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Veröffentlicht am 05.09.2021

Einblicke ins Rotlichtmilieu, aber auch in das Privatleben

Herbertstraße
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Ich erinnere mich gut an eine Aussage meiner Mutter zum Thema Prostitution. Sie meinte, dass man - gerade als Frau - dafür dankbar sein sollte, dass es eine Anlaufstelle für Männer gibt, um ihre Begierden ...

Ich erinnere mich gut an eine Aussage meiner Mutter zum Thema Prostitution. Sie meinte, dass man - gerade als Frau - dafür dankbar sein sollte, dass es eine Anlaufstelle für Männer gibt, um ihre Begierden und Wünsche auszuleben, vor allem für die, die keinen Partner dafür haben. Das fand ich damals schon einleuchtend und nach dem Buch jetzt nun noch viel mehr. 

Manuela Freitag nimmt uns mit in ihr Leben. Man lernt sie privat kennen, die Frau und Mutter. Man lernt aber auch die berufliche Seite kennen - die Domina. Man durchlebt ihre Vergangenheit und sieht die Gegenwart, am Ende gibt es einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. Aber nur kurz. Denn sie lebt im hier und jetzt. 

Bemerkenswert fand ich die Art und Weise, wie ihre Geschichte hier erzählt wurde. Ungeschönt, mit der richtigen Menge an Details und ohne auf die Tränendrüse zu Drücken. Mit einer ordentlichen Portion Realismus und Reflektiertheit, garniert mit einem Schuss Humor. Die Geschichte hat gefesselt, mit all ihren Facetten.

Die Kapelle zu ihrer Vergangenheit haben sich mit Erzählungen aus ihrem Berufsleben abgewechselt, so behielt das Buch durchweg seinen Schwung und wurde nicht zu trocken. Man lernt auch ein paar Kunden, ein paar ihrer Begierden kennen. So abwegig sie auch manchmal klangen. 

Manuela Freitag erzählt davon, wie sie sich immer wieder aufrappelte, sich selbst wieder ins straucheln brachte, nur um ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Später auch, wie sie als alleinerziehende Mutter Kind und Beruf unter einen Hut zu bringen versuchte. 

Zusätzlich lässt sie sich nicht nehmen, auch von Missstände zu sprechen. Zwangsprostitution wird als Thema ebenso (kurz) angeschnitten wie Depressionen, Sucht und vor allem die gesellschaftliche Ausgrenzung.

Dieses Buch ist wirklich eine große Überraschung gewesen. Es hat mich so gefesselt, dass ich schneller als mir lieb war, damit durch war. Es ist wirklich toll geschrieben und handelt von einer tollen, inspirierenden Persönlichkeit.

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Veröffentlicht am 04.09.2021

Ein lebensbejahendes Buch

Gemeinsam
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Zu erst einmal: Ich bin kein sonderlicher Fan von diesen Lebensweisheitbüchern, die es an jeder Ecke gibt. Meist sind sie mir einfach zu oberflächlich und stupide.

Dieses Buch kommt aber nicht mit irgendwelchen ...

Zu erst einmal: Ich bin kein sonderlicher Fan von diesen Lebensweisheitbüchern, die es an jeder Ecke gibt. Meist sind sie mir einfach zu oberflächlich und stupide.

Dieses Buch kommt aber nicht mit irgendwelchen stumpfen Lebensweisheiten daher, es erzählt auf unaufgeregt Art und Weise eine Geschichte. Mehr mit Bildern als mit Worten. 

Die Illustrationen sind schon sehr ausdrucksstark und manchmal gewaltig. Man könnte sich vermutlich Stunden in den Details verlieren. Und doch ist noch genug Platz für die eigene Phantasie. 

Alles in allem ist das Buch ein vehementes und überzeugtes Plädoyer für die Gemeinschaft und der Menschen. Auch wenn für mich ein wenig zu weichgespült. Z. B. wurde der Applaus für Pflegekräfte angesprochen. Davon ist leider heute nicht mehr ganz so viel zu spüren...

Das Buch an sich kommt recht hochwertig daher. Das Papier ist unüblich dick. Da ich kleine Hände habe war das, zusätzlich mit dem sehr dicken Einband, nicht immer so einfach zu handeln. Wenn das Buch auf der Seite liegt, wellen sich die dicken Seiten auch etwas. 

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Tiefgründig und mit einer Brise Humor erzählt

Barbara stirbt nicht
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Herr Schmidt gehört zur "alten Garde", eben diese Herren, die sich als unangefochtene Familienoberhaupt sehen. Die, die bekocht werden. Denen man von Kindesbeinen an weiß gemacht hat, dass der Haushalt ...

Herr Schmidt gehört zur "alten Garde", eben diese Herren, die sich als unangefochtene Familienoberhaupt sehen. Die, die bekocht werden. Denen man von Kindesbeinen an weiß gemacht hat, dass der Haushalt im Allgemeinen und die Küche im Besonderen nichts für Jungen oder Männer sei. Ich denke, da können alle einen männlichen Familienangehörigen (je nachdem, welcher Generation man angehört) wiedererkennen. 

