Cover-Bild Graue Bienen
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15,00
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  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 448
  • Ersterscheinung: 24.02.2021
  • ISBN: 9783257245547
Andrej Kurkow

Graue Bienen

Band der Reihe "detebe"
Sabine Grebing (Übersetzer), Johanna Marx (Übersetzer)

Der Bienenzüchter Sergej lebt im Donbass, wo ukrainische Kämpfer und prorussische Separatisten Tag für Tag aufeinander schießen. Er überlebt nach dem Motto: Nichts hören, nichts sehen – sich raushalten. Ihn interessiert nur das Wohlergehen seiner Bienen. Denn während der Mensch für Zerstörung sorgt, herrscht bei ihnen eine weise Ordnung. Eines Frühlings bricht er auf: Er will die Bienen dorthin bringen, wo sie in Ruhe Nektar sammeln können.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.10.2022

Durch´s Kriegsgebiet mit Bienen

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Sergej lebt im Donbass, in der grauen Zone. Das Dorf ist fast verlassen, neben ihm lebt noch sein Feindfreund Paschka im Dorf. Täglich stecken die beiden zwischen dem Kriegsgeschehen von ukrainischen Soldaten ...

Sergej lebt im Donbass, in der grauen Zone. Das Dorf ist fast verlassen, neben ihm lebt noch sein Feindfreund Paschka im Dorf. Täglich stecken die beiden zwischen dem Kriegsgeschehen von ukrainischen Soldaten und prorussischen Separatisten. Im Frühjahr bricht Sergej wieder auf - mit seinen Bienen - damit sie in Ruhe Hönig sammeln können.

"Aber die Bienen, sie verstanden doch überhaupt nicht, was Krieg war! Die Bienen konnten sich nicht von Frieden auf Krieg umstellen und von Krieg auf Frieden wie die Menschen." (Seite 200)

"Graue Bienen" von Andrej Kurkow konnte aktueller nicht sein. Und der Autor bringt in einfachem Schreibstil diesen Schrecken in fast kleinen Häppchen an die Leserschaft.

Zu Beginn war ich etwas enttäuscht, dümpelt die Geschichte doch eher vor sich hin, auch wenn ich nicht wusste ob ich Sergej und Paschka bewundern soll, dass sie in einem Kriegsgebiet ihr Leben, irgendwie, weiterleben. Wirklich passieren tut hier nichts, beide gehen mit einer gewissen Gleichgültigkeit an die Situation heran.

Sergej leidet unter dem Weggang von Frau und Tochter. Auch so hat er keine Kontakte, lebt für dich und seine Bienen. Man merkt wie diese Situation ihn abstumpft und Sergej eher so ein Einzelgänger wird. Das Verhältnis von Sergej und Paschka war hier und da lustig, sind sie doch Feinde seit Kindheitstagen, auf der anderen Seite haben sie nur sich.

Interessant und aufwühlend wird es als Sergej mit seinen Bienen durch die Ukraine und dann in russische Besatzungsgebiete fährt um seinen Bienen das Bestmögliche zu ermöglichen.

Hier schaut man zusammen mit Sergej über den Tellerrand und der ist alles andere als locker und fröhlich. Während Sergej ohne Strom oder Post lebt, geht in anderen Dörfern das Leben normal weiter. Dieser Spalt lässt einen stocken. Auch wie die Mitmenschen mit Sergej umgehen ist oft nicht einfach.

Extrem wird es als Sergej einen alten Imkerfreund auf der Krim besuchen möchte. Hier erhält man Einblicke in die russischen Gepflogenheiten und die ja, das muss jeder für sich selbst lesen und erleben. Es deckt sich aber mit vielen Berichten.

Was für mich auf jeden Fall das Highlight sind - die Bienen. Wie viel Liebe Sergej für sie hat, was er für einen Aufwand betreibt, auch Wissenswertes erfährt man über die fleißigen Arbeiterinnen - das gibt wieder kleine Lichtblicke.

Ein Buch was durch seine Einfachheit besticht aber auf keinen Fall oberflächlich oder übertrieben erscheint. Ein Buch was aktueller nicht sein könnte.

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Veröffentlicht am 26.04.2022

Unbedingt lesen – wegen der Ukraine, wegen den Bienen, wegen des Lebens

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„Die Furcht war ein unsichtbares, schwer zu fassendes Ding. Wie ein Virus oder eine Bakterie. Man konnte sie mit der Luft einatmen, zufällig mit Wasser oder Wodka verschlucken oder durch die Ohren einfangen, ...

