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Veröffentlicht am 04.06.2019

Someone New

Someone New
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Die Handlung
Da der Klappentext ebenso wie meine schwammige Beschreibung aus Spoiler-Gründen nicht mehr als das Nötigste verrät, weiß man wie gesagt nicht so wirklich, was einen in »Someone New« erwartet. ...

Die Handlung
Da der Klappentext ebenso wie meine schwammige Beschreibung aus Spoiler-Gründen nicht mehr als das Nötigste verrät, weiß man wie gesagt nicht so wirklich, was einen in »Someone New« erwartet. Da ich von den letzten Büchern der Autorin eher enttäuscht war bin ich mit eher mittelmäßigen Erwartungen an die Geschichte rangegangen und muss sagen, dass gerade der Anfang nicht so mein Ding war. Kennt ihr das, wenn ihr das Gefühl habt etwas schon zehn Mal gelesen zu haben? Ich sage ja gerne man kann das Rad nicht neu erfinden und das ist auch so, aber es gibt trotzdem Romance Bücher, die ähnliche Schema verfolgen und die mich trotzdem überzeugen können. Bei »Someone New« war ich anfangs eher genervt, was vor allem daran liegt, dass die Geschichte einige Zeit braucht, bis sie in Fahrt kommt. Mit über 500 Seiten ist »Someone New« für dieses Genre sehr dick und wenn ich ehrlich bin, dann hätte das Buch für mich kürzer sein können. Ich hatte lange Zeit das Gefühl man würde sich nicht wirklich nach vorne bewegen, sondern eher auf der Stelle treten. Micah geht zur Uni, sucht ihren Bruder, trifft Julian mehr oder weniger zufällig, jammert rum wie sehr sie ihr Studium hasst, trifft sich mit ihren Freundinnen und dann das Ganze noch einmal von vorne. Und noch einmal. Und noch einmal. Einerseits finde ich es zwar ganz schön, dass die Autorin ihren Figuren Raum gibt sich zu entwickeln und kennenzulernen, allerdings habe ich weder bei Micah, noch bei Julian sonderlich viel Entwicklung gesehen bis kur vor Schluss.

Wir halten also fest: Die Handlung an sich hat mich nicht vom Hocker gerissen. Das Buch ist einfach sehr lang. Nicht unbedingt langweilig, aber eben lang und für mich persönlich zu lang. Aber – und das ist ein großes aber – die Thematik, welche am Ende angesprochen wird war sehr überraschend und hat für mich doch ein wenig rausgerissen, dazu komme ich aber später noch, da ich an dieser Stelle niemanden spoilern möchte. Allerdings musste ich auch wieder feststellen – etwas, das mir schon bei »Berühre mich.Nicht« und »Verliere mich.Nicht« aufgefallen ist -, dass das Ende sehr zügig von statten ging, es kam mir fast schon übereilt vor. Auf den letzten paar Seiten wurde noch einmal so viel aufgeworfen, mit dem man als Leser dann kurz darauf sitzen gelassen wird. Ich persönlich mag es lieber, wenn der Höhepunkt der Geschichte nicht ganz zum Schluss kommt, sondern etwas früher, sodass man, besonders bei einem Einzelband, Zeit hat die Geschichte etwas ausklingen zu lassen. So habe ich mich etwas schnell abgefertigt gefühlt.

Die Charaktere
Die Sache ist die: Wenn die Handlung mich nicht umhaut, dann müssen es wenigstens die Charaktere tun. Und das haben sie, zumindest zum Teil. Ich mochte alle Nebencharaktere!

Wir haben in »Someone New« einen großen Cast an Nebencharakteren, was vermutlich einer der Gründe ist, weshalb das Buch so lang ist. Da wären zum einen Julians Mitbewohner Cassie und Auri, die total in ihren Hobbys (Cosplay und LARP) aufgehen und allein damit schon unglaublich sympathisch waren. Außerdem wird hier kurz das Thema Rassismus angesprochen, da Auri schwarz ist. Ich nehme an, dass das auch ein Augenmerk in der Geschichte von den beiden wird und ich freue mich riesig auf die Geschichte von ihnen, die in hier schon etwas in Schwung gebracht wird. Auri und Cassie sind echt großartig, die beiden muss man einfach gerne haben.

Dann gibt es noch Micahs beste Freundin Lilly, die bereits ein Kind hat und etwas darunter leidet, dass ihre große Liebe Tanner bereits studiert und nicht mehr zuhause ist, während sie noch ihren Schulabschluss nachholt. Aliza ist Micahs andere beste Freundin und hat einen Foodblog, sowie eine riesige Community auf Instagram. Ich mochte die Freundschaft zwischen den drei Mädchen und fand die Szenen mit den dreien – oder vieren, wenn Lilly ihren Sohn Link dabei hatte – richtig schön, auch, wenn sie die Handlung nicht voran gebracht haben.

Außerdem wäre da noch Adrian, Micahs Bruder, über den man eigentlich gar nichts weiß, außer, dass er untergetaucht und schwul ist. Dafür, dass er so einen großen Teil des Buches ausmacht – beziehungsweise Micahs Suche nach ihm – ist er mir tatsächlich etwas flach geblieben. Aber das fand ich irgendwie auch gar nicht so schlimm, denn letztendlich ist er ein Charakter, über den mehr geredet wird, als dass er tatsächlich auftaucht.


