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Veröffentlicht am 09.09.2025

Interessante neue Ermittlerin

Dunkle Sühne
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Lange Zeit war ich unsicher, ob es sich hier wirklich um eine neue Reihe von Karin Slaughter handelt, nachdem der Harper Collins Verlag dieses Cover - angelehnt an die letzten beiden ins Deutsche übersetzte ...

Lange Zeit war ich unsicher, ob es sich hier wirklich um eine neue Reihe von Karin Slaughter handelt, nachdem der Harper Collins Verlag dieses Cover - angelehnt an die letzten beiden ins Deutsche übersetzte Thriller der Autorin - verwendet hat. Und nachdem ich jetzt diese Geschichte gelesen habe, frage ich mich umso mehr, was sich der Verlag dabei gedacht hat?!
Es ist nicht ersichtlich, dass es sich hier um den ersten Band der North Falls Reihe handelt und ein Bär kommt in der Geschichte ebenfalls nicht vor. Der Thriller spielt im Bundesstaat Georgia, wo zwar Schwarzbären vorkommen, aber eher in der nördlichen Bergregion.

Es ist der 4. Juli, der Nationalfeiertag der Amerikaner, der jedes Jahr groß gefeiert wird. In North Falls wird jedoch nach dem großen Feuerwerk nach zwei 14-jährigen Mädchen gesucht. Madison und Cheyenne sind spurlos verschwunden - nur ihre Fahrräder und einige Blutspuren werden gefunden. Für Emmy Clifton, dem örtlichen Deputy, ist die Suche nach den beiden Mädchen eine persönliche. Madison ist die Tochter ihrer besten Freundin Hannah und sie außerdem deren Patin. Die Suche gleicht einer Nadel im Heuhaufen, denn bei Kindesentführungen ist das Zeitfenster besonders wichtig. Bei ihren Ermittlungen gräbt Emmy immer tiefer und entdeckt, dass die beiden verschwundenen Mädchen Geheimnisse hatten, die niemand erahnte.

Zwölf Jahre später wird der damals vermeintliche Täter freigelassen und kurz darauf verschwindet wieder ein 14-jähriges Mädchen spurlos. Ein Mob aus Einwohnern versammelt sich vor dem frühzeitig entlassenen Mann, doch dieser hat ein Alibi. Die Ermittlungen werden wieder aufgenommen und führen schlussendlich zur schrecklichen Wahrheit....

Die letzten Thriller von Karin Slaughter konnten mich teilweise nicht mehr so begeistern, wie einst ihre Sara Linton und Jeffrey Tolliver Reihe. Die Will Trent Reihe war für mich teilweise dann eher zu langsam erzählt, aber es waren auch gute Bücher dabei. Ihr letzter Thriller "Letzte Lügen" fand ich hingegen wieder großartig, auch wenn dieser bereits für mich eine Überlänge hatte. Deswegen musste ich mir das neue Buch gleich mal in meiner Bücherei reservieren lassen.

Auch der Reihenstart ihrer neuen Reihe ist zu detailliert für einen Thriller und hat Überlängen.
Das atmosphärische Kleinstadtsetting gefiel mir gut und lässt für die kommenden Bände - ähnlich wie bei Romance Romanen - ein Feeling aufkommen, dass man viele der Menschen bereits kennt. North Falls ist eine Kleinstadt, wo jeder jeden kennt und die Familie Clifton das Sagen hat. Emmy Clifton, die ermittelnde Deputy, gehört zwar ebenfalls zum Clifton-Clan, jedoch ist ihr Zweig der Familie eher der geduldete, obwohl ihr Vater Gerald der Sheriff der Stadt ist. Sie gehören nicht wirklich zu den reichen und privilegierten Cliftons.
Die Handlung ist langsam fortschreitend und wird sehr detailliert erzählt. Auch die Ermittlungsarbeiten werden sehr detailverliebt durchgenommen. Dadurch entstehen vor allem in der Mitte einige Längen.
Die Themen, die Slaughter aufgreift, sind jedoch gleichbleibend aktuell. Es geht um Kindesentführung und -missbrauch, toxische Beziehungen, Teenagerprobleme, Diskriminierung von Frauen....

