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Veröffentlicht am 03.04.2024

Das Armband

Adas Raum
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Im Jahr 1459 stirbt Adas kleiner Sohn kurz nach der Geburt. Er soll seinen Totenritus bekommen. Im Jahr 1848 trifft Ada King auf Charles Dickens, was nicht schlimm wäre, gäbe es nicht einen Mr. King. Im ...

Im Jahr 1459 stirbt Adas kleiner Sohn kurz nach der Geburt. Er soll seinen Totenritus bekommen. Im Jahr 1848 trifft Ada King auf Charles Dickens, was nicht schlimm wäre, gäbe es nicht einen Mr. King. Im Jahr 1945 versucht Ada in Nordhausen zu überleben. Und irgendwann ist Ada in Berlin. Dort hat sie es nicht leicht bei der Wohnungssuche. Zum Glück hat sie einen britischen Pass und eine Schwester, die ihr hilft. Und immer wieder taucht das Armband auf, dass die Jahrhunderte ebenso überdauert wie eine Form von Ada.

Diese ungewöhnliche Geschichte erzählt von verschiedenen Adas, die aber doch irgendwie die selbe Ada sind. In allen Formen ist Adas Leben nicht leicht. Sie erfährt viel Leid und hin und wieder glückliche Momente. Und auch das Armband durchreist die Zeit. Es will behütet werden. Fast wie das verstorbene Kind. Was für Zeiten sind es, in denen Ada landet? Die Zeit der Kolonialherren, die Zeit der ersten Sozialkritik, die Zeit des Krieges, die Zeit des heutigen Berlins, in der auch nicht eitel Sonnenschein herrscht. Eine abenteuerliche Seelenreise durch verschiedene Zeitalter.

Das Cover dieses Buches ist in seiner Schlichtheit ein echter Hingucker, auch wenn man vielleicht etwas länger überlegt, kaufen oder nicht, landet es schließlich doch im eigenen Bücherschrank, Die Handlung des Romans ist ein wenig schwierig nachzuvollziehen. Auch wenn sich die unterschiedlichen Zeitebenen deutlich getrennt aneinanderreihen, fehlt etwas der rote Faden. Wieso taucht Ada immer wieder auf und was genau sind die Inkarnationen des Dings, wieso gibt es sie? Natürlich wäre der Gedanke schön, es sei eine Art Schutz. Doch würde es dann gute Arbeit leisten? Dennoch ist die Erzählung interessant. Gerne folgt man Ada von Ghana über London nach Deutschland, wo sie schließlich in Berlin landet. Zwar fühlt man sich so als habe man den Sinn nicht richtig erfasst, aber von der Story war man gefesselt und schließt den Roman in gutem Einvernehmen.

Veröffentlicht am 01.04.2024

Die andere Schwester

So wie du mich kennst
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Karla ist auf dem Rückweg von New York. Dabei hat sie die Urne ihrer Schwester Marie. Sie hat es fast bis zu ihrem Elternhaus in Nordbayern geschafft als ihr Wagen liegenbleibt. Die letzten Kilometer muss ...

Karla ist auf dem Rückweg von New York. Dabei hat sie die Urne ihrer Schwester Marie. Sie hat es fast bis zu ihrem Elternhaus in Nordbayern geschafft als ihr Wagen liegenbleibt. Die letzten Kilometer muss die zu Fuß bewältigen. Ein schwerer Weg, auch weil die Urne aus massiven Eichenholz einiges wiegt. Schwer wiegt auch die Trauer um Marie. Karlas Eltern sind wie erstarrt. Doch Karla, die in der nächstgrößeren Stadt als Lokaljournalistin arbeitet, fliegt zurück nach New York. Maries Wohnung muss aufgelöst werden und Karla will das Unbegreifliche begreifen.

Marie ist erst Anfang Dreißig als sie bei einem Unfall stirbt. Für ihre Eltern und ihre Schwester Karla ist es schrecklich. Wieder nach New York zu gehen und sich mit Maries letzten Tagen und Wochen zu beschäftigen, sich dem Verlust zu stellen. Karla findet heraus, dass sie Einiges über ihre Schwester nicht gewusst hat. Marie war als Fotografin erfolgreich. Sie hatte sich von ihrem Mann scheiden lassen. Sie führte ein nach außen selbstbewusstes Leben in der Metropole New York. Doch war tatsächlich alles easy? Karla hat jeden Tag mit Marie telefoniert. Sie wusste aber nicht alles, wie sie jetzt feststellt. Sie sieht Marie in einem neuen Licht.