Wir haben also diesen wirklich bunten Cast an Nebencharakteren, den ich total interessant finde und über die ich so gerne gelesen habe – und dann sind da Micah und Julian. Es ist nicht so, dass ich die beiden nicht mochte, aber… naja. Besonders mit Micah hatte ich einige Problemchen. Objektiv konnte ich ihre Handlungen und Gedanken zwar meist nachvollziehen, aber irgendwie waren wir einfach nicht auf einer Wellenlänge, wenn ihr versteht was ich meine. Ich konnte bis fast zum Ende nicht wirklich nachvollziehen, was Julian eigentlich an Micah findet. Micah hatte durchaus Eigenschaften, die ich an ihr mochte, zum Beispiel wird sie gerade gegen Ende hin sehr ehrlich und steht endlich für sich ein, was aber eben auch fast 500 Seiten gedauert hat. Micah hatte es immer leicht im Leben und das merkt man ihr an, sie ist sehr vorlaut und spricht einfach aus was sie denkt, häufig sind das sehr zweideutige Sachen, was für mich wiederum teilweise grenzwertig war, vielleicht aber auch nur, weil ich mir nicht vorstellen kann solche Sprüche rauszuhauen. In dem Sinne waren die Dialoge zwischen Micah und ihren Gesprächspartnern für mich häufig einfach nicht so das Wahre. Micah ist mir nicht unbedingt unsympathisch, aber sie ist eben auch kein Charakter, den ich sonderlich gern habe. Und nein, man muss Charaktere nicht immer mögen, damit das Buch gut ist, aber wenn man mit der Erzählerin nicht so richtig klar kommt wird es gerade bei Liebesgeschichten finde ich etwas kritisch. Das hing zum Teil aber auch mit dem Schreibstil von Laura Kneidl zusammen, der sich für mich an einigen Stellen gewollt jugendlich und umgangssprachlich liest, wo ich mir dann aber nur denke: Wer spricht/denkt/schreibt denn so? Beziehungsweise: Wer macht sowas? Beispiel: Micah neigt dazu aufzustöhnen, wenn sie etwas Leckeres isst. Macht irgendjemand sowas wirklich? Ist das nicht total merkwürdig? Oder finde das nur ich? Oder beendet irgendwer tatsächlich Nachrichten mit xoxo? Außerdem hat mich etwas gestört wie oft erwähnt wurde, dass Micah Superhelden und Manga mag. Ist ja schön, dass man dauernd dran erinnert wird, aber ich hatte das nach der fünften Erwähnung verinnerlicht und nach der zehnten war ich dezent genervt.

Okay, ich merke selbst, dass ich mir gerade etwas festfahre und in Kleinigkeiten reinsteigere, also weiter im Text: Julian ist definitiv ein interessanter Charakter. Im Klappentext wird ja bereits erwähnt, dass er ein Geheimnis hat und ehrlich, hätte ich mich nicht aus Versehen selbst beim Durchblättern des Buches gespoilert, dann wäre ich nie drauf gekommen, was eigentlich dahinter steckt. So viel soll gesagt sein: »Someone New« dreht sich viel um queere Charaktere und Laura Kneidl hat ein Thema angesprochen, das ich in einer Liebesgeschichte bisher noch nicht repräsentiert gesehen habe, weshalb es natürlich umso toller und wichtiger ist, dass »Someone New« hier die Fläche bietet.

SPOILER

Julian ist nämlich transgender. Wenn man weiß, dass er trans ist, dann findet man über das Buch verstreut viele kleine und größere Hinweise, die einen darauf stoßen, aber ehrlich, ich wusste mit der Narbe an seinem Arm nichts anzufangen. Wenn man es nicht weiß, dann tappt man als Leser genauso im Dunkeln wie Micah, die etwas ganz anderes hinter Julians Verhalten vermutet. Ich finde es wie gesagt wirklich toll, dass Laura Kneidl sich hier dafür entschieden hat, dass das Love Interest transgender ist und ich auch wenn ich nicht einschätzen kann, wie gut ihr die Repräsentation an dieser Stelle gelungen ist, so bin ich zumindest etwas zwiegespalten was Micahs Reaktion angeht, denn sie ist sehr, sehr verständnisvoll. Ich weiß, dass das schrecklich klingt, wenn ich das so sage, aber mich hätte Julians Offenbarung – besonders da er sie praktisch damit überfällt – mehr aus der Bahn geworfen. Ja, Micahs Reaktion ist mehr als löblich. Sie ist für ihn da, stellt Fragen und fragt sich selbst, ob das irgendetwas ändert, was es nicht tut, aber… wie gesagt, mich hätte das Ganze doch etwas mehr schockiert an dieser Stelle. Die beiden reden sage und schreibe fünf Seiten darüber und das war’s quasi. Dann war wieder alles gut, keiner braucht Zeit zum Nachdenken oder für sich. Das ist es, was ich meine, wenn ich sage, dass am Ende alles sehr schnell geht. Natürlich ist es schön, dass Julian von Micah und seinen Mitbewohnern derart schnell akzeptiert wird, dass keiner eine große Sache draus macht, aber all das passiert eben wirklich auf den letzen Seiten, ich hätte es schön gefunden, wenn man ein wenig mehr davon gesehen hätte, wie alle nicht nur unmittelbar damit umgehen, in dem Moment, in dem sie erfahren, dass Julian transgender ist, sondern auch noch darüber hinaus. Aber wie gesagt, ich mag es halt allgemein lieber, wenn eine Geschichte nicht nach der großen Offenbarung gleich vorbei ist. Außerdem ist die Art, wie Julians Umfeld – wenn man von seinen Eltern absieht – fast schon zu ideal für meinen Geschmack. Julian hat mit seinen Freunden praktisch den Sechster im Lotto gezogen. Ist das realistisch? Ich persönlich finde nicht unbedingt. Man bekommt ja tagtäglich mit wie viel Hass im Internet herrscht, wie Minderheiten und vieles was nicht „normal“ ist verurteilt wird und dass die Reaktionen bei Julians Outing derart positiv ausfallen finde ich zwar sehr schön, aber eben wie gesagt auch nicht unbedingt realistisch. Also nochmal, da ich total abgeschweift bin: Ich finde es super, dass »Someone New« Transgender thematisiert, insbesondere auch das Nachwort. So etwas sieht man selten in Liebesromanen und noch weniger in solchen die einen derartigen Hype abkriegen wie »Someone New.«

SPOILER ENDE

Julian mochte ich insgesamt jedenfalls deutlich lieber als Micah, auch, wenn ich nicht so wirklich weiß, was er an ihr findet. Vor allem muss ich aber auch sagen, dass er mir ziemlich leid tat. Julian ist so ein Charakter, der einem ein klitzekleines bisschen das Herz bricht, weil er so viel durchgemacht hat und deshalb das Alleine sein vorzieht, obwohl er eigentlich ein sehr geselliger Mensch ist.

