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Veröffentlicht am 26.10.2018

Ein wissenschaftlich belegbarer Superheld

Rache der Orphans
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Dies ist Band 3 der Reihe um den unbeugsamen Superkämpfer Evan Smoak (gesprochen wie smoke) und wie von Gregg Hurwitz gewohnt, ist er rasant und detailreich, was Kampftechniken, Verschleierung, Waffen, ...

Dies ist Band 3 der Reihe um den unbeugsamen Superkämpfer Evan Smoak (gesprochen wie smoke) und wie von Gregg Hurwitz gewohnt, ist er rasant und detailreich, was Kampftechniken, Verschleierung, Waffen, falsche Dokumente, Computer-Schwachstellen und Evans “Probleme” mit der “normalen Welt” angeht.

Ich selbst kannte vorher Band 1, “Orphan X”, jedoch Band 2 “Projekt Orphan”, nicht. Man kann Band 3 sicher auch ohne beide oder einen davon zu kennen, genießen und schätzen, mit dem ersten Band fällt es aber deutlich leichter, sich in Evan hineinzuversetzen.

Man weiß, warum er so ist, wie er dort gelandet ist und warum er kann was er kann. Natürlich wird manches erklärt und anderes angedeutet, aber man versteht das Projekt im Hintergrund sicher so besser. Band 2 hat mir wiederum überhaupt nicht gefehlt. Von den Figuren her kam es mir so vor als wäre zwischen den Büchern auch keine Zeit vergangen, ich fand mich gleich wieder zurecht und kannte alle wichtigen Protagonisten.

Zurück zu “Rache der Orphans”: Dies ist ein Thriller für all jene, denen Superhelden-Geschichten zu unwahrscheinlich erscheinen weil ihre Kräfte nicht logisch erklärbar sind. Evan kann auch vieles, was die Vorstellungskraft übersteigt, hat aber dabei immer irgendwelche Hilfsmittel im Einsatz und da der Autor viel Zeit auf Detailrecherche verwendet, kann er auch das meiste relativ gut und logisch erklären. Auch wenn es immer noch unwahrscheinlich ist, es scheint nicht mehr unmöglich und das ist ein wichtiger Faktor, der Hurwitz’ Bücher nicht nur unterhaltsam sondern auch aus anderen Perspektiven interessant macht.

Veröffentlicht am 12.10.2018

Australiens ungewöhnlichste Privatermittler sind wieder aktiv

Redemption Point
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Sie sind wieder aktiv: Expolizist Ted Conkaffey, dem die Vergangenheit als mutmaßlicher Kinderschänder noch nachhängt und seine berufliche Partnerin und Chefin der Detektei, Amanda Pharrell. Die beiden ...

Sie sind wieder aktiv: Expolizist Ted Conkaffey, dem die Vergangenheit als mutmaßlicher Kinderschänder noch nachhängt und seine berufliche Partnerin und Chefin der Detektei, Amanda Pharrell. Die beiden verstehen sich, ist sie doch eine tatsächlich verurteilte Verbrecherin.

Dieses dynamische Duo, das vielen Anfeindungen und Probleme im Alltag ausgesetzt ist, wird diesmal von einem verzweifelten Bürger zu einem Doppelmord hinzugezogen. Zwei Leichen liegen in einer Bar und die offensichtlichen Spuren geben keine exakten Hinweise.

Doch so intensiv wie er möchte, kann Ted nicht nach dem Mörder suchen, taucht doch ein weiterer verzweifelter Mensch in seinem Haus in Crimson Lake auf: der Vater des Mädchens, das angeblich von ihm misshandelt und fast getötet worden sei. Die wichtigsten Fakten und Entwicklungen dazu erfährt man in “Redemption Point” natürlich auch, wer Zeit hat, sollte speziell deswegen, vorher aber noch den Vorgänger “Crimson Lake” lesen.

In diesem Band wirkt es nicht so, als gäbe es noch Chancen, den wahren Täter zu finden, dennoch: Nun könnte etwas Schwung in Teds private Ermittlungen kommen. Der Fremde wird langsam zum Verbündeten und beide - wenn auch aus völlig unterschiedlichen Motiven - wollen dann doch dasselbe.