Und es sind auch so einige Figuren, die Slaughter in ihren Thriller packt. Neben Emmy, ihrem Vater Gerald und Sohn Cole, Ehemann Jonah und Freundin Hannah, gibt es zahlreiche Nebenfiguren. Manche davon spielen eine größerer Rolle, manche davon kommen nur kurz vor.
Dadurch bleiben oft viele Charaktere blass - auch die Hauptfiguren. Emmy hat jedoch Potential in den nächsten Bänden eine überzeugende Hauptprotagonistin zu werden, die den Lesern ans Herz wächst. Sie besitzt Pflichtgefühl und eine Kombinationsgabe, die heraussticht. Sie ist sehr strukturiert und das krasse Gegenteil zur FBI-Psychologin Jude, die bei der Entführung zwölf Jahre später zu den Ermittlungen dazu stößt. Jude ist eine sehr interessante Figur, die den Leser noch überraschen wird.

Im letzten Viertel kommt dann richtig Spannung auf und Slaughter überrascht uns mit unvorhersehbaren Wendungen.
Einige Übersetzungen ins Deutsche fand ich etwas holprig, aber das liegt nicht an der Autorin.

Fazit:
Der erste Fall für Emmy Clifton ist kein Pageturner, aber ich wollte trotzdem unbedingt wissen, was hinter den Fällen steckt und wie es weiter geht. Beginn und Ende sind stark, die Mitte hat so einige Längen. Es gibt bessere Thriller von Karin Slaughter, aber ich bin trotzdem neugierig, wie es mit Emmy Clifton weitergehen wird.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.09.2025

Zeitgeschichte als großartig umgesetzte Familientrilogie

Blankenese - Zwei Familien
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Im dritten und letzten Band der Blankenese Trilogie von Michaela Grünig sind wir in den 1970iger Jahren unterwegs und bei der nächsten Generation angelangt. Die Kinder von Sonja Casparius-Koenig treten ...

Im dritten und letzten Band der Blankenese Trilogie von Michaela Grünig sind wir in den 1970iger Jahren unterwegs und bei der nächsten Generation angelangt. Die Kinder von Sonja Casparius-Koenig treten in den Vordergrund. Die 68iger Generation beginnt sich gegen ihre Eltern aufzulehnen. Sie wollen wissen, wie sich diese während des Zweiten Weltkrieges verhalten haben und erhalten oftmals keine Antworten. Die Studenten gehen auf die Straße und demonstrieren gegen den Staat. Es ist der Beginn der Rote Armee Fraktion (RAF), die die folgenden Jahre Deutschland und auch Resteuropa mit Attentaten und Entführungen in Angst und Schrecken versetzten.

Ulrike Casparius-Koenig, die älteste Tochter von Sonja und Friedrich, hat kein Interesse an der Reederei und studiert Journalismus. Sie möchte selbstständig sein und von den Geschehnissen in der ganzen Welt berichten. Außerdem sympathisiert Ulrike mit der Studentenbewegung und hat einen Freund, der RAF Sympathisant ist. Ulrike soll trotzdem - anstelle ihres Bruders Albrecht, der in der Welt herumreist und das Leben genießt - in den Familienbetrieb einsteigen und eventuell übernehmen. Doch wird Ulrike glücklich mit dieser Entscheidung?
Ihre jüngere Schwester Sabine ist eine eher labile Persönlichkeit. Sie findet in der Schule keinen Anschluss und wird teilweise gemobbt. Mit Ulrikes Hilfe darf sie endlich die Schule wechseln und findet Freunde. Doch dann passiert ein großes Unglück und Sabine gerät auf die schiefe Bahn....