Fazit?
So toll ich es auch finde, dass Laura Kneidl versucht sehr viele kritische Themen in ihrem Buch unterzubringen, so wenig konnte »Someone New« mich dann letztendlich doch begeistern. Mir wurde vieles einfach zu spät und dementsprechend dann zu knapp thematisiert, der Anfang hat sich etwas gezogen, während am Ende dann alles sehr zackig passiert ist. Ich habe mittlerweile das Gefühl, dass das ein Problem ist, das ich bei den meisten Büchern von Laura Kneidl habe, das Tempo in dem sie ihre Geschichten erzählt passt mir nicht so wirklich. Und so toll ich es auch finde, dass ein geyhptes Buch wie »Someone New« sich mit queeren Charakteren beschäftigt, so macht das für mich doch den Rest nicht wett. »Someone New« ist kein schlechtes Buch für mich gewesen, auch, wenn das vielleicht gerade so rüberkommt, aber aus einem Meer voller anderer New Adult Bücher sticht es eben auch nur bedingt durch die Thematik heraus, der Rest war für meinen Geschmack dann doch sehr mittelmäßig.

Veröffentlicht am 04.06.2019

Warum habe ich mir das angetan? (Und das ist nicht unbedingt negativ gemeint.)

Ein wenig Leben
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Zu allererst: Ich würde gerne auf eine Bewertung verzichten, weil ich dieses Buch irgendwie unbewertbar finde, aber das geht hier leider nicht. Irgendwie kommt es mir nur falsch vor einem Buch eine gute ...

Zu allererst: Ich würde gerne auf eine Bewertung verzichten, weil ich dieses Buch irgendwie unbewertbar finde, aber das geht hier leider nicht. Irgendwie kommt es mir nur falsch vor einem Buch eine gute Bewertung zu geben, wenn es mich so hat leiden lassen. Es ist in dem Sinne kein "gutes" Buch. Ich würde es nicht empfehlen, zumindest nicht ohne Vorbehalt. Dieses Buch war heftig und deshalb fühle ich mich eigentlich nicht in der Lage es zu bewerten, aber was soll's. Kommen wir zur Rezension an sich:

»Sein Wissen hatte er aus Büchern, und Bücher logen, sie beschönigten die Wahrheit.« (S. 882)
Dieses Zitat taucht gegen Ende des Buches auf und ist mir vor allem deshalb in Erinnerung geblieben, weil es genau das Gegenteil von dem beschreibt, was »Ein wenig Leben« tut. Hier wird nichts beschönigt, nicht im geringsten. Ich muss sagen, dass »Ein wenig Leben« eines der deprimierendsten Bücher ist, das ich je gelesen habe. Wenn nicht sogar das deprimierendste. Keine Ahnung, warum mich das wundert, das Cover gibt schließlich schon einen kleinen optischen Vorgeschmack auf das Leid, das in diesem Buch zum Ausdruck kommt.

Ich weiß gar nicht so genau wo ich anfangen soll, denn irgendwie fällt es mir sehr schwer über das Buch zu sprechen. Ich kann es gar nicht richtig in Worte fassen. Und obwohl ich »Ein wenig Leben« ursprünglich dem Bauchgefühl nach 4 Sterne geben wollte, habe ich letztendlich doch auf eine Bewertung verzichtet, denn ich denke nicht, dass so ein Bewertungssystem richtig ausdrückt, wie sehr dieses Buch mich hat mitleiden lassen. Und nein, ich übertreibe an dieser Stelle nicht.

Vielmehr frage ich mich im Nachhinein – nachdem ich bereits unendlich viele Tränen vergossen habe und mein Herz für bestimmte Charaktere gebrochen ist – warum ich mir dieses Buch eigentlich angetan habe. Und… naja, es hat schon eine gewisse Sogwirkung? Also, so richtig? Ich rede hier von »Ich kann dieses Buch nicht aus der Hand legen, dabei müsste ich eigentlich schlafen oder hundert andere Dinge tun«-Sogwirkung. Das liegt zum einen daran, dass Hanya Yanagihara einen sehr schönen Schreibstil hat, der sehr angenehm zu lesen ist. Zum anderen besteht »Ein wenig Leben« – trotz, dass es ~950 Seiten hat – aus sehr wenig Kapiteln. Das Buch gliedert sich in neun Abschnitte, die wiederum jeweils nur zwei bis drei Kapitel haben und in den Kapitel selbst werden kaum Absätze gemacht. Dadurch, dass der Lesefluss also teilweise für viele, viele Seiten nicht unterbrochen wird, fiel es mir teilweise wirklich schwer das Buch aus der Hand zu legen.

