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Veröffentlicht am 02.05.2025

Bluttränen

Tödliches Gebet
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Es freut mich sehr, dass René Anour seine neue Reihe fortsetzt. Mit dem zweiten Teil seines eher ungewöhnlichen Ermittlers Louis Campanard habe ich mich schnell angefreundet und mit dem spannenden und ...

Es freut mich sehr, dass René Anour seine neue Reihe fortsetzt. Mit dem zweiten Teil seines eher ungewöhnlichen Ermittlers Louis Campanard habe ich mich schnell angefreundet und mit dem spannenden und rätselhaften Prolog ist man sofort mitten im Geschehen.

Wir sind zurück in der Provence und diesmal muss Commissaire Companard in einem Kloster ermitteln. Dort gehen merkwürdige Dinge vor. Ein Pater wird vermisst, ein zweiter stirbt bei einem mysteriösen Unfall. Zusätzlich soll der Teufel innerhalb der Mauern sein Unwesen treiben. In einem YouTube Video, welches das Kloster sehr erfolgreich verbreitet, sieht man plötzlich keine meditativen Bilder mehr, sondern einen Pater mit blutigen Tränen....

Für Campanrad wird es kein einfacher Fall, denn der verunglückte Frère Bernard war ein guter Freund des Ermittlers. Er stand ihm vor langer Zeit hilfreich zur Seite.
Während Campanard verdeckt im Zisterzienserkloster ermittelt, sind Pierre Olivier und die neue ernannte Sonderermittlerin Linda Delacours im nahegelegenen Dorf auf Spurensuche. Die zuständige Polizistin ist jedoch keine wirklich große Hilfe, sondern legt sich vor allem mit Linda Delacours an. Bald befinden sich alle drei in großer Gefahr....

Der Krimi liest sich wieder äußerst unterhaltsam und spannend. Der Einstieg mit dem rätselhaften Prolog erzeugt sofort Neugierde. Der Spannungsbogen legt in der zweiten Hälfte noch ordentlich zu. Die Einblicke ins Klosterleben sind interessant und halten auch einige Überraschungen parat. René Anour gelingt es perfekt falsche Fährten zu legen und den Leser in die Irre zu führen.

Die Handlung spielt unweit von Grasse, Gordes und dem Kloster Notre Dame de Sénanque. Die im Buchumschlag abgebildete Landkarte hilft uns zu orientieren, in welchen Teil Frankreichs die Handlung spielt. Lokalkolorit, sowie die Beschreibungen der Lavendelfelder und der wunderschönen Landschaft haben mich - trotz der Morde ;) - von einer Reise nach Südfrankreich träumen lassen. Die kulinarischen Köstlichkeiten dieser Umgebung finden ebenfalls Platz in der Kriminalgeschichte. Hier gibt es auch einen amüsanten Fakt betreffend einer eigenen Erfahrung des Autors....

Die Charaktere sind facettenreich und sympathisch. Campanars geliebte Hawaiihemden sind diesmal etwas in den Hintergrund getreten und weichen der Mönchskutte, die er in der Abtei anlegen muss.
Linda wird fest ins Team aufgenommen und Olivier schlägt sich mit Selbstzweifeln rum.
René Anour deutet so einiges aus der Vergangenheit seines Ermittlerteams an, was in den folgenden Bänden wohl noch zu einigen Überraschungen führen wird. Noch sind wir aber bei Band 2 und nur nach und nach werden einige kleine Geheimnisse gelüftet, was alle drei Ermittler betrifft. Ich bin schon gespannt, was alles dahinterstecken wird...

Fazit:
Diese Reihe lebt neben dem Fall, der aufzuklären ist, von den drei sehr unterschiedlichen Ermittlern, der südfranzösischen Landschaft und dem Humor des Autors. Ich werde weiterhin Commissar Campanard treu bleiben und freue mich schon auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 28.04.2025

Paris und die Kunst

Montmartre - Licht und Schatten
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Marie Lacrosse entführt uns in ihrem neuen Roman "Montmartre - Licht und Schatten" in das Paris von 1866 bis 1889.
Was heute ein äußerst charmanter Teil von Paris ist, den man bei jeder Parisreise unbedingt ...

