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Veröffentlicht am 04.08.2018

Ein Wirbelwind

Blanca
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„Ich möchte, dass einmal im Leben ein Gedankengang nicht mit einer Frage, sondern mit einer Antwort endet.“

Blanca ist erst fünfzehn als sie beschließt, abzuhauen. Weg von ihrer Mutter, die es nie länger ...

„Ich möchte, dass einmal im Leben ein Gedankengang nicht mit einer Frage, sondern mit einer Antwort endet.“

Blanca ist erst fünfzehn als sie beschließt, abzuhauen. Weg von ihrer Mutter, die es nie länger als ein paar Wochen an einem Ort aushält. Weg von ihrem bisherigen Leben, das aus genau einer kleinen Tasche bestand. Aus wechselnden WG-Zimmern, Essenresten, neuen Schulen. Und sie möchte fort aus Deutschland. Zurück an den einzigen Ort, der für sie je eine heile Kindheit bedeutet hat – zu Karl und dessen Sohn Toni in Italien, mit denen sie und ihre Mutter sechs Jahre zuvor einen Sommer verbracht haben. Und so startet Blanca allein mit nur ihrer kleinen Tasche im Gepäck auf einen Roadtrip, auf der Suche nach einem Zuhause.

Ich konnte dieses Buch kaum aus der Hand legen. Aus Blancas Sicht geschrieben, liest es sich nicht immer wie von einer fünfzehnjährigen geschrieben, bleibt aber noch im realistischen Rahmen. Der Schreibstil ist vielfältig und bunt, teils auch etwas sarkastisch. Mir gefielen die verschiedenen Begegnungen, die Blanca auf ihrer Reise hatte. Sowohl negative als auch positive sind dabei, wobei ich keine davon unrealistisch fand. Sie wird über den Tisch gezogen und gezwungen, früh erwachsen zu werden. Man merkt, wie Blanca sich dadurch im Laufe ihrer Reise weiterentwickelt und einen Teil ihrer Naivität ablegt. Mit der Zeit scheint sie trotz allem auch eine Art Sympathie für ihre Mutter und deren innere Kämpfe zu entwickeln. Das Ende bleibt offen, mit der nötigen Portion an Zuversicht – und hat mir gerade deswegen sehr zugesagt.

Veröffentlicht am 30.07.2018

Ein wunderbarer, teilweise etwas (zu) kitschiger historischer Roman

Der englische Liebhaber
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„Heute weiß ich auch, dass wir Frauen nie mehr diejenigen geworden sind, die wir vor dem Krieg waren. Frauen, die sich wochenlang mit Schwielen an den Händen, Blasen an den Füssen und steifen Gelenken ...

„Heute weiß ich auch, dass wir Frauen nie mehr diejenigen geworden sind, die wir vor dem Krieg waren. Frauen, die sich wochenlang mit Schwielen an den Händen, Blasen an den Füssen und steifen Gelenken einen Weg durch den Schutt freigeschaufelt hatten, die sich Lumpen statt Monatsbinden in den Schlüpfer stopfen mussten – solche Frauen lassen sich nicht mehr bevormunden. Es gibt eine Redensart: Der Krieg stärkt die Nylonstrümpfe und die Frauen. Und sollten wir dir am Ende noch danken, Adolf, du Hurensohn?“

Ich habe dieses Buch förmlich verschlungen. Federica de Cesco führt uns ins Münster der Nachkriegszeit: eine zerstörte, zerbombte Stadt. Die junge Anna arbeitet als Übersetzerin bei der britischen Besatzungsmacht. So lernt sie Jeremy kennen, einen englischen Spion. Die beiden kommen sich näher. Doch eines Tages verlässt Jeremy Münster, und Anna hört nichts mehr von ihm. Sie bleibt fortan alleine zurück, doch sie erwartet ein Kind. Und so nimmt die Geschichte seinen Lauf. Anna, die „Britenschlampe“ mit einem unehelichen Kind. Ihr Leben alles andere als einfach. Charlotte, ihre Tochter, wächst als Schlüsselkind auf und erfährt viel Hass und Zurückweisung.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und das Buch ist spannend geschrieben. Die Beschreibungen der Nachkriegszeit und auch des zweiten Weltkriegs fand ich wirklich einprägsam. Anna ist eine starke Frau, die im Leben viel einstecken musste. Besonders ihre Liebe und die Geduld zu der störrischen, vom Leben enttäuschten Tochter fand ich sehr eindrucksvoll beschrieben. Die Liebesgeschichte war mir zum Teil etwas zu kitschig geraten, deshalb gibt es von mir einen halben Punkt Abzug. Dennoch ein wirklich gutes Buch, das ich sehr empfehlen kann.

