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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.10.2020

Ein packender Psychothriller

Blutroter Schleier
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Inhalt: Alljährlich verlost der Weltkonzern Global Companion einen Luxusurlaub auf einer Yacht an sechs Mitarbeiter. Doch dort werden sie nie ankommen: Ihr Hubschrauber gerät in ein Unwetter, muss notlanden ...

Inhalt: Alljährlich verlost der Weltkonzern Global Companion einen Luxusurlaub auf einer Yacht an sechs Mitarbeiter. Doch dort werden sie nie ankommen: Ihr Hubschrauber gerät in ein Unwetter, muss notlanden und die sechs finden sich auf einer Bohrinsel wieder, auf der nichts so ist, wie es scheint.

Persönliche Meinung: Der Thriller ist sehr gut durchdacht und aufgebaut. Cliffhanger folgt auf Cliffhanger und immer wieder findet man kleine Hinweise, die zum Miträtseln einladen. Die Handlung bleibt dadurch durchweg spannend und bis zum Schluß muss man mit überraschenden Wendungen rechnen. Hier ist tatsächlich nichts so, wie es auf den ersten Blick erscheint. Auch die Gestaltung der Figuren trägt zur Steigerung der Spannung bei: Jede Figur hat ihre eigene Geschichte und Geheimnisse, die es zu erkunden gilt. Interessant ist auch der Handlungsort: Die Bohrinsel nimmt zum Teil alptraumhafte, zum Teil surreale Züge an. Insgesamt handelt es sich bei "Blutroter Schleier" um einen stimmigen und spannenden Thriller.

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Veröffentlicht am 01.10.2020

Eine schöne Gruselgeschichte über ein Dorf mit Geheimnis

Halloween in Unterwald
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Inhalt: Es ist Halloween in Unterwald, einem kleinen abgelegenen Ort in Thüringen, über dem eine verfallene Villa thront. Während Angie von ihrem Schwarm Derek zu einer Halloweenparty eingeladen worden ...

Inhalt: Es ist Halloween in Unterwald, einem kleinen abgelegenen Ort in Thüringen, über dem eine verfallene Villa thront. Während Angie von ihrem Schwarm Derek zu einer Halloweenparty eingeladen worden ist, freut sich der 12-jährige Robbie auf eine Runde Trick or Treat im Dorf. Doch nicht jeder hat an Halloween gute Absichten: Andy und Peter, zwei Einbrecher, planen ihren nächsten Coup – der aber ganz anders verläuft, als von den beiden gedacht.

Persönliche Meinung: „Halloween in Unterwald“ ist eine Gruselnovelle, deren Handlung sich über ca. 125 Seiten erstreckt. Erzählt wird „Halloween in Unterwald“ in drei Handlungssträngen („Angie“, „Robbie“, „Die Gauner“), wobei diese sich punktuell überschneiden, insgesamt aber weitgehend unabhängig voneinander verlaufen. Vereint werden die drei Stränge durch das Geheimnis, das in Unterwald schlummert: Jeder Strang liefert den LeserInnen nach und nach Hinweise, sodass sich über die Erzählstränge hinweg Unterwalds Geschichte ausbreitet und ein Gesamtbild entsteht. Unterwald und die dazugehörige Gruselvilla sind atmosphärisch dicht beschrieben: Das Dorf ist umringt von Wäldern und gewissermaßen vom Rest der Welt vergessen, einige Bewohner*innen verbergen Geheimnisse und die Villa besitzt eine schön gruselige Hintergrundgeschichte. Unterwald hat also insgesamt ein unheimliches Potential (im zweifachen Sinne des Wortes), Handlungsort einer Buchreihe zu werden. Der Erzählstil lässt sich vor allem durch seinen umgangssprachlichen Ton flüssig lesen. Die Figuren waren mir etwas zu einseitig gestaltet (Robbie ist zu brav, die Gauner nur böse), aber das kann auch dem Novellencharakter des Buches geschuldet sein. Die Handlung ist stimmig und schlüssig. Insgesamt ist „Halloween in Unterwald“ eine spannende Gruselgeschichte, die in der Tradition von R.L. Stines „Gänsehaut“-Geschichten steht, sich aber – wegen der z.T. doch blutigen Szenen und der Schimpfwörter – eher an ein erwachsenes Publikum richtet.

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Veröffentlicht am 19.09.2020

Ein intelligent durchdachter Krimi mit einer interessanten Erzählweise

Mord in Highgate
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Inhalt: Ein Scheidungsanwalt wird tot in seinem Haus in Highgate aufgefunden; erschlagen mit einer sündhaft teuren Weinflasche. Auf seine Wand ist eine rätselhafte Zahlenfolge geschmiert worden. Wer von ...