Marie Lacrosse entführt uns in ihrem neuen Roman "Montmartre - Licht und Schatten" in das Paris von 1866 bis 1889.
Was heute ein äußerst charmanter Teil von Paris ist, den man bei jeder Parisreise unbedingt besuchen muss, steckte im 19. Jahrhundert noch in den Kinderschuhen. Die berühmte Basilika Sacre Coeur wurde erst erbaut und das Viertel hat noch den Charme eines Dorfes auf einem Hügel. Einzig Künstler, sowie Tänzerinnen und auch einschlägige Etablissements begannen sich im heutigen 18. Arrondissement anzusiedeln.

Am 20. Juni 1866 erblicken zwei Mädchen, Elise und Valérie, das Licht der Welt, deren sozialen Hintergründe nicht verschiedener sein könnten, aber von der gleichen Hebamme entbunden werden.

Elise Lambert wächst als Tochter einer Wäscherin auf, deren Vater die Familie verlassen hat. Schon früh muss sie hart in derselben Wäscherei wie ihre Mutter arbeiten, um genug Geld zum täglichen Überleben für die Familie aufzubringen. Das Leben als Wäscherin oder Plätterin und vor allem als Frau war hart und entbehrungsreich.
Elise liebt den Tanz und lernt durch ihre Freundin Louise Weber diverse Varietés kennen, wo diese bereits erfolgreich auftritt. Gemeinsam feiern sie auf der Bühne Erfolge. wobei sich Louise eher freizügig gibt, während Elise durch ihre Grazie auffällt.

Valérie Dumas ist die Tochter eines bekannten Kunsthändlers und selbst eine begabte Malerin. Als Frau hat sie jedoch keine Möglichkeiten ihre Bilder unter ihren Namen auszustellen oder als Künstlerin anerkannt zu werden. Ihr Vater verschafft ihr durch finanzielle Unterstützung trotz allem einen Platz in der Akademie. Valérie, darf jedoch an vielen Unterrichtsfächern nicht teilnehmen oder nur zusehen. Sie lernt Henri Toulouse-Lautrec und Vincent Van Gogh kennen, die beide durch ihre individuellen Stile auffallen. An der Kunstakademie herrscht jedoch die strenge Vorschrift nach alter Schule zu malen und auch Valeries Vater lehnt jedes moderne Bild für seine Galerie ab.
Während Valérie keine Geldsorgen, sondern kaum Freiheiten hat und von ihrer bigotten Mutter sehr gegängelt wird, hat Elise zwar Freiheiten, aber einige andere Probleme betreffend des Familieneinkommens, ihrer Arbeit und ihrer Schwester Simone.
Viele der jungen Mädchen stellen sich als Aktmodel für die angehenden Maler zur Verfügung. Auch Elise legt ihre anfängliche Scheu ab, als das Geld immer knapper wird.

Marie Lacrosse bringt jede Menge Historie in die Geschichte. In dieser Zeit wurden Bauten errichtet, die heutige Wahrzeichen von Paris sind. Man erfährt mehr über den Bau des Eiffelturms zur Pariser Weltausstellung 1889, dem anfänglich nicht sehr erfolgreichen Bau des Panamakanals, bei dem Gustav Eiffel aushelfen sollte; der wunderschönen Kirche Sacre Coeur und auch über den Bau des Moulin Rouge....der roten Mühle.

Wir erfahren auch sehr viel über die Malerei und den Stilrichtungen zu dieser Zeit. Lernen Henri Toulouse-Lautrec, Paul Gauguin, Edgar Degas oder auch Vincent Van Gogh kennen, der zu Lebzeiten nicht erfolgreich war und über dessen Sonnenblumenbild gespottet wurde.
Auch über Louise Weber, genannt "La Goulue" und im Roman Elises fiktive Freundin, erfahren wir sehr viel. Von ihr hatte ich zuvor noch nie gehört, dabei war sie eine sehr berühmte Cancan Tänzerin und auch auf einigen Bildern von Toulouse-Lautrec zu sehen.