„Die Furcht war ein unsichtbares, schwer zu fassendes Ding. Wie ein Virus oder eine Bakterie. Man konnte sie mit der Luft einatmen, zufällig mit Wasser oder Wodka verschlucken oder durch die Ohren einfangen, auf jeden Fall konnte man sie mit den Augen sehen, und dann so eindrücklich, dass ihr Spiegelbild sogar dann noch blieb, wenn die Furcht selbst schon verschwunden war.“ (S. 69)
Was liest man in Zeiten des Ukraine Krieges? Diese Frage haben schon einige umgetrieben und beantwortet. Ich habe mir aus den Empfehlungen zunächst Andrej Kurkows ‚Graue Bienen‘ herausgegriffen und bin überwältigt von diesem guten Buch.
Andrej Kurkow ist ein Kind der Sowjetunion, in St. Petersburg geboren, aber seit seiner Kindheit lebt er in Kiew. Er schrieb diesen Roman 2018 auf Russisch, welcher mit viel Liebe von Johanna Marx und Sabine Grebing übersetzt wurde um das Werk für uns zugänglich zu machen.
„Wenn man lange an einem Ort lebt, dann hat man mehr Verwandtschaft auf dem Friedhof als solche, die sich nebenan wohlbefindet.“ (S. 21)
Es geht im Grunde um eine Lebensrealität wie sie ferner nicht sein könnte. Sergej lebt zwischen den Fronten im Donbass. Einer von zwei alten Männern, die das Dorf nicht verließen und ausharren. Einfachste Verhältnisse und ein frisches Ei scheint so unerreichbar wie Waffenstillstand. Sergej hat zwar eine Ex-Frau und Tochter, die schon vor den Kämpfen die Einöde verlassen haben, aber er ist glücklich so lange er bei seinen Bienen ist. Wir begleiten Sergej, denn es dann doch wegzieht, fort um die Bienen zu schützen und selbst wieder aufzuatmen nach 3 Jahren unter Beschuss.
„Das schreckliche Spiel seiner eigenen Vorstellungskraft lies ihn erschaudern.“ (S . 63)
Den Roman macht so viele aus. Zum einen natürlich die Aktualität und die Feinheiten im Blick auf das angespannte Verhältnis von Ukraine zu Russland. Zum anderen ist dieser Roman auch ein grandioses Stück Literatur. Ein sehr gut geschriebener Roman! Und selbst, wenn es diesen Krieg momentan nicht geben würde, auch dann ist es eine Bereicherung Sergej beim Denken zu begleiten und sich an seiner Freude an den einfachsten Dingen zu bereichern. Die Natur in all seiner Pracht wird hier zelebriert und unser doch so einfache menschliche Ursprung enttarnt.
„Er dachte darüber nach, dass auch Bienen und Ameisen ihre Aufpasser hatten, die auf die Ordnung achten und die Familie vor fremden Eindringlingen schützten. Er dachte darüber nach, dass die Menschen gerade von den Bienen lernen könnten, wie man Ordnung aufrechterhielt. Bloß hatten die Bienen dank ihrer Ordnung und Arbeit in ihrem Bienenstöcken den Kommunismus aufgebaut. Die Ameisen hatten einen echten, natürlichen Sozialismus erreicht, weil sie nicht produzieren, sondern nur gelernt hatten, Ordnung und Gleichheit zu wahren. Und die Menschen? Bei ihnen gab es weder Ordnung noch Gleichheit.“ (S. 347)

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Veröffentlicht am 13.04.2022

Bienenzucht in Zeiten des Krieges

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Ein starkes und eindrinliches Buch zum Konflikt vor dem Krieg: Mit "Graue Bienen" hat der russischsprachige ukrainische Shriftsteller Andrej Kurkow das Porträt eines Einzelgängers in einem weitgehend verlassenen ...

Ein starkes und eindrinliches Buch zum Konflikt vor dem Krieg: Mit "Graue Bienen" hat der russischsprachige ukrainische Shriftsteller Andrej Kurkow das Porträt eines Einzelgängers in einem weitgehend verlassenen Dorf zwischen den Linien des Konflikts in der Ostukraine und einer Gesellschaft zwischen Misstrauen und Auflösung gezeichnet. Frührentner Sergej Sergejitsch, einst Bergarbeiter in Donbas, nun Hobbybienenzüchter, ist einer der beiden letzten Einwohner eines aus nur drei Straßen bestehenden Dorfs in der grauen Zone zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischer Armee. Bis aus Paschko, mit dem er seit Schultagen ein angespanntes Verhältnis hat, haben alle anderen das Dorf verlassen.

Paschko hält es mit den Separatisten, word von ihnen auch mit Lebensmitteln versorgt, während sich Sergej nicht sonderlich um Politik kümmert, allerdings als russischen Sergej und nicht als ukrainischen Serhej identifiziert. Viel wichtiger ist ihm, dass seine sechs Bienenvölker ausschwärmen können und nicht durch die Kriegshandlungen bedroht werden. Und auch der tote Soldat, den er im Winter auf einem nahen Feld sieht, rührt Sergej an. Ihm ist gleichgültig, wessen Uniform der Tote trägt - er kann doch nicht einfach so liegen bleiben.

