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Veröffentlicht am 19.01.2018

Das Versprechen an Karolina

Karolinas Töchter
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Die bereits 89jährige Lena Woodward, eine Holocaustüberlebende, kommt eines Tages zu Detektiv Liam Taggert, mit der Bitte Nachforschungen über ihre Freundin Karolina und deren Zwillingstöchter anzustellen. ...

Die bereits 89jährige Lena Woodward, eine Holocaustüberlebende, kommt eines Tages zu Detektiv Liam Taggert, mit der Bitte Nachforschungen über ihre Freundin Karolina und deren Zwillingstöchter anzustellen. Sie möchte ihr Versprechen einlösen die Mädchen ausfindig zu machen, die Karolina Rachel und Leah benannt hat. Allerdings gestaltet sich die Sachlage alles andere als einfach, denn die Kinder wurden während des Zweiten Weltkrieges geboren. Lena weiß weder, ob sie überlebt haben, noch wie sie möglicherweise heute heißen und wo sie sein könnten. Keine gute Ausgangslage für Liam und seine Frau Catherine, eine Anwältin, die er um Hilfe bittet. Außerdem stellt sich die Frage, warum Lena erst jetzt nach Karolina und ihren Töchter sucht und dies nicht schon bei Kriegsende getan hat.
Noch bevor die beiden den Auftrag annehmen, erhalten sie vom Anwalt des Sohnes eine Klage. Das weckt die Neugierde von Liam und Catherine, denn Arthur möchte seine Mutter entmündigen und sie als demenzkrank erklären lassen. Er hält ihre Idee als krankhaft und die Suche als eine Wahnvorstellung.

Die Rahmenhandlung spielt in der Gegenwart, während der Hauptanteil des Buches sich um die Lebensgeschichte von Lena dreht. Die historischen Hintergründe werden mit Lenas Schicksal sehr gut zusammengeführt. In einem Handlungsstrang erfährt der Leser nun, wie sich Liam auf die Suche macht und Arthur alles versucht die Nachforschungen zu stoppen. Währendessen erzählt Lena Catherine von ihrem Leben während des Zweiten Weltkrieges.
In diesem zweiten Handlungsstrang erfahren wir von der jungen Jüdin Lena Scheinemann, geboren in Chrzanów in Polen. Ihre Eltern und ihr kleiner Bruder Milosz, der mit vier Jahren an Kinderlähmung erkrankte und seitdem im Rollstuhl sitzt, wurden 1939 deportiert und ermordet. Sie ist die einzige Überlebende in ihrer Familie. Bei ihrem Versuch zu überleben, findet sie Arbeit in der nahen Fabrik, die Kleidung für die Deutschen herstellt. Dort trifft sie ihre Freundin Karolina wieder. Gemeinsam erleben sie die Verfolgung der Juden, die im Warschauer Ghetto zusammengetrieben werden, bis hin zur Deportation nach Ausschwitz. Lena und Karolina sind zwei sehr starke und mutige Frauen. Lena begibt sich sogar für kurze Zeit in den Untergrund. In Ausschwitz angekommen, liegt das Hauptaugenmerk nur mehr darauf zu überleben. Nach und nach erfährt der Leser das Geheimnis um Karolina und ihre Töchter...

Der Autor schafft es, seine Figuren nicht einseitig darzustellen, wie ich es schon des öfteren in Geschichten rund um den Holocaust gelesen habe. Es gibt sowohl bei den Deutschen, den Polen, als auch bei den Juden gute und böse Menschen, die Lenas Weg kreuzen. Die wirklich interessanten und berührenden Erzählungen aus dem Warschauer Ghetto und anschließend aus Ausschwitz haben mich aufgewühlt und erschüttert. Den Mut und die Kraft von Lena habe ich wirklich bewundert.
Interessant fand ich auch die Ausführung des Autors, warum die Alliierten Ausschwitz und die anderen Konzentrationslager nicht bombardiert haben, obwohl sie bereits von der Endlösung wussten.

