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Veröffentlicht am 11.08.2021

Heftig

Keine Ruhe in Montana
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Eigentlich hat sich Dave Robicheaux mit seiner Frau Molly und Kumpel Clete nach Montana zurück gezogen, um endlich etwas zu entspannen und Abstand zu bekommen zu den erschütternden Ereignissen rund um ...

Eigentlich hat sich Dave Robicheaux mit seiner Frau Molly und Kumpel Clete nach Montana zurück gezogen, um endlich etwas zu entspannen und Abstand zu bekommen zu den erschütternden Ereignissen rund um Hurrikan Katrina. Gleich zu Beginn gerät Clete allerdings mit den zwielichtigen Sicherheitsleuten eines exzentrischen Millionärs aneinander, die ihm immer wieder über den Weg laufen und ihn provozieren. Als später auch noch mehrere brutale Morde in der Nähe passieren stecken die Freunde schnell tief im Sumpf, jeder auf seine Weise.

Detectiv Dave Robicheaux bevölkert bereits 23 Thriller des hoch dekorierten Autors James Lee Burke, dieses Buch ist Band 17. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass man das Buch gut einzeln lesen kann, allerdings hab ich schon des Öfteren Hintergründe vermisst, die mir die anderen Bücher geliefert hätten. Besonders zu den Figuren und ihrer Intention Dinge so zu tun, wie sie sie tun fehlen hier dann doch einige Details. Aber selbst schuld, wenn man immer quer in eine Reihe einsteigt.

Mit Lektüre der Vorgängerbücher wäre vielleicht auch meine Rezension zum Buch anders ausgefallen. Vielleicht käme ich dann besser klar mit der derben Sprache, den Kraftausdrücken, der sinnlos brutalen Gewalt, dem offenkundigen Sexismus, oder auch mit den verwendeten Stereotypen und Klischees. Vielleicht wäre ich dann aber gar nicht bis zu Band 17 gekommen.

Zweifelsohne ist der Autor, zu Recht, ein Meister seines Fachs. Was er hier sprachlich abliefert ist groß, kein Wunder also, dass die geschaffenen Bilder 571 Seiten füllen. Seine Figuren sind speziell, vielschichtig, aber leider auch durch die Bank weg unsympathisch. Eigentlich mag man sich gar nicht vorstellen, dass es solche Menschen im wahren Leben gibt, obwohl man es natürlich besser weiß. Einziger Lichtblick die wunderbare Nebenfigur Candace, die so herrlich naiv an das Gute im Menschen glaubt, leider aber damit wieder so ein Klischee bedient, dass es weh tut beim lesen.

Die Geschichte, ebenso die Figuren spiegeln genau das negative Bild, dass man oft mit Amerika in Verbindung bringt. Wer Geld hat hat Macht, kann sich alles erlauben, steht über dem Gesetz. Wer Gerechtigkeit will, nimmt diese selbst in die Hand, wobei der Satz "Auge um Auge, Zahn um Zahn" durchaus wörtlich zu nehmen ist. Oft fühlt man sich beim lesen in einen dieser uralten Western zurück versetzt, nur das man hier leider gar nicht weiß, wer am Ende die Guten sind.

Ich würde dieses Buch durchaus als Männerbuch charakterisieren. Es strotzt, genau wie seine Protagonisten nur so vor Testosteron, Frauen spielen nur als schmückendes Beiwerk, oder Opfer eine Rolle. Obwohl ich absolut nicht zartbesaitet bin hab ich mehr als einmal geschluckt angesichts der Gewaltbereitschaft und -verherrlichung. Wahrscheinlich habe ich aber einfach nicht verstanden, was der Autor versucht hat zu sagen. Wer weiß.

Über die Bewertung habe ich mir ziemlich lange Gedanken gemacht. Einerseits will ich authentisch wiedergegeben, wie das Buch als Einzelnes auf mich gewirkt hat, andererseits will ich dem Autor nicht Unrecht tun. Vielleicht war ich einfach nicht die richtige Leserin für James Lee Burke, aber damit kann ich leben. Geschmäcker sind schließlich und zum Glück verschieden. Darum am Ende auch drei, statt nur zwei Sterne.

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Von der Vergangenheit eingeholt

Ostseeschmerz
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Greta Silber ist die Protagonistin im bereits vierten Band der Ostseereihe von Elias Haller. Das Besondere hier, Greta ist eine Krimi schreibende Kommissarin und bekommt es neben den Verbrechen in ihren ...