Ich habe sehr oft beim Lesen gegoogelt und mich über Personen oder historische Begebenheiten näher erkundigt und ich war neugierig, wie die dargestellten Orte heute aussehen.
Diese wurden sehr bildhaft und detailgetreu dargestellt. Marie Lacrosse schildert das Leben im 19. Jahrhundert sehr facettenreich und lebendig - egal, ob aus der Schicht der Ärmsten oder der Reichen.
Allerdings gibt es im Mittelteil auch einige Längen, die die Geschichte etwas dahinplätschern lässt. Ich muss aber auch zugeben, dass ich mich schon eine Weile mit historischen Romanen abseits der beiden Weltkriege, etwas schwer tue, was sicher auch dazu beiträgt.
Der Roman ist in fünf Teile aufgeteilt und spielt von Juni 1866 bis Oktober 1889. Generell bilden die Malerei und der Tanz den roten Faden des Romans - verwebt mit den Schicksalen der beiden Frauen, die am selben Tag geboren wurden und die beide ihr Ziel nie aus den Augen verlieren.

Am Beginn des Romanes befindet sich eine Karte von Montmartre und ein Personenregister historischer und fiktiven Figuren, die im Roman genannt werden.
Im Nachwort geht die Autorin näher auf Realität und Fiktion ein. Außerdem gibt es einen Eintrag über die verschiedenen Stilrichtungen der Malerei zu dieser Zeit, sowie eine Aufzählung der erwähnten Werke.

Fazit:
Wer mehr über die Malerei und die Kunst des Cancan am Ende des 19. Jahrhunderts in Paris erfahren möchte, ist hier richtig. Ich habe hier sehr viel Neues erfahren und gelernt. Auch Liebhaber:innen von historischen Romanen lege ich diesen ersten Band der Dilogie ans Herz.

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Veröffentlicht am 26.04.2025

Buch und Blume

Die Zuverlässigkeit des Zufalls
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Der neue Roman von Lilli Beck ist diesmal im Atlantik Verlag veröffentlich worden und liest sich auch deutlich "einfacher" als ihre Hardcover Einzelbände aus dem Blanvalet Verlag.
Ich muss ehrlich sagen, ...

Der neue Roman von Lilli Beck ist diesmal im Atlantik Verlag veröffentlich worden und liest sich auch deutlich "einfacher" als ihre Hardcover Einzelbände aus dem Blanvalet Verlag.
Ich muss ehrlich sagen, dass mir ihre Romane, die rund um die beiden Weltkriege oder der Nachkriegszeit besser gefallen, als ihre Gegenwartsliteratur. Auch ihre letzte Trilogie fand ich etwas zu "leicht" und hatte nicht die Tiefe ihrer ersten Romane, obwohl Lilli Beck immer wieder ernste Themen aufgreift. In "Die Zuverlässigkeit des Zufalls" geht es zum Beispiel um Trauerbewältigung.

Nina-Marie hat vor drei Jahren ihre große Liebe Eric verloren. Seitdem vergeht kein Tag, an dem sie nicht an ihn denkt. Der Zufall hat Eric damals in den kleinen Blumenladen ihrer Mutter geführt und sie haben eine wunderschöne gemeinsame Zeit miteinander verlebt. Als kurz nach Erics Tod die kleine Änderungsschneiderei neben dem Blumengeschäft ihrer Mutter zusperrt, erfüllt sich Nina-Marie den Traum einer eigenen Buchhandlung. Mit "Buch und Blume" - Buchladen und Blumengeschäft - ist sie in Berlin-Spandau ab sofort eine gefragte Geschäftsfrau.
Als sie statt einer Stammkundin, die jede Woche duftende Blumensträuße abholt, diese direkt an den Empfänger liefern soll, steht sie vor ihrem Lieblingsschriftsteller, der schon lange keinen neuen Krimi mehr veröffentlicht hat. Der mürrische Mann, der so gar nicht in das Bild von Nina-Maries Lieblingsautor passt, hat einen schweren Schicksalsschlag hinter sich. Dabei trifft sie auch auf dessen Sohn Jack, den sie aus derselben Selbsthilfegruppe kennt, die sie manchmal besucht. Nina-Marie möchte, dass der Schriftsteller wieder zurück zu sich selbst findet und seine Krimireihe weiterschreibt und macht sich ihre eigenen Gedanken..

Um ihre eigene Trauer aufzuarbeiten, beginnt sie ihre Zeit mit Eric aufzuschreiben. Dadurch erfahren die Leser in Rückblenden, wie sich die Beiden kennen- und lieben gelernt haben.

