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Veröffentlicht am 15.09.2018

Ein vielversprechendes Debüt einer neuen Krimireihe

Der Schmetterling
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Hudiksvall, Nordschweden: Henna, die Frau eines Fußballstars öffnet am Heiligabend dem Weihnachtsmann die Tür, sie ist im Glauben, es sei ihr Ehemann Måns Sandin. Ein fataler Irrtum, denn er tötet sie ...

Hudiksvall, Nordschweden: Henna, die Frau eines Fußballstars öffnet am Heiligabend dem Weihnachtsmann die Tür, sie ist im Glauben, es sei ihr Ehemann Måns Sandin. Ein fataler Irrtum, denn er tötet sie während ihre Kinder dabei zusehen müssen.

Kommissar Johan Rokka ist nach zwanzig Jahren in Stockholm wieder in seiner Heimatstadt Hudiksvall. Måns, der Ehemann der getöteten Frau war ein Bekannter aus seiner Jugendzeit. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, denn zu den Verdächtigen zählen Freunde von früher. Als ein zweiter Mord geschieht, steht Rokka unter Druck, kennt er den Mörder und wird es weitere Opfer geben?


Dieser Krimi lässt sich flüssig lesen, die Spannung ist am Anfang noch extrem hoch, lässt aber im weiteren Buchverlauf etwas nach.

Mit der winterlichen Stimmung im dunklen und verschneiten Hudiksvall sorgt die Autorin für authentisches Krimifeeling, der zum schrecklichen Mordgeschehen passt. Der Fall weitet sich allmählich immer weiter aus, die Ermittlungen führen bis nach Italien und ein neues Mordopfer weist in die Pferdewettszene.


Der Ermittler Johan Rokka kehrt nach langer Abwesenheit zurück in seine Heimat. Immer noch nimmt ihn eine alte Geschichte mit schlechten Erinnerungen mit. Das Geschehen wird mehr oder weniger angedeutet. Rokka ist direkt und locker, trotzdem nicht gerade ein sympathischer Typ, doch als Kommissar ist er sehr fähig und gibt alles. Seine Kollegin Janna Weissman ist sportbegeistert, etwas distanziert und schwer zu durchschauen. Insgesamt sind alle Charaktere authentisch und übersichtlich gezeichnet.


Die Handlung erweist sich immer komplexer, je mehr Rokka die Verknüpfungen zu den Mordopfern herstellt. Irgendwie hängt hier eine Vielzahl von Personen mit den Fällen in Verbindung

Dadurch kann man die Hintergründe auch recht schwer erkennen. Die Hauptspur ist ein ominöser Schmetterling, der mit großzügigen Überweisungen an Henna in den Augenmerk der Polizei rückt.


Die anfänglich sehr hohe Spannung setzt sich leider nicht in dem Maße weiter fort. Erst zum Ende hin gibt es wieder einen Anstieg in der Spannungskurve und die vielen Erzählstränge werden logisch verbunden. Sprachlich konnte mich der Krimi mit bildhaften Beschreibungen fesseln.


Ein vielversprechendes Debüt einer neuen Krimireihe, die mit einem interessanten Ermittler und dem schwedischen Winter für eiskalte Grundstimmung sorgt.

Veröffentlicht am 06.09.2018

Macht, Intrigen und Pest im Mittelalter

Die Eifelgräfin
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1147 teilen sich drei Männer im Heiligen Land ein Beutestück und schwören sich ewige Verbundenheit und Treue.

200 Jahre später wird Elisabeth von Küneburg auf die Eifelburg Kempenich in die Obhut des ...

1147 teilen sich drei Männer im Heiligen Land ein Beutestück und schwören sich ewige Verbundenheit und Treue.

200 Jahre später wird Elisabeth von Küneburg auf die Eifelburg Kempenich in die Obhut des befreundeten dortigen Grafen gegeben. Ihr Vater befürchtet eine Familienfehde auf seiner eigenen Burg. Sein Stiefbruder stellt Ansprüche auf den Besitz und den Grafentitel.
Elisabeths Magd Luzia, Tochter eines freien Bauern, begleitet sie dorthin. Überrascht stellen sie fest, daß sie beide ein Teil eines alten Amulett s besitzen. Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich eine Freundschaft. Doch dann hält die Pest Einzug und eine schwere Zeit beginnt.


