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Veröffentlicht am 26.09.2023

Spannender Reihenauftakt

Wer das Vergessen stört
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Ich war auf das Krimi-Debüt von Tessa Duncan sehr gespannt, denn ich kenne die Autorin bereits von ihren historischen Romanen, die sie unter ihrem Klarnamen Marita Spang und dem Pseudonym Marie Lacrosse ...

Ich war auf das Krimi-Debüt von Tessa Duncan sehr gespannt, denn ich kenne die Autorin bereits von ihren historischen Romanen, die sie unter ihrem Klarnamen Marita Spang und dem Pseudonym Marie Lacrosse geschrieben hat. Deshalb kam der Genre-Wechsel für mich auch etwas überraschend.

Marita ..äh..Tessa hat das typische britische Flair in "Wer das Vergessen stört" wirklich sehr gut eingefangen. Ihre Kenntnisse als klinische Psychologin setzt sie in ihrem erstem Spannungsroman/Krimi ebenfalls perfekt ein.
Ihre Protagoinistin Lily Brown ist ehemalige forensische Polizeipsychologin, die als Psychotherapeutin in Canterbury einen beruflichen Neuanfang wagt.
Eine ihrer Patienten ist Vera Osmond, die unter Panikattacken leidet und die Selbstmord begangen haben soll. Alles spricht dafür und die Polizei schließt den Fall als erledigt ab. Doch Lily ist sich sicher, dass Vera sich nicht das Leben genommen hat. Die letzten Telefongespräche, die sie mit ihr geführt hat, haben ihr bestätigt, dass sie ihre Panikattacken im Griff hatte und einem Geheimnis auf der Spur war.

Der Krimi ist in zwei Teile aufgeteilt und es wird im Wechsel aus der Sicht von Lily, Vera und Samantha erzählt. Dabei gibt es auch Rückblicke in die Vergangenheit.
Im ersten Teil lernen wir sowohl Lily, als auch Vera besser kennen. Wir erleben, wie Lily arbeitet und erfahren mehr über Vera und den Grund ihrer Panikattacken, die sie seit einiger Zeit immer öfters "überfallen". Auslöser sind fast immer Kinder oder deren Geschrei. Da sie diese Panikattacken auch während Vorträgen in ihrem Job bekommt, sucht sie bei Lily Brown Hilfe.
Tessa Duncan lässt uns an der Traumabewältigung teilhaben und bietet Einblicke in die Arbeit, was spannend erzählt wurde. Man erkennt, dass die Autorin weiß, wovon sie spricht, da sie selbst Psychologie studiert hat. Es dauert deswegen ein wenig, bis die Handlung an Fahrt aufnimmt.
Ein Thema behandelt auch häusliche Gewalt, mit der wir durch Samantha konfrontiert werden. Diese Szenen gingen mir sehr unter die Haut und als Außenstehender ist es oft unverständlich, wie sich vorallem Frauen von anderen Menschen derart behandlen lassen und immer wieder die Schuld bei sich selbst suchen.

Im zweiten Teil geht es großteils um die Aufklärung von Veras Tod und dessen Hintergründe. Für mich bot der zweite Teil eine Menge mehr an Spannung und ich habe ihn in einem Rutsch durchgesuchtet, während ich beim ersten Teil der Geschichte doch etwas länger brauchte.

Die Charaktere sind gut gezeichnet. Lily hat Ecken und Kanten. Sie ist stur, hinterfragt einiges und gibt nicht so schnell auf. Im privaten Bereich ist sie jedoch oftmals inkonsequent und macht dieselben Fehler, wie ihre Patient:innen. Auch zu ihrer Mutter hat sie kein sehr gutes Verhältnis.
Auch Vera und Samantha sind greifbare Figuren, mit denen ich mitgelitten habe. Sowohl ihre Stimmungen, als auch ihre Angst und Wut, waren für mich spürbar. Nicht zu vergessen Kater Mick, der Ähnlichkeiten mit dem tierischen Mitbewohner der Autorin hat...;)

Der Schreibstil ist eher einfach (wie es bei einem Krimi zu 90% der Fall ist) und lässt sich sehr gut lesen. Die Kapitel sind kurz und verleiten dazu, noch schnell ein weiteres zu lesen.

