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Veröffentlicht am 08.01.2022

Alle Zeiten

Wolkenkuckucksland
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Immer lesen sie über Aethon, der achtzig Jahre als Mensch lebte, ein Jahr als Esel, ein Jahr als Zackenbarsch und ein Jahr als Krähe. Die Geschichte wird gefunden von Kindern und Jugendlichen im Konstantinopel ...

Immer lesen sie über Aethon, der achtzig Jahre als Mensch lebte, ein Jahr als Esel, ein Jahr als Zackenbarsch und ein Jahr als Krähe. Die Geschichte wird gefunden von Kindern und Jugendlichen im Konstantinopel des 15. Jahrhunderts, in den USA in unseren Tagen und in der Zukunft von der jungen Konstance. Die Fragmente, die von Aethons Historie erhalten sind, übersetzt Zeno für die amerikanischen Kinder, die mit ihm gemeinsam ein Stück schreiben, dass sie dem Publikum in einer einzigen und einzigartigen Aufführung darbieten wollen. Anna hat die Überbleibsel des Buches im 15. Jahrhundert in einer verlassenen Bibliothek entdeckt und gehütet.

Wie blicken die Kinder und Jugendlichen auf die Welt und wohin treibt es sie? Schon Anna, die im Mittelalter lebt, wirkt wie eine Entdeckerin auf der Suche nach den Buchstaben, während Zeno im Alter für seine Theatertruppe sorgt. Konstance, erfährt von den Geschichten aus dem gespeicherten Wissen, welches in die Zukunft gerettet wurde. Auch sie ist ein intelligentes Mädchen, das sehr wissbegierig ist. Dagegen wirkt Seymour, der schon als Kind anders ist, wie ein missgeleiteter Gegenpol. Und doch haben versammeln sich auch viele, die es im Leben nicht immer so leicht haben, weil sie arm sind, anders aussehen oder anders lieben.

Ein neuer Roman von Anthony Doerr, den muss man haben, auch wenn er vielleicht nicht ganz so mitreißend ist, wie der, den man vorher gelesen hat. Doch die Erzählungen aus drei Jahrhunderten, die über die Geschichte Aethons zusammengehalten werden, sind interessant und packend. Toll, wie sich eigentlich kleine Existenzen durch ihren Wissensdrang aus der Masse herausheben. Das gibt Zuversicht, dass man auch in weniger schönen Zeiten über sich hinauswachsen kann. Für manchen Schritt braucht es Mut und vielleicht auch Opferbereitschaft. In diesem Buch trifft man Charaktere, die eben hiermit ausgestattet zum Vorbild werden können. Am Schluss wirklich gefesselt, schließt man das Buch mit großer Zufriedenheit.

Veröffentlicht am 08.01.2022

Das Foto

Dunkelheit, nimm meine Hand
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Die Bostoner Psychologin Diandra Warren bekommt anonym ein Foto von ihrem Sohn zugeschickt. Das empfindet sie als sehr bedrohlich- Sie engagiert die Detektive Patrick Kenzie und Angie Gennaro, um ihrem ...

Die Bostoner Psychologin Diandra Warren bekommt anonym ein Foto von ihrem Sohn zugeschickt. Das empfindet sie als sehr bedrohlich- Sie engagiert die Detektive Patrick Kenzie und Angie Gennaro, um ihrem Sohn zu schützen. Die Detektive finden schnell heraus, dass es wohl nichts mit der Mafia zu tun hat. Allerdings finden sie keine Hinweise, von wem das Foto kam. Sie beobachten den jungen Mann eine Weile, um notfalls eingreifen zu können. Inzwischen erhält auch Kenzie unerklärliche Nachrichten und er beginnt zu überlegen, was er mit der Sache zu tun haben könnte. Bald gibt es einen ersten Todesfall.

Der zweite Band um die beiden Detektive Kenzie und Gennaro beginnt ganz harmlos. Zwar versteht man die Besorgnis der Mutter, aber nach der tagelangen Beobachtung ohne Ergebnis, scheint eben doch nichts dran zu sein. Angie Gennaro ist frisch geschieden und Patrick Kenzie verbringt jede freie Minute mit seiner Freundin Grace und deren Tochter Mae. Die beiden sollen nichts von der Gewalt in seinem Leben erfahren. Patricks Freund Bubba kann bei der vermeintlichen Mafiaspur helfen. Die Auskünfte der feinen Gesellschaft sind dabei überzeugend. Überraschend trifft Patrick die junge Kara aus seinem Kiez wieder. Sie scheint Hilfe zu brauchen, erzählt aber nichts weiter.

