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Veröffentlicht am 15.10.2025

Hat mich nicht ganz überzeugt

Der Kaiser der Freude
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Auf dieses Buch bin ich eigentlich nur wegen seiner Popularität aufmerksam geworden – den Autor kannte ich vorher gar nicht. Wäre es allein nach dem (deutschen) Cover gegangen, hätte ich es wahrscheinlich ...


Auf dieses Buch bin ich eigentlich nur wegen seiner Popularität aufmerksam geworden – den Autor kannte ich vorher gar nicht. Wäre es allein nach dem (deutschen) Cover gegangen, hätte ich es wahrscheinlich links liegen lassen. Während das Bild auch im englischen Original verwendet wurde, finde ich Schriftart und Platzierung des Titels und Autors in der deutschen Version furchtbar! Das sieht aus, als wäre das Cover mit Paint gestaltet worden. 😂

Was mir beim Hören sofort aufgefallen ist, war Vuongs aussergewöhnlicher Schreibstil – poetisch, ehrlich und unverstellt trifft es wohl am besten. Ob einem das gefällt, ist sicher Geschmackssache. Ich selbst lasse mich von literarischen Schreibstilen meist weniger beeindrucken und lege mehr Wert auf eine gute Story – und die gab es hier leider nur bedingt.
Der Einstieg hat mir gut gefallen: Wir lernen den Protagonisten Hai in einer dramatischen Situation kennen, in der er sich das Leben nehmen will. Kurz davor trifft er auf Grazina, eine ältere Dame aus Litauen, die an Demenz leidet und Hai bittet, ihr zu Hause zu helfen. So entsteht eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen zwei Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Das Problem? Viel mehr passiert in der ersten Hälfte nicht. Neben Grazinas Pflege arbeitet Hai auf einem Food Market, wo auch viele andere Charaktere schuften, die alle auf ihre Weise mit dem Leben zu kämpfen haben. Das Buch besteht hauptsächlich aus Schilderungen von Begegnungen zwischen Hai und Grazina oder Gesprächen zwischen Hai und seinen Mitarbeiter:innen – ohne dass etwas wirklich Wesentliches passiert.
Irgendwann habe ich ehrlicherweise auch ein bisschen das Interesse verloren, weil mir ein roter Faden gefehlt hat. Wäre es allein nach der ersten Buchhälfte gegangen, hätte ich dem Buch wahrscheinlich nur 2 Sterne gegeben. Im letzten Viertel kommt dann aber noch eine kleine Entwicklung, die zu einem kurzen Roadtrip mit all den verschiedenen Charakteren führt – das war dann kurzzeitig wieder etwas interessanter.

Insgesamt konnte mich das Hörbuch aber trotz seines aussergewöhnlichen Schreibstils, der vielen ernsten Themen und der bunten Charaktere emotional nicht richtig mitreissen oder tief berühren. Für mich waren viele der Gespräche zu belanglos, und auch wenn ich ein Fan von besonderen Freundschaften bin, hat mir hier eine Spannungskurve bzw. eine eigentliche Handlung gefehlt. Hais Reise zu seinen Selbsterkenntnissen hat für mich leider nicht gereicht, damit ich das Buch besser bewerten könnte.

Der Sprecher des Hörbuchs war okay – mehr aber auch nicht. Er macht seine Sache solide, ist für mich jetzt aber nicht besonders herausgestochen.

Fazit:
Das Buch punktet mit einem besonderen Schreibstil, einzigartigen Charakteren und einigen berührenden Momenten. Leider plätschert die Handlung über weite Strecken nur vor sich hin, und die vielen Begegnungen und Gespräche zwischen den Figuren haben für mich nicht gereicht, um mich wirklich bei der Stange zu halten. Es hat einfach das gewisse Etwas gefehlt. Insgesamt okay – aber kein Buch, das mir lange in Erinnerung bleiben wird oder das ich aus einem bestimmten Grund weiterempfehlen würde.

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Veröffentlicht am 16.08.2025

Klappentext schürt leider völlig falsche Erwartungen an den Inhalt

Nicht tot zu sein, ist noch kein Leben
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Die Inhaltsgabe verspricht eigentlich eine Geschichte, bei der es um ein ethisches Dilemma gehen soll: Marlene wird an Krebs sterben und bittet ihre beste Freundin Helena, eine Ärztin, darum, ihr Sterbehilfe ...

