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Veröffentlicht am 09.01.2020

Das Manuskript

Die Palme und der Stern
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Der Autor Fernando Terry lebte lange in Madrid. Nun kehrt er für einige Wochen nach Kuba zurück. Er will nacht einem verlorenen Manuskript des Dichters José María Heredia suchen. Der Dichter starb schon ...

Der Autor Fernando Terry lebte lange in Madrid. Nun kehrt er für einige Wochen nach Kuba zurück. Er will nacht einem verlorenen Manuskript des Dichters José María Heredia suchen. Der Dichter starb schon vor über 200 Jahren und hat angeblich seine Memoiren einer Freimaurerloge anvertraut. Gleichzeitig will er auch herausfinden, wer ihn damals verraten hat. Er verlor seine Stellung und sein Ansehen und sah sich gezwungen, ins Exil zu gehen. Und folgt Fernando den Spuren des verlorenen Buches und auch den Spuren seiner eigenen Vergangenheit.

Im Original bereits im Jahr 2002 erschienen beleuchtet der Autor sowohl das Leben eines hierzulande möglicherweise unbekannten Dichters als auch den Verbleib seiner fiktiven Erinnerungen. Gleichzeitig verwischt der die Spuren des Manuskriptes. Während Fernando in der Gegenwart den wenigen Menschen begegnet, die noch etwas von dem Verbleib der Seiten wissen könnten. Doch dem Manuskript gehören nicht alle Gedanken von Fernando. Schon seit seinem Exil lässt ihn der Gedanke nicht los, einer seiner Freunde muss ihn damals verraten haben. Und so befragt er seine Freunde, die natürlich einhellig abstreiten, ihre Hände im Spiel gehabt zu haben.

Vielleicht kennt man seinen Ermittler Mario Conde, aber Leonardo Paduras Werk umfasst auch weitere Bände mit anderer Thematik. Und so widmet sich Padura hier dem tragischen Schicksal eines kubanischen Poeten. Geschickt vermischt er die fiktiven Memoiren mit den Wegen, die Fernando in der Gegenwart beschreitet und den vermeintlichen Wegen des Manuskripts. Zum Glück verläuft man sich aber nicht in dem Buch, auch wenn einige Ausführen des Autors vielleicht als etwas ausschweifend empfunden werden können. Interessant ist die Frage, was macht das Exil mit den Menschen, mit ihrer Sehnsucht nach der Heimat. Und was ist, wenn diese Sehnsucht erfüllt wird und die Realität nicht mehr so unbedingt mit dem Sehnsuchtsort übereinstimmt. Conde mag einem fehlen, aber dennoch ein lehrreicher und interessanter Roman.

Veröffentlicht am 08.01.2020

Sommerhütte

Wisting und der fensterlose Raum
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Der Politiker Bernhard Clausen ist einem Herzleiden erlegen. Beim Sichten seiner Unterlagen macht ein Parteifreund eine unerwartete Entdeckung. Kommissar Wisting wird danach mit der Bildung einer Sonderkommission ...

Der Politiker Bernhard Clausen ist einem Herzleiden erlegen. Beim Sichten seiner Unterlagen macht ein Parteifreund eine unerwartete Entdeckung. Kommissar Wisting wird danach mit der Bildung einer Sonderkommission betraut. Er und seine Kollegen sollen herausfinden, wie die Summe von 80 Millionen Kronen in den Besitz des Politikers kommen konnte. Spuren gibt es wenige und der Tod Clausens hatte eindeutig natürliche Ursachen. Wisting zieht auch seine Tochter Line hinzu. Die Journalistin bekommt vielleicht unbefangenere Antworten als er. Als Wisting alte Fallakten hinzuziehen will, sind diese schon bei seinem alten Bekannten Adrian Stiller von der Abteilung Cold Cases.

Zum zweiten Mal ermitteln Wisting und Line in Zusammenarbeit mit der Abteilung für ungelöste Fälle. Die Suche nach der Herkunft des Geldes führt letztlich zu gleich zwei alten Fällen, wobei allerdings nicht sofort ein Zusammenhang ausgemacht werden kann. Da die Ermittlungen der Öffentlichkeit nicht bekannt werden sollen, hat Wisting die Möglichkeit seine Sonderkommission in seinem Haus zu installieren. Das kommt auch seiner Rolle als Teilzeit Opa für seine kleine Enkelin Amalie zupass. So hat Line die Möglichkeit tiefer in die Nachforschungen einzusteigen. Sie trifft sich mit Stiller, um Informationen auszutauschen. Dieser wird bald misstrauisch. Weiß Line etwa mehr als er?