In diesem Roman wird das Burgfräulein Elisabeth von Küneburg in den Mittelpunkt gestellt. Dadurch lernt man die für die adlige Frau damals übliche Ausbildung kennen, wozu gutes Benehmen, Lesen und Schreiben und natürlich Sticken gehören. Man erkennt die totale Abhängigkeit der jungen Frau von ihrer Familie oder ihrem zukünftigen Gemahl. Elisabeth ist allerdings eine etwas sture Person, die jedoch nicht durch Standesdünkel auffällt, sondern dem Personal respektvoll gegenüber tritt und sogar ihrer Magd Luzia Schreiben beibringt.

Petra Schier zeigt in ihrem sehr bildhaften Erzählstil eine bunte Beschreibung des damaligen Lebens auf einer Burg. Ich fühlte mich wie in ein Mittelalterspektakel versetzt, so deutlich sah ich die Gaukler, Bewohner und das Gesinde vor mir. Auch die Örtlichkeiten kann man sich gut vorstellen und bekommt einen umfassenden Eindruck des Lebensalltags präsentiert.

Die Handlung ist gut recherchiert, sie kommt erst langsam in Gang, zieht dann aber gewaltig an und endet in einem sehr spannenden Ende.
Auch der Ausbruch der Pest ist sehr eindrucksvoll dargestellt, die Krankheit wütet und hinterlässt viele Tote und Chaos unter den Menschen. Die Ängste und die Hilflosigkeit der Menschen sind eindringlich beschrieben, sie berühren mich und zeigen die schwierige Situation der Bevölkerung zur damaligen Zeit klar auf.

Zu den historischen Darstellungen baut die Autorin eine mystische Note ein, das Amulett soll außergewöhnliche Kräfte besitzen. Das mag aus heutiger Sicht merkwürdig wirken, aber damals glaubten die Menschen an die Wirkung von heiligen Reliquien und auch heute werden diese in Kirchen verehrt.
Die obligatorische Liebesgeschichte, die zunächst aussichtslos erscheint und die bösen Widersacher machen diesen Roman zu einer runden Sache.


Ein schöner historischer Roman, der auch schon mit den Fortsetzungsbänden Die Gewürzhändlerin und Die Bastardtochter von der Autorin weiter geführt wurde. Diese Reihe sorgt für gute Unterhaltung und versetzt in eine andere Zeit. Wirklich empfehlenswert!

Veröffentlicht am 06.09.2018

Der schwarze Tod geht um

Der Pestreiter
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Trier 1652: Auch vier Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg kommen die Menschen in Kurtrier nicht zur Ruhe. Der Pestreiter verbreitet Angst und Schrecken, angeblich bringt er die Pest zurück.
Um die Krankheit ...

Trier 1652: Auch vier Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg kommen die Menschen in Kurtrier nicht zur Ruhe. Der Pestreiter verbreitet Angst und Schrecken, angeblich bringt er die Pest zurück.
Um die Krankheit zu bekämpfen, versuchen mutige Männer wie der Heiler Bendicht und sein Neffe Urs ein Heilmittel zu finden und dazu begeben sich inmitten der Infizierten.
Auch Karl Kaspar von der Leyen, Kurfürst und Erzbischof möchte, dass seine durch den Krieg und Hungersnöte stark dezimierte Einwohnerschaft nicht auch noch durch die Pest dahingerafft wird.

Dieser Roman zeigt das Leben und Arbeiten der einfachen Leute, dafür stehen die Protagonistin Susanna und ihr Freund Urs mit seiner Familie. Aber auch die Interessen der Adligen und des Klerus werden anschaulich gezeigt. So ist es dem Kurfürsten ein besonderes Anliegen, die Pestkranken von den Gesunden zu trennen, um eine Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Aber auch die Beschaffung einer bedeutenden Reliquie soll Gläubige von fern anziehen und damit den Wert Kurtriers attraktiver machen.

Deana Zinßmeister gelingt es sehr eindrucksvoll, die Schrecken und Probleme der damaligen Zeit einzufangen. Zu den einfachen Lebensverhältnissen machten den Menschen unheilbare Krankheiten wie die Pest zu schaffen und auch unter der Hexenverfolgung litten unbescholtene Bürger, die von neidischen Nachbarn denunziert wurden. Hier gab es keine objektiven Prozesse, oft wurde unter Folter ein Geständnis erpresst.

Im Mittelpunkt steht die Liebesgeschichte von Susanna und Urs, die unter einigen Widerständen zu leiden hat. Wie sie schliesslich zusammenfinden, macht den eigentlichen Reiz aus.

Mir hat nicht so gut gefallen, wie die Figur der Susanna als einfache Frau über finanzielle Mittel verfügte, die es ihr ermöglichten, eine eigene Wohnung zu nehmen. Das war damals sicherlich alles andere als normal. Auch wirkt Susanna auf mich schon recht emanzipiert und das passt nicht so gut zu einer Frau im Mittelalter.

