Profilbild von wortmelodie

wortmelodie

Lesejury Profi
offline

wortmelodie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit wortmelodie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2019

Unterhaltsam, besonders und dennoch klischee-belastet

With your Eyes
0

Der Klappentext machte mich neugierig, denn eine Protagonistin, die blind wird, hatte ich zuvor im New Adult Genre noch nicht gesehen und ich hatte gehofft, mit "With your Eyes" auf eine Geschichte zu ...

Der Klappentext machte mich neugierig, denn eine Protagonistin, die blind wird, hatte ich zuvor im New Adult Genre noch nicht gesehen und ich hatte gehofft, mit "With your Eyes" auf eine Geschichte zu stoßen, die sich von dem sonstigen Einheitsbrei, der im New Adult Genre inzwischen herrscht, ein wenig abhebt.

Mit Sutton als Protagonistin erleben wir einen Charakter, der sich grundsätzlich erst einmal nicht von den typischen Protagonisten abhebt, doch es ist ihre Krankheit, die sie zu etwas Besonderem macht, sowie ihr Umgang damit. Ihre besten Freunde, Julie und Kay, unterstützen sie - sobald sie von der Diagnose erfahren -, wo sie nur können und geben damit zwei sympathische Nebencharaktere ab. Den männlichen Gegenpart wiederum übernimmt der allseits beliebte Blake Cross, der sein eigenes Päckchen zu tragen hat und damit leider dem gängigen "beliebt, aber keiner kennt sein wahres Ich"-Klischee entspricht.

Die Handlung ist unterhaltsam, romantisch und bietet am Ende sogar eine überraschende Wendung, die recht untypisch für das New Adult Genre ist, doch ganz überzeugen konnte sie mich leider nicht. Dafür wurde auch hier mit zu vielen Klischees gearbeitet. Da ist zunächst die obligatorische Liste mit Dingen, die Sutton auf jeden Fall noch sehen will, bevor sie erblindet, und die sie dazu bringt, mit Blake Cross zu einem Roadtrip aufzubrechen. Da ist jedoch auch das typische "beliebter Junge küsst unbeliebtes Mädchen betrunken auf einer Party und dieser Kuss ist plötzlich anders als alle anderen Küsse zuvor"-Klischee, das in diesem Fall leider nicht ganz überzeugend rüberkommt. Überhaupt wird für den Leser leider nicht ganz klar, was Sutton an Blake findet und umgekehrt. So folgt man den beiden quer durch Amerika, nimmt ein paar logische Ungereimtheiten hin und kann sich trotzdem nicht ganz davon befreien, die ein oder andere romantische Szene unterhaltsam und süß zu finden. Der Höhepunkt und das Ende wiederum sind überraschend gut gemacht, dennoch hatte ich mir insgesamt ein bisschen mehr "Besonderes" versprochen.

Wer auf der Suche nach einem unterhaltsamen, romantischen New Adult Roman ist, der einen besonderen Kniff hat, kann beruhigt zu "With your Eyes" greifen, ohne es zu bereuen.

Veröffentlicht am 24.05.2019

Eine kleine Philosophie der Zuversicht

Sich selbst vertrauen
0

Selbstvertrauen. Das Wort ist ja schnell mal so dahingesagt, aber was steckt wirklich dahinter? Was bedeutet es und wie bekommt man es? Diesen und noch mehr Fragen zum Thema Selbstvertrauen ist Charles ...

Selbstvertrauen. Das Wort ist ja schnell mal so dahingesagt, aber was steckt wirklich dahinter? Was bedeutet es und wie bekommt man es? Diesen und noch mehr Fragen zum Thema Selbstvertrauen ist Charles Pépin in seinem kleinen, aber feinen Büchlein nachgekommen.

Bisher hatte ich wenig Berührungspunkte mit Philosophie, habe mir darunter aber eher sperrige und schwer zu greifende Werke à la Nietzsche und Kant vorgestellt - und war dann angenehm überrascht, wie anschaulich, modern und verständlich Chales Pépin an das Thema Selbstvertrauen herangeht. Zwar musste ich hier dennoch ein paar Passagen mehrfach lesen, um ihren Inhalt wirklich zu begreifen, dies passierte jedoch eher selten und war teils vielleicht auch meinem nicht ganz aufmerksamen Lesen geschuldet.

Charles Pépin nimmt uns als Leser mit auf eine spannende Reise und tatsächlich flogen die Seiten nur so dahin, weil es so einfach und schlüssig klingt, was uns der Autor hier vermittelt, und man gleichzeitig aber noch nie so richtig darüber nachgedacht hat. So verfasst Charles Pépin hier schon fast eine Anleitung, wie man zu mehr Selbstvertrauen kommt - und das bei teils überraschenden Tätigkeiten! Die 10 Kapitel lassen einen am Ende dann mit dem beruhigenden Gefühl, dass man allein schon mit der Lektüre mehr Selbstvertrauen gefasst hat, das Buch schließen und ich weiß, dass ich zumindest die zig markierten Textstellen mit lauter schönen Wahr- und Weisheiten auf jeden Fall noch einmal lesen werde.