Den vielen 5 Sterne Rezensionen kann ich mich leider trotzdem nicht anschließen. Dazu habe ich einige Kritikpunkte!
Besonders im Vergangenheitsstrang fielen mir einige Recherchefehler und Ungereimtheiten auf. Das beginnt damit, dass 1943, als die Menschen nicht nur in Polen hungerten, wohl kaum jemand Bananen zur Verfügung hat und diese austeilt - nicht einmal auf dem Schwarzmarkt. Ebenso gibt es im Winter im Ghetto keine Kohle zum Heizen. Lena und Karolina erhalten von einem deutschen Soldaten eine kleine Ration davon. Ich finde es allerdings unvorstellbar, dass niemand bemerkt, dass plötzlich in einem einzigen Haus im Ghetto Rauch aufsteigt!
Das KZ Mauthausen lässt der Autor zwar in Österreich angesiedelt, allerdings liegt es plötzlich nördlich von Chrzanów....hm...
Liam sucht nach einem Mann namens Müller in Deutschland - und wird fündig! Ist ja ein sehr seltener Name Sarkasmus aus
Ein weiterer Kritikpunkt war für mich die plötzliche Wandlung einer Figur zum Ende hin, die ich nicht nachvollziehen konnte. Diese ändert sich auf wenigen Seiten wirklich um 180 Grad - für mich absolut unvorstellbar!
Ihr seht, die Kritikpunkte häufen sich leider. Trotzdem kann ich sagen, dass der Roman mich trotzdem nicht kalt gelassen hat und so einige Überraschungen bereit hält.

Die Lebensgeschichte von Lena Scheinemann/Woodward hat der Autor in Anlehnung an das Leben von Fay Scharf Waldman geschrieben - in Gedenken an die unzähligen Opfer des Holocaust.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Ronald H. Balson hat mir anfangs ein bisschen Mühe bereitet. Die kurzen und eher einfachen emotionslosen Sätze haben mich nach dem Lesen eines Buches, das mich zuvor total vereinnahmt hat, anfangs eher unzufrieden zurückgelassen. Erst mit der Zeit fand ich in die Geschichte hinein, die mich dann allerdings - bis auf die Recherchefehler - doch noch abholen konnte.

Fazit:
Eine interessante und berührende Geschichte über das Schicksal einer polnischen Holocaustüberlebenden, die allerdings wegen einiger Recherchefehler (obwohl der Autor bereits mehrere Romane zu diesem Thema geschrieben hat) keine fünf Sterne mehr von mir erhält. Für alle, die kleine Recherchefehler nicht so ernst nehmen wie ich, kann ich den Roman auf alle Fälle empfehlen!

Veröffentlicht am 15.01.2018

Sind es diese Träume wert?

Kleine Stadt der großen Träume
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Eigentlich hatte ich nicht wirklich vor den neuen Roman von Fredrik Backman zu lesen. "Ein Mann namens Ove" hat mit gut gefallen und hatte einen bösen Humor und einen schrulligen Protagonisten. Ein Buch, ...

Eigentlich hatte ich nicht wirklich vor den neuen Roman von Fredrik Backman zu lesen. "Ein Mann namens Ove" hat mit gut gefallen und hatte einen bösen Humor und einen schrulligen Protagonisten. Ein Buch, das mich gut unterhalten hat. Bei der Verfilmung habe ich allerdings nach der Hälfte den TV abgedreht....
Dann las ich "Oma lässt grüßen und sagt es tut ihr leid", das ich fast abgebrochen habe. Der Roman hat mir überhaupt nicht gefallen. Da ich es normaler Weise dreimal mit einem Autor versuche und mich Ole ja großteils überzeugen konnte, habe ich dann auch noch "Britt-Marie war hier" gelesen, das gerade noch 3 Sterne absahnte. Da alle drei Romane einen satirischen Touch hatten, war ich überrascht diesen bei "Kleine Stadt der großen Träume" NICHT zu finden und das war für mich ein großes Plus.