Die Geschichte baut sich auf der Grundlage mehrerer Handlungsstränge auf, die man erst allmählich genau zuordnen kann. Von wem gerade die Rede ist, wird häufig erst im Konsens der Handlung klar.
Dennoch hat mir die Geschichte gefallen und besonders die Mischung aus Aberglauben, herrschenden Denkweisen und der Angst vor dem schwarzen Tod verleihen dem Roman eine authentische Tragweite, die die Schwierigkeiten der damaligen Zeit gut aufzeigen.

Die Schauplätze muss ich extra erwähnen, so sind die Gebäudebeschreibungen, Marktplätze und besonders die Flüsterkirchen, in denen Pestkranke beichten durften, informativ und anschaulich in den Roman eingebaut.

Sprachlich kann man dem Roman gut folgen, es gibt viele, manchmal zu umfangreiche Dialoge, die die Verbindungen der Figuren genauer erklären und auch zu der Geschichte passen. Man bekommt aber dadurch ein besseres Verständnis für die Belange der Personen. Dazu dient auch das umfangreiche Nachwort der Autorin, in dem sie reale Personen erklärt und Bezug nimmt auf die Schwierigkeiten der Zeit in Trier.


Wer sich auf diesen Roman einlässt, erlebt unterhaltsame, aber auch informative Lesestunden, die die Schrecken der Pest deutlich vor Augen führt, mit einer Liebesgeschichte einen Schuss Romantik in das Geschehen bringt und den Leser mitten ins 17. Jahrhundert katapultiert.

Veröffentlicht am 06.09.2018

Eine schöne Geschichte!

Malin und das weiße Rentier
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Hoch im Norden Skandinaviens begegnet das Mädchen Malin in einer sternklaren Winternacht dem weißen sprechenden Rentier Dálvi. Malin trauert um ihre verstorbene Großmutter und die Freundschaft mit Dálvi ...

Hoch im Norden Skandinaviens begegnet das Mädchen Malin in einer sternklaren Winternacht dem weißen sprechenden Rentier Dálvi. Malin trauert um ihre verstorbene Großmutter und die Freundschaft mit Dálvi spendet ihr Trost und Zuversicht. Das Rentier erzählt über das Leben, die Natur mit den verschiedenen Jahreszeiten, das nordische Polarlicht und auch über Elfen und Trolle.
Es ist eine zauberhafte Fantasiereise, die voller Wahrheit steckt und interessante Themen erklärt.


Diese Erzählung schafft eine wunderbare Atmosphäre, sie wirkt fast schon märchenhaft. Diese Traumreise ist für Eltern und Kinder gleichermaßen schön zu erleben und zu geniessen.

Wenn sich Mensch und Tier unterhalten können, dann nur im Traum oder im Märchen. So geht es in dieser Geschichte Malin, die das weiße sprechende Rentier Dálvi trifft und sich mit ihm anfreundet. Diese Freundschaft gibt Malin Mut und Zuversicht in der Trauer um ihre Großmutter. Mit ihr verbindet sie schöne Erlebnisse und Dálvi gelingt es, sie daran zu erinnern und die Gedanken weiterhin zu bewahren. Im Innern leben die Gedanken an Verstorbene weiter. Diese Hoffnung wird sehr schön deutlich gemacht.

Doch die Freundschaft führt noch weiter: Dálvi erklärt Malin in einer lebensbejahenden Weise die Welt, die Natur und die Besonderheiten der nordischen Tundra aus Sicht der Sámi, die mit ihren Rentierherden umherzogen.

Die beiden Freunde erleben die wunderbare Vorstellung eines Polarlichtes und diese seltsame Erscheinung wird kindgerecht vom Rentier erklärt. Auch die gemeinsame Verbindung aller Lebewesen und Geschöpfe auf der Erde und ihre Seelenverwandtschaft wird deutlich gemacht. Selbst dem Regen, dunklen Wolken und Mückenschwärmen werden positive Aspekte abgewonnen und das gibt der Geschichte einen beruhigenden Effekt. Der Leser erlebt eine innere Zufriedenheit, man merkt, man ist nicht allein auf der Erde und diese Zuversicht strahlt in farbenfroh erzählten Bildern wieder.

Ingrid Zellner ist es gelungen, den Leser auf eine zauberhafte Reise mitzunehmen, die Optimismus aufzeigt und neugierig macht auf die Legenden der Sámi, aber auch auf das Leben an sich. Dazu gehören auch Tod und Trauer, aber diese werden überwunden, indem man die Verstorbenen sich im Innern bewahrt und sie so bei sich trägt.