Ein Familienroman über Verlust und Trauer, aber auch ein Brechen des Schweigens, einer kleinen Hoffnung. Es zerreißt Karla förmlich das Herz als sie ihre tote Schwester heimbringen muss, als sie die Spuren Maries in New York auflösen muss. Ihre Eltern sind wie erstarrt und auch Karla behält ihre Gedanken für sich. Doch sie muss feststellen, dass Marie eine andere war. Sie war nicht nur die selbstbewusste und erfolgreiche Fotografin. Sie hatte eine andere Seite. Warum hat Maire nicht gesprochen. Will Karla es ihr nachtun? Schließlich wirkt es so als ob der Leser oder die Leserin mehr weiß. Und so kann gesagt werden, so läuft es in Familien. Und es wäre schön, wenn mehr und offener geredet würde. Wenn man die eigenen Eltern oder Geschwister besser kennen würde, gäbe es mehr echtes Verständnis und nicht nur Annahmen, mit denen man richtig oder nicht richtig liegen kann.

Veröffentlicht am 31.03.2024

Der Fall Kovic

Bluttat
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Kommissar Alexander Blix’ Kollegin Kovic hat in alten Fällen eine Spur entdeckt, die auf ungesühnte Taten hindeuten. Kovic ermittelt verdeckt, weil sie nicht weiß, wer in die Sache verwickelt ist. Auch ...

Kommissar Alexander Blix’ Kollegin Kovic hat in alten Fällen eine Spur entdeckt, die auf ungesühnte Taten hindeuten. Kovic ermittelt verdeckt, weil sie nicht weiß, wer in die Sache verwickelt ist. Auch Blix ist nicht über alles informiert. Genauso wie seine anderen Kollegen ist er völlig entsetzt als Kovic in ihrer Wohnung erschossen wird. Aufgebracht versucht er, den Täter schnellstens zu finden und dingfest zu machen. Dabei unterstützt ihn die Journalistin Emma Ramm, die ihm mit ihren intelligenten Schlussfolgerungen schon häufiger geholfen hat. Im Laufe der Untersuchung kommt ein Verdächtiger ums Leben.

Im dritten Band der gemeinsamen Fälle von Alexander Blix und Emma Ramm sind es eben diese beiden, die befragt werden. Nachdem ein Verdächtiger gestorben ist, muss der Hergang geklärt werden. Wie ist es zu dem Ereignis gekommen? Was ist in den letzten vier Tagen seit Kovics Tod geschehen? Der Fall ist scheinbar gelöst, aber Blix kann nicht locker lassen solange er nicht weiß, wonach Kovic wirklich gesucht hat. Hartnäckig ermittelt er weiter, obwohl er eigentlich befangen ist. Seine Karriere als Polizist ist ihm so langsam egal. Er hat nicht mehr das Gefühl, der er sich auf überhaupt jemanden verlassen kann.

Die in der ersten Hälfte des Buches gewählte Darstellungsform ist mal etwas anders, was dem Kriminalroman eine Frische gibt und die Spannung erhöht. Allerdings muten die Autoren ihren Lesern etwas zu, was schwer zu verdauen und auch nicht so leicht zu verzeihen ist. Blix’ Position ist in Frage gestellt, obwohl er weiterhin ein gewiefter Ermittler ist. Wenn die Polizisten persönlich betroffen sind, ist es immer so eine Sache, ob einem das gefallen muss, ebenso wie es nicht immer gefällt, wenn sie zu viele Probleme haben. Blix wird in diesem Roman Einges aufgeladen, wie will er das bloß überstehen. Trotzdem ist die Handlung fesselnd. Auch wenn der Täter am Schluss möglicherweise nicht mehr völlig überrascht, ist der Krimi doch gut konstruiert und reichlich perfide, Insgesamt ein gut zu lesender Kriminalroman.

Veröffentlicht am 30.03.2024

Unvergleichbar

Die Inkommensurablen
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Der siebzehnjährige Pferdeknecht Hans kommt am Tag vor Beginn des ersten Weltkriegs nach Wien. Er hofft dort auf die Psychoanalytikerin Helene Cheresch zu treffen. Auf der Suche nach ihrer Praxis begegnet ...

Der siebzehnjährige Pferdeknecht Hans kommt am Tag vor Beginn des ersten Weltkriegs nach Wien. Er hofft dort auf die Psychoanalytikerin Helene Cheresch zu treffen. Auf der Suche nach ihrer Praxis begegnet er Adam, einem jungen Offizier, der eigentlich lieber Musiker wäre und als Kompromiss bei einem Musikkorps ist. Und er lernt die ebenfalls junge Klara kennen, die es als eine der ersten Frauen geschafft an der Universität ein Mathematikstudium abzuschließen. Nunmehr steht sie kurz vor der Promotion. Dieses Trio bildet eine ungewöhnliche Gemeinschaft, die unter dem heuandrohenden Krieg die letzten friedlichen Stunden verbringt.

