Eine Idee, aus der man mehr hätte machen können
Game of GoldIch habe schon seit Ewigkeiten kein Buch über Hexen mehr gelesen und bin letztes Jahr aufgrund der grossen Beliebtheit um das englische Original auf das Buch aufmerksam geworden. Das deutsche Cover gefällt ...
Ich habe schon seit Ewigkeiten kein Buch über Hexen mehr gelesen und bin letztes Jahr aufgrund der grossen Beliebtheit um das englische Original auf das Buch aufmerksam geworden. Das deutsche Cover gefällt mir sehr gut, wobei ich ehrlich gesagt nicht ganz sicher bin, was der deutsche Titel mit dem Inhalt zu tun hat - aber sei's drum.
Das Buch handelt von der jungen Hexe Lou, die gelernt hat, sich (mehr oder weniger) alleine durchs Leben zu schlagen. Sie hat magische Kräfte, was sie aber verheimlichen muss, um nicht von den Hexenjägern - den sogenannten Chasseuren - geschnappt zu werden. Bei einem ihrer Ausflüge passiert es dann doch, dass sie in grosse Gefahr gerät und den Hexenjäger Reid beinahe mit ins Unglück zieht. Damit dies nicht geschieht, entscheidet der Erzbischof, der eine Art Ziehvater für Reid darstellt, dass Lou und Reid heiraten müssen. Nur so verliert Reid seinen Status als Hexenjäger nicht und auch Lou kann man rechtlich nichts anhaben. Widerwillig müssen beide Protagonisten in diese Vereinbarung einwilligen und ihr Leben fortan gemeinsam verbringen. Das stellt sich als eine grosse Herausforderung an, denn wenn Reid als Hexenjäger erfährt, dass er ausgerechnete mit einer Hexe verheiratet ist, dann könnte das schlimme Konsequenzen für Lou nach sich ziehen.
Der Anfang des Buches hat mir sehr gut gefallen. Lou als toughe, freche Protagonistin, die nicht auf den Mund gefallen ist, fand ich sehr sympathisch. Sie stellt eine starke, weibliche Persönlichkeit dar, die sich zu wehren weiss. Doch ihr freches Mundwerk bringt sie auch immer wieder in brenzlige Situationen, die von ihr viel Mut und Köpfchen verlangen, um sich aus den Gefahrensituationen wieder hinauszumanövrieren. Im Vergleich dazu fand ich Reid als männlichen Protagonisten und Love Interest bis zuletzt sehr blass und langweilig. Man erfährt eigentlich nichts über ihn, ausser, dass er sehr gross ist und rostbraune Haare hat. Ansonsten scheint er keinerlei Persönlichkeit oder Charakter zu besitzen. Er folgt quasi blind den Anweisungen des Erzbischofs und hat auf mich dadurch ein bisschen treudoof und ehrlich gesagt auch etwas dümmlich gewirkt. Das hat dann auch leider dazu geführt, dass ich zwischen den beiden Protagonisten keinerlei Anziehungskraft gespürt habe und der Funke bis zuletzt nicht richtig übergesprungen ist, was die beiden als Paar angeht. Und das ist mir bei kaum einem anderen Young Adult Fantasy Roman mit einer Liebesgeschichte bisher passiert. Neben den Protagonisten gibt es noch eine handvoll Nebencharaktere, die sehr überschaubar bleiben und über die man auch nicht wirklich viel erfährt, sodass mir auch hier eine gewisse Tiefe gefehlt hat.
Leider macht sich mit der Zeit bemerkbar, dass es dem Buch an einem spannenden Plot fehlt. Während das Kennenlernen der beiden Protagonisten am Anfang noch interessant war, passiert nach ihrer Zwangsheirat gefühlt gar nichts mehr. Die beiden verbringen Zeit miteinander und that's it. Wenn ein Buch hauptsächlich aus einer Liebesgeschichte bestehen soll, dann muss diese auch überzeugen. Und das konnte sie leider nicht. Hinzu kommt, dass man praktisch gar nichts über das Worldbuilding erfährt, abgesehen davon, dass die Handlung im alten Frankreich spielt und es zwei Arten von Hexen gibt. Jegliche Hintergründe oder Erklärungen bleiben den Leserinnen vorenthalten. Und da hat die Autorin leider das Potenzial ihrer eigentlich interessanten Idee verschenkt.
Erst am Schluss kommt die Handlung endlich ins Rollen und die Ereignisse überschlagen sich am Ende des Buches. Für mich kam das leider zu spät, denn bis dahin war mein Interesse leider schon verflogen. Hätte ich mehr Hintergrundinformationen über die Welt der Hexen gehabt und wären die einzelnen Charaktere (bis auf Lou) vielschichtiger gewesen, dann hätte mir das Ende sicher besser gefallen. Aber weil man so wenig erfährt und es den Charakteren an Tiefe fehlt, fand ich das Buch insgesamt eher belanglos. Da hätte man sicher deutlich mehr herausholen können, als diese erzwungene Liebesgeschichte, die mich noch dazu, emotional überhaupt nicht erreichen konnte. Aber das mag vielleicht auch am Schreibstil liegen, der zwar flüssig und angenehm zum Lesen war, aber eher oberflächlich bleibt.
Fazit:
"Game of Gold" führt die Leserinnen mit einer toughen und frechen Protagonistin in eine anfänglich interessante Welt mit Hexen und Hexenjägern ein. Leider fehlt es dem Buch im weiteren Verlauf an einem spannenden Plot. Der Fokus wird auf eine Liebesgeschichte zu einem Mann gelegt, der bis zuletzt blass und uninteressant bleibt. Der Funke wollte bei mir nicht richtig überspringen und das gepaart mit den fehlenden Hintergrundinformationen zum Worldbuilding, hat bei mir dazu geführt, dass mein Interesse nicht geweckt werden konnte. Für diesen Reihenauftakt kann ich durchschnittliche drei Sterne vergeben. Da ist leider viel Potenzial einer guten Idee nicht ausgeschöpft worden.