Die Inhaltsgabe verspricht eigentlich eine Geschichte, bei der es um ein ethisches Dilemma gehen soll: Marlene wird an Krebs sterben und bittet ihre beste Freundin Helena, eine Ärztin, darum, ihr Sterbehilfe zu leisten. Etwas, das sie vor eine schwierige Entscheidung stellt, denn einerseits ist (oder war?) assistierte Sterbehilfe in Deutschland verboten und andererseits weiss sie nicht, ob sie in der Lage ist, das Leben ihrer besten Freundin zu beenden.

Nur leider dreht sich das Buch nicht wirklich um dieses Thema. Dreh- und Angelpunkt stellt vielmehr die Freundschaft der beiden "Lenchens" dar, die in aller Ausführlichkeit von ihrem Kennenlernen (in den 1980ern) bis ins Hier und Jetzt der 2020er-Jahre geschildert wird. Dabei trennen sich die Wege der Freundinnen nach ihrem Studium, da Marlene in die USA zieht und ihr Kontakt häufig schriftlich stattfindet. Das alles findet noch Jahre vor Marlenes Erkrankung statt und im Fokus der Briefwechsel stehen alltagsnahe Themen wie die Liebe, Trennungen oder Kinderkriegen.

Das Thema Sterbehilfe taucht erstmals nur am Rande auf, als Marlenes Zwillingsschwester an ALS erkrankt und später auch mit einer Sterbehilfeorganisation aus der Schweiz aus dem Leben tritt, als ihre Krankheit bereits weit fortgeschritten ist.
Marlene selbst erkrankt bereits früh an Krebs, aber erst viele Jahre später erleidet sie ein Rezidiv, das so schnell fortschreitet, dass ihr Krebs nicht mehr heilbar ist und das Thema Sterbehilfe noch einmal in den Vordergrund tritt. Aber nicht so, wie ich erwartet hätte. Eigentlich hatte ich erwartet, dass hier der zentrale Konflikt entsteht. Stattdessen gibt es ein Abendessen, und danach scheint das Thema erledigt.

Das alles wäre nicht schlimm gewesen, wenn die Inhaltsangabe nicht eine völlig andere Geschichte versprochen hätte. Statt eines Romans, das sich vordergründig um das Thema Sterbehilfe dreht, geht es vielmehr um die Freundschaft zweier Frauen und wie sie ihr Leben leben. Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, warum dieses Buch so falsch vermarktet wurde. Dabei ist die eigentliche Geschichte nicht mal schlecht, aber einfach so ganz anders, als ich erwartet hatte, was dann zu einer grossen Enttäuschung bei mir geführt hat, die verhindert hätte werden können.

Zusätzlich konnte mich der Schreibstil leider auch nicht überzeugen. Die Sätze sind oft kurz und abgehackt, sodass kein richtiger Lesefluss entstanden ist. Es gibt sehr viel direkte Rede und detaillierte Beschreibungen von Nebensächlichkeiten (zum Beispiel, was es zu essen gibt), und mir haben bildhafte Passagen gefehlt. Ausserdem gab es auch zwischen den Kapiteln grosse Zeitsprünge, die mich immer wieder aus der Handlung gerissen haben.

Viele der Dialoge klangen zudem sehr konstruiert und nicht wie aus dem Leben gegriffen. Es wurden so häufig Fachbegriffe verwendet, dass Gespräche zwischen der Protagonistin, die Ärztin ist, oder ihrem Ehemann, der Psychiater ist, wirkten, als fänden sie auf einer Fachkonferenz statt, als zwischen Privatpersonen. Manchmal hatte ich eher das Gefühl, ich würde eine medizinische Krankenakte lesen, statt eines fiktionalen Romans.

Fazit:
Eine Freundschaftsgeschichte mit Potenzial, die aber anders erzählt wird, als der Klappentext verspricht. Wer das Buch wegen des Themas Sterbehilfe liest, könnte enttäuscht werden. Mich haben vor allem die falsche Erwartungshaltung und der sperrige Stil gestört. Von mir gibt’s dafür nur 2.5 Sterne.

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Veröffentlicht am 10.08.2025

Idee gut, Umsetzung na ja

Vorsehung
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Auf einem Flug nach Sydney steht eine ältere Dame plötzlich auf und läuft durch die Reihen und nennt ungefragt jedem und jeder Passagier:in in welchem Alter die jeweilige Person sterben wird und auch die ...