Dieser wundervolle Roman enthält sehr viel Gesellschaftskritik und hat mich erst so wirklich nach den ersten 70 - 100 Seiten gepackt. Zuerst werden Personen und Charaktere vorgestellt und welche Bedeutung das Eishockey für die kleine Stadt hat. Dies zog sich etwas in die Länge, doch ist rückblickend notwendig. Doch das Durchhalten hat sich gelohnt, denn danach konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen. Das Hauptthema, das sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht, ist der Eishockeysport...der mich noch nie wirklich interessiert hat. Warum es mir trotzdem super gefallen hat?
Das Drama, das sich rund um die Einwohner entwickelt, beginnt nämlich nach diesen ersten hundert Seiten. Denn danach steht Eishockey zwar immer noch im Mittelpunkt, doch die Story entwickelt sich zu einem Gesellschaftsdrama....und das so spannend, dass man mit den Einwohnern der Stadt richtig mitfiebert.

Björnstadt ist eine kleine schwedische Stadt, die man eher verlässt, als zuzieht. Die Infrastruktur ist schlecht, die meisten großen Firmen sind bereits umgesiedelt. Das Einzige, was die Björnstädter gut können, ist Eishockey spielen. Die Hoffnungen und Träume einer ganzen Gemeinschaft richten sich auf den Erfolg der Junior-Hockey-Mannschaft, die im Viertelfinale steht. Würden es die Jungs ins Halbfinale schaffen und danach sogar gewinnen, würde Björnstadt die Unterstützung von Sponsoren und Politikern erhalten, die sie sich jahrelang gewünscht haben....und jahrelang übergangen wurden. Doch dann passiert etwas Unvorhergesehenes in der kleinen Stadt und es beginnt eine Hexenjagd, die mich wahrlich schockiert hat. Wie hoch darf der Preis sein, um die gewünschte Unterstützung zu erhalten und den Sieg nach Björnstadt zu holen? Steht der Club über einem einzigen Menschenleben oder dem einer Familie?

Fredrik Backman hat hier ein hochbrisantes Thema aufgegriffen. Moral und Gerechtigkeit stehen in diesem Roman im Vordergrund. Es geht ihm dabei nicht nur um die Menschen in der Stadt, die Eishockey lieben, sondern auch um diejenigen, die damit wenig anfangen können, nicht gut genug sind oder aus der falschen Gesellschaftsschicht kommen. Diese Menschen haben oft gar keine Chance und sind sehr schnell ausgeschlosssen. Es geht um soziale Ausgrenzung und moralische Prinzipien. Dieses Buch war eine emotionale Achterbahnfahrt. Manchmal fühlte ich mich inspiriert, oftmals war ich absolut empört. Es machte mich froh und traurig zugleich.

Die Charaktere sind authentisch und vielschichtig gezeichnet. Es gibt kein schwarz und weiß. Alle entwickeln sich weiter und sind nicht stereotyp. Backman erzählt aus vielen Sichtweisen und lässt den Leser die Gedanken seiner Protaginisten mitteilen. Wir lernen Peter kennen, ein ehemaliger Profispieler, der nun der Sportdirekor des Clubs ist, seine Frau Mira, eine Juristin, die nur ihm zuliebe von Kanada in seine Heimatsatdt gezogen ist, ihre 16-jährige Tochter Maya und deren Freundin Ana, sowie einige Spieler der Juniorenmannschaft: Kevin, Benji, Bobo und Amat, wie auch deren Trainer David, um nur einige aufzuzählen Durch die eher düstere Stimmung des kalten schwedischen Winters, der dunklen Wälder und der oftmaligen Hoffnungslosigkeit der Björnstädter, hat die Geschichte auch etwas Dunkles. Sie zieht aber den Leser nicht hinab - im Gegenteil. Man bekommt hier eine geballte Dosis vieler Gefühlseben: Wut, Verzweiflung, Unglauben, Trauer, Überlegenheit, Freude und Tragik.

Fredrik Backman hat mir nicht nur die Faszination des Eishockey näher gebracht (auch wenn ich kein Fan geworden bin, aber dieser Enthusiasmus für eine Sportart lässt sich auf jede X-beliebige ummünzen!), sondern mich mit diesem Gesellschaftsdrama wirklich überzeugt. Facettenreiche Charaktere, unvorhersehbare Wendungen und ein Schreibstil der seinesgleichen sucht, haben mir hier wunderbare und aufwühlende Lesestunden bereitet.