Ich finde es immer wieder bewundernswert, wie unterschiedlich Autor:innen in verschiedenen Genres schreiben können. Ich freue mich schon auf einen weiteren Fall mit Lily Brown und gratuliere der Autorin zu ihrem Krimi-Debüt!

Fazit:
Ein gelungenes Krimi Debüt der Autorin, die mit der Figur der Psychotherapeutin Lily Brown einen interessanten Charakter entworfen hat. Ich freue mich schon auf weitere interessante Fälle.

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Veröffentlicht am 23.09.2023

Humorvolle und kurzweilige RomCom

Ein Hund für zwei
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Antonio Papadea, kurz Tony, arbeitet seit zehn Jahren an einer Tankstelle. Er lebt sehr einfach und lieber alleine, denn er findet, dass er einer Frau nichts bieten kann. Deshalb stürzt er sich lieber ...

Antonio Papadea, kurz Tony, arbeitet seit zehn Jahren an einer Tankstelle. Er lebt sehr einfach und lieber alleine, denn er findet, dass er einer Frau nichts bieten kann. Deshalb stürzt er sich lieber in zahlreiche One-Night-Stands und Affären, anstatt sich dauerhaft zu binden. Sein Traum wäre endlich eine eigene Tankstelle zu besitzen ....und ein Hund, damit er sich nach Arbeitsschluss nicht so alleine fühlt. Doch für ein Tier muss man sich Zeit nehmen und ein Vollzeitjob ist für das Tierheim ein Ausschlussfaktor und ihm wird deswegen eine Vermittlung verweigert.
Isabelle Neumeier verdient zwar als Cover-Designerin nicht schlecht, aber auch sie fühlt sich nach der On-Off Beziehung zu ihrem Freund, die nun endgültig gescheitert ist, alleine. Zusätzlich kritisiert ihre Chefin sie ohne Unterlass und bürdet ihr absichtlich immer mehr Arbeit auf. Auch Isabelle wünscht sich einen Hund, der am Abend auf sie wartet. Als sie ebenfalls vom Tierheim abgewiesen wird, treffen Tony und Isabelle enttäuscht vor den Toren des Heimes aufeinander. Die beiden haben einige Zeit zusammen die Schulbank gedrückt und sind überrascht sich nach langer Zeit wiederzusehen. Tony hat nie vergessen, dass Isabelle ihn als Einzige nie ausgelacht hat, als er wiederholt von Lehrern und Mitschülern bloßgestellt wurde. Bald stellen sie fest, dass sie verschiedene Arbeitszeiten haben und sich einen Hund "teilen" könnten. Im nächsten Tierheim treten sie als Pärchen auf und dürfen den Labrador-Mischling "Buddy" mit nach Hause nehmen. Tony übernimmt Buddy tagsüber und Isabelle holt ihn nach Büroschluss bei Tony ab. Doch bald bemerken beide, dass sie so einige Dinge nicht bedacht haben..

Mit "Ein Hund für zwei" hat Thorsten Steffens eine amüsante Romantic Comedy geschrieben, die mich sehr gut unterhalten hat. Unsere Hauptprotagonisten Isabelle und Tony sind grundverschiedene Charaktere. Nicht nur ihre Arbeitszeiten sind unterschiedlich...auch ihre Lebensart. Während Tony ordentlich ist, sich gesund ernährt und Sport betreibt, sich aber "dumm" fühlt und noch kein einziges Buch gelesen hat; liebt Isabelle Bücher, betreibt kaum Sport und ernährt sich fast nur von Fertiggerichten. Ihr bester Freund ist Kostas, der wie Tony, griechische Wurzeln hat.

