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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein sprachlich und kulinarisch authentischer Provencekrimi

Mörderischer Mistral
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Mit Roger Blanc führt Rademacher hier einen eigenwilligen, oft fluchenden und trotzdem liebenswürdigen Charakter ein. In seinem ersten Fall ermittelt der Gendarm im Süden Frankreichs, nachdem er aus Paris ...

Mit Roger Blanc führt Rademacher hier einen eigenwilligen, oft fluchenden und trotzdem liebenswürdigen Charakter ein. In seinem ersten Fall ermittelt der Gendarm im Süden Frankreichs, nachdem er aus Paris „strafversetzt“ wurde, weil er seine Sache zu gut machte und Korruption aufdeckte.
Zu gut fängt die Sache für ihn nicht an: Das neue Häuschen renovierungsbedürftig, der Lebensstil viel zu ruhig und familiär, die Frau blieb in Paris bei ihrem Liebhaber und als Partner bekommt er den unbeliebtesten Kollegen zugeteilt. Noch dazu ist die zuständige Untersuchungsrichterin die Gattin jenes Mannes, der ihn versetzen ließ.
Zu allem Überfluss wird an seinem ersten Arbeitstag gleich eine Leiche auf der örtlichen Müllkippe gefunden. Erschossen und angezündet. Der Tote wird dennoch identifiziert und Blanc stößt auf dunkle Flecken in der Vergangenheit seines Partners.
Sehr schön ist, dass zwischen den Ermittlungen um diesen und einen weiteren Todesfall noch Zeit bleibt für ein paar entspannte zwischenmenschliche Momente zwischen den Gendarmen, den Nachbarn Blancs und anderen. Der Autor bringt dem Leser sehr gut den allgemeinen Lebensstil nahe und es ist außerdem zu empfehlen, den Krimi nicht mit leerem Magen zu lesen. Immer wieder gibt es Szenen, wo die Kollegen miteinander essen oder einkaufen gehen und die köstlichen Beschreibungen lassen dem Leser das Wasser im Mund zusammenlaufen und in Gedanken die nächste Urlaubsreise planen.
Eine weitere sehr positive Sache ist das Personenregister hinten im Buch. Bisweilen hilft es, wenn man bei der ersten Erwähnung gewisser Namen gleich nachsehen kann, wer das nun ist. Ein paar Zusatzinformationen stehen dort auch. Was hier noch fehlt, ist eine Übersichtskarte, wo die wichtigsten Orte zu sehen sind, damit man grob einen Überblick hat, auch was die Himmelsrichtungen betrifft. Dies ist jedoch im dritten Band dieser Reihe schon anders (Brennender Midi), den ich im Anschluss lesen werde.
Durch die häufigen Fluche und Originalbezeichnungen auf Französisch lernt man als Leser auch ein wenig sprachliche Unterschiede zwischen Nord und Süd kennen und gegen Ende gewöhnt man sich sosehr an die Anreden (Capitaine, Madame le Juge,…), dass man diese selbst in Gedanken schon verwendet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Buch, so wie sein Autor: flott und angenehm

Urs Meier
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Urs Meier weiß, wovon er schreibt. Als ehemaliger Fußballschiedsrichter der höchsten Stufe hat er alle möglichen Klassen durchlaufen und erklärt zum Beispiel auch, warum Partien unter unerfahreneren Spielern ...

Urs Meier weiß, wovon er schreibt. Als ehemaliger Fußballschiedsrichter der höchsten Stufe hat er alle möglichen Klassen durchlaufen und erklärt zum Beispiel auch, warum Partien unter unerfahreneren Spielern oft schwerer zu leiten sind als jene unter Profis. Dieses Buch (auch wenn das erste Kapitel abgesehen vom unterhaltsamen Einstieg ein wenig trocken daherkommt) ist wohl für ein größeres Publikum nützlich, als man annehmen würde. Nicht nur der eingefleischteste Fußballfan und Stadiongeher findet hier etwas für sich, auch weniger stark Fußballbegeisterte Menschen oder teilweise auch welche ohne genaues Wissen zu diesem Sport können von diesem Buch profitieren. Denn auch wenn Meier seine Erfahrungen widergibt, die vor allem auf dem Platz stattfinden, erklärt er dennoch auch immer wieder Dinge abseits dessen und dann wird es insgesamt interessant für all jene, die eine Führungskraft sind, eine solche werden wollen oder einfach ein paar Tipps lesen möchten, wie sie selbst entschlossener auftreten könnten und Entscheidungen schnell fällen und vertreten können.
Bei allem, was Meier vor, während und nach der Karriere als Schiedsrichter tut und tat, war und ist er mit Herzblut dabei und das transportiert diese Lektüre auf wunderbar angenehme Weise. Nie wirkt ein Abschnitt aufgesetzt oder verbissen, aber die Energie dahinter spürt man als Leser. Man merkt auch, welche Punkte Meier besonders am Herzen liegen und mit seiner Fachkenntnis untermauert er seine Kritik am System, ohne oberlehrerhaft oder besserwisserisch daherzukommen.
Meiers flotter, angenehmer Erzählstil wird von einem Vorwort (Jürgen Klopp) und zwei Gastkommentaren ergänzt, die unter anderem dadurch eine amüsante Note zum Buch beitragen, weil sie Szenen, die Meier selbst auch schildert, aus einem anderen Blickwinkel aufgreifen.
Wenn er nicht gerade ein Buch schreibt, ist Urs Meier hauptsächlich als Redner und (TV-)Experte unterwegs. Ich (als Österreicherin) würde mir wünschen, dass er auch einmal einen Kurs mit den österreichischen Fußballschiedsrichtern macht, die könnten sicher einiges vom ihm übernehmen und so noch besser werden.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Authentischer Schottland-Krimi