Auf einem Flug nach Sydney steht eine ältere Dame plötzlich auf und läuft durch die Reihen und nennt ungefragt jedem und jeder Passagier:in in welchem Alter die jeweilige Person sterben wird und auch die Todesumstände.
Dies löst verständlicherweise unterschiedliche Reaktionen aus. Während einige das Ganze belächeln und für einen Scherz halten, reagieren andere eher ängstlich oder verschreckt.
Einige Zeit nach dem Flug werden dann tatsächlich einige wenige Tode bekannt, die sich bewahrheitet haben, sodass nun auch die letzten Skeptiker Zweifel bekommen, ob es sich nicht doch um wahre Voraussagen gehandelt hat. Und sie müssen sich allmählich mit der Vorstellung anfreunden, dass ihr Tod näher kommt und sie genau wissen, wann und woran sie sterben werden...

Dieser vielversprechende Einstieg in das Buch hat mich wirklich wahnsinnig neugierig gemacht und hat so viel Potenzial für ein interessantes Gedankenexperiment beinhaltet: Was geschieht, wenn wir plötzlich das Alter kennen würde, in dem wir sterben und die Todesumstände? Welchen Einfluss hätte dies auf unser Leben? Würden wir unser Leben anders leben? Würden wir so weitermachen, als wäre nichts?
Fragen über Fragen, die vermutlich auch spannende philosophische Diskussionen bieten würde und auch mich selbst zum Nachdenken angeregt hat.

Nur leider hatte ich dann im weiteren Verlauf den Eindruck, dass das Potenzial dieser spannenden Idee nicht ausgeschöpft wurde. Ein grosses Hauptproblem habe ich darin gesehen, dass es einfach zu viele unterschiedliche Personen gab, deren Leben im Buch beleuchtet wurde. Dass die Autorin als Setting für die Ausgangslage ein volles Flugzeug gewählt hat, war aus meiner Sicht eher suboptimal, denn dadurch waren einfach viel zu viele Leute von den Prophezeiungen betroffen, die im Nachgang dann auch in der weiteren Geschichte verfolgt werden mussten. Das hat die Geschichte einerseits sehr in die Länge gezogen und andererseits trotzdem nur ausgereicht, um einen sehr kurzen Einblick in das Leben der "Todeskandidat:innen" zu bekommen, was dazu geführt hat, dass mir letztendlich die Tiefe gefehlt hat – sowohl was die Charaktere, als auch der Plot an sich angeht. Und das war wahnsinnig schade, bei einem solchen Thema, das so viel Tiefgründigkeit bieten würde.
Erschwerend kam hinzu, dass ich das Hörbuch gehört habe, was es meiner Meinung nach noch schwieriger gemacht hat, den Überblick über all die Namen zu behalten. Ich habe mich ständig während des Zuhörens gefragt "wer war das nochmal?" und konnte mich an einige Personen aus dem Flugzeug gar nicht mehr erinnern, sodass mir deren vermeintliches Schicksal nicht sonderlich naheging.

Ein grosser Teil der Erzählung nimmt auch die Hintergrundgeschichte der vermeintlichen Wahrsagerin ein, wobei retrospektiv nach und nach aufgedeckt wird, wie es zu diesem schicksalshaften Flug gekommen ist und welche Umstände die Protagonistin vermutlich zu ihren Prophezeiungen gebracht haben.

Der rote Faden, der sich durch das Buch zieht, ist vor allem die Frage, ob die Prophezeiungen nun echt sind, oder nicht.
Die Frage wird am Ende auch beantwortet und hat mich dann tatsächlich etwas überrascht, weil ich die "Auflösung" tatsächlich nicht so erwartet hatte. Die Überraschung ist allerdings nicht nur positiv zu werten, denn der Schluss war für meinen Geschmack dann unglaublich kitschig und konstruiert, aber immerhin erhalten wir ein rundes Ende.

Die Sprecherin des Hörbuchs hat mir wiederum gut gefallen und hatte eine sehr angenehme Erzählweise. Auch der Schreibstil war sehr flüssig, sodass man der Handlung insgesamt gut folgen konnte.

Fazit:
Eine interessante Idee, die leider nicht ganz überzeugend umgesetzt wurde. Das Thema mit dem vorhergesagten Todeszeitpunkt lässt viel Raum für eigene Reflexionen und wie man selbst damit umgehen würde, aber die Autorin hätte sich auf 2–3 ausgewählte Personen fokussieren sollen, da dadurch die Geschichte mehr in die Tiefe hätte gehen können. Von mir gibt es deshalb 3 Sterne für ein eher durchschnittliches Buch.

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Veröffentlicht am 04.04.2025

War ok

»Mama, bitte lern Deutsch«
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Auch ich kannte Tahsim Durgon bisher vor allem durch seine TikTok-Videos, in denen immer wieder die Stimme seiner Mutter zu hören ist. Genau deshalb wurde ich überhaupt auf dieses Buch aufmerksam.