Veröffentlicht am 25.07.2018

Interessante Überlegungen, jedoch langatmig mit vielen Wiederholungen

Der emotionale Rucksack
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All unsere bisherigen Erlebnisse, die wir nicht oder nur wenig verarbeitet haben, tragen wir wie in einem Rucksack mit uns herum: der „emotionale Rucksack“. Erstmal ein anschaulicher Gedanke, der irgendwie ...

All unsere bisherigen Erlebnisse, die wir nicht oder nur wenig verarbeitet haben, tragen wir wie in einem Rucksack mit uns herum: der „emotionale Rucksack“. Erstmal ein anschaulicher Gedanke, der irgendwie einleuchtet. Darum geht es in Vivian Dittmars Buch. Der Gedanke an sich ist nicht neu. Wie heißt es doch so schön, „jeder hat sein Päckchen zu tragen“. Dittmar selbst ist „anerkannte Querdenkerin zum Thema emotionale Kompetenz“. Sie scheint eine Art Psychologin zu sein, wobei sie jedoch keine universitäre Ausbildung zu haben scheint, da sie früh erkannt hat, dass sie das, was sie lernen will, nicht an Universitäten reicher Industrienationen lernen kann (gemäß http://viviandittmar.net/person/).

Das Buch besteht aus drei Teilen. Der erste Teil erklärt die Grundlagen: was füllt unseren Rucksack, wie funktioniert emotionale Aktivierung? Hier gibt es einige seltsam anmutende Erklärungen, zum Beispiel definiert Dittmar hier scheinbar willkürlich Emotion als nicht gefühltes Gefühl aus der Vergangenheit („emotionale Altlast“), im Gegensatz zu einem Gefühl. Manche Aussagen leuchten auch ein.

Teil zwei erklärt bzw. lehrt einen bewussten Umgang mit unseren Altlasten und unserem Rucksack. Hier wird erklärt, wie die emotionale Aktivierung als Chance genutzt werden kann, die Altlasten abzubauen und somit den Rucksack zu erleichtern. Es werden verschiedene Übungen erklärt, um eine „bewusste Entladung“ zu praktizieren bzw. emotionale Aktivierungen, die im Alltag auftreten, zu nutzen um diese Gefühle zu verarbeiten. Das mag vielleicht verrückt klingen, wenn man sich mit dem Thema nicht beschäftigt hat, scheint aber nach dem Lesen des Buches tatsächlich einleuchtend.

Im dritten und letzten Teil wird die emotionale Hygiene erklärt. Das Ziel wäre nämlich, den Rucksack regelmäßig über bewusste Entladungen zu „leeren“ und leicht zu halten, so wie wir uns auch regelmäßig um unsere Körperhygiene kümmern. Auch hier bin ich wieder über zum Teil fragwürdige Aussagen gestolpert. Meint Dittmar doch (S.180): „(…) sind die vielen Infektionen, die sich ausbreiten, weil unser Immunsystem durch mangelnde emotionale Hygiene geschwächt ist.“ Für einen Mediziner eine unglückliche Aussage, welche ohne zugehörige Referenz im Buch zu finden ist. Dennoch war dieser Teil bei weitem der hilfreichste. In „Gefühle als Kraft“ wird erklärt, wie man Gefühle auch positiv nutzen kann. Diesen Teil fand ich sehr anschaulich und hilfreich. Auch zum Umgang mit anderen Menschen in „aktiviertem Zuständen“ konnte ich viel für den Alltag lernen.

Insgesamt fand ich den Ansatz interessant. Das Buch war für mich jedoch sehr schwer zu lesen, es gab viele Wiederholungen und insgesamt fehlte mir der rote Faden ein bisschen, obwohl es immer wieder „Merkkästen“ am Seitenrand gibt. Diese erleichtern zwar das Lesen, jedoch war es trotzdem oft schwierig sich zu orientieren. Nichtsdestotrotz würde ich sagen, dass sich das Lesen gelohnt hat. Insgesamt gibt es von mir leider nur drei Sterne.

Veröffentlicht am 07.07.2018

Viel Warenkunde und Allgemeines, verhältnismäßig wenige Rezepte

Naturnahes Kochen – einfach, gut, gesund
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In „Naturnahes Kochen“ erklärt Erwin Seitz, wie seiner Meinung nach die heutige Küche aufgebaut sein sollte. Das Buch ist wunderschön liebevoll gestaltet und qualitativ hochwertig verarbeitet. Der farbenfrohe ...