Fazit:
Fredrik Backman kann auch anders! Sein neuer Roman ist ein sozialkritisches Gesellschaftsdrama, das einer emotionalen Achterbahn gleichkommt. Es ist nicht unbedingt leichte Kost, aber spannend und mit viel Sensibilität erzählt. Ich bin absolut positiv überrascht und vergebe hier eine eindeutige Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.01.2018

Kia Ora - Willkommen in Neuseeland!

Für dich bis ans Ende der Welt
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Neuseeland....mein absolutes Traumland, das ich wohl nie bereisen werde, aber das ich immer schon gerne mal sehen wollte. Deswegen verschlinge ich auch alle möglichen Romane, Krimis usw., die in diesem ...

Neuseeland....mein absolutes Traumland, das ich wohl nie bereisen werde, aber das ich immer schon gerne mal sehen wollte. Deswegen verschlinge ich auch alle möglichen Romane, Krimis usw., die in diesem Land spielen.
Bei Lovelybooks hatte ich Glück und gewann den Roman "Für dich bis ans Ende der Welt" von Kate Dakota - eine Mischung aus Liebesroman, einem düsteren Familiengeheimnis und kleinen Krimielementen.

Die junge Deutsche Madeleine Schumann benötigt dringend einen Tapetenwechsel und bewirbt sich kurzerhand auf eine Annonce. Im weit entfernten Neuseeland sucht eine ältere Dame eine Gesellschafterin. Da Madeleine auch ausgebildete Krankenschwester ist, passt sie perfekt in das gewünschte Profil und sitzt schneller als sie denken kann im Flugzeug ans andere Ende der Welt.
Victoria Hall lebt mit ihren beiden Enkelsöhnen Matthew und Randy, ihrer Haushälterin Tahuna und deren Eltern Ivy, Victorias bester Freundin, und deren Ehemann Aka auf Halls Eden. Ihr aller Leben wird von Geheimnissen und Schicksalschlägen begleitet. Um etwas frischen Wind auf Hall's Eden zu bringen, hat sie die Annonce aufgegeben, die nun Madeleine auf die Südinsel Neuseelands bringt. Randy und Matt sind anfangs alles andere als erfreut über den Neuzugang.

Die Geschichte lebt großteils von den starken Charakteren, sowie vom Geheimnis rund um das Verschwinden von Duncan und einen vor 150 Jahren stattgefundenen Hinterhalt, der einen ganzen Maoristamm fast ausgelöscht hat. Es gibt viele Tragödien und Geheimnisse zu entschlüsseln. Der Fokus liegt somit auf dem großen Familiengeheimnis der Halls und der Geschichte rund um die Maori.

Charaktere:
Die Charaktere der Haupt- und auch der Nebenprotagonisten sind sehr facettenreich und lebendig beschrieben. Sie sind weder wunderhübsche, schlanke oder muskelbepackte Schönheiten, wie man immer wieder in vielen Liebesromanen oder YA-Büchern lesen kann, sondern Menschen mit Ecken und Kanten und jeder Menge Probleme.

