr neuester Roman, obwohl ich ein paar Kritikpunkte habe.

Erstmal: das Cover?! Hier hat sich der Verlag besonders viel Mühe gegeben, denn auch der Einband ist stimmungsvoll bedruckt. Und vor allem spiegelt es schon sehr akkurat das Setting wider, welches so richtig endzeitlich-bedrohlich ist.

McConaghy wirft ihre Lesenden absolut drastisch und ohne jede Vorwarnung in die Handlung hinein. Dieses Mal hat sie sich für ziemlich viele und teils rasante Perspektivwechsel entschieden. Grundsätzlich bin ich Fan dieses Stils, muss aber auch sagen, dass es mir hier einen Ticken zu viel war. Ich habe entsprechend eine Weile gebraucht, um die Figuren greifen zu können. Wir begleiten maßgeblich den Inselverwalter Dominic sowie die auf ebenjene Insel gespülte Rowan. Ergänzt wird die Geschichte ab und zu um kurze Kapitel von Dominics Kindern.

Zu Beginn fand ich das noch gewöhnungsbedürftig, kann die Wahl aber im Nachhinein gut nachvollziehen. So lässt die Autorin die Betroffenen selbst sprechen und vergrößert damit die Authentizität der Geschichte. Besonders Orly, das jüngste Kind, hat mich sofort für sich gewonnen. Er ist ein absolutes Brain, was Flora und Fauna angeht, und teilt in seinen Kapiteln vor allem Wissen rund um (bedrohte) Pflanzenarten. Ihm wird später eine unfassbar schwere Aufgabe zuteil, bei der ich richtig dolle innehalten musste, um nicht sofort zu weinen.

Wie gewohnt legt McConaghy viel Wert auf eine Bewusstseinsbildung für die Klimakatastrophe, das Artensterben und unsere Rolle in alldem. Besonders dringlich wird dies durch das Setting, welches sich am besten als endzeitliches Kammerspiel beschreiben lässt: die Protas sitzen auf einer Insel fest, die in Rekordzeit zu versinken droht. Gewürzt mit einer Prise sexueller Anziehung und einer Tonne geheimnisvoller Andeutungen wird die Geschichte zu einer, die so beklemmend wie fesselnd ist.

Das ziemlich repetitive und etwas effekthascherische Andeuten von Geheimnissen hat mich ehrlicherweise aber schon etwas genervt. Ich finde vor allem, dass weder die Handlung noch die Autorin das nötig gehabt hätten. Sie hat schon in der Vergangenheit gezeigt, dass sie meisterinnenhaft Bilder und Atmosphäre bei ihren Leser*innen erzeugen kann. Die Thriller-Elemente waren spannend, hätten reduzierter aber wohl den gleichen Effekt erzielt. Außerdem werden Wildtiere in ihrem Wert geschätzt, während dann abends das TK-Hühnchen auf dem Teller liegt. Ein wenig mehr Konsequenz hätte an der Stelle nicht geschadet.

Nichtsdestotrotz: das Buch hat meine Erwartungen absolut erfüllt, auch wenn ich ihre Vorgänger auch aufgrund ihrer geradlinigeren Erzählstruktur einen Ticken mehr mochte. Die Autorin hat es trotzdem geschafft, mich bis zum Schluss noch völlig zu überrumpeln, am Ende hab ich einfach nur noch versucht, durch meine Tränen hindurch zu lesen. 💔

Auch „Die Rettung“ wirft uns auf unsere bloße Existenz zurück, schult das Bewusstsein für unsere Verantwortung und alles, was wirklich wichtig ist. Und so schmerzvoll die Realität auch ist, menschliche bzw. speziesübergreifende Verbundenheit machen sie ein wenig aushaltbarer.
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TW: Su!zid, T0d, Schilderungen von Gewalt gegen Tiere

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Veröffentlicht am 27.06.2025

Ein packend geschriebener Weltraumroman mit zusätzlicher Ebene

Atmosphere
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Der neue Roman von Taylor Jenkins Reid war tatsächlich mein erster von ihr, obwohl mensch an ihrem Namen in der Buch-Bubble natürlich nicht vorbeikommt. Und ich kann es nun sehr gut verstehen: Diese Autorin ...

Der neue Roman von Taylor Jenkins Reid war tatsächlich mein erster von ihr, obwohl mensch an ihrem Namen in der Buch-Bubble natürlich nicht vorbeikommt. Und ich kann es nun sehr gut verstehen: Diese Autorin kann absolut packend schreiben und porträtiert inspirierende Frauen ohne ins Pathetische abzudriften.

Jane Goodwin schafft es als eine der ersten Frauen, ins SpaceShuttle-Programm der NASA aufgenommen zu werden. Entsprechend vorprogrammiert sind natürlich auch patriarchale Strukturen und sexistische Abwertung am Arbeitsplatz. Diese werden thematisiert, nehmen aber keinen allzu großen Raum ein, was ich im Rahmen der Gesamthandlung auch okay fand. Obwohl Reid sich, dem Nachwort entsprechend, einige künstlerische Freiheiten herausgenommen hat, ist der Roman voller technischer und organisatorischer Details. Das mochte ich einerseits total gern, fand es streckenweise aber auch etwas zäh.