Kurt Jacobsen, Sonjas Großcousin, arbeitet für die Bundesanwaltschaft. Er kämpft für die gerechte Bestrafung ehemaliger Nazigrößen und nimmt später auch den Kampf gegen die RAF auf. Diese nimmt in diesem Teil der Reihe viel Platz ein. Man erfährt vom Beginn der Studentenbewegung und der Radikalisierung einzelner - bis hin zu den ersten Anschlägen, Entführungen und Morde.

Michaela Grünig hat diese Epoche sehr bildhaft dargestellt und auch weitere wichtige politische Ereignisse geschickt in die Story eingeflochten. Die Auflehnung der Jugend gegen die Eltern und Großeltern, die über die Naziherrschaft schweigen und viele noch den alten Meinungen anhängen, bringt viele auf die Barrikaden. Doch die Radikalisierung in die andere Richtung bringt ebenfalls viel Leid.
Besonders bei Sabine erkennt man, wie leicht man sensible und unsichere Menschen auf den falschen Weg geleiten kann. Durch Vorspiegelung von Anerkennung gelingt es leicht, einsame und Menschen ohne Selbstbewusstsein einer Gehirnwäsche zu unterziehen.

Die Charakterentwicklung einzelner Figuren ist der Autorin sehr gelungen. Einzig Sonja war mir in diesem Teil lange Zeit nicht wirklich sympathisch. Ich vermisste die junge Sonja aus dem zweiten Teil, die auch Kompromisse einging und ein Herz hatte.
Natürlich gibt auch ein Wiedersehen mit Charakteren aus den Vorgängerbänden, auch wenn der Hauptaugenmerk diesmal auf die jüngste Generation der Familien Casparius-König und Jacobsen liegt. Das Ende hat mich jedoch etwas zerstört zurückgelassen....

Sehr hilfreich fand ich auch das zu Beginn angeführte Personenregister und das Nachwort der Autorin zu den historischen Hintergründen.

Fazit:
Michaela Grünig hat wieder toll recherchiert und einen fesselnden dritten Teil ihrer "Blankenese-Reihe" geschrieben. Eine sehr lesenswerte Trilogie, die ich gerne weiter empfehle!

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Veröffentlicht am 05.09.2025

Außergewöhnlicher Familienroman

Die Freiheit so weit
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Nachdem mir der erste Band "Der Unendlichkeit so nah" großartig gefallen hat, war ich schon sehr neugierig auf den zweiten und letzten Band - vor allem nachdem der Vorgänger mit einem miesen Cliffhanger ...

Nachdem mir der erste Band "Der Unendlichkeit so nah" großartig gefallen hat, war ich schon sehr neugierig auf den zweiten und letzten Band - vor allem nachdem der Vorgänger mit einem miesen Cliffhanger geendet hat.
Es ist sinnvoll den Vorgänger zuerst zu lesen, denn die Vorgeschichte aus dem ersten Band ist wichtig für das Verständnis der Handlung in "Die Freiheit so nah". Außerdem schließt Band zwei direkt an Band eins an.

Nachdem Emma und Elias einen schweren Unfall hatten, liegt Elias im Koma. Auch Emma ist verletzt und kann sich nicht an den Unfallhergang erinnern. Zurück in Deutschland steht ihre Bewerbung für die ESA an und Michael steht plötzlich wieder vor der gemeinsamen Wohnung und will die Trennung nicht anerkennen. Emma weiß bald nicht mehr, wo ihr der Kopf steht, denn Michael drängt, die Eltern verstehen sie anfangs nicht und Elias erkennt sie nicht....werden die Beiden wieder zusammen finden?