Maddy ist eine sehr verunsicherte und schüchterne junge Frau, die sich durch ihre körperliche Behinderung nicht als ganzer Mensch fühlt. Obwohl sie gelernte Krankenschwester ist, kann sie schwer mit ihrer körperlichen Handicap umgehen. Matt hingegen hat sein Vetrauen in Menschen durch eine Verurteilung wegen Mordes und einem Gefängnisaufenthalt verloren. Aus Mangel an Beweisen ging er nach fünf Jahren frei. Außer seiner Großmutter, Ivy und Aka, und seinem besten Freund, dem Tierarzt Ethan Buckley, glaubt niemand an seine Unschuld. Selbst sein Bruder Randy begegnet ihm voller Hass, denn die Tote war seine große Liebe. Matt ist hilfsbereit, zurückhaltend und in sich gekehrt, Randy eher aufbrausend, aber leutselig und sympathisch. Victoria oder Vicky ist die Herrin auf Halls Eden. Sie ist bereits 85 Jahre alt, aber noch immer ein Fels in der Brandung. Das Verschwinden ihres Ehemann Duncan hat sie nach 29 Jahren noch immer nicht wirklich überwunden, der als verschollen gilt. Matt's und Randy's Eltern sind bei der Suche nach ihrem Vater und Schwiegervater tödlich verunglückt. Zur Seite steht Vicky ihre bereits aus Kindertagen beste Freundin Ivy, eine streitsüchtige, aber humorvolle Frau mit dem Herz auf dem rechten Fleck, die sich durchzusetzen weiß. Nicht umsonst ist sie seit mehr als 60 Jahren mit Aka, einem Maori, verbunden und hat gegen den Willen ihrer Eltern eine Familie mit ihm gegründet. Bertrand Jarry, der ehemalige beste Freund von Duncan, der auf der benachbarten Farm wohnt, gehörte einst zum engen Freundeskreis, bis sich ein Unglück ereignete, an dem Matt Schuld sein soll. Er ist ein schwacher Mensch und hat in seinem Leben einige falsche Entscheidungen getroffen.

Neben den bildhaften Beschreibungen der neuseeländischen Landschaft und deren Tierwelt, hat sich die Autorin auch um die Ureinwohner, den Maori, angenommen. Hier hätte es gerne noch mehr sein können...

Positiv hervorheben möchte ich noch, dass Kate Dakota Themen wie die Vertreibung der Maoris und die Schwierigkeiten von Menschen mit Behinderungen, angespricht.

Das Auftauchen einer Person aus Maddy's Vergangenheit ist mir etwas zu kurz gekommen. Hier hätte man etwas mehr Drama herausholen können ;) Wobei ich die Liebesgeschichte zwischen Maddy und Matt fast als zu schnell entwickelnd empfand.

Das Ende war mir dann leider etwas zu kitschig. Für mich wäre die Geschichte ohne den Epilog, dessen Ereignisse mir zu schmalzig waren, perfekt gewesen.

Schreibstil:
Die Geschichte lässt sich leicht und locker weglesen, genauso wie es sich für einen Roman in diesem Genre gehört. Kate Dakota schreibt mitreißend und lebendig. Die Erzählperspektive wechselt oft, was den Vorzug hat, dass man die verschiedenen Sichtweisen der Figuren hautnah miterlebt und ihre Gefühle, Handlungen und Gedanken besser nachvollziehen kann.

Fazit:
Eine packende und leicht zu lesende Geschichte rund um ein Familiengeheimnis im fernen Neuseeland, die wirklich gut unterhält. Eingebaute Cliffhanger erhalten die Spannung, während mir das Ende zu kitschig daherkommt.

Veröffentlicht am 11.01.2018

Grandios! Kann man nicht mehr aus der Hand legen...

Die Oleanderfrauen
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Kaum hat das Jahr begonnen, kann ich das erste Buch mit ♥♥♥ Lieblingsbuch-Status♥♥ vermelden! Bessser kann es doch gar nicht starten! Was meint ihr?
Voller Ungeduld habe ich auf den neuen Roman von Teresa ...

Kaum hat das Jahr begonnen, kann ich das erste Buch mit ♥♥♥ Lieblingsbuch-Status♥♥ vermelden! Bessser kann es doch gar nicht starten! Was meint ihr?
Voller Ungeduld habe ich auf den neuen Roman von Teresa Simon gewartet. Ihre beiden Romane "Die Frauen der Rosenvilla" und "Die Holunderschwestern" waren absolute Lieblingsbücher von mir, doch "Die Oleanderfrauen" toppen diese beiden noch. In zwei Tagen habe ich die fast 500 Seiten inhaliert und wollte einfach nur lesen, lesen und nochmals lesen! Was für ein tolles Buch - einfach grandios erzählt!

