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Veröffentlicht am 26.08.2021

Philomena

Seht ihr es nicht?
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Nach einem Fall, der sie traumatisiert hat, ist Philomena Schimmer in einer Sondereinheit des BKA. Ihre Aufgabe ist es, vermisste Personen ausfindig zu machen. Bei einem Mordfall wird festgestellt, dass ...

Nach einem Fall, der sie traumatisiert hat, ist Philomena Schimmer in einer Sondereinheit des BKA. Ihre Aufgabe ist es, vermisste Personen ausfindig zu machen. Bei einem Mordfall wird festgestellt, dass die elfjährige Tochter der Familie verschwunden ist, und Philomena wird zu der Ermittlung hinzugezogen. Dabei trifft sie auch ihren Ex-Freund wieder, von dem sie auch nicht so richtig lassen kann. Natürlich kommt Philomena Schimmer nicht umhin, sich auch um den eigentlichen Fall zu kümmern, wenn sie etwas über das Mädchen erfahren will. Der Mord hat eine unbescholtene Familie getroffen, die Mutter zwar getrennt, aber Wissenschaftlerin, die es vorgezogen hat, sich auf dem Land eine andere Existenz aufzubauen.

Ein erster Fall für Philomena Schimmer, mit drei Schwestern an der Backe, die ihr aber doch sehr lieb sind. Noch immer leidet sie unter ihrem Trauma, mit dem sie zum Glück zu leben gelernt hat. Nur manchmal überwältigen sie die Ängste und dass sie immer etwas gegen ihre Besucher hat, kann man auch nicht sagen. Mitunter helfen sie ihr sogar, einen anderen Blickwinkel zu finden. Doch nun stehen Philomena und ihre Kollegen vor einem Rätsel und sie hoffen das junge Mädchen schnellstmöglich zu finden, sie hoffen, dass die Kleine noch am Leben ist.

Der Autor ist vielleicht von seinen Kriminalromanen um Major Schäfer bekannt und nun schickt er eine neue Ermittlerin an den Start. Es mag nicht für jeden oder jede ganz leicht sein, sich mit ihr anzufreunden. Man schwankt vielleicht zwischen Mitgefühl und der Schwierigkeit, ihre Besucher zu verstehen. Etwas schwierig ist es auch, das Beziehungsgeflecht der betroffenen Familie zu entschlüsseln. Zum Glück blitzt auch der spezielle Humor Philomenas immer wieder auf und ihre Bande zur Familie sind bemerkenswert. Der Fall ist kompliziert und überraschend und die tragischen Opfer erwecken Mitgefühl. Möglicherweise werden Major Schäfer und Philomena Schimmer einmal die Gelegenheit bekommen, ihre Kräfte zu bündeln, aber auch alleine ist Philomena eine spannende neue Persönlichkeit am Krimihorizont.

Veröffentlicht am 24.08.2021

Die Familie

Das Nest
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Der 15jährige Oscar ist nach der Schule nicht heimgekommen. Seine Eltern nahmen an, er übernachte bei einer Freundin und so ist wertvolle Zeit verloren gegangen, bevor sie ihn als vermisst gemeldet haben. ...

Der 15jährige Oscar ist nach der Schule nicht heimgekommen. Seine Eltern nahmen an, er übernachte bei einer Freundin und so ist wertvolle Zeit verloren gegangen, bevor sie ihn als vermisst gemeldet haben. Jeppe Kørner und Anette Werner werden mit der Organisation der Suche betraut. Sie befragen die Eltern, Geschwister und die Freundin, bei der Oscar eigentlich übernachten wollte. Doch fließen die Informationen zunächst spärlich. Dann wird eine männliche Leiche in einer Müllverbrennungsanlage gefunden. Und ausgerechnet der Vater von Oscars Freundin Iben informiert die Polizei. Nun wird fieberhaft ermittelt. Es gilt herauszufinden, um wen es sich bei dem Toten handelt.

In ihrem vierten Fall müssen Anette und Jeppe einiges aushalten. Das rätselhafte Verschwinden des Jungen zerrt an ihren Nerven, zumal die Nachforschungen nicht so voran gehen. Und auch im privaten Bereich scheinen sich Probleme oder gar Umbrüche anzudeuten. Natürlich muss das Private zurückstehen, es heißt, dass bei verschwundenen Kindern die ersten Stunden und Tage am Wichtigsten sind, soll noch Hoffnung bestehen, den Jugendlichen lebend zu finden. Wieso aber arbeiten die Verwandten nicht aus ganzem Herzen mit der Polizei zusammen? Die beiden Beamten begeben sich in eine Welt, die ihnen fremd erscheint.