Greta Silber ist die Protagonistin im bereits vierten Band der Ostseereihe von Elias Haller. Das Besondere hier, Greta ist eine Krimi schreibende Kommissarin und bekommt es neben den Verbrechen in ihren Büchern auch immer wieder mit realen Verbrechen in Berührung. Oft sogar Mord, wie in diesem Fall. Das prekäre an der Sache, gerade erst einen Tag vorher war die Tote aus der Sauna auf einer Lesung zu Gretas neuem Krimi und wollte unbedingt mit ihr über eine eigene Buchidee sprechen. Greta und ihr Kollege Hardy ermitteln, denn schnell steht fest, es war kein Unfall, sondern Mord.

Ich kenne bereits mehrere Bücher und unterschiedliche Ermittlerfiguren von Elias Haller. Wie auch in seinen anderen Büchern gibt er seiner Hauptfigur eine Besonderheit mit auf den Weg, in diesem Fall die Kommissarin, die Krimis schreibt. Schmunzelnd könnte man nun fragen, ob der Autor vielleicht selbst gern Polizist geworden wäre.

Obwohl das Buch bereits das vierte ist, kann man es gut ohne Vorkenntnisse lesen, mir hat nicht wirklich etwas an Hintergundinformationen gefehlt. Die Figuren sind sympathisch, aus dem Leben und harmonieren gut miteinander. Ich habe das Buch an einem Sonntag weggelesen, der Spannungspegel ist jetzt vielleicht nicht genauso hoch wie bei Donner und Frost, aber das passt wiederum gut zum Charakter und der Arbeitsweise der Figuren. Wilde Verfolgungsjagden hätten mich hier eher verwirrt.

Im Prolog wird der Leser in die Vergangenheit mitgenommen, auch hier, zu Zeiten der ehemaligen DDR wird der Leser Zeuge eines Verbrechens. Im Zuge der Ermittlungen kommen dann nach und nach die Zusammenhänge zu Tage. Elias Haller schafft es gut gleich mehrere Verbrechen, auf unterschiedlichen Zeitebenen miteinander zu verbinden. Die Auflösung zeigt die Abgründe im Menschen auf erschreckende Weise, allerdings war ich letzendlich vom Täter vollkommen überrumpelt. Die Enden führen rückblickend logisch zusammen, auch wenn das Finale ein klein wenig konstruiert wirkt.

Wiedereinmal bin ich mittendrin in eine Reihe eingestiegen und muss mich jetzt natürlich schleunigst auf den aktuellen Stand bringen, da sicher bald das nächste Buch des Autors erscheint. Obwohl sich das Tempo hier deutlich von dem anderer Bücher von Elias Haller unterscheidet mochte ich Story und Charaktere gern und werde sie weiter verfolgen. Ich liebe atemberaubende Spannung, aber ein gut gemachter Krimi kann mich genauso begeistern.

Sollte ich das Buch charakterisieren, würde ich es wohl am ehesten in die Schublade klassischer Tatort stecken und das meine ich durchaus positiv, denn ich kann mir das Team Silber und Finkel gut an einem Sonntagabend im TV vorstellen. Dafür dürften dann auch gerne meine GEZ Gebühren genutzt werden.

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Hinter der Fassade

Eine perfekte Ehe
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Zach, milionenschwerer Geschäftsmann ist vor kurzem mit Frau und Sohn nach New York gezogen. Während er seine Zeit im Büro verbringt, freundet sich Amanda mit zwei Frauen aus der Nachbarschaft an. Nach ...

Zach, milionenschwerer Geschäftsmann ist vor kurzem mit Frau und Sohn nach New York gezogen. Während er seine Zeit im Büro verbringt, freundet sich Amanda mit zwei Frauen aus der Nachbarschaft an. Nach Außen hin scheint jede der Freundinnen eine perfekte Ehe zu führen, doch perfekt ist hinter der roten Backsteinfassade der Brooklyner Brownstone Häuser eigentlich gar nichts und schließlich führt das zu einem Mord.

Das Buch erzählt seine Geschichte auf mehreren Ebenen. Der Leser begleitet Anwältin Lizzi in den Tagen nach dem Mord bei ihrer Arbeit, in ihrer Ehe und bei der Spurensuche, um Zachs Unschuld zu beweisen. Im Kontrast dazu erleben wir Amandas Tage vor dem Mord in Rückblenden. Lizzis Abschnitte sind dabei, anders als die um Amanda, in der Ich Form geschrieben. Eingestreut in die beiden Zeitstränge sind Vernehmungsprotokolle und Berichte über eine Cyber Attacke in einer anderen Schriftform.