Im gewohnt flotten, unaufgeregten Stil mit eine Prise Humor und der richtigen Portion Gefühl an den richtigen Stellen schafft Candice Fox wieder eine Atmosphäre, der man sich nicht so leicht entziehen kann. Hundert Seiten und mehr am Stück zu lesen, ist bei ihr kein Problem. Geht auch relativ flott.

Was “Crimson Lake” so bravourös begonnen hat, führt “Redemption Point” fast nahtlos fort. Man ist sofort wieder im Geschehen und lebt, leidet und lacht mit Ted und Amanda mit, dennoch: Zwischendrin hatte ich das Gefühl, dass der aktuelle Fall nicht vom Fleck kommt, dass er quasi angehalten wird, um Platz für Teds Lebensgeschichte zu machen. Die Auflösung birgt Überraschungen, aber das Gefühl, dass sie eigentlich schon früher hätte erfolgen können, lässt einen nicht ganz los.

Veröffentlicht am 12.10.2018

Ein Roman mit Distanz: räumlich, zeitlich und menschlich

Ein Winter in Paris
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Die Stärke von Jean-Philippe Blondel ist es, auf wenigen Seiten, mit wenigen Zeilen, ein ganzes Leben zu erzählen. Und das nicht einfach als Nacherzählung, als Bericht, sondern in einer Intensität und ...

Die Stärke von Jean-Philippe Blondel ist es, auf wenigen Seiten, mit wenigen Zeilen, ein ganzes Leben zu erzählen. Und das nicht einfach als Nacherzählung, als Bericht, sondern in einer Intensität und Gefühlsblase, dass man meint, zu ersticken, weil sie so intensiv ist.

Hier lässt er auf knapp 200 Seiten seinen Protagonisten Victor als gefestigten Familienvater eine kurze Episode aus seinem Leben Revue passieren. Gerade einmal erwachsen, fand sich der angehende Lehrer in Paris wieder. Er kommt aus der Provinz, muss sich zurechtfinden, verzichtet auf allzu viel sozialen Umgang und lernt lieber. Bis jener Winter kommt, der sein und das Leben einiger weniger anderer stark prägen wird. Seines am stärksten.

Der Selbstmord eines Kommilitonen lässt viele Aspekte auf einmal zu: Kritik an den Lehrmethoden, Kritik am französischen (Elite-)Bildungssystem, Kritik an Familien, Eltern, die Kinder unter Druck setzen oder in eine Richtung drängen. Aber neben all dem sucht Victor auch Schuld bei sich - obwohl er den Mitstudenten kaum gekannt hat.

Durch die Ereignisse werden die Probleme, die Entbehrungen, die das harte Vorbereitungsstudium verlangt, für ihn erst real. Ist das noch das richtige Weg für ihn? Real werden ganz zufällig auch die Studenten um ihn herum. Sie merken, dass ihn das Geschehene sehr mitnimmt, öffnen sich ihm gegenüber und er lernt, das umgekehrt zu tun.

Der Roman packt viel an Gefühlen zwischen zwei Buchdeckel und lässt in so viele Facetten Raum für Interpretation und Vermutungen, dass - will man alles genau analysieren, durchdenken - das Lesen ganz schön herausfordernd werden kann.

Aber Achtung: es ist keine komplett abgeschlossene Geschichte mit einem klassischen Ende, sondern einfach ein Fragment aus Victors Leben, geschildert in mehreren Episoden. Zwar grundsätzlich chronologisch, aber dennoch auf ungewöhnliche Weise erzählt. Victor selbst ist einfach nicht der umgänglichste Typ und gerne etwas reservierter, daher wirkt auch das Buch mitunter so. Wer damit gut zurechtkommt, kann sich auf eine herausfordernde Reise ins Paris von 1984 freuen.

Veröffentlicht am 12.10.2018

Steckt inhaltlich und sprachlich tief im Drogensumpf

Dreckiger Schnee
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Der Name ist Programm. Dieses Buch ist nicht einfach ein Thriller, der im Winter spielt, sondern Drogen spielen die Hauptrolle. Manchester in Großbritannien wird von Dealern beherrscht, die in ihren Stammclubs ...