Der Schreibstil ist bildhaft und ruhig und zeigt häufig Dialogform, dadurch fühlt sich der Leser eingebunden, fast schon angesprochen. Man sollte diese Geschichte mit seinen Kindern gemeinsam lesen, denn dann kann man selbst Erklärungen abgeben und sie den Kindern verdeutlichen. Mir fällt es schwer, hier eine Altersangabe zu geben. Es hängt sicherlich sehr vom Kind ab, inwieweit es sich auf diese Themen einstellen kann.

Mir hat diese Geschichte richtig gut getan! Ich fühlte mich mitgenommen in den eisigkalten dunklen Winter, erlebte das fröhliche Mittsommerfest und die herbstliche Farbenpracht mit und sah vor meinem inneren Auge ein einzigartiges Polarlicht aufleuchten.


Ein Buch für Kinder und für Erwachsene, zum Vorlesen und zum in ferne Länder reisen. Es ist wie ein Märchen und beschäftigt sich dennoch mit Trauer, Leben und Tod. Eine schöne Geschichte!

Veröffentlicht am 06.09.2018

So war das Leben im Mittelalter

Isenhart
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1171: Ein Serienmörder treibt sein Unwesen im Mittelalter und entnimmt den Opfern ihr Herz. Der junge Schmied Isenhart verliert seine große Liebe Anna von Laurin und setzt alles dran, mit den damaligen ...

1171: Ein Serienmörder treibt sein Unwesen im Mittelalter und entnimmt den Opfern ihr Herz. Der junge Schmied Isenhart verliert seine große Liebe Anna von Laurin und setzt alles dran, mit den damaligen forensischen Mitteln dem Mörder auf die Schliche zu kommen. Dabei erfährt er seine eigene Herkunft, denn er starb nach seiner Geburt und wurde wiederbelebt. Als wissbegieriger Junge wird er auf der Burg Laurin mit Konrad, dem Sohn des Burgherren unterrichtet und gelangt so zu einem ungeheuren Privileg, zur Bildung. Die Suche nach dem Mörder führt Isenhart und Konrad bis ins ferne Iberien, nach Toledo. Dort treffen sich Gelehrte aus Morgen- und Abendland, um sich auszutauschen.
In einem Gewölbe findet Isenhart anatomische Zeichnungen des menschlichen Herzens …


Man taucht in diesem Roman sofort in die mittelalterliche Zeit von 1171 ein und erlebt die Lebensumstände, die Probleme und das alltägliche Leben hautnah mit.
Der bildhafte Schreibstil des Autors zeigt dem Leser diese Zeit sehr lebendig und realistisch vor Augen. Die Erlebnisse der Figuren sind so genau beschrieben, dass man mit ihnen fühlt und die Emotionen mit ihnen teilt, sei es nun Freude, Schmerz oder Trauer.
Man ist dabei wie Isenhart unter dramatischen Umständen geboren wird, sieht ihn heranwachsen, sich verlieben und durch einen Mord, seine Geliebte verlieren. Man begleitet ihn auch gedanklich, wie er mit den ihm damals zur Verfügung stehenden Mitteln Spuren in ähnlich gelagerten Mordfällen sammelt, seine Schlüsse zieht und ermittelt.

Sein Mitstreiter Konrad ist ebenfalls ein starker Charakter, der kämpferisch für seine Ziele einsteht.

Der Autor führt den Leser auf eine Reise über die Alpen, lässt seine Protagonisten eine Schifffahrt bestehen und landet in Toledo, wo sich im Basar des Wissens Gelehrte jeglichen Glaubens und verschiedener Herkunft über ihre Forschungen im wissenschaftlichen Disput austauschen. Dabei geht es um Anatomie und Medizin, Philosophie und Astrologie.

Die Personen und Schauplätze sind gut gewählt, sie wirken historisch gut recherchiert und sorgen für eine unterhaltsame, aber auch informative Lektüre. Die mittelalterliche Geschichte lebt in den Beschreibungen über die Kreuzzüge, über die damalige Medizin und auch über das alltägliche Leben der Menschen.

Gelungen finde ich die Einbindung von Redewendungen, die der Autor auf seine Ursprünge hin erklärt.


Ein gelungener Roman, der das Leben im Mittelalter aufzeigt und durch seine Krimiermittlung und Abenteuer auffällt. Ein dicker Schinken, den man aber flott lesen kann.