Tahsim ...

Auch ich kannte Tahsim Durgon bisher vor allem durch seine TikTok-Videos, in denen immer wieder die Stimme seiner Mutter zu hören ist. Genau deshalb wurde ich überhaupt auf dieses Buch aufmerksam.

Tahsim selbst ist noch eher jung und stellt von Anfang an klar, dass es sich nicht um eine Autobiografie handelt, sondern um einzelne Erzählungen aus seinem bisherigen Leben. Er erzählt von seiner Kindheit als Sohn kurdischer Eltern, die aus der Türkei nach Deutschland flüchten mussten und dort nun ihre vier Kinder grossziehen.

Im Buch beschreibt er, mit welchen Herausforderungen nicht nur er als Sohn von Migrant:innen, sondern auch seine Mutter konfrontiert ist. Sie spricht bis heute kaum Deutsch, was dazu führte, dass Tahsim und seine ältere Schwester schon früh als Übersetzer:innen bei offiziellen und oft wichtigen Terminen mitgehen mussten, unter anderem auch zur Ausländerbehörde.

Was das für Tahsim bedeutete, versucht er in diesem Buch darzulegen. Gleichzeitig will er erklären, warum seine Mutter kaum Deutsch spricht. Er beginnt mit Anekdoten aus seiner Kindheit und erzählt von der Nachbarschaft, in der er aufgewachsen ist, einem Viertel, das vor allem von ausländischen Familien bewohnt wurde. Auch seine Schulzeit kommt zur Sprache, in der er immer wieder aufgrund von Vorurteilen in Schubladen gesteckt und benachteiligt wurde.

Positiv hervorheben muss ich, dass Tahsim seine Medienpräsenz nutzt, um auf die nach wie vor bestehenden Ungerechtigkeiten hinzuweisen, mit denen Migrationsfamilien konfrontiert sind. Er zeigt Schwachstellen im deutschen System auf und macht auf das Thema struktureller Rassismus aufmerksam, der Familien wie der seinen viele Steine in den Weg legt.

Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass das Buch nur an der Oberfläche kratzt – sowohl in Bezug auf das Thema Rassismus als auch auf die persönlichen Anekdoten. Bei knapp fünf Stunden Hörzeit ist natürlich keine tiefgehende Aufarbeitung zu erwarten, aber dennoch war ich überrascht, wie wenig Neues ich hier erfahren habe. Vielleicht liegt das aber auch einfach daran, dass ich mich mit dem Thema Rassismus schon länger beschäftige und es nicht das erste Buch einer Person mit Migrationshintergrund ist, das ich gelesen habe.

Schade fand ich auch, dass es letztendlich weniger um die Mutter und ihre Geschichte ging, als es der Titel vermuten lässt. Die Frage, warum sie kaum Deutsch spricht, wird irgendwo in der Mitte des Buches mit einem Satz abgehandelt: Weil neben der Lohnarbeit und der Kindererziehung schlicht kaum Zeit dafür blieb. Das ist absolut verständlich, aber ich hätte mir hier dennoch mehr Tiefe gewünscht.

Tahsim ist auf TikTok vor allem für seinen sarkastischen, nüchternen Humor bekannt, was in seinen Videos gut funktioniert. Im Buch jedoch war das weniger der Fall. Da er das Hörbuch selbst eingesprochen hat, wurde das Zuhören mit der Zeit ermüdend, weil er alles in einer monotonen Tonlage vorträgt, unabhängig davon, welche Emotionen eigentlich im Vordergrund stehen sollten.

Richtig interessant und emotional wurde es für mich erst gegen Ende, als Tahsim im letzten Kapitel das Gespräch mit seiner Mutter führt, in dem der titelgebende Satz „Mama, bitte lern Deutsch“ fällt. Hier schildert sie, wie schwierig es für sie als ausländische Frau in Deutschland manchmal ist. Dieses Kapitel hat mir die Tränen in die Augen getrieben und mich tief berührt. Wäre das gesamte Buch auf diesem Niveau gewesen, hätte Tahsim vielleicht tatsächlich einen Bestseller landen können. So aber bleibt noch viel Luft nach oben.

Fazit:
Es ist grossartig, dass Tahsim seine Popularität aus den sozialen Medien nutzt, um auf den weiterhin bestehenden strukturellen Rassismus aufmerksam zu machen, mit dem er, seine Familie und viele andere Migrant:innen nach wie vor kämpfen müssen. Durch sein Alter erreicht er vermutlich eine neue Generation von Leser:innen und Zuhörer:innen, was wichtig und gut ist.
Für mich persönlich hat das Buch jedoch wenig Neues geboten, und ich hätte mir gewünscht, dass die Erzählung mehr in die Tiefe geht.