Gerade die Ermittlungen zum Ursprung des Geldes sind ausgesprochen einfallsreich und überraschend. Auch zu erfahren, wie die die verschiedenen Fäden verstrickt sind, fesselt ungemein. Zwar hatte wäre auch vorstellbar, das Stiller ein größerer Anteil hätte zugestanden werden können und das Ende wird dann etwas plötzlich erreicht. Das hindert einen jedoch nicht, sich in die Lektüre zu vertiefen und diesen packenden Kriminalroman in fast einem Rutsch zu verschlingen. Jørn Lier Horst ist einer, der sein Handwerk versteht und sein Publikum immer mit packenden Lektüren verwöhnt.

Veröffentlicht am 07.01.2020

Die Barringtons

Das Vermächtnis des Vaters
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Nachdem Harry Clifton als Tom Bradshaw im Jahr 1939 in New York angekommen ist, wird er gleich festgenommen. Ihm wird ein Anwalt zu Seite gestellt, der ihn überzeugt, seine wahre Identität nicht preiszugeben. ...

Nachdem Harry Clifton als Tom Bradshaw im Jahr 1939 in New York angekommen ist, wird er gleich festgenommen. Ihm wird ein Anwalt zu Seite gestellt, der ihn überzeugt, seine wahre Identität nicht preiszugeben. Ein Fehler, wie sich erweist, denn so landet Harry in der Haftanstalt Lavenham. Nach England kam allerdings die Nachricht, dass Harry bei einem Schiffsunglück umgekommen sei. Seine Braut Emma kann das nicht glauben und folgt ihm in die USA. Sein Schulfreund Giles Barringham meldet sich als Freiwilliger in die Armee. Der Krieg ist inzwischen ausgebrochen und Giles will sein Land verteidigen.

Dieser zweite Band der Clifton-Saga ist zeitlich hauptsächlich während des zweiten Weltkriegs angesiedelt. Wobei die Kriegshandlungen für den Fortgang der Familiengeschichte nur in geringerem Umfang eine Rolle spielen. Es geht vielmehr um Harry Cliftons Verschwinden und Emmas Suche nach ihm. Mit etwas Glück und einem guten Kumpel gelingt es Harry, in der Haftanstalt einigermaßen zu recht zu kommen. Währenddessen unternimmt Emma so einiges, um sich für die Reise nach New York zu rüsten. Dabei geht sie sehr gewitzt und zielstrebig vor. Eine moderne junge Frau zu einer Zeit, in der moderne junge Frauen gerade erst erfunden waren.

Der zweite Weltkrieg ohne zweiten Weltkrieg, das ist etwas, von dem man sich lösen muss. Aber wieso nicht? Schließlich hat es sicher tatsächlich Menschen gegeben, die von dem Krieg nicht so betroffen waren. Jedenfalls versteht es der Autor seine Clifton-Saga auf sehr spannende Art und Weise fortzuführen. Man kann manchmal kaum glauben, welche Kapriolen das Schicksal schlägt, man ist aber immer gefesselt und fliegt nur so durch die Seiten, weil man unbedingt wissen muss, welchen Lauf das Leben von Harry und Emma nimmt. Der Autor hat eine sehr abwechslungsreiche Familiengeschichte geschaffen, die es sich lohnt zu verfolgen.

Veröffentlicht am 06.01.2020

Klassikliebhaber

Kindertotenlied
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Der alte Englisch Professor Oliver Winshaw entdeckt am Pool der Nachbarin einen jungen Mann. Es herrscht ein schweres Gewitter. Weil er sich keinen Reim auf die Situation machen kann, ruft er die Polizei. ...

Der alte Englisch Professor Oliver Winshaw entdeckt am Pool der Nachbarin einen jungen Mann. Es herrscht ein schweres Gewitter. Weil er sich keinen Reim auf die Situation machen kann, ruft er die Polizei. Die ersten Beamten vor Ort finden nicht nur den jungen Hugo, sondern auch die brutal ermordete Eigentümerin des Hauses. Kommissar Martin Servaz eilt nach Marsac, eigentlich ist er nicht zuständig, aber die Mutter des Jugendlichen am Pool hat ihn gebeten, die Ermittlungen zu übernehmen. Die örtliche Polizei begeistert das natürlich nicht, aber die aus Toulouse haben einfach mehr Ressourcen. Servat glaubt nicht, dass es sich bei dem jungen Hugo um den Täter handelt.