Veröffentlicht am 23.05.2019

Für alle Frauen und Männer dieser Welt

Schamlos
1

Obwohl ich nicht zu einer Minderheit gehöre, hat mich "Schamlos" direkt angesprochen. Etwas über andere Kulturen und Religionen zu erfahren, finde ich spannend - und in einer multikulturellen Welt wie ...

Obwohl ich nicht zu einer Minderheit gehöre, hat mich "Schamlos" direkt angesprochen. Etwas über andere Kulturen und Religionen zu erfahren, finde ich spannend - und in einer multikulturellen Welt wie unserer auch wichtig. Ich muss gestehen, dass ich "Schamlos" zunächst für "ganz nett für zwischendurch" hielt und keine großen Erwartungen daran hatte, doch die drei Autorinnen haben mich wirklich überrascht.

Anschaulich, unterhaltsam und mit vielen Beispielen erzählen die drei jungen Frauen, wie sie ihre Kindheit und Jugend als Muslima erlebt haben, welche Werte in ihrer Religion und ihren Familien eine Rolle spielen und warum, und wie sie es geschafft haben, ihre eigene Freiheit zu finden und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich als "weiße Frau der Mittelschicht" habe beim Lesen gemerkt, wie ich plötzlich ein tieferes Verständnis für diese andere Kultur, die ja auch in Deutschland eine große Präsenz hat, entwickelt habe. Ich habe sogar gemerkt, dass ich nun anders durch die Straßen laufe, Mädchen und Frauen mit Kopftuch nun viel offener begegne, weil ich durch "Schamlos" das Gefühl bekommen habe, sie ein Stück weit mehr verstehen zu können.

Für aufgeklärte, emanzipierte Frauen wie mich ist es teils erschreckend zu lesen, wie das Leben in muslimischen Familien oft (aber bei weitem nicht immer!) aussieht und kann daher dem Klappentext nur zustimmen, dass dies ein mutiges Buch ist, das die drei Autorinnen hier herausgegeben haben. Ihrer Stimme Gehör zu verleihen, sich dafür einzusetzen, dass jede Muslima ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben führen DARF und SOLLTE, das erfordert viel Courage, insbesondere, wenn man noch so jung ist.

Daher war es für mich eine Offenbarung so unterschiedliche Geschichten zu lesen und auch unterschiedliche Perspektiven auf die Lebensrealität von Muslima zu bekommen. Wie die Autorinnen selbst auch schon schreiben, ist es eben nicht nur ein Buch für Muslima, sondern auch für Männer und Frauen aller anderen Kulturen und Religionen, die toleranter und offener gegenüber ihren Mitmenschen sein wollen. Bücher wie "Schamlos" können in unserer Gesellschaft etwas verändern.

Veröffentlicht am 14.05.2019

Ein "Ich will unbedingt weiterlesen"-Buch

Crazy Rich Asians
1

Meine Erwartungen an "Crazy Rich Asians" waren einigermaßen hoch, immerhin steht "der internationale Megaseller" groß auf dem Cover. Zugegebenermaßen glaubte ich nicht wirklich daran, dass meine Erwartungen ...

Meine Erwartungen an "Crazy Rich Asians" waren einigermaßen hoch, immerhin steht "der internationale Megaseller" groß auf dem Cover. Zugegebenermaßen glaubte ich nicht wirklich daran, dass meine Erwartungen auch erfüllt wurden - aber ich sollte mich täuschen.

Was hatte ich erwartet? Nun ja, zumindest ein besseres "Gossip Girl". Was ich bekam? Einen Roman, der mit genau der richtigen Portion Drama und jeder Menge Authentizität überzeugt. Wo man in "Gossip Girl" merkt, dass stark übertrieben wurde und die Welt der Reichen nicht wirklich so aussieht, denkt man beim Lesen von "Crazy Rich Asians" die ganze Zeit: Oh mein Gott, das ist alles so abgefahren, was hier gerade passiert, aber ich glaube mit jeder Faser meines Körpers, dass das genau so in der Welt der Superreichen abläuft. Man merkt einfach, dass hier ein Insider am Werk war, jemand, der sich in dieser Szene bestens auskennt - und zwar nicht nur, weil es unzählige asiatische Ausdrücke gibt, die mittels Fußnoten humorvoll erklärt werden, oder weil zig Luxusmarken genannt und Kleidungsstile beschrieben werden, mit denen nicht mal eine modebewusste Frau unbedingt etwas anfangen kann.