Im Teil, der in der Vergangenheit spielt, sind wir einerseits wieder in Temeswar in Rumänien, welches 1916 noch zu österreichischen Monarchie gehörte. Dort lebten vor allem deutsch- und ungarisch stämmige Einwohner. Susanna hat in ihrer Heimat schwer um Anerkennung zu kämpfen und hat einige schwere Prüfungen zu überstehen.
Im zweiten Handlungsstrang in der Vergangenheit sind wir in New York bei Marie, die mit ihrem Vater Temeswar noch vor Beginn des ersten Weltkrieges verlassen hat. Beide versuchen sich in Brooklyn ein neues Leben aufzubauen. Obwohl sie Juden sind, erfahren auch sie - kurz bevor die USA in den Zweiten Weltkrieg einsteigt - Feindseligkeit, denn alles Deutsche wird abgelehnt. Diese Rückblicke in Maries und Susannas Leben bringen immer mehr ans Licht und die Verbindung in die Gegenwart zu Elias und Emma wird aufgelöst.

Diesmal waren mir die Sprünge zwischen den einzelnen Handlungssträngen fast zu schnell, denn jedes Mal, wenn ich gerade ganz tief in der Geschichte versunken war, wechselte man wieder zu einer der anderen Figuren. Im letzten Viertel gab es auch einen großen Zeitsprung, der jedoch zur Auflösung des Familiengeheimnisses nötig war.
Bis kurz zum Ende hin lässt uns die Autorin wieder ganz schön schmoren, denn ob Emma und Elias wieder zusammenkommen und wie sich das Familiengeheimnis schlussendlich auflöst, wird sehr spät aufgelöst.

Die Charaktere sind sehr lebendig und detailliert beschrieben. Sie sind facettenreich und entwickeln sich weiter. Besonders eine Figur hat mich sehr überrascht, die eine sehr starke Charakterentwicklung hinlegt.
Theresa Kern erzählt mitreißend und emotional. Ich habe wieder mit allen drei Frauen mitgefiebert und fand es am Ende schade, dass Maries Geschichte in der Vergangenheit nicht wirklich abgeschlossen wird. Der Strang blieb etwas in der Luft hängen.

Das Cover passt hervorragend zum ersten Teil (ich liebe diese Retro-Zeichnungen), jedoch nimmt New York die wenigste Handlung im Buch ein.
In der Klappe innen findet man den Stammbaum der Familien von Susanna und Marie - bis hin in die Gegenwart.

Fazit:
Band zwei ist genauso emotional, spannend und atmosphärisch erzählt, wie Band ein. Mir war der Zeitsprung im letzten Viertel fast zu groß und das Ende kommt dann relativ plötzlich. Den anschließenden kurzen Prolog hätte ich wiederum nicht gebraucht. Deshalb sind es diesmal 4 1/2 Sterne statt 5 Sterne geworden.
Es gibt aber auf jeden Fall eine dicke Empfehlung für diese tolle Dilogie von mir!

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Veröffentlicht am 29.08.2025

Berührender Roman, der ans Herz geht

Für immer an deiner Seite
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Für diesen Roman habe ich etwas länger gebraucht bis ich ihn fertig gelesen hatte. Das lag jedoch nicht daran, dass mir die Geschichte nicht gefallen hat, sondern ich musste bei der Hälfte eine Pause einlegen. ...

Für diesen Roman habe ich etwas länger gebraucht bis ich ihn fertig gelesen hatte. Das lag jedoch nicht daran, dass mir die Geschichte nicht gefallen hat, sondern ich musste bei der Hälfte eine Pause einlegen. Da ich noch zwei weitere sehr emotionale Bücher zu diesem Zeitpunkt gelesen habe, wurde es mir etwas zu viel. Trotzdem kann ich diese gefühlvolle und bewegende Geschichte sehr empfehlen!

Wir lernen Emma und Daniel kennen, die eine sehr glückliche Beziehung haben und im kommenden Sommer heiraten möchten. Doch eine schreckliche Diagnose stellt die Welt der Beiden auf den Kopf...