Der Name ist Programm. Dieses Buch ist nicht einfach ein Thriller, der im Winter spielt, sondern Drogen spielen die Hauptrolle. Manchester in Großbritannien wird von Dealern beherrscht, die in ihren Stammclubs an ihre Kunden kommen. Der Schreibstil und die Atmosphäre die durch die Wohlwahl entsteht ist authentisch und teilweise brutal und daher nichts jedermanns Sache.

Wen das nicht stört, der kann durchaus bewundern, dass in dieser Hinsicht viel Recherche in diesem Thriller liegt. Der Slang, die Umgebungsbeschreibungen, wie eine Organisation aufgebaut ist, die illegal mit Drogen operiert, wie sich jemand, der abhängig ist, verhält - all das ist wirklich packend weil sehr realistisch abgehandelt. Joseph Knox nimmt sich hier kein Blatt vor den Mund.

Die Hauptfigur, Polizist Aidan Waits, ist einerseits ein wenig klischeebehaftet, aber nur, weil er nicht dem “üblichen Ermittler-Typus” entspricht. Wobei das auch nicht so klar zu definieren ist. Aidan wird undercover in die Drogenszene eingeschleust und macht seine Sache im Lauf der Zeit zu gut. Gleichzeitig erhält er noch von anderer Seite einen Spezialauftrag, der ebenso mit der Organisation von Drogenboss Zain Carver zu tun hat. Und schlussendlich soll besagter Zain ihn auch noch für seinen Freund halten.

Das klingt etwas viel und ist es auch. Der Thriller bietet daher Action von vielen Seiten, mehrere Handlungsstränge finden statt, kreuzen sich, vermischen sich miteinander, woraus neue Ermittlungserkenntnisse aber auch neue Gefahren für Aidan entstehen. Und - man kann es ahnen - nicht nur die Drogenbosse sind gefährlich.

Mit Sicherheit ein etwas ungewöhnlich aufgebauter, teilweise harter, im Milieu verankerter Thriller, der seine Höhen und Tiefen hat - ganz wie ein echter Junkie.

Veröffentlicht am 06.10.2018

Briten-Krimi mit Weihnachts- und Winterstimmung

Geheimnis in Weiß
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Auch “Geheimnis in Weiß” von J. Jefferson Farjeon reiht sich nahtlos in die wunderbare kleine Reihe von neu oder wieder aufgelegten britischen Kriminalromanen aus der Zwischenkriegszeit bei Klett-Cotta ...

Auch “Geheimnis in Weiß” von J. Jefferson Farjeon reiht sich nahtlos in die wunderbare kleine Reihe von neu oder wieder aufgelegten britischen Kriminalromanen aus der Zwischenkriegszeit bei Klett-Cotta ein.

Für alle die sich jetzt schon den Winter herbeisehnen, sich literarisch abkühlen wollen oder nach einem feinen Weihnachtsgeschenk suchen, eignet sich dieser Krimi wunderbar. Er erschien erstmals 1937 und spielt auch zu dieser Zeit. Ein Zug ist eingeschneit und die Passagiere, die der Leser kennenlernt, gehen ganz unterschiedlich damit um. Es sind ganz verschiedene Charaktere, die das Schicksal hier zusammenführt.

Die Geschwister Carrington, Miss Noyes, Mister Maltby, Mister Thomson und Mister Hopkins sitzen in einem Abteil. Was sich aus belanglosen Gesprächen über ihre Vorhaben an Weihnachten und das Ziel ihrer Fahrt entwickelt, ist ein höchst unterhaltsamer, spannender und tief berührender Roman über Befindlichkeiten, Stolz und Gruppendynamik.

Zwischendurch scheint der Fall klar, dann wieder verworren, als Leser kann man selbst raten, wer nun tot ist und warum. Neben der einfach Frage “Wer wars?” entpuppt sich die Geschichte aber wesentlich vielschichtiger. Hauptschauplatz ist ein altes, eingeschneites Anwesen, das erleuchtet, aber leer ist. Die Protagonisten sich auf sich gestellt, ohne Telefon, und versuchen, die kleinen Hinweise die es gibt, zu einem Puzzle zusammensetzen, das ihnen verrät, was passierte bevor sie das Haus erreichten. Wie sie überhaupt erst dort hinkamen, liest du im Roman.

Andere Großbritannien-Krimis aus der kleinen Serie mit Leineneinband sind “Geheimnis in Rot”, “Mord in Cornwall” und “Das Geheimnis der Grays”.