Schon der Prolog entführt den Leser in ein emotionales Mienenfeld. Ein erschütternder Abschiedsbrief lässt einem sofort in die Geschichte eintauchen...
Wie von der Autorin gewohnt haben wir es wieder mit einer Geschichte auf zwei Zeitebenen zu tun. Die Vergangenheit entführt uns nach Hamburg ins Jahr 1936. Die wohlhabende Familie Terhoven verdient seit Jahrzehnten ihr Geld mit dem Import von Kaffee. Die Dame des Hauses, Delia Terhoven, widmet sich der feinen Gesellschaft, während sich ihr Ehemann Friedrich mit den Geschäften befasst. Die 17jährige Sophie und der 12jährige Lennie wachsen wohlbehütet in der großen Familienvilla auf. Doch schon bald ziehen dunkle Wolken über die Familie. Die politische Situation wird immer angespannter und der Import des Kaffee's geht zurück. Tochter Sophie, verliebt sich in Hannes, den Sohn der Köchin. Die Beiden sind zusammen aufgewachsen und kennen sich von Kindesbeinen an, doch plötzlich ist alles anders. Im Gewächshaus zwischen blühenden Oleanderbüschen treffen sich Sophie und Hannes heimlich. Nur Sophies bester Freund Malte weiß davon. Als die geheimen Treffen Früchte tragen wird die schwangere Sophie mit dem etwa gleichaltrigen Hausmädchen Stine auf die Insel Föhr verbannt, um einen gesellschaftlichen Skandal zu vermeiden.....

Im Gegenwartsstrang lernen wir die sympathische Jule kennen, die in Hamburg ihr Café "Strandperlchen" führt. Eine gewaltige Mietserhöhung gefährdet ihre Existenz, denn "Jule ohne Plan", wie sie ihre Mutter immer nannte, hat ihr Geschichtsstudium nie beendet. Mit dem "Strandperlchen" hat sie sich ihren heimlichen Wunsch erfüllt. Nebenher widmet sie sich noch mit ihrem Service "Ich schreib Dir Dein Leben" alten Familiengeschichten. Ihr Angebot Menschen zu helfen, die nach Familienangehörigen suchen oder einfach alte Biografien ins Reine zu schreiben sind ihr eine Herzensangelegenheit
Als Johanna Martens nach dem Tod ihrer Mutter den Dachboden des Hauses räumt, fällt ihr ein Medaillon mit Oleanderblüten und ein Tagebuch in die Hände. Niemand aus der Familie kann die Tagebuchschreiberin zuordnen und so beginnt Johanna zu lesen. Bald kann sie die Niederschrift nicht mehr aus der Hand legen und bittet Jule mehr über diese Sophie Terhoven herauszufinden. Durch das Lesen der Tagebucheinträge verbindet die beiden Frauen sehr bald eine wunderbare Freundschaft und so ganz nebenbei findet auch Jule ihren Platz im Leben....
Die beiden Zeitebene werden von der Autorin gekonnt verknüpft. Ihr gelingt es mich mit beiden Handlungssträngen zu überzeugen, was selten passiert, da ich zu 90% immer den Strang der Vergangenheit bevorzuge. Hier ergänzen sich die beiden Geschichten jedoch perfekt und man fiebert bis zum Schluss mit allen Protagonisten mit. Die Handlung ist wunderbar lebendig erzählt, die Charaktere mitten aus dem Leben gegriffen und die Spannung zum Greifen nah. Ich habe das Buch inhaliert und konnte es nicht mehr zur Seite legen!

„„Oleanderfrauen, ja das sind wir Terhovens in der weiblichen Linie. Jede von uns musste lernen, dass zur Süße der Liebe auch viel Bitternis gehört. Es ist wie in der alten Geschichte von Hero und Leander – die, die wir wirklich lieben, sind für uns unerreichbar.“

Ebenso gelang es Teresa Simon die Atmosphäre vor Beginn des Zweiten Weltkrieges perfekt einzufangen. Die Nationalsozialisten gewinnen immer mehr an Boden, die Stimmen gegen die Juden werden immer lauter. Trotzdem können es viele Menschen nicht glauben, dass es schon wieder Krieg geben soll, wo doch erst der große Krieg zu Ende gegangen ist. Die Bombardierung Hamburgs (der berühmte Feuersturm im Sommer 1943), die Olympiade in Berlin 1936, sowie das Verschwinden von jüdischen Familiensind Themen, die Teresa Simons genauso anspricht, wie die beginnende Hungersnot.