Bei ihrem vierten Auftritt sind Jeppe und Anette schon alte Bekannte, auf die man sich freut. Zwar müssen sie im Privaten mit einigen Problemen kämpfen und im Beruflichen bewegen sie sich auf unsicherem Terrain, aber der Fall ist spannend und in seinen Verwicklungen toll konstruiert. Beim Miträtseln liegt man regelmäßig falsch. Die Auflösung erwartet man nicht und was zu dem hauptsächlichen Handlungsstrang noch hinzukommt, macht einen betroffen. Man blickt in eine fremde Welt, die vielleicht nicht ganz so komprimiert, aber grundsätzlich schon so existieren kann. Man ist gefesselt und gleichzeitig etwas konsterniert, ob der Spuren, die sich auftun. Ein lesenswerter Kriminalroman aus einer Reihe, die unbedingt empfohlen werden kann.

Veröffentlicht am 23.08.2021

Astrids Welt

Die Glocke im See
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Astrid Hekne ist eine, die mehr will. Doch im kleinen Ort Butangen in Norwegen geht es nicht so schnell mit dem Fortschritt. Als im Jahr 1880 der neue Pfarrer Kai Schweigaard sein Amt antritt hofft Astrid ...

Astrid Hekne ist eine, die mehr will. Doch im kleinen Ort Butangen in Norwegen geht es nicht so schnell mit dem Fortschritt. Als im Jahr 1880 der neue Pfarrer Kai Schweigaard sein Amt antritt hofft Astrid auf eine andere Zukunft. Neue Ideen hat Schweigaard schon einmal. Er will die alte Stabkirche abbauen lassen und ein neues größeres und modernes Kirchengebäude errichten. Den Abbau überwachen soll der junge Architekturstudent Gerhard Schönauer. Und mit ihm weht der Wind des Unbekannten ins kleine Butangen. Astrid muss überlegen, wohin ihre Sehnsucht sie zieht. Sieht sie sich als Pfarrersfrau oder will sie lieber mit der Kirche ins ferne Dresden reisen.

Die Hekne Familie hat eine enge Bindung zu der Stabkirche. Einer ihrer Vorfahren hat die Kirchenglocken gestiftet. Allerdings sind nicht nur die Heknes wenig begeistert, dass die Glocken mit ihrer Kirche ins ferne Deutschland reisen sollen. Da war der neue Pfarrer vielleicht doch etwas zu schnell mit dem Verkauf. Astrid dagegen will irgendwie beides, das Moderne und die Heimat. Wie soll sie sich entscheiden? Ihre Phantasie lässt sie nicht im Stich, sie wird sich etwas einfallen lassen, so dass alle zufrieden sind. Auch die Schwesternglocken? Das ist der Plan.

Der Prolog dieses Romans ist spannend, dramatisch und tragisch. Wie kam es zu der Stiftung der Glocken? Und wieso werden sie die Schwesternglocken genannt? Welche Legenden ranken sich um sie? Dagegen verliert Astrids Geschichte fast zwangsläufig an Fahrt. Schließlich lässt sich der Autor viel Zeit sie zu entwickeln. Astrids forsche wissbegierige Art macht sie sehr sympathisch. Da hat es der Pfarrer mit seinen inneren Widerständen nicht nur bei den Dorfbewohnern schwerer zu punkten. Der angehende Architekt Schönauer wirkt dagegen wie ein frischer Wind, der um ein altes Gemäuer bläst. Auch ein gewisser Humor und die eigene Art zu sprechen der Leute aus Butangen runden die Geschichte ab. Auch wenn man das Gefühlt hat, die Handlung hätte eine gewisse Straffung vertragen, so ist sowohl die Geschichte der Schwesternglocken als auch die Astrids interessant und zum Ende hin ergreifend. Dieses vermag die Vorleserin Beate Rysopp bestens zu transportieren.

Veröffentlicht am 21.08.2021

Vaterfreuden

Sörensen am Ende der Welt
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Nach wenig sehnt sich Sörensen mehr als nach einem Besuch seiner kleinen Tochter zu Ostern. Wenn ihm nur seine Angststörung keinen Strich durch die Rechnung macht oder seine Ex-Frau. Da kann ein neuer ...

Nach wenig sehnt sich Sörensen mehr als nach einem Besuch seiner kleinen Tochter zu Ostern. Wenn ihm nur seine Angststörung keinen Strich durch die Rechnung macht oder seine Ex-Frau. Da kann ein neuer Mord fast schon eine gute Ablenkung bieten. Jetzt wo er doch endgültig nach Katenbüll gezogen ist. Obwohl als der Tankstelleninhaber eine Leiche am Koog findet, ist es auch nicht recht. Natürlich machen sich Sörensen und Jenni zum Fundort auf den Weg. Bei dem Toten handelt es sich um einen ortsansässigen Lehrer. So weit so unauffällig. Besorgniserregend ist allerdings, dass der werdende Vater Ole Kellighusen, der im Tankstellenshop aushilft, verschwunden ist.

