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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.05.2023

Leider mit Cliffhanger

Der Bojenmann
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Kester Schlenz und Jan Jepsen haben einen ungewöhnlichen Hamburg-Krimi geschrieben, der mir sehr gut gefallen hätte, wenn da nicht dieser heftige und blöde Cliffhanger wäre...
Es geht um einen Mörder, ...

Kester Schlenz und Jan Jepsen haben einen ungewöhnlichen Hamburg-Krimi geschrieben, der mir sehr gut gefallen hätte, wenn da nicht dieser heftige und blöde Cliffhanger wäre...
Es geht um einen Mörder, der seine Opfer plastiniert und öffentlich ausstellt, z.B. als den Bojenmann von Stefan Balkenhol im Hamburger Hafen. Als Ermittler kommt der schon etwas ältere Kommissar Knudsen ins Spiel, der sich oft mit seinem Freund Oke Andersen berät, der selbst Kapitän war und zu Alleingängen neigt.
Das Buch hat viel Lokalkolorit, man erkennt die Schauplätze schnell, wenn man sich etwas in Hamburg auskennt. Was mir aber besonders gefallen hat, waren die gesellschaftskritischen Betrachtungen der beiden Freunde. Da spricht viel Lebenserfahrung und man kann dem nur immer wieder zustimmen. Vielleicht liegt es am Alter der Autoren, dass das so authentisch rüberkommt.
Insgesamt ist das Buch ungewöhnlich, spannend und gut zu lesen. Leider muss ich einen Punkt für den wirklich nervigen Cliffhanger abziehen.

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Veröffentlicht am 16.05.2023

Viel gelernt

Das Licht im Rücken
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"Das Licht im Rücken - Auslöser drücken!" Mit diesem Spruch bringt der junge Milan seinen Fotografenschülern die Kunst des Fotografierens mit der Leica bei. Doch bis es so weit ist, dass man ohne große ...

"Das Licht im Rücken - Auslöser drücken!" Mit diesem Spruch bringt der junge Milan seinen Fotografenschülern die Kunst des Fotografierens mit der Leica bei. Doch bis es so weit ist, dass man ohne große Vorbildung ein Foto machen kann, muss viel passieren in den Leitz-Werken in Wetzlar.
Sandra Lüpkes hat einen Roman geschrieben, der sich auf viele reale Begebenheiten bei der Entwicklung der Leica bezieht. Der geniale Erfinder Oskar Barnack musste auf den für Neuerungen offenen Fabrikanten Ernst II. Leitz treffen, qualifizierte Mitarbeiter mussten zur Verfügung stehen, es musste Kapital für eine lange Durststrecke vorhanden sein. Aber hier in Wetzlar passte alles und so kam die bis heute bei Fotografen beliebte Kamera auf den Markt.
Lüpkes beleuchtet aber auch das Privatleben einiger Figuren, besonders das von Ernsts Tochter Elsie Leitz, die ziemlich außergewöhnlich und eigenwillig ihren Weg ging. Die Nazizeit spielt dabei eine wichtige Rolle, denn Leitz war ein überzeugter Demokrat, musste aber seine Firma und seine Mitarbeiter schützen. Eine sehr schwierige Gratwanderung! Trotzdem verschaffte er jüdischen Mitarbeitern die Gelegenheit ins Ausland zu gehen und so ihr Leben zu retten.
Gerade diese Mischung aus fiktiven und realen Personen, aus fiktiven und realen Ereignissen machen das Buch so lesenswert. Wie schon bei "Die Schule am Meer" gelingt es Lüpkes Geschichte lebendig werden zu lassen.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und empfehle es unbedingt weiter.

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Veröffentlicht am 02.05.2023

Eine neue Chance

Weite Sicht
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Nach dem Tod ihres Mannes, eines wohlhabenden Reeders, ändert Charlotte ihr Leben radikal. Die Beziehung war nicht mehr gut, der Mann ging fremd, Charlotte war eingeengt und einsam. Nun nimmt sie ihre ...