Mein einziger Kritikpunkt ist die Wahl der Schriftform des Tagebuches. Das feine kursive Schriftbild lässt sich sehr schwer lesen, wird allerdings laut Verlag in der nächsten Auflage verändert werden.
Als Coffee-holic fand ich die tollen Beschreibungen diverser Kaffeesorten und ihrer Zubereitungsarten, sowie Erklärungen zum Import und der Aufzucht sehr interessant.

Am Ende des Romans befinden sich noch als zusätzliches Zuckerl leckere Kuchen- und Kaffeerezepte aus dem "Strandperlchen".

Charaktere:
Die Autorin hat sowohl ihre Hauptcharaktere Jule, Sophie und Johanna, wie auch die zahlreichen Nebenfiguren sehr detailliert und authentisch gezeichnet.
Sophie ist anfangs eine verwöhnte junge Frau, deren wahrer Charakter sich in der schweren Zeit während des Krieges zeigt. Sie gibt nie die Hoffnung auf und kämpft um ihr Leben und ihre Liebe. Sie trotzt allen Widerständen - solange es ihr möglich ist. Sie ist der interessanteste Charakter des Romans. Man spürt ihre Gefühlswelt durch jede Zeile der Geschichte.
Auch Jule in der Gegenwart ist eine engagierte junge Frau, die nicht so schnell aufgibt und mit mutigen Ideen versucht ihren Lebensinhalt, das Café, zu retten. Mit ihrer quirligen und herzensguten Freundin Aphrodite, eine kaffeebraune Schönheit und Mutter einer Tochter, hat sie jederzeit Hilfe an ihrer Seite.
Die sympathische Johanna, habe ich ebenfalls sehr schnell ins Herz geschlossen.
Mein absoluter Liebling im Roman war aber Malte. Der liebenswürdige und hilfsbereite Freund von Sophie liebt Literatur und Swingmusik. Als Kind berkam er Kinderlähmung und ist seither gehbehindert. In den Zeiten des Nationalsozialismus ist er ein Krüppel, ein Feindbild. Zusätzlich ist er noch homosexuell, was der SS-Offizier Hellmuth Moers, der bei den Terhovens ein und aus geht, sehr bald entdeckt. Dieser Mann ist kalt und ehrgeizig. Er nimmt sich, was er will und ist nicht nur für Malte eine Bedrohung.
Sophies kleiner Buder Lennie wird zum glühenden Anhänger der Hitlerjugend und des Nationalsozialismus.

Schreibstil:
Was soll man noch sagen, wenn man die Geschichte liest, rundherum alles ausblendet und eigentlich nur mehr lesen möchte? (Gott sei Dank war Wochenende!) Die Autorin kann es ganz einfach! Man ist gefangen in der Handlung, fiebert mit den Protagonisten mit und kann nicht aufhören zu lesen, bis man die letzte Seite zugeschlagen hat. Was will man mehr?

Fazit:
Ein absolutes Lese-Highlight, das ich nicht aus der Hand legen konnte, bis ich die letzte Seite gelesen hatte. Historisch perfekt recherchiert, mit einem Schuss Spannung und einer ergreifenden Lebens- und Liebesgeschichte auf zwei Zeitebenen, entführt dieser Roman ins Hamburg der Jahre 1936 und 2016. Eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 10.01.2018

Die Höllenschlucht

Tod im Höllental
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Im vierten Band rund um die Begine Serafina steht die Arbeit der Christoffelschwestern nicht so stark im Fokus, wie in den Vorgängerbänden, denn unsere Hauptprotagonistin steht kurz vor der Hochzeit mit ...