Zu Anfang war ich mir recht lange gar nicht sicher, in was für eine Richtung diese Geschichte gehen würde, worum genau sie sich dreht, denn es dauerte ein wenig, bis ich an dem Punkt angekommen bin, an dem mir klar wurde, wer wirklich Mittelpunkt dieser Geschichte ist. Zunächst liest man aus den Sichten von allen vier Freunden, bis schließlich hauptsächlich nur noch Jude erzählt und einem klar wird, wie wenig seine Freunde eigentlich über ihn wissen, trotz, dass sie so gut befreundet sind. Es war erschreckend zu lesen wie viel Jude mit sich herumträgt, wie schlecht es ihm teilweise geht und wie wenig er sich helfen lässt. Es war teilweise unfassbar anstrengend in Jedes Kopf zu stecken, denn die Autorin schreibt sehr intensiv und emotional darüber was in Jude in gewissen Situationen vorgeht und seine Reaktionen trieben mir vermehrt die Tränen in die Augen. Was ich jetzt schon mehr als einmal erwähnt habe, ihr habt es also verstanden. Das hier ist ein trauriges Buch. Aber eben auch nicht nur. Und vielleicht ist traurig auch nicht ganz die treffende Bezeichnung. Jedenfalls ist »Ein wenig Leben« nicht rund um die Uhr deprimierend, es gab auch Szenen, die mich fast haben weinen lassen, weil sie schön waren. Zugegeben: Das waren wenige. Aber es gab sie. Ihr merkt also, dieses Buch war die reinste emotionale Achterbahnfahrt für mich und irgendwie bin ich wirklich froh, dass ich es beendet habe, da ich doch gemerkt habe, obwohl ich tagsüber nicht bewusst über das Buch nachgedacht habe, so hat es mir doch nach ein paar Tagen etwas auf’s Gemüt geschlagen.

Ein Aspekt, der mir wiederum richtig gut gefallen hat, war, wie viel Wert in diesem Buch auf Freundschaft und Familie gelegt wurde, gerade auch weil sich diese Beziehungen über Jahrzehnte ziehen und es sehr spannend zu lesen war, welche Stadien sie durchlaufen, welche Beziehungen wachsen und tiefer gehen und welche es schwieriger haben.

Aber auch gerade weil »Ein wenig Leben« aus mehreren Sichten und über einige Jahrzehnte hinweg seine Geschichte erzählt, muss ich ihm Nachhinein sagen, dass es an einigen Stellen fast schon zu lang war, insbesondere am Anfang hat mich das eher irritiert, als dass ich gut in die Geschichte reingefunden habe.

Fazit?
»Ein wenig Leben« ist ein Buch, das mich unfassbar mit seinen Charakteren hat mitfühlen lassen, so sehr wie kaum ein anderes Buch zuvor. Es war eine harte Geschichte, sehr ehrlich und schonungslos erzählt und wie gesagt, man muss definitiv in der richtigen Stimmung für diese Art von Geschichte sein. Verstehe ich warum so viele Leute es in den Himmel loben? Ein Stück weit schon. Dieses Buch wird mir definitiv in Erinnerung bleiben. Aber auf der anderen Seite war es glaube ich einfach nicht meine Art von Geschichte. »Ein wenig Leben« ist ein eindrucksvolles Buch, keine Frage und ich bin froh es gelesen zu haben und endlich zu wissen, was dahinter steckt, aber gleichzeitig war ich eben auch sehr froh, als ich die letzte Seite umgeschlagen habe und es zurück ins Regal stellen konnte.

Veröffentlicht am 04.06.2019

Ein wirklich erstaunliches Buch

Ein wirklich erstaunliches Ding
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Auf meiner Wunschliste hatte ich »Ein wirklich erstaunliches Ding« von Hank Green schon etwas länger stehen, genau genommen so ziemlich seit es auf englisch erschienen ist. Der Aufhänger des Buches klingt ...

Auf meiner Wunschliste hatte ich »Ein wirklich erstaunliches Ding« von Hank Green schon etwas länger stehen, genau genommen so ziemlich seit es auf englisch erschienen ist. Der Aufhänger des Buches klingt einfach total cool finde ich, irgendwie ein wenig anders als so vieles, das ich in letzter Zeit gelesen habe. Das liegt zum einen daran, dass ich sehr wenig Sci-Fi lese und zum anderen habe ich noch nie ein Buch in der Hand gehabt, das sich so viel mit Social Media und unserer heutigen Gesellschaft beschäftigt. Warum ich es trotzdem erst jetzt gelesen habe? Gute Frage. »Ein wirklich erstaunliches Ding« hat mich immer irgendwie gereizt, aber gleichzeitig nicht genug, da ich doch recht durchwachsene Meinungen dazu gehört habe, etwas, das sich fortgesetzt hat, als das Buch jetzt auch im Deutschen erschienen ist.

Eigentlich nehme ich mir ja immer wieder vor nicht zu viel auf die Meinungen anderer Rezensenten zu geben, aber gerade wenn Blogs, deren Meinung man vertraut, das Buch eher mittelmäßig bewerten kommt man doch ins Grübeln. Umso froher bin ich, dass ich »Ein wirklich erstaunliches Ding« dennoch (endlich) gelesen habe, denn – und ich weiß nicht ob das daran liegt, dass ich mit niedrigeren Erwartungen heran gegangen bin – mir gefiel Hank Greens Debüt meistbietend sehr gut. Ich kann die Kritik die viele an der Geschichte üben nachvollziehen, aber nichtsdestotrotz hat »Ein wirklich erstaunliches Ding« es geschafft mich von sich zu überzeugen.

Wie gesagt bin ich eher etwas skeptisch an »Ein wirklich erstaunliches Ding« heran gegangen und das erste Kapitel war ich mir ziemlich sicher, dass ich diese Geschichte nicht mögen würde, einfach weil ich ein paar Seiten gebraucht habe um mich an den Erzählstil von Hank Green zu gewöhnen, denn man liest aus der Ich-Sicht von April, wie sie aus der (für den Leser) Zukunft auf die Geschehnisse rund um die Carls blickt und aus ihrer Perspektive berichtet. Für mich war das ein wenig gewöhnungsbedürftig zunächst, da April dadurch viele Gedanken einbringt und teilweise anfängt zu philosophieren, was einen wiederum aus der eigentlichen Handlung etwas rausreißt, mich aber, nachdem ich mich erstmal daran gewöhnt habe, gar nicht mehr gestört hat. Eher im Gegenteil, nach ein paar Kapiteln steckte ich mittendrin und mochte April als Erzählerin richtig gerne, eben weil es sich fast so anfühlt als würde sie einem tatsächlich ihre Geschichte erzählen.