Nach dem Tod ihres Mannes, eines wohlhabenden Reeders, ändert Charlotte ihr Leben radikal. Die Beziehung war nicht mehr gut, der Mann ging fremd, Charlotte war eingeengt und einsam. Nun nimmt sie ihre Schwester Gesine, ihre alte Freundin Sabine und ihren Sohn Matthias, der eigentlich in Peru arbeitet, in die großen Villa auf. Gesine ist auf dem Weg in die Demenz, Sabine "beglückt" ältere Männer und Matthias muss sich beruflich neu orientieren. Und Charlotte nimmt wieder Kontakt zu der Dänin Bente auf, zu der sie vor fünfzig Jahren eine Beziehung hatte. Doch Bente ist schwer krank.
Die Schilderung der Schicksale der vier Frauen ist sehr einfühlsam geschrieben, auch wenn mir die Welt der reichen Reeder und Kunstmäzene eher fremd ist. Ich konnte die so unterschiedlichen Schicksale der Frauen gut nachvollziehen, während die Männer eher im Hintergrund und relativ blass bleiben.
Thorsten Pilz tritt den Frauen nie zu nahe, er bleibt in einer liebevollen Distanz. Trotzdem merkt man gut, dass er nicht ohne Empathie schreibt.
Irritiert hat mich das Titelbild etwas, Frauen im Wasser in altmodischen Badeanzügen scheinen die neue Mode in der Verlagsbranche zu sein.
Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich finde es auf jeden Fall lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.04.2023

Auf und Ab des Lebens

Das Café ohne Namen
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Wien im Jahr 1966. Der 31jährige Robert Simon hat als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt gearbeitet und als sich die Chance eröffnet eine Gastwirtschaft zu pachten, da greift er zu und erfüllt ...

Wien im Jahr 1966. Der 31jährige Robert Simon hat als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt gearbeitet und als sich die Chance eröffnet eine Gastwirtschaft zu pachten, da greift er zu und erfüllt sich damit einen Lebenstraum. Bier, Wein, Limo, Schmalzstullen und Salzgurken, dazu im Winter Punsch, das Angebot ist überschaubar. Trotzdem entwickelt sich das Café zum Treffpunkt für die umliegende Bevölkerung. Robert ist mit seiner ruhigen Art der Ruhepol in der Gegend, er bietet den Menschen etwas wie eine zweite Heimat, in der man Karten spielen, reden oder einfach nur sitzen kann. Die Menschen kommen und gehen, bekommen Kinder, werden krank oder sterben und das alles ziemlich unbeeindruckt von der Welt da draußen. Auch das Ende des Café nimmt Simon hin und ändert sein Leben erneut.
Ich mag Seethalers ruhige, unaufgeregte Art zu schreiben. Man hat den Eindruck, dass er in sich ruht und das vermittelt er auch in seinen Büchern. Die ständige Aufgeregtheit der Medien und der sozialen Netzwerke sind ihm fremd. Trotzdem ist das Buch nie langweilig, man schlendert mit Seethaler durch Raum und Zeit und das gefällt mir sehr gut.
Ein Lesehighlight in diesem Jahr!

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Veröffentlicht am 25.04.2023

Sehr langsam

Der treue Spion
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Der Titel des Buches erschließt sich nicht auf Anhieb, man muss schon lange durchhalten, bis man weiß, warum er gewählt wurde.
Es geht um den Vermisstenfall eines französischen Diplomaten, der 1896 von ...

Der Titel des Buches erschließt sich nicht auf Anhieb, man muss schon lange durchhalten, bis man weiß, warum er gewählt wurde.
Es geht um den Vermisstenfall eines französischen Diplomaten, der 1896 von Berlin nach München reist und dort spurlos verschwindet. Der Polizeikommissar Gryszinski, der sich gern neuer Methoden bedient, vermutet, dass er wegen einer neuen Erfindung entführt oder ermordet wurde. Diese Erfindung könnte in den Wirren der Zeit vor dem 1. Weltkrieg eine wichtige Rolle spielen. Der Fall wird nicht aufgeklärt. 1916 muss Gryszinskis Sohn am 1. Weltkrieg teilnehmen und wird als Spion nach Paris geschickt. Dort findet er eine neue Spur...
Das Buch führt sehr authentisch in die Zeit der Jahrhundertwende und des Weltkriegs zurück. Allerdings fand ich es wenig spannend. Die Handlung zieht sich sehr und es gibt kaum ein Fortkommen. Es ist eher ein Roman als ein Krimi.
Gefallen hat mir die etwas altmodische Sprache, die gut zum Thema passt. Allerdings fand ich das Buch einfach zu langatmig.

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