Der Schreibstil von Thorsten Steffens hat mir sehr gut gefallen. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und habe mich bei vielen Szenen köstlich amüsiert. Spritzige Dialoge und humorvolle Wendungen geben dem Ganzen den perfekten "touch". Sehr gefallen hat mir auch die bildhafte Erklärung von Isabelles Job als Cover-Designerin. Ich habe mit Isabelle richtig mitgelitten, die Überstunden anhäuft und von ihrer Chefin richtiggehend gemobbt wird.

Obwohl der Roman ein humorvoller Wohlfühlroman (mit Hund) ist, hat der Autor auch ernste Themen miteingewoben, wie Mobbing oder den Unterschied zwischen Menschen, die gut verdienen und anderen, die gerade noch über die Runden kommen.

Einziger Kritikpunkt war für mich, dass ich das Kribbeln zwischen Tony und Isabelle nicht wirklich gespürt habe. Bis zum Zeitpunkt, als sich ihre Gefühle zueinander verändern, fand ich die Freundschaft der Beiden sehr authentisch beschrieben. Sowohl Tony, als auch Isabelle sind sehr gelungen dargestellt und haben Ecken und Kanten. Als sich die beiden jedoch ineinander verlieben, konnte ich ihre Gefühlswelt nicht gänzlich nachvollziehen. Mir war der Übergang von Freundschaft zu tieferen Gefühlen zu abrupt und nicht richtig greifbar.

Fazit:
Wer gerne Liebesgeschichten mit Hund liest und sich auf ein humorvolles Abenteuer einlassen möchte, ist bei "Ein Hund für zwei" richtig! Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und kann diese RomCom empfehlen.

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Veröffentlicht am 22.09.2023

Wunderbare musikalische Zeitreise

Beat Girls – Die Bühne gehört uns
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München 1966. Politisch, musikalisch und gesellschaftlich sind die Sechziger Jahre die Zeit der großen Veränderungen und Umbrüche. Die Jugend möchte sich nicht in das enge Korsett der Eltern pressen lassen ...

München 1966. Politisch, musikalisch und gesellschaftlich sind die Sechziger Jahre die Zeit der großen Veränderungen und Umbrüche. Die Jugend möchte sich nicht in das enge Korsett der Eltern pressen lassen und beginnen aufzubegehren - sei es in Demos gegen den Vietnamkrieg, Studentenstreiks oder die Revolution bei der Empfängnisverhütung durch die Pille. Trotzdem sind Frauen nach wie vor dem Ehemann untergeordnet und dürfen nur mit seiner Genehmigung arbeiten oder den Führerschein machen.....nur zwei von vielen Fakten dieser Zeit.
In "Beat Girls" widmet sich Anika Schwarz aka Angelika Schwarzhuber sich neben einigen dieser Themen aber vorallem der Musik dieser Zeit. Die "Swinging Sixtees" ist die Ära der ganz Großen, wie den Beatles oder Rolling Stones, die heute bereits zu Legenden geworden sind und noch immer mit Begeisterung von allen Altersklassen gehört werden.

Der Roman spielt 1966, meinem Geburtsjahr, und handelt von vier sehr unterschiedlichen Frauen, die zufällig aufeinandertreffen und Freundinnen werden. Ihre Gemeinsamkeit ist die Liebe zur Musik.
Monika ist zwanzig Jahre alt, lebt und arbeitet in der Metzgerei ihrer Familie. Der Job füllt sie nicht aus und ihre große Liebe gilt der Musik. Sie spielt Gitarre und komponiert ihre Lieder selbst. Ihr Bruder Siegfried ist Musiklehrer und Mitglied der Band "Charlys Beatboys". Eine eigene Band wäre auch Monis großer Traum.
Rita ist ebenfalls zwanzig und arbeitet mit ihrer Mutter Angie in deren Musikbar.
Inge ist 25, Verkäuferin und bereits Witwe. Sie hat bei Monikas Bruder Gitarrenunterricht und trauert noch immer um ihren Mann. Immer öfters greift sie daher zum Alkohol, um ihren Kummer zu vergessen.
Die Vierte im Bunde ist Peggy Sue. Sie ist Amerikanerin und folgte ihrem Mann, der in Deutschland stationiert ist, nach Europa. Doch in letzter Zeit verändert Harry sich immer mehr zum kontrollsüchtigen und auch gewalttätigen Ehemann.