Wenn ich jetzt sage, dass ich April als Erzählerin mochte, dann müssen wir einmal zwischen April als Charakter und April als Erzählerin separieren, denn den Charakter April May, wie sie sich selbst darstellt, fand ich stellenweise alles andere als sympathisch. April ist sehr Ich bezogen, handelt oft übereilt und ohne nachzudenken und allgemein dreht sich gefühlt die ganze Welt um sie. Was so besonders an ihr ist? Keine Ahnung. April ist ein ziemlich normaler Mensch, sie trifft ab und an Entscheidungen, die schwer nachvollziehbar sind und ist in mancher Hinsicht etwas verkorkst, was noch schwerer nachzuvollziehen war, weil sie teilweise zwar sehr selbstreflektiert auf die Vergangenheit blickt, teilweise aber eben auch nicht. Ergibt das Sinn? Ich hoffe. Also: Ich fand April nicht unbedingt sympathisch – im echten Leben wäre sie jemand mit dem ich nicht würde befreundet sein wollen -, aber ich mochte dennoch die Art wie sie ihre Geschichte erzählt und sich selbst dargestellt hat; ich habe ziemlich gerne aus ihrer Sicht gelesen, auch, wenn ich sie als Charakter nicht unbedingt mochte. Eine ungewöhnliche Kombination, aber irgendwie hat Hank Green es geschafft, dass eben diese Kombi sehr gut für mich funktioniert hat. Ich fand es irgendwie fast schon erfrischend, dass ich April nicht mochte, dass sie Fehler macht und das zur Genüge. April ist herrlich menschlich und das war wohl das, was mir am meisten an ihr gefiel.

Aber genug von unserer Erzählerin, machen wir noch einen kleinen Abstecher zu den Nebencharakteren. Ich muss sagen, dass mir die meisten der Nebencharaktere sympathischer waren als April selbst, obwohl ich mich bei manchen wirklich gefragt habe, was sie an April finden, denn wie gesagt, sie ist nicht unbedingt die Definition einer guten Freundin. Was die Nebencharaktere angeht fand ich vor allem großartig wie divers Hank Green schreibt, so ist Aprils ehemalige Mitbewohnerin (und Ex-Freundin) Maya zum Beispiel schwarz und lesbisch, April selbst bisexuell und Miranda, eine Wissenschaftlerin die April im Laufe der Geschichte kennenlernt, bewegt sich ebenfalls irgendwie im queeren Bereich. Das tolle dabei ist, dass Hank Green es schafft, dass die Nebencharaktere nicht durch die Minderheit der sie angehören charakterisiert werden (ich will ja kein Negativbeispiel nennen, wo das so ist, aber… wir wissen alle wovon ich rede, oder? hust Someone New hust) , sondern sie alle davon abgesehen eine wichtige Rolle für April und die Geschichte haben. Allerdings muss ich auch sagen, dass dadurch, dass man rein aus Aprils Sicht liest die Nebencharaktere teilweise doch recht wenig Screentime bekommen, dafür ist April einfach zu Ich-bezogen, und deshalb teilweise etwas flach bleiben, beziehungsweise hätte ich von ein paar, weil ich sie so gerne mochte, einfach gerne mehr gesehen… okay, ich gebe es zu, hauptsächlich geht es mir um Aprils persönlichen Assistenten Robin, der mir gegen Ende etwas Leid tat, weil er April sehr loyal gegenüber ist und ihr das Leben so viel leichter macht und sie ihn einfach nicht zu schätzen weiß. Aus irgendeinem Grund fand ich Robin jedenfalls ziemlich interessant, vielleicht gerade weil man so wenig über ihn weiß, aber ich hätte definitiv gerne noch mehr von diesem Charakter gesehen, da er doch recht eng mit April zusammenarbeitet.

Wie gesagt, ich kann die Kritik an »Ein wirklich erstaunliches Ding« stellenweise gut nachvollziehen, aber für mich hat das Konzept des Buches halt funktioniert. Zwischen »Ein wirklich erstaunliches Ding« und mir hat es irgendwie Klick gemacht. Das wird denke ich nicht bei jedem so sein, kommt vielleicht aber auch ein bisschen darauf an mit welchen Erwartungen man an die Geschichte heran geht. Ich habe mit keinem Buch voller Spannung und Sci-Fi Elementen gerechnet, trotz, dass die Carls in irgendeiner Art außerirdisches Leben sind. Ich würde sagen die Handlung ist gerade zu Anfang eher gemächlich, hat mich aber gleichzeitig sehr neugierig gemacht. Ohne dass sonderlich viel passiert hat Hank Green es geschafft, dass ich am Ball blieb und unbedingt wissen wollte, was es mit den Carls auf sich hat. April selbst tut nämlich zwar so, weiß aber tatsächlich auch nicht viel mehr als der Rest der Menschheit, obwohl sie von den Medien quasi als Carl-Botschafterin dargestellt wird. Okay, zugegeben stellt auch sie selbst sich so dar und nimmt diese Rolle dankend an. Jedenfalls tappt man zusammen mit April im Dunkeln und versucht das Rätsel um die Carls und was sie auf der Erde und von den Menschen wollen zu lösen. »Ein wirklich erstaunliches Ding« ist – zumindest die ersten zwei Drittel – nicht spannend im eigentlichen Sinne, hat auf mich aber dennoch eine gewisse Sogwirkung ausgeübt. Ich gebe da wie gesagt dem Erzählstil die Schuld, der dafür gesorgt hat, dass ich das Buch nicht so wirklich aus der Hand legen wollte.