Es ist ein alter Fall, der Servat nicht aus dem Kopf geht. Könnte der entflohene Mörder und Liebhaber klassischer Musik Hirtmann etwas mit diesem neuen Mord zu tun haben? Zumindest will Martin Servat in alle Richtungen ermitteln. Sein privates Umfeld spielt in seine Untersuchungen hinein. Er kennt die Mutter des Verdächtigen von früher, denn er selbst ging in Marsac zu Schule. Ist er etwa dadurch im positiven Sinne voreingenommen oder etwa befangen? Zunächst einmal beginnt Servat mit dem Verhör von Hugo. Und immer noch nagt es an ihm, könnte Hirtmann sich in der Gegend aufhalten?

Bei diesem Kriminalroman handelt es sich um den zweiten Teil der Reihe um Martin Servat und sein Team. Da es gerade am Anfang etliche Bezüge in die Vergangenheit gibt, kommt schon der Gedanke auf, es wäre besser gewesen, den ersten Teil zu kennen. Hat man die Anfangsschwierigkeiten jedoch erstmal überwunden, entwickelt sich der Fall sehr spannend und überraschend. Nicht nur Servat trumpft dabei auf, sondern auch seine Kollegen. Zwar scheint es als ob jeder ein wenig für sich ermittelt, am Ende jedoch passt alles in eine Lösung, die wirklich unvorhersehbar ist. Auch wenn es hier ein wenig zu sehr ins Private des Kommissars geht, kann man sich den Autor mit seinem Kommissar Servat gerne im Hinterkopf behalten.

Veröffentlicht am 05.01.2020

Lazy Summer

Sweet Sorrow
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Charlie hat gerade keine gute Phase. Durch die Trennung seiner Eltern hat er die Lust an der Schule verloren. Nun war der letzte Schultag und auf seine Prüfungen kann er nicht bauen. Zwar kommen die Ergebnisse ...

Charlie hat gerade keine gute Phase. Durch die Trennung seiner Eltern hat er die Lust an der Schule verloren. Nun war der letzte Schultag und auf seine Prüfungen kann er nicht bauen. Zwar kommen die Ergebnisse erst am Ende des Sommers, aber Charlie weiß einfach, das war nichts. Seine Schwester ist mit der Mutter bei dem neuen Lover eingezogen und er musste bei seinem depressiven Vater bleiben. Es könnte wirklich alles besser sein. Das Lesen wird ihm ein Trost und eines Nachmittags, als Charlie sich auf seine Lieblingswiese zurückgezogen hat, fällt ihm die wunderbare Fran Fisher vor die Füße.

Mit Frans Auftauchen beginnt Charlies Abenteuer des Sommers, sie bringt ihn dazu, bei einer Shakespeare Produktion von „Romeo und Julia“ mitzumachen. Was für eine Zeit steht den jungen Leuten bevor. Besonders für Charlie bedeutet es ein Ausbrechen aus dem trüben Alltag, in dem er sich mehr als Betreuer seines Vaters vorkommt als dessen Sohn. Na klar, eigentlich will er nur mit Fran ausgehen und nichts mit der Theatergruppe zu tun haben. Nach und nach jedoch beschäftigt er sich doch mit dem Text. Wobei die Übungen mit Fran sehr hilfreich sind und natürlich helfen sie auch, Charlies Wunsch nach mehr Zeit mit Fran zu erfüllen.

So lazy ist der Sommer garnicht. Das soll den jungen Leuten erstmal einer nachmachen, sich in ein Stück von Shakespeare zu vertiefen, es zu interpretieren. Mit leichter Hand zeichnet der Autor ein bezauberndes Bild eines jungen Mannes, der aus der Zeit heraustritt und den Sommer seines Lebens erlebt. Eine Auszeit, die zu Beginn unendlich scheint, deren Ende doch irgendwann naht und die der Realität weichen muss. Fast überirdisch schön scheint dieser Sommer und auch sehr wichtig, denn kein junger Mensch sollte sich um seinen Vater so kümmern müssen wie Charlie. Manchmal verlangt das Leben einfach zu viel von jungen Menschen. Bewundernswert mit welcher Kraft Charlie seine Chance für ein eigenes Leben ergreift. Die emotionalen und witzigen Dialoge zwischen ihm und Fran machen so viel Spaß beim der Lektüre, dass man das Buch am liebsten gleich noch einmal lesen möchte.

Ein Coming-of-Age Roman, in dem genau die richtige Portion Süße und Realität gemischt sind. Ein Roman zum Verlieben.

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