Neben der Trauerbewältigung geht es - wie das süße Cover bereits verrät - viel um Bücher, was mit ein Grund war, dass ich zu diesem Roman gegriffen habe. Ich mochte die Atmosphäre, die durch "Buch und Blume" entsteht und die Lilli Beck ganz wunderbar vermittelt hat.
Obwohl Nina-Maries Geschichte sehr bewegend ist, konnte ich nicht so ganz nachvollziehen, dass sie auch nach drei Jahren noch immer laufend in Tränen ausbricht und komplett in ihrer Trauer gefangen ist. Jeden Tag denkt sie an Eric, sie träumt von ihm und sie vergleicht jeden und alles mit ihrer großen Liebe. Ihr Tag besteht aus ihrer Arbeit im Blumenlädchen und ihrem Buchladen. Sie hat sich total zurückgezogen und trifft nur manchmal ihrer Freundin, die auf einem Kreuzfahrtschiff arbeitet und deshalb auch selten für sie da ist.

Die einzelnen Figuren sind sehr lebendig gezeichnet und ich konnte sie mir lebhaft vorstellen. Die verschiedenen Charaktere bereichern - bis hin zur kleinsten Nebenfigur - den Roman. Besonders den Zusammenhalt zwischen Mutter und Tochter mochte ich sehr.
Der Schreibstil von Lilli Beck ist gewohnt bildhaft und lebendig.

Manche Themen rund um den Krimiautor und einem Vorfall im letzten Drittel des Buches fand ich hingegen etwas unausgegoren. Vor allem die Beschuldigung und die eher lasche und unaufgeregte Auflösung dieses Ereignisses kam mir zu kurz.

Fazit:
Eine nette Geschichte über Trauerbewältigung, aber auch Wohlfühlthemen, wie Bücher und Blumen und dem Zufall, der so einiges ins Rollen bringt. Dass die Geschichte lange in Erinnerung bleiben wird, bezweifle ich allerdings.

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Veröffentlicht am 23.04.2025

Die vielen Gesichter der Einsamkeit

Die Anatomie der Einsamkeit
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Der Erstling von Louise Pelt "Die Halbwertszeit von Glück" hat mir sehr gut gefallen und deshalb war ich schon neugierig auf ihren neuen Roman.
Auch diesmal haben wir verschiedene Zeitebenen, aber nur ...

Der Erstling von Louise Pelt "Die Halbwertszeit von Glück" hat mir sehr gut gefallen und deshalb war ich schon neugierig auf ihren neuen Roman.
Auch diesmal haben wir verschiedene Zeitebenen, aber nur zwei Hauptprotagonistinnen, die irgendwie miteinander verbunden zu sein scheinen. Wie schon in ihrem Debüt erfährt man erst relativ spät, wie alles zusammenhängt und rätselt sehr lange, wie die beiden Geschichten zusammenhängen könnten.

Nach einem dramatischen Prolog aus dem Jahr 1950, der mich anfangs ratlos zurückließ, starten wir ins erste Kapitel.
Im Jahr 2000 lernen wir die erfolgreiche New Yorker Anwältin Claire kennen, die vor kurzem einen sehr lukrativen Abschluss hinter sich hat. Mit ihrem Kollegen Will hat sie eine geheime Affäre, bei der sie seit langer Zeit wieder so etwas wie Nähe zu einem anderen Menschen spürt und zulässt. Seit dem Bruch mit ihrer Zwillingsschwester Iris hat sie niemanden mehr an sich herangelassen. Ihr Leben auf der Überholspur ließ dies auch kaum zu. Doch auch Will enttäuscht sie. Als sie zusätzlich noch die Nachricht von Iris Tod erhält, verliert die toughe Erfolgsfrau den Boden unter den Füßen. Sie nimmt sich eine kleine Auszeit und fliegt auf die kleine Insel, auf der ihre Schwester die letzten Jahre gelebt hat. Dass diese Insel bis auf das Haus von Iris unbewohnt und nur mit dem Boot erreichbar ist, stürzt die New Yorkerin, die Trubel gewohnt ist, in eine Krise. Die Einsamkeit packt sie und nur langsam findet sie Zugang zu der Welt ihrer Zwillingsschwester. Nach und nach wird aufgedeckt, wie es zum Bruch der beiden Schwestern kam....