Der Roman wird aus der Sicht von Emma und Daniel erzählt. Im ersten Drittel erfahren wir anhand von Rückblenden wie sich Emma und Daniel kennenlernen, über ihre gemeinsamen Unternehmungen mit Freunden und wie sie die Hochzeit zu planen beginnen. Die furchtbare Diagnose ist kein Spoiler, sondern wird bereits im Prolog angedeutet und kann man natürlich auch auf dem Klappentext lesen. Diese stellt selbstverständlich das Leben der Beiden vollkommen auf den Kopf. Sarah Martens gelingt es hervorragend diese Abschnitte sehr gefühlvoll zu erzählen.
Für Emma bricht nach Daniels Tod eine Welt zusammen und sie zieht sich komplett zurück. In ihrer Trauer schottet sie sich von ihrer Familie und Freunden ab. Die Phasen des Schmerzes und die Erinnerungen an Daniel begleiten sie jeden Tag.
Doch sie hat nicht damit gerechnet, dass sie auch nach Daniels Verlust von ihm überrascht wird. Mit dem Terrier-Mischlingshund Sam schickt er ihr eine neue Aufgabe und lockt sie langsam aus ihrem Schneckenhaus. Sie ist sich zu Beginn sehr unsicher, ob sie Sam wirklich behalten soll, doch der Vierbeiner hat schneller als gedacht ihr Herz erobert.
In Abständen wird sie auch mit Briefen von Daniel überrascht, die er für sie geschrieben hat. Diese werfen Emma zwar oftmals auch zurück, aber holen sie gleichzeitig aus ihrem Loch heraus, in welches sie sich verkrochen hat....

Die Geschichte trifft mitten ins Herz. Liebe, Verlust und Trauerbewältigung sind die zentralen Themen in "Für immer an deiner Seite". Dabei ist es der Autorin wunderbar gelungen, die ideale Balance zwischen Trauer und Hoffnung zu finden. Die vielen Emotionen werden von Sarah Mertens mit sehr viel Gefühl und absolut authentisch beschrieben. Man fühlt mit Emma und Daniel mit und spürt neben der tiefen Trauer die Liebe zwischen den Beiden, aber auch die ihrer Familie und Freunde, die zu ihr stehen. Mit Mischlingshund Sam bekommen wir auch einige humorvolle Szenen geliefert, die die Geschichte auflockert. Seine ungestüme Art und seine selbstlose Zuneigung sind einfach zuckersüß. Er hat sich sofort in mein Herz geschlichen.
Ich bin nicht sehr nahe am Wasser gebaut, aber hier habe ich doch des Öfteren etwas schlucken müssen.

Die schottische Kulisse wird sehr bildhaft beschrieben. Den stürmischen Wind und die raue See spürt man durch die Zeilen hindurch. Generell ist der Schreibstil der Autorin sehr gefühlvoll und lebensnah. Ich habe selten einen Roman über Trauerbewältigung gelesen, der dieses Thema so gefühlvoll und authentisch beschreibt.
Das Buch macht Mut auch schlimme Krisen zu überstehen. Die Zeit heilt zwar nicht alle Wunden, aber die Narben werden weniger sichtbar.

Fazit:
Ein berührender Roman mit schweren Themen, der sehr ans Herz geht und gleichzeitig die Liebe feiert und Hoffnung schenkt. Ich empfehle "Für immer an deiner Seite" sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 26.08.2025

Der stumme Frühling

In uns der Ozean
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Ich habe bereits einige Bücher der Autorin gelesen und vor allem die Gutsherrin-Saga hat mir sehr gut gefallen. Dieser Roman ist jedoch etwas ganz anderes, auch wenn er ebenfalls in der Vergangenheit spielt. ...

Ich habe bereits einige Bücher der Autorin gelesen und vor allem die Gutsherrin-Saga hat mir sehr gut gefallen. Dieser Roman ist jedoch etwas ganz anderes, auch wenn er ebenfalls in der Vergangenheit spielt.
Theresia Graw hat sich in ihrer Romanbiografie der Ökologin Rachel Carson angenommen, die bei uns in Europa wohl eher unbekannt ist. Ich muss auf jeden Fall zugeben, dass ich noch nie von ihr gehört hatte. In den Vereinigten Staaten war ihr letztes Werk "Silent Spring" jedoch der Ausgangspunkt der US-Umweltbewegung in den 1960iger Jahren.