Als die vier Frauen ihre gemeinsame Liebe zur Musik entdecken, möchte sich Moni ihren großen Traum erfüllen und eine eigene Mädchengruppe gründen. Doch in den Sechziger Jahren sind Girl-Bands etwas unvorstellbares. Die vier Frauen versuchen es trotzdem und treten erstmals in "Angi's Vogelbar" unter den Namen "Monaco Birds" auf, wo auch Monis Bruder mit seiner Bänd öfters spielt. Mit viel Begeisterung und Freude an der Musik üben die Mädels so oft sie können. Dann erfahren sie, dass in Angies Vogelbar demnächst ein Wettbewerb stattfinden soll. Den Gewinnern winkt ein Plattenvertrag. Doch die Mädels haben nicht mit der Eifersucht und Häme einiger männlicher Musikkollegen und mit Peggy Sues Ehemann gerechnet....

Ich bin richtig durch sie Seiten geflogen, denn Moni, Peggy Sue, Rita und Inge habe ich schon auf den ersten Seiten ins Herz geschlossen. Durch den wunderbaren Schreibstil der Autorin war ich immer mitten im Geschehen. Man spaziert durch das München der Sechziger Jahre und erlebt die Musikszene hautnah mit. Ich bin live bei den Proben dabei, ärgere mich über die gehässige Schwägerin von Monika und erlebe die Beatles bei ihrer Ankunft in München. Den Flair dieser Zeit hat Anika Schwarz perfekt eingefangen.
Die Probleme, die jede der vier jungen Frauen mit sich herumträgt, haben mich aufgewühlt - besonders Peggy Sue hat es mit ihrem GI nicht wirklich einfach.

Den halben Stern Abzug gebe ich für das Ende, welches mir zu rosarot und zu offen war. Allerdings habe ich auch erst danach bemerkt, dass es noch einen Folgeband geben wird, in dem die offenen Fragen sicherlich beantwortert werden. Außerdem sehe ich noch einige Probleme auf die Mädels zukommen - deshalb freue ich mich schon sehr auf die Fortsetzung, die bereits im Oktober veröffentlicht wird!
Danke Anika Schwarz, dass wir nicht so lange warten müssen, denn ich kann es kaum erwarten weiterzulesen!

Fazit:
Eine wunderbare musikalische Zeitreise, sowie eine Geschichte über Freundschaft, Zusammenhalt, Trauerbewältigung und Mut. Ein ganz wundervoller erster Teil dieser Dilogie und eine Leseempfehlung von mir für alle Musikbegeisterten.

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Veröffentlicht am 20.09.2023

Persepktivlosigkeit der Jugend in der DDR

Die Freiheit so nah
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Ein weiterer Roman, in dem es um die Teilung Deutschlands und das Leben in der DDR geht. Diesmal bin ich aber in den frühen Achziger Jahren gelandet - eine Zeit, in der ich selbst gerade Teenager und Jugendliche ...

Ein weiterer Roman, in dem es um die Teilung Deutschlands und das Leben in der DDR geht. Diesmal bin ich aber in den frühen Achziger Jahren gelandet - eine Zeit, in der ich selbst gerade Teenager und Jugendliche war. A. A. Kästner erzählt die Geschichte von Kay und seiner Clique, die auf wahren Begebenheiten beruht.