Inhalt: Ein Scheidungsanwalt wird tot in seinem Haus in Highgate aufgefunden; erschlagen mit einer sündhaft teuren Weinflasche. Auf seine Wand ist eine rätselhafte Zahlenfolge geschmiert worden. Wer von den vielen Verdächtigen hat ihn ermordet? Hängt der Mord mit einem anderen Todesfall (ein potenzieller Unfalltod in der Londoner U-Bahn) zusammen? Ein neuer Fall für Privatdetektiv Hawthorne und seinen Chronisten Anthony Horowitz.

Persönliche Meinung: „Mord in Highgate“ besitzt – wie auch schon sein Vorgänger „Ein perfider Plan“ – eine besondere Erzählsituation: Anthony Horowitz, der Autor des Romans, tritt zugleich als Ich-Erzähler und handelnde Figur auf. Dies führt einige interessante (literarische) Kniffe mit sich. Einerseits spielt Horowitz mit den Leserinnen, indem er immer mal wieder Authentizitätsfiktionen einstreut, in denen er beteuert, es habe alles so stattgefunden. Andererseits nutzt der Erzähler Horowitz häufiger die Form des autobiografischen Erzählens (eigene Erlebnisse in der literarischen Szene, eigene literarische Werke), wobei dies teilweise auch ein Versteckspiel sein kann: Der Figur/der Erzähler Horowitz muss nicht vollends identisch mit dem Autor Horowitz sein. Zuletzt wird häufiger die vierte Wand durchbrochen: Horowitz thematisiert häufig den Schreibprozess von „Mord in Highgate“, diskutiert das Genre „Kriminalroman“, beleuchtet den Literaturbetrieb und kommuniziert insgesamt auf einer Metaebene mit den Leserinnen über das Schreiben. Die Beziehung des von Hawthorne und Horowitz ist vergleichbar mit Holmes und Watson. Hawthorne ist der brillante Detektiv; Hawthorne der Chronist. Hawthorne ist skurril bis (bewusst) unsympathisch/unausstehlich gezeichnet; den anderen immer einige Schritte voraus. Seine Vergangenheit ist mysteriös und wird hoffentlich in weiteren Bänden nähergehenden beleuchtet. Horowitz ist gewissermaßen sein Gegenteil: Trotz der (literarischen) Erfolge bescheiden, eher unsicher und ehrlich. Die Handlung ist die eines klassischen Krimis mit viel Ermittlungsarbeit, unzähligen Indizien, mehreren Verdächtigen und Aufdeckungen unterschiedlicher Art. Der Fall ist insgesamt eine Hommage an „Sherlock Holmes“ – sowohl auf inhaltlicher Ebene, worauf ich wegen Spoilergefahr nicht eingehe, als auch in der Konstruktion des Falls. Es gibt unzählige Indizien, die es zu finden und bewerten gilt, die aber zugleich mehrdeutig sind, sodass man sie auch falsch interpretieren kann (das wird in Form eines kleineren und eines größeren Twist am Ende des Romans auch vorgeführt). Die Handlung ist dabei klug konstruiert und intelligent durchdacht, sodass die Auflösung des Falls bis zuletzt spannend bleibt und überraschend ist. Insgesamt ist „Mord in Highgate“ ein Kriminalroman mit einer außergewöhnlichen, literaturwissenschaftlich spannenden Erzählweise und einem intelligent durchdachten, spannenden Fall.

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Veröffentlicht am 17.09.2020

Ein phantastischer Steampunkroman

Castle Rose
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Inhalt: Der Aether hat Tales End in seinem Griff. Nur durch ihn ist Luxus und Wirtschaft im großen Stil möglich. Doch zugleich birgt er ein großes Risiko: Kommen die Menschen mit ihm in Kontakt, fallen ...

Inhalt: Der Aether hat Tales End in seinem Griff. Nur durch ihn ist Luxus und Wirtschaft im großen Stil möglich. Doch zugleich birgt er ein großes Risiko: Kommen die Menschen mit ihm in Kontakt, fallen sie in einen lebenslangen Schlaf; werden zu Sleepern. Auch der Bruder von Julianna, der Protagonistin von „Castle Rose“, ist indirekt mit Aether in Kontakt gekommen, sodass er tödlich erkrankt. Seine Heilung kostet Unsummen. Julianna ist verzweifelt, bis ihr die undurchsichtige Phoebe die rettende Idee bringt: Ein Einbruch in Castle Rose. Dort lebte die Königsfamilie, ehe sich ein Aether-Unfall ereignete. Jetzt ist Castle Rose ein rosenumranktes Schloss, in dem nicht nur immense Schätze schlummern, sondern auch der gesamte Hofstaat.