Der Roman spielt von 1929 bis 1963 und hat mich von der ersten Seite an in den Bann gezogen. Rachel Carson wuchs in einfachen Verhältnissen in Pennsylvania auf. Neben ihrer Mutter war sie die Einzige, die sich für die Natur interessierte und auch in der Schule hervorragende Noten schrieb. Mit Stipendien erhielt sie die Chance zu studieren und schloss mit einem Master in Zoologie ab. Ihre Liebe zum Meer fand sie während eines Aufenthaltes am Ozeanologischen Forschungsinstitut auf Cape Code.
Ihre Doktorarbeit musste sie jedoch aus familiären Gründen abbrechen und sich Arbeit suchen, um ihre Familie finanziell zu unterstützen. Sie beginnt bei der amerikanischen Fischereibehörde als Redakteurin zu arbeiten, wo ihr Talent anschauliche und poetische Geschichten schreiben zu können, auffällt. Diese werden in einer Radiosendung vorgelesen und werden schnell zum Erfolg. Namentlich wird sie jedoch nie genannt. Als einzige Frau unter Männern stieß sie immer wieder - trotz immensen Wissens in ihren Fachgebieten - auf Ablehnung. Bezeichnend dafür die Begrüßung eines Arbeitskollegen am ersten Tag bei der Daily Sun: "So eine hübsche Miss. Jammerschade eigentlich, dass sie sich hier abrackern, anstatt jemanden zu Haus glücklich zu machen." (Seite 87)

Ihr Kunst lebendig zu schreiben und ihre Liebe zum Meer und der Natur ebnen ihr den Weg zu ihrer wahren Berufung: Bücher über das Meer und seine Bewohner zu schreiben, die für jedermann verständlich sind. Sie hat damit großen Erfolg und erfüllt sich ihren Traum und kauft sich ein Häuschen am Meer.
Als ihr immer öfters auffällt, dass das sogenannte Wundermittel DDT, das über große landwirtschaftliche Nutzflächen und gegen Baumschädlinge eingesetzt wird, nicht nur Ungeziefer auslöscht, beschließt sie diese Chemikalie genauer zu untersuchen. Was sie herausfindet, lässt sie nicht mehr los. Bis ein Verlag ihr neues Buch über die Gefahr des Schädlingsmittels verlegt dauert es länger als von ihr gehofft. Damit versucht sie die Menschen darüber zu informieren, dass DDT keineswegs das harmlose Mittel ist, als das es verkauft wird.

„Eine Welt ohne Vögel, ohne Schmetterlinge, ohne Bienen. Stellen Sie sich vor, wie still es in der Natur wäre, ohne den Gesang der Drosseln und Meisen im Wald, ohne Lerchen über den Feldern. Ein stummer Frühling – wäre das nicht traurig?“ (S. 283)

Wüsste Rachel Carson, dass ihre Kampagne gegen DDT zwar nach vielen Jahren Erfolg hatte, jedoch die chemische Industrie in der Zwischenzeit viele andere Spritzmittel auf den Markt gebracht hat, wäre sie trotz ihres posthumen Erfolges entsetzt. Wir brauchen auch in der heutigen Zeit eine Rachel Carson, die uns vor den Gefahren, warnt.

Oftmals hat mich die Geschichte an Bonnie Garmus Roman "Eine Frage der Chemie" erinnert, was das weibliche Rollenbild angeht. Starke, engagierte und intelligente Frauen, die von den Männern belächelt werden und denen oftmals auch ihre Arbeiten gestohlen und unter einem anderen (männlichen) Namen veröffentlicht werden.

Fazit:
Theresia Graw hat eine wunderbare Geschichte über diese faszinierende Frau geschrieben, in der man die Liebe zur Natur und zum Meer durch jede Zeile spüren kann. Ein bildgewaltiger Roman einer faszinierenden Frau, die noch viel mehr Menschen kennenlernen sollten. Eine große Leseempfehlung!

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