Cover-Bild Was das Meer ihnen vorschlug
18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: mareverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 160
  • Ersterscheinung: 08.03.2016
  • ISBN: 9783866482319
Tomás González

Was das Meer ihnen vorschlug

Rainer und Peter Schultze-Kraft (Übersetzer)

Als nichtsnutzige Versager betrachtet der jähzornige, misanthropische Hotelbesitzer seine fast erwachsenen Zwillingssöhne Mario und Javier. Und nachdem sie jahrelang unter ihm gelitten haben, bringen die beiden Brüder dem herrischen Vater ihrerseits lang gewachsene Ablehnung entgegen. Schließlich hat nicht zuletzt dessen schamloses Verhältnis mit einer anderen Frau, aus dem sogar ein weiteres Kind hervorgegangen ist, ihre Mutter krank gemacht – ein offenes Geheimnis in dem kleinen Küstenort. Eines Nachmittags begeben sich Vater und Söhne zum Fischen auf hohe See. Doch vor der karibischen Küste braut sich ein schweres Unwetter zusammen, die Hitze ist drückend, die Stimmung aufgeladen. Als ihr Motorboot in Seenot gerät und der Vater plötzlich über Bord geht, erkennen die Brüder eine Chance, die so verlockend wie grausam ist.

In siebenundzwanzig vielstimmigen Kapiteln schildert Tomás González die schicksalsträchtigen Stunden, in denen ein fest verwurzelter Konflikt unaufhaltsam auf seinen Höhepunkt zusteuert und in denen zwei Brüder eine Entscheidung über Leben und Tod fällen müssen. Vordergründig still, erzählt González eine dramatische Geschichte von der Dimension einer griechischen Tragödie.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2016

Drama auf See

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Kolumbien, eine idyllische Ferienanlage am Meer. Doch schaut man genauer hin, ist es alles andere als ein Idyll. Javier und Mario, Zwillinge in den Zwanzigern, betreiben die Anlage mit einem Restaurant ...

Kolumbien, eine idyllische Ferienanlage am Meer. Doch schaut man genauer hin, ist es alles andere als ein Idyll. Javier und Mario, Zwillinge in den Zwanzigern, betreiben die Anlage mit einem Restaurant gemeinsam mit ihrem Vater. Offen verachtet er die Beiden, und dafür hassen sie ihn, aber auch weil er ihre geliebte Mutter schon immer schamlos betrog, und sie mittlerweile psychisch krank ist.
Der Roman umfasst 27 Stunden, von vier Uhr morgens bis sechs Uhr des nächsten Tages, jede Stunde ein Kapitel. Jede Stunde wird die Geschichte aus einer anderen Perspektive erzählt. Man hört die Mutter, die überall Stimmen vernimmt; die Gäste der Ferienanlage; und natürlich auch die Söhne und ihren Vater, die alle ihrer unbändigen Wut und ihrem Zorn freien Lauf lassen. Sie sind gemeinsam zum Fischfang aufgebrochen, während ein schweres Unwetter heraufzieht . Nach und nach steigt die Anspannung zwischen den Dreien im Boot, so wie nach und nach das Unwetter stetig näher rückt. Mit jeder Seite steigt die Ahnung, dass etwas Dramatisches bevorsteht....
Tomás González ist ein ungemein präziser Erzähler, dem es trotz kaum vorhandener Handlung gelingt, ebenso eine immense Spannung aufzubauen wie den Figuren soviel Leben zu verleihen, dass man sie genau vor Augen hat, auch wenn man nicht unbedingt ihre Beweggründe verstehen mag. Vieles mag für europäische, insbesondere deutsche LeserInnen unverständlich bleiben, doch sollte man sich beim Lesen immer klar machen: Es ist eine kolumbianische Geschichte!
Gerade mal 150 Seiten hat dieses schmale Büchlein, sodass man es fast zwangsläufig in einem Rutsch durchliest - was schade wäre. Denn so, wie sich das ganze Drama nach und nach entfaltet, sollte man auch diese Geschichte lesen. Für mich hat sich beinahe jeder Abschnitt durch etwas Zeitabstand neu dargestellt, insbesondere das Ende, das ich direkt nach dem Lesen als ziemlich unbefriedigend empfand. Doch mit etwas Distanz sah ich plötzlich auch etwas völlig Anderes: Menschlichkeit, wo sie nicht zu erwarten war.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zwischen Verachtung, Groll und Fügsamkeit

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Die beiden Brüder Javier und Mario sind nicht nur Zwillinge sondern auch zwei sehr verschiedene Menschen, der eine sensibel, belesen und phlegmatisch, der andere depressiv, gewalttätig und aktiv. Ihre ...

Die beiden Brüder Javier und Mario sind nicht nur Zwillinge sondern auch zwei sehr verschiedene Menschen, der eine sensibel, belesen und phlegmatisch, der andere depressiv, gewalttätig und aktiv. Ihre größte Bürde ist das gemeinsame Leben und die räumliche Nähe zu ihrem Vater, mit dem sie eine Hotelanlage führen. Ihr Vater ist Sinnbild für einen eigenbrötlerischen, pessimistischen Menschen, der für seine Söhne nichts als Verachtung empfindet. Als die drei auf hoher See in ein Unwetter geraten, ergibt sich die Möglichkeit, den gehassten Vater auf ewig loszuwerden, denn ohne Zeugen wäre ein Verbrechen nur ein Unfall ...

Dieser kleine, feine Roman lebt und atmet regelrecht durch seine ansprechende Sprache. Literatur auf hohem Niveau, ein wunderschöner Satzbau und viele künstlerische Feinheiten, machen das Lesen zum reinsten Vergnügen. Egal ob es sich dabei um Natur- oder Personenbeschreibungen handelt, alles wirkt intensiv, schillernd und besonders. Auch die Handlung an sich birgt ein hohes Unterhaltungspotential, beschäftigt sie sich doch mit der Frage der Schuld, der Verkettung unglücklicher Umstände und der Möglichkeit aus Menschlichkeit zu handeln oder es zu unterlassen. Ein sehr vielschichtiger Plot, der die Unvermeidlichkeit auf eine harte Probe stellt und die Frage aufwirft, an welcher Stelle der Mensch das Schicksal aktiv beeinflussen kann.Mein Hauptkritikpunkt liegt an der Entwicklung des Romans, während im ersten Drittel kontinuierlich eine düstere, endgültige Stimmung erzeugt wird, flacht die Spannung viel zu plötzlich und umfassend ab. Der Leser befindet sich auf der Spitze einer Welle und dann bricht sämtliche Erwartungshaltung in sich zusammen und eine seltsame Leere und Unzufriedenheit bleibt zurück. Beim Leser ganz genauso wie bei den handelnden Personen. Das Ende ist definitiv Geschmacksache, weil es polarisiert und mich nicht wirklich begeistern konnte.

Fazit: Ich vergebe 3,5 Sterne für ein polarisierendes, unterhaltsames literarisches Werk, über das man ausgesprochen gut debattieren kann, weil es viele Empfindungen hervorruft, ohne sie zu werten. Dramatik, Stimmung und Sprache bekommen von mir die volle Punktzahl, schon allein weil sich dieser Roman sehr positiv von der Masse abhebt und eine simple Notsituation zur Prüfung menschlicher Entscheidungen stilisiert.