Der Schreibstil von Autor Kevin Kwan ist ebenso meisterhaft wie seine Recherche. Mühelos wechselt er zwischen zwei Absätzen die Erzählperspektive, ohne den Leser dabei ein einziges Mal zu verlieren. Und das ist allein deshalb schon eine Kunst, weil so viele Charaktere im Buch auftauchen, dass man leicht den Überblick verlieren könnte. Das passiert jedoch - auch dank des übersichtlichen und ebenfalls humorvoll gestalteten Stammbaums - nicht. Und das, obwohl ich zugeben muss, normalerweise mit zu vielen Personen gerne mal durcheinander zu kommen, gerade, wenn es sich nicht unbedingt um westliche Namen handelt.

Das, was "Crazy Rich Asians" für mich zu einem "Ich will unbedingt weiterlesen"-Buch gemacht hat, war die subtile Spannung, die sich von Seite zu Seite steigert und das Erahnen dieses bösen Showdowns, der dann auch kommt, sich aber nahtlos einfügt und keinesfalls überdramatisiert wirkt. Wer auf Intrigen und Familiengeheimnisse steht, kommt hier ganz sicher auf seine Kosten.
Auch die Charaktere sind so anschaulich beschrieben, dass sie sofort authentisch wirken und man selbst denjenigen Charakteren gern folgt, deren Ansichten und Werte man absolut nicht teilt.

Ich habe keinerlei Kritikpunkte an "Crazy Rich Asians", weshalb ich das Buch uneingeschränkt all jenen empfehlen möchte, die einen authentischen Blick in die Welt der Superreichen werfen und die feine Ironie genießen möchten, mit der Kevin Kwan seine Geschichte erzählt.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Nicht nur ein Buch über Depressionen, sondern ein Gesellschaftsentwurf

Der Welt nicht mehr verbunden
0

"Der Welt nicht mehr verbunden" hat mir wieder einmal gezeigt, wie sehr der erste Eindruck noch täuschen kann. Denn nach der Einleitung dachte ich zunächst, es handle sich um ein typisch amerikanisches ...

"Der Welt nicht mehr verbunden" hat mir wieder einmal gezeigt, wie sehr der erste Eindruck noch täuschen kann. Denn nach der Einleitung dachte ich zunächst, es handle sich um ein typisch amerikanisches Buch, in dem der Autor zu der nicht sonderlich überraschenden Erkenntnis kommt, dass Antidepressiva nicht wirklich gegen Depressionen helfen und dass die Pharmakonzerne böse sind. Doch mit jeder weiteren gelesenen Seite wurde mir klar, dass ich es hier mit etwas ganz Anderem, etwas ganz Besonderem zu tun hatte.

Zugegeben: Mit dem Thema Depression befasse ich mich noch nicht sehr lang und das, was ich bisher darüber gelesen hatte, waren meist Schilderungen von Betroffenen. Manch einer, der sich mit dem Thema schon allumfassend auseinandergesetzt hat, mag die Erkenntnisse, die Johann Hari in seinem Buch veranschaulicht, deshalb nicht so neu und spannend finden wie ich. Trotzdem glaube ich, dass es selten ein Buch gegeben hat, das den Ursachen von Depression auf so logische und globale Weise auf den Grund geht. Wenn man den Schilderungen des Autors folgt, fällt einem plötzlich wie Schuppen von den Augen, dass es ja nur eine logische Konsequenz aus unserem aktuellen Lebensstil ist, die dazu führt, dass derzeit so viele Menschen unter Depressionen leiden.

Doch Johann Hari geht noch weiter: Anstatt nur auf die Ursachen einzugehen, die er mittels wissenschaftlicher Studien fundiert darlegt, gibt er zusätzlich Auswege aus der Depression an die Hand. Diese Auswege richten sich nicht nur an den Betroffenen selbst, sondern an die Menschheit allgemein. Genau das ist - meiner Ansicht nach - auch eine der Besonderheiten dieses Buchs: Es macht deutlich, dass das Thema Depression uns alle etwas angeht, weil es uns alle früher oder später betreffen kann. Tatsächlich habe ich dieses Buch auch mit Wut im Bauch weggelegt, weil es - wenn es stimmt, was Johann Hari schreibt - so unfassbar einfach wäre, was man verändern müsste, um das Risiko für Depressionen drastisch zu senken. "Der Welt nicht mehr verbunden" ist ein Appell an jeden einzelnen von uns und deshalb würde ich mir wünschen, dass JEDER dieses Buch liest, denn ich bin der festen Überzeugung, dass sich in den Erzählungen des Autors jeder von uns bis zu einem gewissen Grad wiederfindet und die Form der Gesellschaft, die hier beschrieben wird, für und alle erstrebenswert und gesund ist.