Was mir an »Ein wirklich erstaunliches Ding« aber wohl am meisten gefallen hat, ist, wie Hank Green unsere heutige Gesellschaft porträtiert. Der Fokus dieses Buches liegt neben dem Rätsel um die Carls auf sozialen Medien und dem Umgang damit. April wird quasi über Nacht weltberühmt und es war definitiv interessant zu verfolgen was diese plötzliche Reichweite, die sie durch das Video und die darauf folgenden Besuche in Talkshows mit ihr gemacht haben. Hank Green stellt wunderbar die schönen, aber auch die nicht so schönen Seiten von Social Media dar, angefangen damit, dass April von ihrer Agentin dazu angehalten wird sich in der Öffentlichkeit als lesbisch und nicht als bisexuell auszugeben, über Trolle, den Drang immer alles sofort zu erfahren, der Erste und Schnellste zu sein und schlichtweg die Angst all diese vielen, vielen Follower wieder zu verlieren. Ich denke wir wissen alle wie viel Arbeit darin steckt Social Media Accounts ordentlich zu pflegen und April dabei zuzusehen, wie sie quasi süchtig danach wird eine höhere Reichweite zu erzielen, mehr Menschen zu erreichen mit dem was sie macht und dabei auch noch gut dazustehen war gleichermaßen erschreckend wie auch… relatable? Denn ja, April trifft einige, wirklich einige nicht ganz so tolle Entscheidungen, aber irgendwie konnte ich ihr das auch immer wieder verzeihen, weil ich bis zu einem gewissen Grad verstehen kann, warum sie tut was sie tut, sei es manchmal auch noch so dämlich.

Fazit?
Schließlich bleibt mir jetzt eigentlich gar nicht mehr so viel zu sagen, außer, dass »Ein wirklich erstaunliches Ding« für mich, obwohl es nicht perfekt ist und ich dem Buch „nur“ 4 Sterne gegeben habe, irgendwie gleichzeitig auch ein bisschen ein Jahreshighlight ist. Für mich war das Buch erfrischend anders; ich fand es toll wie divers dieses Buch war, wie treffend es in vielerlei Hinsicht unsere heutige Gesellschaft beschreibt und außerdem fand ich die Carls richtig spannend. Man tappt so lange im Dunkeln, weiß nicht so recht was man von diesen mysteriösen Robotern halten soll und schließlich ist man an Ende auch nicht viel schlauer. Das ist einer der Gründe, weshalb das Buch von mir nicht die volle Punktzahl bekommt, denn so genial ich es in vielerlei Hinsicht auch fand, ich habe immer noch nicht so wirklich eine Ahnung wo der Autor uns eigentlich hinführen möchte. Nichtsdestotrotz hat mir Hank Greens Debüt insgesamt richtig gut gefallen und ich bin gespannt auf den zweiten Teil. Wer sich von dem was ich geschrieben habe jetzt nicht abgeschreckt fühlt, dem würde ich das Buch wirklich ans Herz legen, weil es wirklich ein tolles Buch ist. Wenn nicht, dann lasst lieber die Finger davon.

Veröffentlicht am 04.06.2019

Und ich habe ein neues Lieblingsbuch

Love to share – Liebe ist die halbe Miete
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»Love to Share« ist eines dieser Bücher, dass mir so oft auf Instagram über den Weg gelaufen ist, dass ich einfach nicht anders konnte als es bei meinem letzten Besuch in der Buchhandlung mitzunehmen. ...

»Love to Share« ist eines dieser Bücher, dass mir so oft auf Instagram über den Weg gelaufen ist, dass ich einfach nicht anders konnte als es bei meinem letzten Besuch in der Buchhandlung mitzunehmen. Ich mag das Cover irgendwie total gerne, die Farben sind genau meins und auch wenn der Aufhänger der Story zwar ganz süß klang, aber auch nicht wirklich nach etwas Neuem, habe ich noch an dem Tag mit dem Lesen angefangen und »Love to Share« schon ein paar Stunden später ausgelesen gehabt, so gut hat es mir gefallen.

Wie gesagt finde ich, dass die Geschichte auf den ersten Blick nicht unbedingt etwas Neues bietet – aber immerhin möchte man im Klappentext ja auch niemanden spoilern -, dafür war ich dann beim Lesen umso positiv überraschter, als ich gemerkt habe, dass der Grundton der Story gar nicht mal so locker und fluffig ist, wie man zunächst annimmt.

»Love to Share« wird sowohl aus Leons, als auch aus Tiffys Sicht erzählt und beide waren mir so, so sympathisch. Sie waren tolle Erzähler, wirklich. Besonders gut hat mir dabei gefallen, dass ich die Erzählstimmen der beiden sehr gut auseinander halten konnte, was ja auch nicht immer der Fall ist. Leon denkt in seinen Kapitel relativ abgehackt, es fehlt oft das »Ich (hier bitte beliebiges Verb einfügen)«, was ein wenig gewöhnungsbedürftig war, mich aber auch nicht weiter gestört hat. Mir gefiel es, dass ich Tiffys und Leons Kapitel so gut auseinander halten konnte und außerdem fand ich es ganz interessant nicht immer nur ausformulierte Sätze zu lesen, denn so hat es sich ein wenig angefühlt, als würde man wirklich in Leons Kopf stecken, schließlich denkt man selbst ja auch nicht immer in vollständigen Sätzen. Ich kann gut nachvollziehen, warum einige sich daran stören, mir persönlich hat das aber gar nichts ausgemacht.