Für einen Bestseller hat es leider noch nicht gereicht, lieber Tahsim. Aber mach weiter so! Das nächste Buch darf gerne ganz aus der Perspektive deiner Mutter sein, denn sie scheint viel zu erzählen zu haben, das gehört werden sollte. Zumindest klang das im letzten Kapitel so an.

3 Sterne gibt es von mir für dieses doch sehr kurze Hörbuch.

Veröffentlicht am 17.02.2025

Eine interessant Fallaufarbeitung

Cold Case Ötzi
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In Cold Case Ötzi ist der Name Programm. Drei forensische Experten, die heute mit ihrem Fachwissen Verbrechen aufklären, rollen den Fall der in den 90er-Jahren in Südtirol gefundenen Gletschermumie („Ötzi“) ...

In Cold Case Ötzi ist der Name Programm. Drei forensische Experten, die heute mit ihrem Fachwissen Verbrechen aufklären, rollen den Fall der in den 90er-Jahren in Südtirol gefundenen Gletschermumie („Ötzi“) neu auf. Ihr Ziel: herausfinden, was sich damals tatsächlich zugetragen hat.

Ich muss zugeben, dass auch mir der Name Ötzi nicht unbekannt war und ich vage wusste, dass er als Mumie entdeckt wurde. Was ich jedoch nicht wusste: In seinem Körper wurde eine Pfeilspitze gefunden, weshalb man davon ausgeht, dass er nicht eines natürlichen Todes starb, sondern ermordet wurde. Wer ihn tötete und aus welchem Grund – genau das versuchen die Experten dieses Buches mithilfe ihrer forensischen Kenntnisse zu rekonstruieren. Eine anspruchsvolle Aufgabe, wenn man bedenkt, dass Ötzi rund 3000 Jahre v. Chr. gelebt hat – also vor über 5000 Jahren.

Bei der Fallaufklärung gehen die drei Experten äusserst akribisch vor. Sie analysieren zunächst die zahlreichen Fundstücke, die in und um die Mumie entdeckt wurden: Neben Kleidungsstücken aus Tierhaut fanden sich unter anderem ein selbst gebauter Bogen, Pfeile und eine Axt. Jedes Detail wird sorgfältig untersucht, um keinen möglicherweise entscheidenden Hinweis auf die Tat zu übersehen.
Durch Spurenanalysen und Materialuntersuchungen gelingt es ihnen, ein grobes Bild von Ötzis damaligem Status zu erstellen und dieses mit dem heutigen Wissen über die Kupferzeit zu verknüpfen – vieles davon basiert natürlich auf Vermutungen.

Während der erste Teil des Buches von detaillierten Analysen geprägt ist, die ein gewisses Interesse an forensischer Arbeit erfordern, fand ich vor allem die späteren Hypothesen fesselnd. Die Autoren rekonstruieren Ötzis letzten Weg und die wahrscheinliche Tat auf beeindruckende Weise. Auch wenn es keine Beweise für diese Erklärungsmodelle gibt, erscheinen sie durch die im Buch dargelegten Überlegungen schlüssig. Auf welche Erkenntnisse sich die Experten letztlich einigen, möchte ich nicht vorwegnehmen. Sie können zwar keinen klaren Täter benennen, doch sie entwerfen ein plausibles Bild eines möglichen Mörders und seiner Beziehung zu Ötzi sowie ein denkbares Mordmotiv.
Für mich klang ihre Theorie überzeugend, und ich würde am liebsten mit einer Zeitmaschine in die Kupferzeit reisen, um herauszufinden, was wirklich geschah – denn die Geschichte ist faszinierend.

Fazit:
Dieser Abstecher in das mir eher fremde "True Crime" Lesegenre hat mir überraschend gut gefallen. Drei forensische Experten rollen die Fallakte Ötzi neu auf und wollen herausfinden, wie er damals gestorben ist. Die detailreichen Analysen jedes Gegenstandes waren stellenweise etwas trocken, dafür fand ich die daraus abgeleiteten Hypothesen über die damaligen Geschehnisse, Ötzis Status und dem Mordmotiv sehr spannend und aufschlussreich und am Ende wirkt alles - trotz fehlender Beweise - sehr plausibel, sodass mich dieses Sachbuch überraschend gut unterhalten konnte.

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