Kenzie und Gennaro sind ein tolles Team, mit Beziehungen in Verbrecherkreise, was bei ihren Ermittlungen mitunter hilfreich ist, aber auch Gefahren mit sich bringt. Ob man die Schilderungen einiger Brutalitäten so gerne liest, mag dahingestellt sein. Vielleicht gehört es bei so einem düster trockenen Krimi auch dazu. Doch die Geschichte ist geschickt aufgebaut. Da ahnt man nichts vorher. Man fühlt den Abgrund näher rücken und hofft, doch das Schlimmste verhindern zu können. Jedenfalls tut sich eine Story auf, die Kenzie und Gennaro einiges abverlangt. Und auch beim Lesen muss man manchmal tief durchatmen, ob so viel Bosheit. Man klebt gefesselt an den Seiten und fragt sich, wie das noch zu einem einigermaßen erträglichen Ende kommen kann. Zum Glück gibt es noch weitere Bücher aus der Reihe.

Veröffentlicht am 06.01.2022

Insulaner

Die Toten von Thunder Bay
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Die junge Journalistin Rebecca Connolly erfährt zufällig, dass ein mutmaßlicher Mörder auf seine Heimatinsel zurückkehrt, um an der Beerdigung seiner Mutter teilzunehmen. Damals wurde er aus Mangel an ...

Die junge Journalistin Rebecca Connolly erfährt zufällig, dass ein mutmaßlicher Mörder auf seine Heimatinsel zurückkehrt, um an der Beerdigung seiner Mutter teilzunehmen. Damals wurde er aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Das könnte die Story sein. Obwohl ihr Chefredakteur nichts davon hält, reist Rebecca auf die Inseln. Von Stoirm stammte auch ihr verstorbener Vater und er hat nie ein Wort über seine Heimat gesprochen. Nun will Rebecca endlich die Gelegenheit wahrnehmen, um mehr über ihr eigene Herkunft zu erfahren. Schon auf der Fähre trifft sie den Heimkehrer Roddie Drummond. Doch dieser verhält sich eher verschlossen und auch die Leute auf der Insel scheinen nicht gerade erfreut über die Ankunft der Fremden.

Mit diesem Band startet die Reihe um die Reporterin Rebecca Connolly. Die junge Frau macht gerade eine Phase des Umbruchs durch. Deshalb nimmt sie die Gelegenheit, für eine Weile fort zu sein gerne wahr. Auch wenn die Insel erstmal eher unwirtlich erscheint, versucht Rebecca doch, mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Vielleicht kann sie je etwas erfahren, das eine Story ergibt oder sogar etwas Neues über den Tag, an dem eine junge Frau gewaltsam zu Tode kam. Doch schon der damalige und nun ehemalige Ermittler versucht, Rebecca von ihrem Vorhaben abzubringen.

Eine unwirtliche und auch ungastliche Insel, deren Bewohner ihre Geheimnisse hegen, ein etwas düsteres Setting. Die Beschreibungen von Land und Leuten beschwören gleich die entsprechende Stimmung herauf. Durch Rebeccas Augen sieht man die Entwicklungen, die vor fünfzehn Jahren zu dem tragischen Tod einer jungen Mutter geführt haben. Auch bekommt man Hinweise, weshalb ihr Vater die Insel verlassen haben könnte. Auch wenn ein paar Geschehnisse aus moderner oder festländischer Sicht eher antiquiert wirken, so ist man doch gefesselt. Die Darstellung des Lebens in der kleinen Gemeinschaft, in der jeder jeden kennt, wirkt lebendig und authentisch, auch wenn man auf den Gedanken kommt, dass man auf so einer Insel nicht leben möchte. Vielleicht ist noch ein wenig Luft nach oben, aber dennoch gefällt dieser spannende Reihenauftakt.

Veröffentlicht am 03.01.2022

Der rote Wolf

Der Herzgräber
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Heather fährt zurück in ihren Heimatort. Ihre Mutter ist gestorben, genau, sie hat sich umgebracht. Sogar einen Abschiedsbrief hat sie hinterlassen, der allerdings nichts klärt. Nun muss Heather die Bestattung ...

Heather fährt zurück in ihren Heimatort. Ihre Mutter ist gestorben, genau, sie hat sich umgebracht. Sogar einen Abschiedsbrief hat sie hinterlassen, der allerdings nichts klärt. Nun muss Heather die Bestattung organisieren. In dem Haus fühlt sie sich fremd. Nur eine Freundin ihrer Mutter, die etwas zu Essen vorbeibringt, gibt etwas Trost. Heather geht durch die Zimmer, planlos, sie sucht nichts, sie schaut nur. In einer alten Kiste findet sie alte Briefe. Offensichtlich schrieb ihre Mutter einem verurteilten Mörder. Davon wusste Heather nichts und das, obwohl da über Jahre hin und her gegangen sein müssen. Zur gleichen Zeit mehren sich Berichte über Frauen, die verschwunden sind.