Im vierten Band rund um die Begine Serafina steht die Arbeit der Christoffelschwestern nicht so stark im Fokus, wie in den Vorgängerbänden, denn unsere Hauptprotagonistin steht kurz vor der Hochzeit mit dem Stadtmedicus Adalbert Achaz.
Doch die Idylle wird durch die Hetzreden des Basler Dominikanermönches Thomas gestört. Eine Schmähschrift und blutige Wandschmierereien gegen die Beginen lassen Serafina die Hochzeitsvorbereitungen vergessen. Immer mehr Bürger der Stadt stehen den Christoffelschwestern plötzlich feindlich gegenüber. Auch Achaz kann den Stadtrat nicht überzeugen, dass die Hetzreden Unheil über die Einwohner von Freiburg bringen. Als dann auch noch die junge Lämmlein Schwester Mia erschlagen aufgefunden wird, ist Serafina entsetzt und fürchtet um das Leben ihrer Mitschwestern. Serafinas Meisterin Catherina macht sich gemeinsam mit Hedwig, einem Neuzugang im Beginenhaus, auf den Weg nach Konstanz, um den Bischof um Hilfe zu bitten. Dabei müssen die beiden Frauen auch durch das gefürchtete Höllental. Als eine Gauklertruppe mit einer schwerverletzten Frau in Freiburg ankommt, die sie am Ausgang dieses Tales gefunden haben, sind auch Serafina und Achaz nicht mehr zu halten. Die Beiden begeben sich ebenfalls ins gefürchtete Tal Richtung Konstanz....

Wie schon im letzten Band gibt es zu Beginn ein Personenregister, welches auch Quereinsteiger ermöglicht die vielen Figuren zuzuordnen. Wer die Reihe schon kennt, hat keine Probleme damit, da es sich neben ein paar neuen Namen um altbekannte Charaktere aus den Vorgängerbänden handelt. Diesmal ist auch eine Karte der Höllenschlucht integriert, sowie ein Glossar am Ende des Buches.

Wer Serafina noch nicht kennt, wird schnell feststellen, dass sie eine sehr sympathische Protagonistin ist, die meistens intuitiv handelt bevor sie nachdenkt. Das bringt sie immer wieder in größere Schwierigkeiten. Dabei hat sie aber das Herz auf den rechten Fleck und ist eine hilfsbereite Frau, die sich für Gerechtigkeit einsetzt und zupacken kann.
Die mittelalterliche Stimmung und Atmosphäre hat die Autorin wieder hervorragend eingefangen. Der damalige Aberglaube spielt ebenso eine große Rolle, wie die Arbeit der Beginen.

Der Krimianteil, den wir aus den anderen Büchern der Reihe kennen und bei dem Serafina leidenschaftlich ihre Nase in Dinge steckt, die sie immer wieder in lebensgefährlichen Situationen bringt, ist in diesem vierten Band kleiner gehalten. Sie spielt diesmal weniger Ermittlerin, als in den ersten drei Bänden, ist aber wieder mitten im Geschehen. Trotzdem ist der Spannungsbogen sehr hoch, denn natürlich befindet sich unsere zukünftige Arztfrau sehr schnell wieder in Schwierigkeiten. Überraschende Wendungen lassen keinerlei "Ermüdungserscheinungen" beim Lesen aufkommen und man fliegt nur so durch die Seiten. Ich war in einigen Stunden durch und habe es sehr genossen Serafina zu begleiten.

Man kann diesen Roman alleinstehend lesen, jedoch empfehle ich bei Bänden immer die Reihenfolge einzuhalten. Durch das Lesen der Vorgängerbände lassen sich alle handelnden Figuren verstehen und ihre Entwicklung besser nachvollziehen.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Astrid Fritz ist bei dieser Reihe leicht und flüssig zu lesen. Wie immer sind die historischen Begebenheiten hervorragend recherchiert, die Sprache ist der Zeit angepasst. Der Spannungsbogen wird diesmal sehr hoch gehalten und bleibt auch konstant.

Fazit:
Für Einsteiger in das historische Genre ist diese Reihe rund um die Begine Serafina perfekt geeignet. Der leichte und flüssige Schreibstil und die spannenden Elemente lassen einem durch das Buch rasen. Man rätselt und fiebert mit der sympathischen zukünftigen Frau des Medicus mit und erhält ebenfalls die gewünschte mittelalterliche Atmosphäre.