Im Jahr 2022 sind wir bei Olive in London. Sie ist Journalistin und nicht glücklich in ihrem Job. Sie will endlich über anspruchsvolle Themen schreiben. Als sie wieder von ihrer Chefin übergangen wird, ist sie wütend. Sie fühlt sich einsam, nirgends zugehörig und allein. Als sie einen Anruf von ihrer Schwester Sadie erhält und diese ihr anschließend ein Foto eines Artikels aus einer deutschen Zeitung schickt, wird Olive hellhörig. Im Keller eines Wohnhauses in Hamburg wurde eine eingemauerte Leiche gefunden, die einen ganz besonderen Kompass in Händen hält. Olives Kompass, den sie von ihrer geliebten Großmutter Poppy als vorgezogenes Erbe bekommen hat, gleicht diesem Teil aufs Haar. Doch laut einem Begutachter ist ihr Kompass ein Einzelstück. Da ihre Großmutter seit einem Schlaganfall pflegebedürftig und kaum mehr ansprechbar ist, möchte Olive herausfinden, was es mit diesem identen Kompass auf sich hat. Sie schlägt ihrer Chefin eine große Story dazu vor, die diese tatsächlich annimmt. Gemeinsam mit dem Fotografen Tom, der für die Zeitung alles festhalten soll, macht sich Olive auf den Weg nach Hamburg.

Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht von Olive und Claire erzählt. Was die beiden Frauen verbindet, deren Leben auf zwei verschiedenen Kontinenten und durch zwanzig Jahre getrennt ist, wird erst nach und nach ersichtlich. Dass der Kompass dabei eine große Rolle spielt, ist allerdings bereits aus dem Klappentext augenscheinlich. Die Geheimnisse rund um Poppy, die in ihre Vergangenheit führen, sind spannend erzählt und doch hat man bald eine Ahnung, wohin sie führen könnten. Trotzdem gibt Louise Pelt nur so viel frei, dass immer nur ein Puzzlestück nach dem anderen aufgedeckt wird.

Die Charaktere sind sehr authentisch dargestellt. Beide Hauptfiguren sind sehr mit sich selbst beschäftigt und sie verbindet das Gefühl nirgends dazu zugehören.
Während Claire kontrolliert und ehrgeizig, kühl und einsam wirkt, ist Olive eine junge Frau mit wenig Selbstvertrauen, etwas tollpatschig und unstrukturiert. Sie hatte ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Großmutter, welches seit dem Schlaganfall etwas schwierig geworden ist. Olive macht sich große Sorgen um Poppy und war enttäuscht, als sie "nur" einen Kompass vererbt bekommen hat, während ihre Geschwister ihren VW Bus oder eine Perlenkette erhalten haben.

Über jedem Kapitel steht der Name, der Monat und das Jahr, damit wir als Leser wissen, wessen Geschichte wir gerade lesen. Meistens endet der Abschnitt mit einem kleinen Cliffhanger. Deshalb möchte man am liebsten sofort weiterlesen, um mehr zu erfahren. Zusätzlich gibt es zwischen den einzelnen Kapiteln Gedichte aus den Vierziger Jahren, die in Deutschland und Dänemark geschrieben wurden.

Louise Pelt ist es wieder gelungen diesen vielschichtigen Roman einfühlsam und mitreißend zu erzählen. Trotz der ruhigen Erzählweise, wollte ich keine der beiden Frauen verlassen, wenn die Sichtweise gewechselt wurde. Trotz kleiner Längen in der Mitte des Romans fieberte ich dem Ende entgegen - mit dem Wunsch eines Aufeinandertreffens und der Relativierung dieser Tragödie, die sich über Jahrzehnte gezogen und einige Familien über Generationen hinweg, beeinflusst hat.

Fazit:
Im Roman geht es um die Einsamkeit mit ihren verschiedenen Facetten und über ein Geheimnis, welches Familien über Generationen beeinflusst hat. Aber auch um einen Neuanfang und dem Finden zu sich selbst. Wieder ein wunderschöner Roman der Autorin!

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Veröffentlicht am 22.04.2025

Etwas verwirrend

Haltlos
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Der neue Psychothriller von Sarah Nisi hat mich diesmal ziemlich verwirrt. Die Spannung beginnt von der ersten Seite, aber der rasche Wechsel zwischen einzelnen Personen und verschiedenen Rückblicken und ...