Wenn du mich tötest
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Eines der klassischen Rezepte für Krimis geht auch in diesem Buch gut auf: Ein Mann, der eine neue Beziehung eingeht, verschweigt ein einschneidendes Erlebnis aus seiner Vergangenheit. Die Frau kommt später ...

Eines der klassischen Rezepte für Krimis geht auch in diesem Buch gut auf: Ein Mann, der eine neue Beziehung eingeht, verschweigt ein einschneidendes Erlebnis aus seiner Vergangenheit. Die Frau kommt später durch eigene Recherchen dahinter und stellt ihn zu Rede.
Soweit so üblich. Dummerweise tut Laura Tahn dies auf einer Urlaubsreise mitten in Schottland. Und verschwindet bald darauf. Trotz der merkwürdigen Umstände ringt sich ihr Mann, Julian Tahn, dazu durch, die Polizei zu verständigen und Laura als vermisst zu melden. Dem Detective, John Gills, aus Inverness kommt der deutsche Urlauber reichlich suspekt vor und nach ein paar Indizien forscht er in dessen Vergangenheit und bringt das ans Licht, was auch Laura schon gefunden hatte. Kurz darauf wird in einer Bucht nahe des Ferienortes der Tahns eine weibliche Leiche angespült.
Ein mentales Katz- und Maus-Spiel beginnt. Mehr als eine Fährte bieten sich an und der Leser kann mit Gills und den Polizisten vor Ort in der Sandwood Bay ermitteln, rätseln, verurteilen und falsch liegen. Was geschah nun vor so vielen Jahren? Und was passierte in der Sandwood Bay? Wo ist Laura Tahn und lebt sie überhaupt noch?
Dieser Krimi (die Bezeichnung Psychothriller ist einfach falsch!) lässt den Leser selbstreflektieren und sich fragen, wie weit Ehrlichkeit gehen sollte und wie viel eine Beziehung, so gut sie auch von außen scheinen möge, aushalten kann.
Auf der anderen Seite wird auch die Ermittlungsarbeit beleuchtet und der Druck sowie der Alltag dieser fiktiven schottischen Exekutive in den Mittelpunkt gestellt. Eine Ungenauigkeit, ein Fehler, kann weitreichende Konsequenzen haben.
Die Autorin schafft es, durch kurze Abschnitte und Wechsel der Schauplätze, Spannung zu erzeugen und diese hochzuhalten. Sie widmet der Gefühlswelt des Ehepaars viel Platz, aber auch der Detective ist kein Superheld und wird für den Leser greifbar, mit ihm kann man gut mitfühlen. Ein Krimi, der sich sicher auch in einem oder wenigen Rutschen auslesen lässt.
Gut gefällt mir auch die Umgebungskarte vorne im Einband. Leider sind nicht alle erwähnten Ort verzeichnet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wie man sich in Italien (nicht) verhält

In der ersten Reihe sieht man Meer
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Viele Lacher und auch ein paar Aha-Erlebnisse begleiten den Leser durch dieses Buch. Dieses „Urlaubs-Buch“ des Krimi-Duos Klüpfel/Kobr ist in vielerlei Hinsicht unterhaltsam und für den einen oder anderen ...