Der Schreibstil der Autorin ist gut zu lesen, für einen Thriller aber unaufgeregt und eher auf unterschwellige Spannung gerichtet. Bei über 500 Seiten kann es da schon mal ein paar Längen geben. Über weite Strecken hinweg füttert die Autorin ihre Leser an, um dann nur ganz spärliche Hinweise, oder neue Erkenntnisse einzustreuen. Mich selbst hat das zuerst gar nicht wirklich gestört, konnte sich so doch mein Hirn die wildesten Theorien überlegen, je mehr es aber auf das Ende zuging fand ich diese Taktik leicht frustrierend.

Tatsächlich bildet sich relativ am Anfang eine Erwartungshaltung an das Buch. Aufgrund der Konstellation und der vermeintlichen Ähnlichkeiten z.B. zu "Gone Girl", glaubt man zu wissen in welche Richtung sich das Buch entwickelt. Die Autorin setzt hier sicher ganz bewusst auf diese Parallelen und schafft es dann, durch ihre eingebauten Wendungen, dass der Leser wieder bei Null steht. Leider hat sie, für meine Begriffe, hier etwas übertrieben und einfach zu viele Twists eingebaut. Letztlich fühlte ich mich an "Desperate Housewives" erinnert, wo innerhalb einer kleinen, begrenzten Gruppe so viele Themen eingebaut werden,dass am Ende die Glaubwürdigkeit darunter leidet. Eine Zeitlang ist das ganz amüsant, später wird es aber irgendwann anstrengend.

Für mich hat die Autorin viel zu viel Energie in die Ausarbeitung ihrer Wendungen gesteckt und diese Energie hat den Figuren am Ende gefehlt. Jede von ihnen bleibt flach und oberflächlich, selbst über Amanda, die sogar Tagebuch führt erfährt man nur wenig und das auch erst zur Auflösung hin. Möglicherweise nutz die Autorin das aber auch als Stilmittel, um den Effekt zu verstärken, dass man eben nicht hinter die Fassade sehen kann, dass Menschen uns nur das von sich sehen lassen, was sie wollen das wir sehen. Die Auflösung der Geschichte wird dann im Vergleich zum Rest recht flott erzählt, wobei einige lose Enden und Ungereimtheiten für mich bleiben. Ich empfand das Ende fast etwas zurechtgebogen, damit es dann rückblickend zur Story passt.

Ein durchaus unterschwellig spannender Roman, im Ansatz sicher auch Thriller, den man schnell weglesen kann und der es schafft einen zu überraschen, wenn man über kleine Ungereimtheiten hinwegsieht. Für mich ein Buch, dass mit der richtigen Besetzung, besser als Verfilmung funktionieren könnte.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Ermittler mit dunkler Seite

Hundstage für Beck
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Die Hitze hat die Gegend um Hamburg fest im Griff, Hundstage nennt der Volksmund diese Hitzeperiode. Auch der heruntergekommene Polizist Nick Beck leidet darunter doch nicht nur die Hitze macht ihm zu ...

Die Hitze hat die Gegend um Hamburg fest im Griff, Hundstage nennt der Volksmund diese Hitzeperiode. Auch der heruntergekommene Polizist Nick Beck leidet darunter doch nicht nur die Hitze macht ihm zu schaffen. Beck hat noch immer nicht den Tod einer Kollegin verarbeitet und versucht sich nun erfolglos mit Alkohol zu betäuben. Das bleibt nicht ohne Folgen und auf einer nächtlichen Alkoholfahrt überfährt er eine junge Frau.

Der Autor zeigt eine sehr spezielle Hauptfigur, innerlich taub nach den dramatischen Ereignissen, traumatisiert, alkoholabhängig, voll mit Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen, aber immer noch fähig taktisch zu denken und zu analysieren. Eigentlich eine Figur mit der der Leser Mitleid haben könnte, aber dafür ist sie einfach zu unsympathisch. Nick Beck ist nicht daran gelegen sympathisch zu sein, sein ganzes Handeln ist auf Alleingang programmiert und Hilfe ist nur erwünscht, wenn sie seinen Zwecken dient.