Der Roman basiert auf zwei Zeitebenen. In der Gegenwart sind wir im Jahr 2016 und Kay ist von Hamburg zurück in Rostock. Er kommt zu einer Beerdigung und trifft auf seine alten Freunde.
Der Hauptanteil des Romans spielt jedoch in den Achziger Jahren bis hin zum Fall der Mauer im November 1989. Die acht Jungs der Clique sind eine eingeschworene Gruppe, die sich zum größten Teil seit ihrer Kindheit kennen. Mit dem Schulabschluss beginnt nun der Ernst des Lebens, doch nur einer von ihnen hat eine genaue Vorstellung, was er beruflich machen möchte: Kay. Er will wie sein Vater Seemann werden und die Meere bereisen. Schon als Kind hat er sich für nichts anderes als Schiffe interessiert. Sein Wunsch geht tatsächlich in Erfüllung und er darf anheuern. Kay genießt diese Freiheit in vollen Zügen, die seinen Freunden verwehrt bleibt. Keiner von ihnen hat eine wirkliche Perspektive und es herrscht Frust bei den Jungs. Es wird viel getrunken und auch über Flucht gesprochen. Die Freundschaft gerät immer mehr in Schieflage. Als der Erste von ihnen wegen Republikflucht verhaftet wird, muss auch Kay die Konsequenzen tragen. Er darf seine Ausbildung nicht fortsetzen und fällt in ein tiefes Loch. Immer mehr ist er davon überzeugt, dass es in der Clique einen Verräter gibt....

Am Anfang habe ich mir etwas schwer getan in die Geschichte zu finden. Es passiert sehr lange nicht wirklich viel, außer dass sehr, sehr viel Alkohol fließt und wir es mit pubertierenden rebellischen Jungs zu tun haben. Doch dann spürt man immer mehr die Verzweiflung und die Perspektivlosigkeit. Die Deutsche Demokratische Republik hat für kleine Rebellen keinen Studienplatz oder den Wunschberuf parat. Mich hat erschreckt, welche Kleinigkeiten es oftmals sind, um ins Visier des Staates zu kommen.
Die Jungs der Clique hegen den Wunsch endlich so leben zu dürfen, wie sie möchten. Freiheit ist das Zauberwort und nicht Bespitzelung und Denunziation.

Der Schreibstil der Autorin ist fesselnd, intensiv und emotional. Ich habe mit Kay mitgelitten, als er seinen großen Traum begraben musste. Natürlich habe ich auch mitgerätselt, wer der Verräter in der Clique ist und welches Begräbnis Kay besucht. Letzteres wird nämlich erst ganz zum Schluss gelöst, was ich sehr gelungen fand. Den Verräter konnte ich nicht so schnell identifizieren, aber wer begraben wird, war mir bald klar.
Berührend und schonungslos.

Fazit:
Ein weiterer empfehlenswerter und auf wahren Begebenheiten basierender Roman aus der Zeit, als Deutschland getrennt war. Emotional und empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 17.09.2023

Mord im Mostviertel

Most und Mord
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Wenn ich einen Regionalkrimi sehe, der bei mir zu Hause im Mostviertel spielt, dann muss ich natürlich zuschlagen! Bisher kenne ich nur die Krimis von Helmut Scharner, die ebenfalls in der Region spielen. ...

Wenn ich einen Regionalkrimi sehe, der bei mir zu Hause im Mostviertel spielt, dann muss ich natürlich zuschlagen! Bisher kenne ich nur die Krimis von Helmut Scharner, die ebenfalls in der Region spielen. Umso überraschter war ich, einen weiteren Mostviertel-Krimi von Tim Eckhaus zu finden! Diesen habe ich mir schon im Sommer gekauft und jetzt gab es eine Lovelybooks Leserunde dazu, wo ich mit meinem Buch gleich mitgemacht habe. Es ist doch immer interessanter, wenn man auch etwas mit dem Autor plaudern kann.