Ja, sie bilden wirklich ein ungewöhnliches Trio, der Landjunge aus Tirol, den man schon an seiner Sprache erkennt, die Intellektuelle, die in deser Zeit noch kaum gibt, und der Adlige, der eigentlich von der Musik träumt. Um Träume geht es teilweise auch bei der Analyse durch Helene Cheresch. Bei ihr möchte Hans Antworten auf seine Fragen finden. Er meint, er habe eine seltsame Gabe, für die es eine Erklärung geben müsste. Doch inzwischen durchleben die drei eine wilde Nacht, in der sie die bedrohliche Lage nie ganz vergessen können.

Sowohl für den deutschen Buchpreis 2023 als auch für den deutschen Horbuchpreis 2023 war dieser Roman nominiert. Und beim Hörbuchpreis gab es tatsächlich die Ehrung in der Kategorie bester Interpret. Das völlig zurecht, denn Cornelius Obonya vermag es ganz hervorragend den Vorabend des Krieges mit seinen unterschiedlichen Facetten in der Phantasie des Hörers lebendig werden zu lassen. Allerdings ist die eigentliche Handlung des Romans doch etwas fordernd. Ein wenig fühlt man sich an Ulysses erinnert, wo auch ein relativ kurzer Zeitraum ausführlich abgehandelt wird. Ein echter roter Faden, der von da nach dort führt, ist nicht wirklich zu finden. Dennoch fühlt man die knapper werdende Zeit, das herannahende Ende des Friedens. Wie werden die jungen Menschen sich entscheiden? Wie wird sich die Welt entscheiden? Zum Glück läuft heute kein Ultimatum ab, aber es entsteht schon der Eindruck als stehe die Welt am Scheideweg. Man hofft, sie wird sich für den Frieden entscheiden, aber sicher ist das nicht. Wollte man pessimistisch sein, müsste man sagen, die Zeichen stehen auf Sturm. Hat die Autorin unsere Zeit in die Vergangenheit geschrieben? Interessant ist im Übrigen die Bedeutung des Titels, der nicht einfach so diahingeschrieben ist.

Veröffentlicht am 29.03.2024

Göttervision

Das Land der verlorenen Götter
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Hauptkommissarin Yildiz Karasu und ihr Partner Kommissar Tobias Becker werden in Berlin zu einem Tatort gerufen. Der Tote ein IT-Spezialist, der auch malte, ist grausam zugerichtet. Sie sieht aus, als ...

Hauptkommissarin Yildiz Karasu und ihr Partner Kommissar Tobias Becker werden in Berlin zu einem Tatort gerufen. Der Tote ein IT-Spezialist, der auch malte, ist grausam zugerichtet. Sie sieht aus, als sei er auf einem Altar als Opfer dargeboten worden. Die Ermittler stehen vor einem Rätsel. Sollte der nachgebildete Pergamon-Altar etwas mit dem Mord zu tun haben? Oder hatte es ein Rechter auf den türkischstämmige Ermordeten abgesehen? Oder gab es Probleme in der Familie des Opfers, das sich zu seiner Homosexualität bekannte? Wie so häufig, fängt die Lösung eines Falles mit mähseliger Kleinarbeit an.

Kommissarin Yildiz ist in Berlin geboren, dennoch ist sie stolz auf ihre türkischen Wurzeln. Genauso stolz ist sie, es bei der Polizei geschafft zu haben. Sie leitet ihr kleines Team. Anfeindungen sind ihr nicht fremd, doch sie weiß sich zu wehren. Im laufenden Fall ist es von Vorteil, dass sie auch türkisch spricht. Ihr Kollege Tobias Becker ist noch relativ neu. Die beiden haben aber schon gelernt, sich zu vertrauen. Ihre Nachforschungen konzentrieren sie zunächst auf dem möglichen Zusammenhang mit der Zeus-Sage und dem Pergamon-Altar. Doch schnell ergeben sich auch Spuren ins ausländerfeindliche Milieu, wo sich ein Verdacht sofort aufdrängt.

Mit einem grausamen Mord beginnt dieser spannende Kriminalroman. Nicht direkt zwischen Berlin und Pergamon pendelt die Handlung, doch werden die Geschichte des Gottes Zeus, die Zeit der Ausgrabungen in Pergamon und die Familiengeschichte des Opfers sehr geschickt miteinander verwoben. Allerdings wirkt die verwendete Sprache etwas hölzern und nicht so authentisch. Besonders die übertriebene Beschreibungen der Augen fällt auf. Bedrückend ist dagegen die sehr glaubhafte Beschreibung, der rechtsradikalen Auswüchse, denen sich sie Migranten in Berlin ausgesetzt sehen. Hier regt das Buch sehr zum Nachdenken an. Gleichzeitig erweisen sich die sympathischen Kommissare als gewiefte Ermittler, die auch noch der kleinsten Spur nachgehen. Das überraschende Finale beschließt einen ungewöhnlichen Fall. Das auffällige Cover lässt einen mit freudiger Erwartung zum Buch im Ladenregal greifen. Auch wenn die Geschichte, den Erwartungen nicht ganz standhält, bietet dieser kluge Krimi doch gute Unterhaltung.