Persönliche Meinung: Der Erzählstil von „Castle Rose“ ist flott und lässt sich angenehm und flüssig lesen, sodass „Castle Rose“ eine erfrischend kurzweilige Lektüre ist. Erzählt wird die Handlung aus der Ich-Perspektive von Julianna, einer starken jungen Frau, die sich nach dem Verschwinden der Eltern um ihren Bruder kümmert. In „Castle Rose“ fließen einige Motive aus dem Dornröschenstoff ein: der nahezu unendliche Schlafzustand, ein verwunschenes Schloss und der Bann brechende Kuss. Interessant ist dabei, wie die verschiedenen Motive neuinterpretiert werden. So stammt z.B. der aufweckende Kuss nicht vom Prinzen: Der Prinz ist ein Sleeper, den Julianna (versehentlich) erweckt. Auch den Grund für den Schlaf, der Aether, fand ich originell. Daneben finden sich in „Castle Rose“ einige Steampunk-Elemente (verschiedene Gadgets, Maschinen und Anubis, das mechanische Gürteltier). Das titelgebende Schloss ist detailliert gezeichnet: Einerseits erinnert es an ein verwunschenes Märchenschloss, andererseits kommen durch die vielen Sleeper im Schloss auch leichte Gruselvibes auf. Die Handlung ist insgesamt rund und hält die eine oder andere Überraschung bereit, auf die ich jetzt nicht näher eingehen kann/möchte. Das Ende ist etwas rasch erzählt und es bleiben kleinere Fragen offen, allerdings fand ich das nicht sonderlich schlimm. Insgesamt ist „Castle Rose. Das schlafende Schloss“ ein flott erzählter und origineller Fantasy-Steampunk-Roman, der schön mit der Dornröschenmotivik spielt.

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Veröffentlicht am 13.09.2020

Ein Kinderbuch mit lustigen Figuren und interessanten Handlungsorten

Die Mumins (1). Mumins lange Reise
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Inhalt: Da es in den Häusern der Menschen immer weniger Kachelöfen, den natürlichen Lebensräumen der Mumins, gibt, begeben sich Mumin und Muminmutter auf Wanderschaft. Sie sind dabei auf der Suche nach ...

Inhalt: Da es in den Häusern der Menschen immer weniger Kachelöfen, den natürlichen Lebensräumen der Mumins, gibt, begeben sich Mumin und Muminmutter auf Wanderschaft. Sie sind dabei auf der Suche nach einer neuen Heimat und nach Muminvater, der, von Fernweh geplagt, zusammen mit den Hatifnatten, kleinen, nomadisierenden Trollen, verschwunden ist. Auf ihrer Reise besuchen Mumin und seine Mutter allerlei seltsame Orte und treffen unterschiedliche (Troll-)Wesen.

Persönliche Meinung: „Mumins lange Reise“ ist das kürzeste der „Mumin“-Bücher, wobei strittig ist, inwiefern es zur Kernreihe zu zählen ist bzw. ob es eher als unabhängiger Vorläufer zu verstehen ist. Viele der altbekannten Figuren (Klein Mü, Snorkfräulein etc.) treten hier noch nicht auf; im namenlosen „kleinen Tier“ findet sich ein Vorläufer von Sniff wieder. Die Autorin selbst war im Nachhinein unzufrieden mit diesem „Mumin“-Buch. Die Handlung ist linear und – ähnlich wie eine Reise – in Sequenzen unterteilt. Auf Figurenebene haben mir besonders die Hatifnatten gefallen, die nie an einem Ort bleiben, sondern nur auf Reise sind, wodurch ihre gesamte Existenz erfüllt wird. So wird schön das eher unstillbare Gefühl „Fernweh“ in Form von Figuren versinnbildlicht. Bezüglich der Handlungsorte fand ich – auch aus motivgeschichtlicher Perspektive – das Süßigkeitenparadies des „alten Herren“ spannend. Tove Jansson hat hier anschaulich ein kleines, künstliches Schlaraffenland erschaffen, das möglicherweise ein Vorläufer von Willy Wonkas Schokoladenfabrik (Roald Dahl) ist. Der Erzählstil ist insgesamt anschaulich, flüssig und für die Zielgruppe passend, wobei ab und zu die Erzählfigur stärker hervortritt und das Geschehene in Form von Kommentaren ironisch bricht. Tove Jansson hat „Mumins lange Reise“ zudem reichlich illustiert: Auf jeder Doppelseite ist mindestens eine schwarz-weiß Illustration, die schön ins Märchenschema passt. Unabhängig davon, ob man „Mumins lange Reise“ nun zum „Mumin“-Kanon zählen möchte oder nicht, ist das älteste Buch rund um die nilpferdartigen Trolle ein feines, modernes Märchen, das durch abwechslungsreiche Orte und lustig-seltsame Wesen besticht.

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