Der Krimi beginnt mit der Rückkehr von Leo Matschler, der seiner Mutter auf dem Mosthof helfen soll, nachdem sein Vater für unbekannte Zeit nach Frankreich gereist ist. Nach einem Streit mit seinem Chef im Wiener Restaurant "Goldganserl", wo er als Küchenchef gearbeitet hat, fällt ihm die Kündigung leichter als gedacht. Doch die Rückkehr ins heimatliche Mostviertel, wo er als Schüler gemobbt wurd, ist ebenfalls getrübt. Kaum betritt er das Ortswirtshaus, wird ihm schnell klar, dass er nach wie vor ein Außenseiter ist, denn er trifft genau auf die Gruppe, die ihn damals drangsaliert hat. Anführer ist Rudi, der Sohn des Bürgermeisters und mittlerweile Chef des örtlichen Polizeipostens. Als plötzlich ein Gast am Tisch zusammenbricht und dieser stirbt, gibt Rudi gleich Leo und der ansäßigen "Kräuterhexe" Zofia die Schuld am Tod. Die Bewohner sind misstrauisch und abergläubisch und glauben Rudis Hetze gegen die Beiden. Deshalb schließen sich Leo und Zofia zusammen und vereinbaren ihre Unschuld zu beweisen und der Sache auf den Grund zu gehen. Ist der ehemalige Lebensmittelhändler Oskar an einem natürlichen Herzinfarkt gestorben oder hat jemand nachgeholfen? Bei den Nachforschungen kommen sie einem alten Geheimnis auf die Schliche, welches nicht aufgedeckt werden soll....

Die Atmosphäre ist etwas düster in Weidingen und das Gefüge der Dorfgemeinschaft nicht zu unterschätzen. Mit Außenseitern gehen die Einwohner nicht zimperlich um. Das bekommt auch Leo bald wieder zu spüren. Gemeinsam mit Zofia und der Enkelin von Oskar versuchen sie herauszufinden, was hier eigentlich gespielt wird. Zwar dauert es nach der ersten Leiche zu Beginn etwas, bis die Spannungskurve wieder nach oben geht, aber als Leser muss man zuerst die Figuren und das Gefüge des Dorfes kennenlernen. Das ist dem Autor sehr gut gelungen.

Die Charaktere sind sehr authentisch beschrieben und man hat ein gutes Bild, vorallem von Leo und Zofia, vor Augen. Einzig Leos Eltern fand ich etwas rätselhaft und sie blieben mir zu blass.

Der Krimi ist äußerst kurzweilig. Der Schreibstil ist angenehm, flüssig und bildhaft. Die Kapitel sind eher kurz gehalten.
Tim Eckhaus erzählt mit subtilen Humor und einem kleinen "Augenzwinkern" über die Menschen dieser Gegend. Natürlich weiß ich, dass wir hier NICHT so sind ;) Doch die Dynamik, die so ein Gerücht in einem kleineren Ort entwickeln kann, findet man überall und Grüppchen, die gegen andere vorgehen, genauso.

Das Mostviertel wird sehr bildhaft dargestellt und natürlich hat auch der Most selbst eine tragende Rolle.
Das Cover finde ich sehr gut gewählt und äußerst ansprechend.

Lange rätselt man als Leser mit den beiden "Ermittlern" mit, bis es am Ende zu einen richtigen "Showdown" kommt. Die Auflösung ist logisch und nachvollziehbar und habe ich trotzdem nicht kommen sehen. Chapeau, Tim Eckholz!

Fazit:
Ein toller Regionalkrimi, der in meiner Heimat spielt, und die Gegend wunderbar beschreibt. Die Spannungskurve steigt mit den Seiten und der subtile Humor des Autors hat mir ebenfalls gut gefallen.

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