Zum dritten Mal ermittelt Sörensen in der nordfriesischen Provinz. Mit der neuen Praktikantin tun sich alle auf dem Revier schwer. Dabei ist sie nicht mal dumm, aber irgendwie neigt sie dazu jedes Fettnäpfchen wahrzunehmen. Jenni Holstenbeck dagegen um ihre hochschwangere Tochter, denn bei dem verschwundenen Ole handelt es sich um Lucys Freund. Und es kommt noch schlimmer, offensichtlich war es Ole, der dem Lehrer an der Tankstelle begegnet ist. Sörensen und Jennifer legen sich mächtig ins Zeug. Das Offensichtliche erscheint ihnen doch zu einfach.

Gut kann man sich die norddeutsche Landschaft vorstellen. Manchmal grau, wolkenverhangen und stürmisch. Doch mitunter auch in strahlendem Sonnenschein. Da wünscht man Sörensens Angststörung möge mit dem nächsten Sturm davongetragen werden. Aber man muss ja realistisch bleiben. Und trotz der Schwierigkeit bilden Sörensen und Jenni ein tolles Team, dass sich bestens ergänzt. Und auch bei dem neuen Fall müssen sich wieder hinabsteigen in die Tiefe des provinziellen Lebens, das wie ein kleines Abbild einer großen Stadt wirkt. Es gibt nichts, was es nicht gibt und vielleicht noch ein wenig mehr. Bei den diesmal emotional fordernden Nebenhandlungen gerät der Fall fast etwas in den Hintergrund. Dafür reißen Sörensen, sein Hund Cord und Jenni es echt raus. Ihre authentisch menschliche Art hat gerade die richtige Mischung zwischen etwas schräg und wunderbar normal. Man wünscht schon den nächsten Mord herbei, um zu erfahren wie es mit ihnen weitergeht.

Veröffentlicht am 17.08.2021

Schöne Aussicht

Sörensen hat Angst
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Zwei Jahre hat er krankheitsbedingt nicht gearbeitet. Aber nun wird er es wieder packen, Kriminalhauptkommissar Sörensen hat deshalb absichtlich nach einem Einsatzort gesucht, der so in der Provinz versteckt ...

Zwei Jahre hat er krankheitsbedingt nicht gearbeitet. Aber nun wird er es wieder packen, Kriminalhauptkommissar Sörensen hat deshalb absichtlich nach einem Einsatzort gesucht, der so in der Provinz versteckt ist, dass Verbrechen wirklich unwahrscheinlich sind. Er hat sich seinen neuen Kollegen und Kolleginnen in Katenbüll gerade erst vorgestellt, als die Nachricht hereinkommt, dass der Bürgermeister tot aufgefunden wurde. Das darf doch wohl nicht wahr sein, noch nicht mal richtig angekommen und schon ist es vorbei mit der Ruhe. Und schon hat Sörensen wieder Probleme mit seiner Angststörung und auch Probleme mit dieser Kleinstadt, die auf der Landkarte nicht leicht zu finden ist.

In seinem ersten Fall wagt es Sörensen trotz seiner psychischen Probleme, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Sein Wunsch, am liebsten erstmal eine ruhige Kugel zu schieben, bis es ihm wirklich besser geht, wird ihm nicht erfüllt. Er muss sich an dem neuen Ort zurechtfinden, mit den neuen Kollegen bekannt machen und gleich einen Mordfall bearbeiten. Der Bürgermeister sollte doch ein renommiertes Mitglied der Gemeinde sein, wer kann also etwas davon haben, ihn umzubringen. Gemeinsam mit Jennifer Holstenbeck macht er sich auf die Suche nach der Lösung. Gefunden wird Sörensen erstmal von Cord, dem Hund.

Sörensen kämpft gegen seine Erkrankung, in schwachen Momenten versinkt er in Selbstmitleid. Allerdings merkt er auch, dass es auch hellere Momente gibt. Seine Kabbeleien mit Jenni und Cord bringen durchaus helle Flecken in sein Leben. Dass er letztlich ein gewiefter Ermittler ist, lässt sich nicht lange verbergen. Der Fall gestaltet sich komplizierter und überraschender als zunächst gedacht. Dabei ist auch Jennifer Holstenbecks Anteil nicht zu verachten. Sie hat die Ortskenntnis, eine sympathische Art und sie bietet Sörensen die nötige Unterstützung, wenn er mal durchatmen muss. Dieser erste Band der Krimireihe wurde bereits verfilmt, wobei die Stimmung des Buches ausgesprochen gut herausgearbeitet wurde. Die Besetzung von Bjarne Mädel als Sörensen ist einfach treffend. Und so hat man mit diesen trockenen norddeutschen Tonfall in Buch und Film einen Krimi, der trotz des ernsthaften Themas in den richtigen Augenblicken sehr gut unterhält.