Leon und Tiffy fand ich wie bereits erwähnt grandios, ich habe die beiden ziemlich schnell ins Herz geschlossen. Es war so lustig zu lesen, wie die beiden anfangs nicht so wirklich mit der Wohnsituation umzugehen wussten, sich dann aber langsam angenähert haben. Die Zettelchen, die sie sich vermehrt zu Beginn geschrieben haben, fand ich eine spannende Art zu kommunizieren und vor allem fand ich es interessant wie viel man über einen Menschen lernen kann, obwohl man ihn noch nie gesehen hat. Tiffy und Leon merken meist recht schnell wenn bei dem anderen etwas nicht stimmt, an Kleinigkeiten in der Wohnung und wie die beiden sich gegenseitig helfen/versuchen das Leben leichter zu machen fand ich richtig sehr süß. Eine Tiffy hätte ich auch gerne als Mitbewohnerin, dann wäre ich nämlich permanent mit Kuchen versorgt.

Tiffy ist ein recht flippiger Charakter, aber auch nicht zu flippig, während Leon eher introvertiert ist, aber auch hier, nicht zu introvertiert. Wisst ihr was ich meine? Manchmal habe ich das Gefühl Charaktere in Büchern sind sehr… extrem? Was gewisse ihrer Eigenschaften angeht. Aber hier habe ich das gar nicht so empfunden, Tiffy und Leon haben sich so echt angefühlt, das war richtig schön. Die beiden waren für mich einfach genau die richtige Mischung.

Etwas, das ich über das ganze Buch sagen könnte. Ich mochte die Themen, die hier angesprochen wurden. Was auf den ersten Blick eine simple Liebesgeschichte ist, ist in Wahrheit so viel mehr gewesen. Es gibt verschiedene kleinere Handlungsstränge, die nebeneinander her laufen und die vielen Seiten dieses Buches rechtfertigen und über die ich eigentlich gar nicht mehr sagen möchte, weil Spoiler. Eines der Hauptthemen in diesem Buch ist allerdings, dass Tiffy aus einer ziemlich toxischen, manipulativen Beziehung kommt und das erst so nach und nach merkt und ich fand die Autorin hat das richtig gut umgesetzt und vor allem fand ich es spannend darüber zu lesen, vor allem in einem Buch bei dem ich so gar nicht damit gerechnet habe über sowas zu lesen. Auch hier wieder: Die richtige Mischung. Es gab Drama, aber nicht zu viel Drama, Missverständnisse, aber über die wurde gesprochen und kein riesiges Fass davon aufgemacht. Ich habe fast einen Freudentanz aufgeführt, dass Charaktere tatsächlich mal miteinander kommunizieren.
Noch etwas, das mir richtig gut gefallen hat, war, dass ich das Ende nicht habe kommen sehen. Zumindest nicht so. Und wie oft wird man in romantischen Geschichten bitte überrascht? Fast nie. Ich fand den Konflikt am Ende jedenfalls richtig cool und originell.

Und bevor ich jetzt aufhöre über dieses Buch zu schwärmen wollte ich noch einmal kurz die Nebencharaktere erwähnen, die mir mindestens so sehr das Herz gestohlen haben wie Tiffy und Leon. Tiffy hatte tolle Freunde, die sie unterstützt haben und das war einfach so schön zu lesen. Die Leute, mit denen sie zusammenarbeitet haben mich immer wieder zum Lachen gebracht und auch Leons Bruder Richie hat einen gewissen Unterhaltungswert geliefert.

Fazit?
Hach, dieses Buch war einfach so schön. Es war einfach genau mein Ding, hat viele Punkte beinhaltet, über die ich einfach gerne lese. Tiffy und Leon waren so toll, die Geschichte war gleichermaßen witzig, unterhaltsam, aber auch ernst und – ich weiß, ich wiederhole mich -, aber die Mischung aus all diesen Dingen hat dieses Buch für mich einfach so großartig gemacht. »Love to Share« ist definitiv ein (unerwartetes) Highlight für mich und wird bestimmt nicht das letzte Werk gewesen sein, dass ich von Beth O’Leary lese.

Veröffentlicht am 03.01.2019

Ein schöner runder Abschluss

Der letzte erste Song
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Die ersten zwei Drittel von Masons und Graces Geschichte haben mir unglaublich gut gefallen und waren all das, was ich mir von dem Buch erhofft hatte. Der allergrößte Pluspunkt und die größte Überraschung ...

Die ersten zwei Drittel von Masons und Graces Geschichte haben mir unglaublich gut gefallen und waren all das, was ich mir von dem Buch erhofft hatte. Der allergrößte Pluspunkt und die größte Überraschung war in diesem Fall tatsächlich Mason an sich. Während ich ihn im ersten Band kaum leiden konnte und er die folgenden hauptsächlich ein Neben-Nebencharakter war und dementsprechend wenig vorkam und vor allem finde ich häufig auf seine On-Off-Beziehung reduziert wurde, so war er in seiner eigenen Geschichte eindeutig der Sympathieträger für mich. Nicht, dass ich Grace nicht auch mochte, aber Mason ist mit Abstand mein Highlight. In den vorigen Bänden wurde er häufig als Spaßvogel und Drama-Queen dargestellt, was hier definitiv nicht der Fall war, eher im Gegenteil. Ich fand es richtig angenehm zu lesen wie erwachsen Mason und Grace agieren. Ja, es gibt auch typische Bianca-Iosivoni-Szenen, die zwar sehr lustig zu lesen, mir persönlich aber fast schon zu übertrieben sind, aber dennoch fand ich die beiden grundsätzlich sehr vernünftig.

Während es für mich häufig bei romantischen Büchern wenig nachvollziehbar ist, wie schnell sich Charaktere ineinander verlieben, wie wichtig sie sich in unfassbar kurzer Zeit werden, so war bei Mason und Grace das genaue Gegenteil der Fall. Das liegt zum einen daran, dass die beiden in etwa den gleichen Freundeskreis haben, auch, wenn die beiden an sich nicht sonderlich viel miteinander zu tun haben, bis Grace als Sängerin in Masons Band anfängt. Ein großer Pluspunkt für den Realismus, ich mochte es sehr darüber zu lesen, wie zwei Personen die sich schon kannten sich ineinander verliebt haben und nicht Fremde. Zum anderen hat die Chemie zwischen den beiden einfach gestimmt.