Der neue Psychothriller von Sarah Nisi hat mich diesmal ziemlich verwirrt. Die Spannung beginnt von der ersten Seite, aber der rasche Wechsel zwischen einzelnen Personen und verschiedenen Rückblicken und Einsichten, machten es mir anfangs doch etwas schwer.

Aus ungewisser Ursache stürzt Emilys Freundin Liv vor ihren Augen auf die U-Bahn Gleise der Londoner Underground. Emily fühlt sich am Tod ihrer besten Freundin schuldig und hat ein schlechtes Gewissen, weil sie sich seit diesem Augenblick an nichts mehr erinnern kann. Emily leidet seit diesem Vorfall an einer posttraumatischen Amnesie und kann ihren Alltag nicht mehr bewältigen- Sie musste sogar ihr Studium abbrechen. Neben den Gedächtnisverlust hat sie auch Panikattacken und Schlafstörungen. Medikamente sollen sie ruhigstellen, doch Emily möchte endlich wissen, was damals genau passiert ist. War es Mord, ein Unfall oder Selbstmord? Immer wieder geht sie zur Unglücksstelle in der Holborn Station und befragt Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes.
Auf eine Bitte von Livs Mutter zieht sie in dessen Wohnung, um diese aufzulösen. Nebenan wohnt Shakes, ein Kleinkrimineller, der Emily irgendwie bekannt vorkommt, ihr aber auch Unbehagen bereitet. Er gibt an Liv kaum gekannt zu haben, doch Emily glaubt ihm nicht...

Neben dem Erzählstrang um Emily, der die Haupthandlung bildet, haben wir kleine Rückblenden und Auszüge aus Livs Tagebuch und auch Einblicke in Shakes Leben. Dazwischen gibt es immer wieder Kapitel eines namenlosen Patienten, der sich in einer Therapiesitzung befindet. Man erkennt eindeutig einen Psychopaten, der mit seinem Arzt spricht und spielt.
Die verschiedenen Blickwinkel, die mich anfangs verwirrten, führen mit der Zeit immer mehr zusammen, verraten aber lange Zeit kaum etwas. Als Leser rätselt man, was wohl ans Licht kommt, wenn Emily sich wieder erinnern kann und trotzdem möchte man es am liebsten sofort wissen. Der Spannungsbogen steigt dadurch an, denn als Leser weiß man genauso wenig wie Emily selbst. Zusätzlich fragt man sich, ob sie eine zuverlässige Erzählerin ist.
Shakes wirkt als ehemaliger Häftling gleichermaßen undurchsichtig. Aber auch Emilys Exfreund Alex, ein Polizist, der ebenfalls im selben Wohnkomplex wohnt, erschien mir etwas fragwürdig.
So richtig konnte ich zu keinen der Figuren eine Verbindung aufbauen.

Erst nach der Hälfte hat der Thriller Fahrt aufgenommen und konnte mich richtig in den Bann ziehen. Sarah Nisi hat das Konzept der posttraumatische Amnesie plausibel mit der Handlung verknüpft. Der Fokus liegt auf psychologischen Aspekten und Hintergründen, die die Autorin in einem Nachwort noch genauer beschreibt.

Trotz der hohen Spannung ab der zweiten Hälfte des Buches und einigen überraschenden Wendungen, konnte mich der Psychothriller nicht komplett packen. Vor allem zu Beginn hatte ich große Schwierigkeiten in die Geschichte zu finden. Obwohl "Haltlos" komplett anders als die anderen beiden Thriller der Autorin ist, hat mich auch dieser nicht gänzlich überzeugen können.

Cover:
Ich habe keine weiteren Cover gefunden. Sarah Nisi ist deutsche Autorin und lebt seit 2012 in London. Sie dürfte ihre Bücher auf deutsch schreiben.

Fazit:
Ein unblutiger Psychothriller, der erst ab der zweiten Hälfte richtig spannend wird und der mich nicht gänzlich überzeugen konnte. Die Idee und diverse Plottwists haben mir aber gefallen. Ich bin mir allerdings unsicher, ob ich die kommenden Thriller der Autorin lesen werde.

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