Erschwerend kommt hinzu, dass Herr Schmidt etwas ist, was man bei uns einen "alten Knurzen" nennt: Mürrisch, schweigsam und ziemlich unhöflich. Auf dem ersten Blick also ein richtiger Unsympath. Seine Handlungen und innere Monologe unterstreichen dies häufig. Manchmal erkennt man aber auch den weiche Kern unter der harten Schale und ist von der Fürsorge gerührt. Der Umgang mit seiner Barbara war manchmal, gerade aufgrund der Situation, herzzereißend.

Im Laufe des Buches begegnet Herr Schmidt neuen Leuten und alten Bekannten, mit denen er mal gut und öfters mehr schlecht als recht interagieren muss. Manchmal kann man seine Reaktion nachvollziehen und manchmal zuckt man fast zusammen, so barsch ist er. Die vielen verschiedenen Nebencharaktere helfen dem Buch zu einer gewissen Dynamik, auch wenn generell nie viel Wirbel gemacht wird. 

Dabei sind deine Ausflüge ins Internet und in die Welt des Kochens doch oftmals sehr amüsant und birgt einen skurrilen Unterhaltungsfaktor.

Eine Kernaussage, die ich aus dem Buch mitnehme ist: Jeder wird mal alt und verdrängen hilft da leider gar nichts. 

Ein Punkt, der auch oft vorkommt, ist die Engstirnigkeit von Herrn Schmidt. Ich finde sie ein wunderbares Mahnmal für all die, die stur nur sich selbst im Sinn haben. 

Das Buch ließ sich sehr gut lesen. Alina Bronsky versteht es, die Geschichte ohne viel Schnickschnack und künstlicher Spannung lesenswert zu gestalten. Die Geschichte plätschert im positiven Sinne vor sich her, alles andere hätte dem Thema nicht gut getan. 

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Veröffentlicht am 30.08.2021

Intime Einblicke in ganz normale Leben

Fremde Freundin
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Der Klappentext spiegelt die Vielschichtigkeit dieses Buches in keiner Weise wieder. Und dennoch wäre jedes Wort mehr auch irgendwie zu viel gewesen, denn es hätte die Überraschung verdorben.

Die Autorin ...

Der Klappentext spiegelt die Vielschichtigkeit dieses Buches in keiner Weise wieder. Und dennoch wäre jedes Wort mehr auch irgendwie zu viel gewesen, denn es hätte die Überraschung verdorben.

Die Autorin nimmt sich Zeit, ihre Haupt- und Nebencharaktere vorzustellen und sie dem Leser nahe zu bringen. Es gibt davon ein paar, doch sie unterstützen das realitätsnahe Gefühl. Ich denke, in einigen Fällen findet man sich in der ein oder anderen Situation wider und das macht es sehr lebendig.

Man meint, sich in den Leben von Sam und Elisabeth eingefunden zu haben und plötzlich fliegen ihnen Lügen und Geheimnisse um die Ohren und das ganze Gefüge gerät bedenklich ins Wanken. Es menschelt sehr in all seinen Facetten.

Es war interessant, überraschend, traurig und manchmal auch schockierend zu lesen, welche Entscheidungen die Charaktere trafen. Zum Guten wie zum Schlechten. 

Der Schreibstil war durchweg angenehm und gut zu lesen. Gegen Ende wollte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Einzig manche Sprünge zwischen den Abschnitten haben mich kurzzeitig irritiert.

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Veröffentlicht am 26.08.2021

"Starke" Frau und liebeskranker Trottel

The promises we made. Als wir uns wieder trafen
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Als ich den Klappentext gelesen habe, war ich sofort interessiert. Sie, der Bodyguard und er der zu Schützende. Dazu kommt eine gemeinsame Vergangenheit, die dem Ganzen eine gewisse Würze verleiht. So ...

Als ich den Klappentext gelesen habe, war ich sofort interessiert. Sie, der Bodyguard und er der zu Schützende. Dazu kommt eine gemeinsame Vergangenheit, die dem Ganzen eine gewisse Würze verleiht. So zumindest die Theorie. 

Die Leseprobe war auch in Ordnung. Die Charaktere mussten vorgestellt werden und man lernte ein bisschen was von ihnen kennen. Dieser Zustand zieht sich jedoch auf den ersten gut 100 Seiten, was irgendwann ziemlich langatmig war. Es wechselte zwischen "Ich zeig dem anderen, wie toll ich bin" und "Er/sie bringt mich völlig aus der Fassung und ich kann nichts dagegen tun". Das ist mir irgendwann schon ziemlich auf die Nerven gegangen. 

Dessie ist hier die taffe, starke Frau. Doch es täuscht, denn auch sie hat ihre eigenen Schlachten zu schlagen. Irgendwie ist in ihrem Umfeld, was Freunde und Schwester angeht, viel im Argen. 

Sam will zeigen, was für ein toller Hecht er ist und für Diversität, Nachhaltigkeit und Toleranz steht und das wirkt eigentlich nur furchtbar aufgesetzt. Dessie gegenüber benimmt er sich oftmals etwas dämlich. 

Generell konnte ich mich mit beiden kaum anfreunden. Die Handlungen waren für mich oftmals nicht nachvollziehbar.

Der Schreibstil hingegen war sehr gut. Die weniger frustrierenden Stellen habe ich sogar mit einer gewissen Freude gelesen. Man konnte stellenweise richtig durch die Seiten fliegen, so leichtgängig konnte man den Text verfolgen. 

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