An sich mag ich solche verkorksten Figuren sehr gern, aber wie schon gesagt, Beck macht es einem nicht einfach ihn zu mögen. Die oft fragwürdigen Entscheidungen, die der Autor seine Figur treffen lässt passen für mich nicht in das Bild eines "typisch" deutschen Kriminalbeamten. Wäre die Story in den USA angesiedelt, hätte ich damit wahrscheinlich überhaupt kein Problem, auch wenn das jetzt sehr nach Vorurteilen klingt.

Der Autor hat eine Story kreiert, die als Serie angelegt ist, bezogen auf den traumatischen Fall, an dem Beck vor seinem Absturz gearbeitet hat. Hierzu gibt es im Epilog eine spannende Überleitung, die Lust auf das zweite Buch macht. Hier im ersten Band bildet sie eher den Rahmen für den Fall um die überfahrene junge Frau und gibt der Figur Beck ihre Substanz. Mir ist der Einstieg in die Geschichte gut gelungen, der Autor schafft ein spannendes Setting mit einer logisch aufgebauten Geschichte. Manche Nebenschauplätze sind dann aber vielleicht wieder etwas drüber. Einen Teil der Handlung errät der Leser im Verlauf, der Täter hat sich mir erst kurz vor Schluss offenbart. Der Showdown kam dann relativ schnell und hat mich ein wenig unbefriedigt zurück gelassen, aber mit der Option, dass hier im nächsten Buch nochmal angeknüpft wird. Mir ging es hier ähnlich wie Becks LKA Kollegin Cleo Torner, zu viele kleine Ungereimtheiten.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Vorhersehbar

Fata Morgana
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Miss Marple wird von der Schwester einer Freundin auf geheime Mission geschickt, sie soll ein Auge auf die betuchte Dame haben. Irgendwie wird ihre Schwester das Gefühl nicht los, sie könnte in Gefahr ...

Miss Marple wird von der Schwester einer Freundin auf geheime Mission geschickt, sie soll ein Auge auf die betuchte Dame haben. Irgendwie wird ihre Schwester das Gefühl nicht los, sie könnte in Gefahr schweben. Schon kurz nach ihrer Ankunft lernt Miss Marple ein kompliziertes Geflecht von Mitbewohnern im Haus der Freundin kennen und bald kommt es zu einem besorgniserregenden Zwischenfall und natürlich zu einem Mord.

Agatha Christie inszeniert hier wieder eines ihrer Kammerstücke. Eine Anzahl von Personen, in diesem Fall verwirrend viele, treffen in einem englischen Landsitz aufeinander und es geschieht ein Mord. Im Zuge der Ermittlungen kommen dann Geheimnisse und Verstrickungen ans Tageslicht, von denen Einige etwas mit dem Verbrechen zu tun haben, Andere wiederum eher als Ablenkungsmanöver dienen. Mittendrin, als Konstante und Ruhepol, Miss Marple in gewohnter Manier.

In diesem Roman hat der Leser leider von Anfangan das Gefühl einer Inszenierung beizuwohnen. Diese Inszenierung ist natürlich gewollt und wichtiger Bestandteil des Buches, allerdings ist sie mir zu konstruiert und gewollt, der Leser wird quasi mit der Nase darauf gestoßen und somit ist der Täter und auch das grobe Motiv relativ schnell klar. Ein wenig hat das mein Lesevergnügen getrübt, liebe ich es doch mit zu kriminalisieren. Die vielen Figuren und ihre privaten Verwicklungen sind ebenso verwirrend, wie die komplizierten Familienverhältnisse. Agatha Christie hat es hier wohl sehr gut gemeint um möglichst viele Tatverdächtige ins Spiel zu bringen.

Die Originalausgabe ist von 1958, man merkt dem Text natürlich sein Alter an, er strotzt von Vorurteilen gegenüber Allem, was nicht Englisch ist. Man muss allerdings den Alltagsrassismus im Kontext sehen, heute würde ein Autor da sicherlich einen ziemlichen Shitstorm erleben. Aber auch Vorurteile innerhalb der englischen Gesellschaft kommen zu Tage, der Snobismus der englischen Upper class gegenüber allem ohne Stammbaum und Familienvermögen ist zeitgeschichtlich gesehen authentisch. Hier zeigt dich wiedereinmal, was für eine exzellente Beobachterin Agatha Christie war, sie spiegelt Eins zu Eins die Verhältnisse ihrer Zeit.

Der Roman zeigt einige Schwächen, zählt mit Sicherheit nicht zu ihren Besten, ist aber trotzdem aus dem Gesamtwerk der Autorin nicht wegzudenk und wurde sogar im Zuge der Miss Marple Serie verfilmt.

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