Viele Lacher und auch ein paar Aha-Erlebnisse begleiten den Leser durch dieses Buch. Dieses „Urlaubs-Buch“ des Krimi-Duos Klüpfel/Kobr ist in vielerlei Hinsicht unterhaltsam und für den einen oder anderen vielleicht noch lehrreich. Die einen, die sich zur beschriebenen Zeit selbst in Italien einen schönen Sonnenbrand geholt haben, werden sich oder die Nachbarn oder andere Urlaubsgäste wiedererkennen. Doch auch für jüngere Leser, die in den Neunzigern als Kinder auf solche Urlaube mitgenommen wurden, erkennen vieles wieder. Und wer weiß, einiges ist wohl auch heute noch so auf dem „Teutonengrill“.
Für diejenigen, die vielleicht bald mit der eigenen Familie an den italienischen Sandstrand wollen und dorthin, wo „eh jeder hineinma….“, mag das Buch eine Anleitung bieten, wie man sich nicht unbedingt verhalten sollte. Alexander Klein, kurz vor einem ebensolchen Urlaub mit Familie, Eltern und Schwester, schläft ein und findet sich in seiner Jugend wieder. Seine Eltern sind plötzlich jünger und diejenigen, die das Sagen haben. Mit dem Geist eines Ü40-Jährigen im Körper eines U15-Jährigen durchlebt er diesen Urlaub zwischen bunten Jogginghosen, deutschem Essen in Italien und Nussöl aus Österreich erneut, gibt dem Ganzen aber durch sein natürlich anderes Verhalten eine neue Wendung, was ihm zunächst gar nicht bewusst ist.
Mit Witz und einer Prise Selbstironie (die verwendeten Fotos sind allesamt aus den privaten Alben der Autoren) führen Klüpfel und Kobr dem Leser alles vor Augen, was ein Italienurlaub so braucht, nicht zu vergessen bravouröse Italienischkenntnisse der Beteiligten („Palazzi“, „Agentzia“). Nicht zu vergessen schriftliche Annäherungsversuche der Einheimischen an die Urlauber: „Kaffee vonne Vilter“ oder „Berline Waise mit Schus“.
Das Cover ist wirklich liebevoll gestaltet, auch dem Thema angemessen als altes Fotoalbum und es liegt ein Kofferanhänger darauf. Diese kleinen Details setzen sich im Inhaltsverzeichnis fort, denn alle Kapitelüberschriften sind Liedtitel oder Liedzeilen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein guter Killer

Orphan X
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Schon beim Lesen wird klar, wie viel Recherchearbeit in bestimmten Szenen stecken muss. Auch das Nachwort des Autors lässt diese Arbeit noch einmal hervortreten. Dies, in Kombination mit der fesselnden ...

Schon beim Lesen wird klar, wie viel Recherchearbeit in bestimmten Szenen stecken muss. Auch das Nachwort des Autors lässt diese Arbeit noch einmal hervortreten. Dies, in Kombination mit der fesselnden Geschichte und seinem eigenwilligen Hauptcharakter machen diesen Thriller zu einem atemberaubenden Leseerlebnis. Die eigenwillige Person, die im Lauf der Handlung auch zugänglich und mitfühlend ist, ist Evan Smoak. In Rückblenden erfährt man, warum er dort lebt, wo er jetzt ist und wie er seine „Ausbildung“ erhielt. Evan erfüllt einen ungewöhnlichen Job, den er vor seine Umwelt und neugierigen Nachbarn geheim halten muss.
Er beherrscht zahlreiche Nahkampftechniken, kann mit Stichwaffen und Schusswaffen aller Art umgehen und hat eine Beobachtungsgabe, die sonst kaum jemand hat. Evan ist ein Killer. Er setzt seine Künste jedoch für das Gute ein und hilft Menschen, die sonst keine Hilfe mehr bekommen können.
Evans Leben basiert auf aktueller und futuristischer Technologie, womit er sich, seine Wohnung und sein Auto schützt und alles über seine „Klienten“ in Erfahrung bringt. Zu Beginn muten sein Schutzbedürfnis und seine Paranoia seltsam an, aber bald wird klar, warum er das macht und wie sehr er sich noch darauf verlassen werden muss. Er arbeitet immer einen Auftrag nach dem anderen ab, lässt sich diese auch nacheinander zukommen. Doch als plötzlich zwei Klienten gleichzeitig seine Hilfe brauchen, gerät alles aus den Fugen. Auch Gebote und Meditation sind da machtlos. Kann Evan Realität und Erfindung auseinanderhalten und sein Leben retten?
Glücklicherweise klingt das Ende des Buches nach einer Fortsetzung und für all jene, die weniger Zeit zum Lesen haben, wurden scheinbar auch schon die Filmrechte verkauft.
Das Cover ist sehr schlicht gehalten und kann gar nicht alles umfassen, was diesen Thriller ausmacht. Das X ist aber durchaus ein Eyecatcher.