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Veröffentlicht am 19.06.2019

Technik als Sinneserweiterung

Helen und die People of Source
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“Helen und die People of Source” von Jan Schreiber zeigt dem Leser eine nicht allzu sehr entferne Zukunft, deren Anbruch wir jetzt schon spüren. Ein Nanochip, ID-Chip und Neuronenchip werden mit Wasser ...

“Helen und die People of Source” von Jan Schreiber zeigt dem Leser eine nicht allzu sehr entferne Zukunft, deren Anbruch wir jetzt schon spüren. Ein Nanochip, ID-Chip und Neuronenchip werden mit Wasser geschluckt, docken im Körper an und versprechen viele tolle Neuerungen. Ein Austausch von Informationen über einen Funknerv im Kopf ist dabei nur eine Errungenschaft.

Betrachtet man sich die Schlagzeile, dass Facebook Gedanken und Schrift auf dem Computer umwandeln will, so erscheint das Werk gar nicht mal weit entfernt.

Der Schreibstil ist flüssig und man ist sofort im Geschehen. Berichtet wird aus des Protagonisten Sicht, der Ich-Perspektive. In Anbetracht des Umfangs des Buches werden die Charaktere gut beschrieben. Für einen (ausgedehnten) Roman, welcher ggfs. noch aus dieser Basis entstehen wird, müssten diese weiter ausgearbeitet, sowie das Setting feiner gezeichnet werden. Das Buch wirft interessante Fragen auf, die leider nicht alle tiefgehend erörtert werden und reizt das vorhandene Potenzial leider noch nicht ganz aus.

„Die Menschen würden das wirklich Menschliche nicht mehr fassen können.“ [14]

Fazit: Sinneserweiterungen und ihre Folgen. Ein wirklich passendes Cover und noch Luft nach oben.

Veröffentlicht am 18.06.2019

Eine Enttäuschung

Der Kreidemann
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„Narren stürzen sich auf Dinge, die Engel nicht zu berühren wagen.“ [67]

Für mich war „Der Kreidemann“ von C.J. Tudor ein Buch, auf das ich mit Spannung gewartet hatte. Eine interessante Geschichte, viel ...

„Narren stürzen sich auf Dinge, die Engel nicht zu berühren wagen.“ [67]

Für mich war „Der Kreidemann“ von C.J. Tudor ein Buch, auf das ich mit Spannung gewartet hatte. Eine interessante Geschichte, viel Potenzial, ein Debutroman in einem großen Verlag.

Leider wurde daraus eine Enttäuschung. Zumindest für ich. Dies hat mehrere Gründe. Am Schreibstil gibt es nichts zu bemängeln. Das Buch liest sich gut. Aber für mich wurde die Spannung etwas zu langsam aufgebaut und dümpelte dann mehr oder weniger vor sich hin. Dabei waren die ersten Seiten eigentlich ganz gut geschrieben. Generell hatte man nicht den Drive unbedingt weiterlesen zu müssen. Aber genau dies erwarte ich von einem Thriller, dass er einen packt und nicht mehr los lässt. Es plätschert alles nur so mittelmäßig daher. Da kann auch der immer wiederkehrende zeitliche Wechsel, 30 Jahre zurück in die Vergangenheit, nichts verbessern. Normalerweise sind solche Elemente in so hohem Maße dafür geeignet, den Leser temporeich nach vorne zu preschen. Hier hat dies nicht funktioniert.
Viel zu vieles ist nur mittelmäßig: Spannung, Tempo und Überraschungen. So ist es ein Buch, welches nur kurz im Gedächtnis bleibt.

Veröffentlicht am 14.06.2019

Spektakuläres SciFi-Artwork

Message 1: Loading
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„Message 1 Loading“ von Cristin Wendt und Ronja Büscher ist das erste Buch einer Comic-Reihe, die wahrscheinlich 5 Bände umfassen wird. Der CROSS CULT Verlag bringt mit diesem SciFi-Artwork ein Werk heraus, ...

„Message 1 Loading“ von Cristin Wendt und Ronja Büscher ist das erste Buch einer Comic-Reihe, die wahrscheinlich 5 Bände umfassen wird. Der CROSS CULT Verlag bringt mit diesem SciFi-Artwork ein Werk heraus, welches Leser der Genre Science-Fiction und Action besonders anspricht. Dystopsich angehaucht, findet man in diesem 80 Seiten starken Hardcover-Buch, mit seinen knapp 24x32 cm, eine Geschichte, bei der die Bilder klar im Vordergrund stehen. Der Text ist passend, die Dialoge gut gewählt. Alles kommt sehr lebendig herüber. Auch die Charaktere sind glaubhaft dargestellt.

Der Inhalt lässt sich kurz und bündig zusammenfassen: Avarus´ Kampf gegen die übermächtige künstliche Intelligenz, da diese sich gegen die Menschheit selbst stellt.

Man kommt schnell in das Geschehen und mit jeder Seite nimmt die Story Fahrt auf, wird temporeicher und actiongeladener. Die Illustration, das Artwork ist überwältigend. Viele Großbilder ziehen den Leser mitten ins Geschehen, lassen einen in die jeweilige Szene abtauchen. Gerade dass der Hintergrund nicht so mit Details überladen ist, wirkt und setzt den Fokus auf die Charaktere und die Kampfszenen.

Die künstliche Intelligenz Kiem kam für meinen Geschmack etwas zu kurz. Man darf gespannt sein, ob Band 2 etwas mehr Informationen bereithält.