Doch „Atmosphere“ ist weit mehr als ein Weltraumroman! Es ist auch eine Geschichte über Queer Awakening, queeres Leben in einer überaus queerfeindlichen Umgebung und über Selbstfindung. Gerade letzteres driftet ja gerne auch mal ins Pathetische ab, was hier überhaupt nicht der Fall ist. Ich mochte nämlich ganz besonders an diesem Roman, dass seine Figuren erwachsen gezeichnet sind und sich auch entsprechend verhalten. Das Drama kommt eher aus dem Rahmen und nicht aus der zentralen Beziehung selbst. Je älter ich werde, desto genervter bin ich von ewig andauernden Kommunikationsproblemen! 🙈

Die Liebesgeschichte ist ehrlich, authentisch und einfach nett zu verfolgen. Mit geschickten Vor- bzw. Rückblenden hält Reid die Lesenden bei der Stange. Sie schafft es dadurch, eine primär von Alltag geprägte Haupthandlung absolut packend einzurahmen. Denn was sich auf dem zentralen Weltraumflug ereignet, hat mich am Ende mit Tränen in den Augen zurückgelassen…

Besonders erwähnen möchte ich auch noch die Beziehung von Jane und deren Nichte Frances. Absolut ergreifend wird hier noch einmal auf andere Weise das Konzept „Familie“ diskutiert. Janes Schwester Barbara war mir persönlich am Ende zu überzeichnet, was meine Lesefreude minimal getrübt hat.

Ein großartiger Roman, der mich enorm unterhalten hat und dessen Hauptfiguren ich wirklich sehr mochte. Ich wünsche ihm sehr viele Leser*innen und bin mir sicher, dass er viele auf eine angenehme Art inspirieren kann.

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Veröffentlicht am 25.06.2025

Ein weiteres kurzweiliges Werk einer talentierten Autorin

Der alte Apfelgarten
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Mein erster Kontakt mit Sharon Gosling war vor einem Jahr „Forgotten Garden“, was ich sehr mochte. Ich finde, dass Gosling ein Händchen für ganz besondere Landschaften hat, aber auch für zarte zwischenmenschliche ...

Mein erster Kontakt mit Sharon Gosling war vor einem Jahr „Forgotten Garden“, was ich sehr mochte. Ich finde, dass Gosling ein Händchen für ganz besondere Landschaften hat, aber auch für zarte zwischenmenschliche Bande. An das konnte „Der alte Apfelgarten“ in vielerlei Hinsicht anknüpfen, wenngleich es für mich auch ein paar Dämpfer gab.

Aber erstmal zu all dem Guten. Das Setting ist einfach bemerkenswert schön, Gosling zeichnet mit ihren Worten kinderleicht Bilder in die Köpfe ihrer Leser*innen. Ich bin zwar gar nicht so ein Küstenkind, aber wie die Autorin schottische Natur beschreibt, macht mich doch sehnsüchtig.

Außerdem mochte ich die Wahl der Protagonistinnen sehr gern! Dass hier für eine Romance eine Schwesternschaft als zentrale Beziehung gewählt wurde, finde ich nämlich richtig toll. Bette und Nina sind spannende Figuren, alleinstehend und in Interaktion miteinander. Gosling zeigt damit, dass nicht immer die romantische Liebe im Zentrum stehen muss.

Wie schon bei ihrem vorherigen Werk hat mir generell gefallen, dass die meisten Figuren einfach warmherzig und undramatisch sind. Das bedeutet nicht, dass es kein Drama in der Handlung gibt (im Gegenteil!) , aber sie kommt eben weniger aus den Figuren selbst. Barnaby a.k.a. Superheld Seepocke und wie respektvoll die Erwachsenen mit ihm sowie seinen Bedürfnissen umgehen? Ich liebe alles daran! Auch Cam, Allie und Ryan sind liebenswerte Nebenfiguren, die ich immer wieder gern gelesen habe.

Der Roman ist eine gut lesbare Sommerlektüre und ich würde sie dafür auch jederzeit empfehlen. Dennoch hat mir der Vorgänger noch einen Ticken besser gefallen, weil da der Gemeinschaftsaspekt mehr zum Tragen kam. Außerdem muss ich die starke Überzeichnung des Antagonisten kritisieren. Die Figur fand ich völlig flach, eindimensional und vorhersehbar. Auch Bettes und Ryans Aufeinandertreffen und wie es dann endete, fand ich nicht gut geschrieben. Es war mir am Ende alles einfach ein wenig zu überspitzt dramatisch, ein bisschen weniger hätte es für mich auch getan.

Nichtsdestotrotz eine klare Leseempfehlung für diesen stimmungsgeladenen Roman in großartigem Setting und mit vielen netten Figuren. Das Apfelthema und die Geschichte rund um den Apfelgarten haben mich nebenher auch ziemlich fasziniert. Ich hatte eine angenehme, kurzweilige Lektüre und habe mich trotz meiner Kritikpunkte sehr gut unterhalten gefühlt.

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