In „Naturnahes Kochen“ erklärt Erwin Seitz, wie seiner Meinung nach die heutige Küche aufgebaut sein sollte. Das Buch ist wunderschön liebevoll gestaltet und qualitativ hochwertig verarbeitet. Der farbenfrohe Einband macht Lust, in das Buch hineinzuschnuppern. In knapp hundert Seiten erläutert Seitz einerseits, was er genau mit „Naturnahem“ Kochen meint, und gibt eine Warenkunde über diverse Produkte. Sein Credo ist „einfach, gut und gesund“. Küche soll überwiegend pflanzlich und regional sein, jedoch unterstützt er Bewegungen wie Vegetarier oder Vegan nicht, ebenso wenig die steinzeitliche Ernährungsweise. Diese sind ihm zu einseitig. Dennoch, und das lese ich gerne, hat gemäß ihm das Fleisch und der Fisch den Vorrang auf dem Teller verloren, „es herrschen eher demokratische Verhältnisse auf dem Teller“. Im Teil „Warenkunde“ wird verschiedenes über Milchprodukte, Obst, Hülsenfrüchte, Getreide, Fleisch und Fisch erläutert. Dieser Teil ist sehr schön aufgebaut und ich konnte einige neue Fakten mitnehmen. Mit manchem war ich allerdings nicht ganz einverstanden. Zum Beispiel wird hier empfohlen, täglich zwei verschiedene Obstsorten zu essen, was meiner Meinung nach ein zu niedrig gestecktes Ziel ist. Dennoch ist dieser Teil sehr gelungen.

Der Rezeptteil umfasst dann knapp 110 Seiten bzw. 24 Rezepte. Auch hier sind viele hochwertige Bilder eingestreut. Mit Zutaten wie Jakobsmuscheln, Weißtannenhonig oder Saibling-Kaviar werden hier durchaus exotische, nicht unbedingt „naturnahe“ Zutaten verwendet. Hier wird das Kocherlebnis etwas geschmälert, da man zu diesen Zutaten nur bedingt Zugriff hat.

Insgesamt eine sehr schöne Idee, mit einer hochqualitativen Umsetzung, jedoch hätte ich mir mehr Rezepte gewünscht, die für den Durchschnittsbürger auch wirklich „naturnah“ oder „näher am Menschen“ sind.

Veröffentlicht am 19.06.2018

Zurück in die Achtziger

Billy Marvins Wunderjahre
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Eine Kleinstadt in New Jersey, 1987. Billy Marvin ist vierzehn. Zusammen mit seinen zwei besten Freunden beschließt er, das Playboy Magazin mit Vanna White, der „schönsten Frau der Welt“, irgendwie in ...

Eine Kleinstadt in New Jersey, 1987. Billy Marvin ist vierzehn. Zusammen mit seinen zwei besten Freunden beschließt er, das Playboy Magazin mit Vanna White, der „schönsten Frau der Welt“, irgendwie in seinen Besitz zu bringen. Legal kaufen ist keine Option, dafür sind sie zu jung. Und so schmieden sie Plan um Plan, um daran heranzukommen. Mit jedem gescheiterten Plan wird es ein bisschen exzentrischer. Abgesehen davon verbringt Billy die meiste Zeit damit, ein Computerspiel zu schreiben, um damit an einem Wettbewerb teilzunehmen. Durch eine Aktion für das Playboyheft lernt er schließlich Mary kennen, und die beiden beginnen, zusammen an dem Spiel zu arbeiten…

Das Buch ist hochwertig verarbeitet mit einem schönen Einband und einem noch tollerem Lesebändchen – das allein macht Lust auf mehr. Rekulak schreibt sehr unterhaltsam, so dass ich das Buch am liebsten in einem Rutsch durchgelesen hatte! Sofort fühlte ich mich in die Achtzigerjahre versetzt. Viele kleine Details aus den Achtzigern werden liebevoll in der Geschichte platziert. Das Buch wird aus der Sicht von Billy erzählt. Typische Alltagsprobleme wie Schulnoten, Hausaufgaben und Eltern wechseln sich ab mit dem Lernen von Code, nächtlichen Ausflügen und der ersten Liebe, mit überraschenden Wendungen. Ein gelungener Coming of Age Roman, der einen in eine andere Zeit (zurück)versetzt.