Auf den letzten Seiten des Buches findet man eine Galerie, Zeichnungen und alternative Cover-Zeichnungen. Dies rundet den positiven Gesamteindruck ab und man erhält einen kleinen Einblick in die Entstehungsgeschichte des Werkes.

Das geplante Erscheinungsdatum für „Message 2 Disconnect“ ist der 11.03.2020. Wir müssen uns also etwas gedulden wie es mit Avarus weitergeht und fiebern dem Tag der Veröffentlichung entgegen.

Veröffentlicht am 12.06.2019

Zwei ungleiche Freunde

Wilder Winter
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„Und in diesem flüchtigen Augenblick fiel mir ein, dass ich deshalb nicht in den Krieg gezogen war, weil ich nicht sinnlos für eine Sache töten wollte, an die ich nicht glaubte. Und hier gab es nicht einmal ...

„Und in diesem flüchtigen Augenblick fiel mir ein, dass ich deshalb nicht in den Krieg gezogen war, weil ich nicht sinnlos für eine Sache töten wollte, an die ich nicht glaubte. Und hier gab es nicht einmal eine ‚Sache‘. “ [221 f.]

„Wilder Winter“ von Joe R. Lansdale ist der Auftakt zur der Reihe "Hap Collins & Leonard Pine" mit insgesamt 10 Büchern. Ich beziehe mich hier auf die limitierte Taschenbuchausgabe des Golkonda Verlags.

Hap Collins: Weiß, hetero, Kriegsdienstverweigerer.
Leonard Pine: Schwarz, schwul, Vietnamveteran.

Das sind die „Zutaten“ für einen richtig guten Roman mit frechen Dialogen, der auch derb daherkommt und keine Sekunde Langeweile aufkommen lässt. Bestimmt nicht jedermanns Geschmack, denn es gibt schon wüste Beschimpfungen. Aber gerade das, die einzigartigen Charaktere, der Schreibstil von Lansdale, machen den Roman zu einem wunderbaren Leseerlebnis. Es ist ein Krimi in dem es durchaus deftiger zugeht, der ein rasantes Ende garantiert und den Leser durch die 30 kurzgehaltenen Kapitel fliegen lässt.

Die Geschichte wäre schnell erzählt: eine Million Dollar aus einem schiefgelaufenen Bankraub bergen. Allerdings sind da „schmutzige Geschäfte, wohin man auch schaut.“ [229] Und so kommt alles ein bisschen anders.

Zwischen der ganzen Gewalt, dem amüsanten Teil, der kurzweiligen Geschichte, steckt zwischen den Zeilen auch Gesellschaftskritik.

„Aber der Verlust meines Idealismus, der Verlust des Glaubens daran, dass die Menschen über ihre Grundinstinkte hinauswachsen können, bedeutete, alt und verbittert zu werden und niemanden mehr von Nutzen zu sein, nicht einmal sich selbst.“ [236]

Fazit: Der gelungene Auftakt zur Reihe. Ganz besondere Charaktere und viel schwarzer Humor. Potenzial zur Lieblingsreihe!

Veröffentlicht am 12.06.2019

eine Besserungsanstalt?

Die Nickel Boys
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„Das Schlimmste, was mir während meiner Einzelhaft widerfahren ist, widerfährt mir täglich. Das Aufwachen.“ [222]

Colson Whitehead, ausgezeichnet mit dem Pulitzer-Preis, bringt mit seinem fiktiven Roman ...

„Das Schlimmste, was mir während meiner Einzelhaft widerfahren ist, widerfährt mir täglich. Das Aufwachen.“ [222]

Colson Whitehead, ausgezeichnet mit dem Pulitzer-Preis, bringt mit seinem fiktiven Roman „Die Nickel Boys“ ein nicht leicht verdauliches Werk in unseren Bücherschrank und damit die Themen Missbrauch, Rassismus und allgegenwärtige Gewalt.

„Das Nickel war eine rassistische Hölle – die Hälfte des Personals schlüpfte am Wochenende sicher in die Kluft des Ku-Klux-Klans.“ [113]

„Die Nickel Boys“ ist ein Roman, der einen schockierend mitnimmt. Die oben genannten Themen hat Whitehead zu einem runden Werk verarbeitet. Der Aufbau, das Setting ist klasse. Jedoch blieben mir die Charaktere zu blass. Ich, für meinen Teil, fühlte mich viel zu distanziert. Mehr lies der Schreibstil nicht zu. Auf der einen Seite ist dies gut, dass man sich nicht von der schweren Kost erdrücken lässt, auf der anderen Seite, wäre ich ‚gerne‘ tiefer in das Geschehen abgetaucht. Es fehlen ein paar Emotionen.

„Die Prügel, der Missbrauch, die unbarmherzigen Prüfungen ihrer Person. Sie standen das durch.“ [181]

Der Protagonist Elwood landet mehr oder weniger durch Zufall und fehlendes, ordentliches Verfahren, in einer Besserungsanstalt. Die Hölle auf Erden. Auf mehreren Zeitebenen folgen wir als Leser Elwood und erfahren viel über die damalige Zeit und den Rassismus, welcher auch heute leider immer noch ein vorherrschendes Thema der Gesellschaft ist. Ohne mit dem erhobenen Finger bringt Whitehead seine Themen an den Leser. Auch wenn sein Werk rund geschrieben ist, einen sehr guten Anfang und Ende besitzt, so gab es einige Längen. Zugleich fehlte mir der noch tiefere Blick in das Trauma der amerikanischen Geschichte. So wird viel Potenzial verschenkt.