Mason und Grace verlieben sich langsam ineinander, kämpfen ein wenig gegen die ungewollten Gefühle an, da sie eigentlich beide in einer Beziehung stecken und nicht so recht wissen, was sie eigentlich wollen. Diese Unsicherheit und das vielleicht-vielleicht-auch-nicht und dann wieder die Momente nur zwischen den beiden, in denen man sich sicher ist, dass gleich was passiert, haben unfassbar gut harmoniert und ich habe regelrecht mitgefiebert. Was ich dabei auch besonders schön fand war vor allem der Umgang mit den Partnern der beiden, besonders im Hinblick auf Mason und Jenny. Aus Masons Sicht zu lesen hat besonders seine Handlungen aus dem ersten Band viel schlüssiger und weniger idiotisch erscheinen lassen und ihn mir um einiges sympathischer werden lassen. Man kann sich ja bereits denken, dass Mason und Grace im Laufe der Geschichte zueinander finden, aber den Weg dahin fand ich wirklich gelungen, denn Mason hat noch lange um die Beziehung zu Jenny gekämpft, die seine erste große Liebe war. Während Jenny in den restlichen Bänden immer als unausstehlich dargestellt wurde fand ich es interessant über sie aus Masons Sicht zu lesen und warum er derart an ihr hängt und es ihm so schwer fällt sich einzugestehen, dass sie sich womöglich auseinander gelebt haben. Mir gefiel die Thematik und die Umsetzung einfach richtig gut, dass beide Protagonisten Vorgeschichte haben, die sie prägen und dass nicht jede Beziehung ein „für immer“ ist.

Die ersten zwei Drittel des Buches haben mir wie man also merkt wirklich gut gefallen und ich wünschte ich könnte sagen, dass das auch auf das Ende zutreffen würde, aber dem ist leider nicht so. Nicht, dass ich das Ende gar nicht mochte, aber nachdem Mason und Grace irgendwann schließlich zueinander gefunden haben ging es für mich doch etwas bergab, denn ehrlich gesagt fand ich den Konflikt am Ende zwischen den beiden fast schon überflüssig, denn für mich hat er nicht viel gelöst im Endeffekt, einige Probleme wurden weiterhin konsequent nicht angesprochen und ich fand es schade, dass so künstlich noch einmal ein Tiefpunkt für Grace konstruiert werden musste. Dabei hat mich vor allem gestört, dass keiner ihrer Freunde in irgendeiner Weise versucht hat für sie da zu sein. Grace hat sehr damit zu kämpfen, dass ihre Mutter ihr immer vorhält sie würde zu viel wiegen, obwohl – wenn ich das richtig verstanden habe – Grace sogar untergewichtig ist und sehr viel Sport treibt, wo jeder weiß, dass sie sich damit quält. Aber keiner sagt etwas? Keiner macht sich mal Sorgen? Dafür, dass die Clique so eng befreundet ist, fand ich das ehrlich gesagt etwas mau. Außerdem wurde in der Hinsicht am Ende sehr wenig geklärt, ich hatte mir irgendwie gewünscht, dass Graces Probleme bezüglich ihres Gewichts und ihrem Zwang immer perfekt sein zu wollen nicht einfach so abgefertigt, sondern ordentlich aufgearbeitet werden, da hat ein Stimmungsumschwung ihrerseits für mich nicht gereicht, wenn man diese Themen schon anspricht.

Was ebenfalls etwas schade war, war, dass es so einen großen Cast an Nebencharakteren gibt. Einerseits war es selbstverständlich schön die altbekannten Pärchen wiederzusehen und mir hat auch sehr gut gefallen, dass bei denen nicht alles immer perfekt läuft, aber trotzdem gab es für mich zu viele Personen in diesem Buch. Es wurde versucht allen Raum zu geben, aber das hat eben nicht geklappt und so weiß man zwar ein bisschen was über Masons Band, letztendlich aber nicht sonderlich viel, was schade ist, weil ich über die Jungs gerne noch mehr erfahren hätte. Andererseits liegt der Fokus halt hauptsächlich auf Mason und Grace, was ja auch so sein soll, aber irgendwie hätte ich mir da doch mehr gewünscht. Logisch kann man nicht allen Charakteren unendlich viel Raum geben, aber so hat sich gerade die Band irgendwie wie nichts Halbes und nichts Ganzes angefühlt fand ich.

Außerdem muss ich sagen, dass mir das Ende dann fast schon etwas schnell und übereifrig abgehandelt wurde, mit einem Mal hat Grace eine 180 Grad Wende hingelegt, mal ganz davon abgesehen, dass der gesamte Epilog gefühlt lediglich dazu diente alle Charaktere noch einmal auf die Bühne zu kriegen und man gefühlt durch eine rosarote Brille guckt. Das ging der Realismus, den ich am Anfang so schön fand, dann irgendwie flöten. Leider.

Fazit?
Die ersten zwei Drittel waren wahnsinnig stark und ein 5-Sterne-Buch für mich, während die letzten Seiten meiner anfänglichen Euphorie dann einen kleinen Dämpfer verpasst haben. Nichtsdestotrotz hat mir Masons und Graces Geschichte insgesamt unglaublich gut gefallen, ist denke ich sogar fast mein Lieblingsband der Reihe. Die Chemie zwischen den beiden hat einfach gestimmt und ehrlich, Mason ist einer der sympathischsten Protagonisten, über die ich seit langem gelesen habe und allein deshalb mag ich das Buch sehr gerne und kann es euch nur ans Herz legen.