Heather befindet sich nach dem Tod ihrer Mutter in einer Ausnahmesituation. Auch wenn der Kontakt zu ihr nicht eng war, wenn die Mutter plötzlich auf solch eine Art nicht mehr da ist, kann vieles nicht mehr aufgearbeitet werden. Als sie dann auch noch die Briefe findet, hofft sie, der Absender könnte wenigstens ein paar ihrer Fragen beantworten. Doch der verurteilte Mörder Michael Reave gibt ihr mit seinen geheimnisvollen Aussagen nur noch mehr Rätsel auf. Wenigsten hat Heather erfahren, dass ihre Mutter als junge Frau mal in einer Kommune gelebt hat. Ein Ansatzpunkt, den sie genauer untersuchen will.

Die unbekannten Eltern, ein wenig kennen das wohl viele, wenn sie doch etwas über Mutter oder Vater erfahren, mit dem sie überhaupt nicht gerechnet haben. Für die Journalistin Heather ist das noch eine ganz andere Nummer. Aus welchem Grund nur sollte sich ihre Mutter umgebracht haben? Die sich langsam aufbauenden Befürchtungen, die Zeichen, die auf eine Bedrohung hindeuten, das macht das Buch sehr spannend. Auch wenn, Teile der Geschichte schwer zu glauben sind, so ist Heather eine zupackende junge Frau, die ihren Weg sucht und sich doch ihrer Trauer und ihrer Vergangenheit stellen muss. Eine Vergangenheit, an die sie sich nicht einmal erinnern kann. Auch wenn einige Beschreibungen etwas brutal wirken, so fesselt dieser Thriller doch und wartet mit einem Finale auf, mit dem tatsächlich nicht zu rechnen war.

Veröffentlicht am 03.01.2022

Der Unsichtbare

Illegal
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Schon seit ungefähr zehn Jahren lebt der Ghanaer Kodjo in Berlin. Solange er verheiratet war einigermaßen legal, doch seit der Scheidung ist er ein Illegaler. Sein erstes Bestreben ist es daher, unsichtbar ...

Schon seit ungefähr zehn Jahren lebt der Ghanaer Kodjo in Berlin. Solange er verheiratet war einigermaßen legal, doch seit der Scheidung ist er ein Illegaler. Sein erstes Bestreben ist es daher, unsichtbar zu sein. Er will in Berlin bleiben. Als er sich mal wieder in der Übergangsbehausung aufhält, beobachtet er im Haus gegenüber einen Mord. Und weil er diesmal doch gesehen wird, ist er selbst es, der in Verdacht gerät. Kodjo bleibt keine andere Möglichkeit, als den wahren Täter zu entlarven. Die Polizei geht schließlich der Einfachheit halber dem einzigen Hinweis nach, den sie hat.

Bei Kodjo handelt es sich um einen intelligenten jungen Mann. Nach seinen Erzählungen kommt er aus einer wohl situierten Familie in Ghana und sein Auftreten bestätigt das. Dennoch lebt er illegal in Berlin. So ganz klar ist nicht, weshalb er nicht zurückgeht, um legal wieder einzureisen. Nachdem er den Mord beobachtet hat, kann er logischerweise nicht einfach zur Polizei. Mit den wenigen Informationen, die er hat, versucht er selbst zusammen mit ein paar Freunden und Freundinnen, den Täter zu finden. Die Gruppe arbeitet geschickt und trägt gewitzt einige Informationen zusammen. Doch was, wenn der Mörder merkt, dass er enttarnt wurde?

Der Beginn dieses Kriminalromans ist klasse gemacht. Der illegale, aber unschuldige Kodjo, der , um sich von dem Verdacht zu befreien, versucht, den Täter selbst ausfindig zu machen. Und wie klug und gewieft er sich dabei anstellt. Man ist ganz bei ihm und hofft vielleicht etwas naiv, dass er Erfolg hat. Schließlich soll der wahre Täter gestellt werden. Toll, wie seine Freunde und Freundinnen ihm helfen. Hobbydetektive zwar, aber durchaus ernst zu nehmen. Doch im weiteren Verlauf gerät die Geschichte wie schon im Klappentext angedeutet zur Jagt auf Kodjo. Während der Lektüre dieses Teil beginnt man, sich zu fragen, ob die Polizei wirklich so schlecht ist, dass man ihr überhaupt nicht vertrauen kann. Und vielleicht ist man etwas treu doof, aber da verliert einen die Handlung. Und der Schluss wirkt gerecht, aber nicht richtig. In Teilen wartet dieser Roman mit einer sehr spannenden und gut konstruierten Geschichte auf.