Die Sorge um die Bienen ist es denn auch, die Sergej im Frühjahr aus dem Dorf treibt, er lädt die Bienenstöcke in seinen Zhiguli aus Sowjetzeiten und fährt durch russische und ukrainische Checkpoints auf der Suche nach einem Ort, wo seine Bienen friedlich ausschwärmen und Nektar sammeln können. Doch der Konflikt folgt ihm: In einem Dorf wendet sich die Stimmung gegen ihn, als ein im Donbas getöteter Soldat beigesetzt wird und ein traumatisierter Kriegsveteran nicht nur Sergej, sondern auch dessen Bienen attackiert. Auf der Krim, wo er einen befreundeten Bienenzüchter besuchen will, erlebt er die Einschüchterungsversuche der russsischen Behörden gegen die Krimtataren.

Ein wenig erinnert Sergej an einen ukrainischen Forrest Gump: Ein Mann, der seine Bienen liebt, aber im Umgang mit seinen Mitmenschen überfordert ist. An der fehlenden Kommonikation ging einst seine Ehe zugrunde und auch in der Gegenwart gibt es immer wieder Situationen, wo ihm die Worte oder das Gespür für die Lage abgehen. Sergej ist ein einfacher, auch einfach gestrickter Mann mit funktionierendem moralischen Kompass - in Zeiten eines blutigen Konflikts nicht die besten Voraussetzungen. Wenn er instrumentalisiert werden soll oder plötzlich das Interesse des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB erregt, ist Sergej eine Art reiner (wenn auch dem Wodka zugeneigter) Tor, der dann doch noch weitgehend unbeschadet die Krise übersteht.

Dabei wird Sergej nie ins Lächerliche gezogen, wie Kurkow überhaupt langsam und ruhig erzählt, mit einer Geduld, wie sie auch der Bienenzüchter braucht. Gerade durch den Verzicht auf Pathos und Drama wirkt "Graue Bienen" beeindruckend. Er zeigt eine Gesellschaft unter dem Einfluss des Konflikts, der dem aktuellen Krieg in der Ukraine vorausging, die Teilung der Menschen in "Wir" und "Die anderen", die sichtbaren und die unsichtbaren Grenzen, über die nur die Bienen ohne Lebensgefahr fliegen können. Aus heutiger Sicht nimmt "Graue Bienen" viel vorweg von dem jetzigen Krieg, zeigt dabei aber nicht die spektakulären und dramatischen Seiten, sondern die kleinen Orte, die ebenso unwiederbringlich verändert werden. Unbedingt lesenswert.

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Veröffentlicht am 07.04.2022

Eine großartige Lektüre

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Als ich das Buch in der Hand hielt hatte ich Bedenken, ob diese Lektüre zur jetzigen Zeit nicht zu bedrückend ist. Schnell zeigte sich aber, dass diese Bedenken unnötig waren, denn Kurkow schafft es über ...

Als ich das Buch in der Hand hielt hatte ich Bedenken, ob diese Lektüre zur jetzigen Zeit nicht zu bedrückend ist. Schnell zeigte sich aber, dass diese Bedenken unnötig waren, denn Kurkow schafft es über ein schweres Thema und über schlimme Ereignisse zu schreiben, ohne dass er dem Leser mit seiner Geschichte eine zu große Last aufbürdet. Einen großen Anteil daran hat Protagonist Sergej, der trotz prekärer Lebensumstände und einiger Rückschläge nicht den Optimismus verliert und versucht immer das beste aus seiner Lage zu machen.

Der erste Teil der Geschichte spielt im Dorf mit seinen zwei letzten Einwohnern. Bisher wurde nur die Kirche durch einen Granateinschlag zerstört. Bei den Straßen und Wegen hat sich Sergej längt daran gewöhnt an welchen Stellen er geschickt die Granatentrichter umgehen muss. Auch das Heizen und Kochen mit einem Kohleofen ist für ihn alltäglich geworden; Strom, Fernsehen und Lichter vermisst er nach drei Jahren doch langsam ein wenig. Im zweiten Teil der Geschichte macht sich Sergej dann auf den Weg um seine Bienen in eine ruhigere und fruchtbarere Landschaft zu bringen. Viel Geld hat er nicht, so schläft er die meiste Zeit in seinem Auto oder einem kleinen Zelt. Sein Weg führt ihn quer durch die Ukraine bis zur Krim. Er begegnet dabei ganz unterschiedlichen Menschen, die ihm mal freundlich, mal weniger freundlich gesinnt sind.

Fazit:
Ein großartiges Buch, das von den kleinen Leuten erzählt, die das Pech hatten im von Russland und der Ukraine umkämpften Grenzgebiet zu leben und plötzlich zwischen die Fronten zu stehen.

Veröffentlicht am 31.12.2020

Schöne Sprache

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Der Bienenzüchter Sergej lebt in einen kleinen Dorf mitten in der grauen Zone, mitten im Kriegsgebiet.
Als der Frühling abbricht beschließt er seine Bienen in eine Gegend zu bringen wo sie in Ruhe Nektar ...

Der Bienenzüchter Sergej lebt in einen kleinen Dorf mitten in der grauen Zone, mitten im Kriegsgebiet.
Als der Frühling abbricht beschließt er seine Bienen in eine Gegend zu bringen wo sie in Ruhe Nektar sammeln können. Denn das Wichtigste in Sergejs Leben sind seine Bienen.

Mir hat das Buch echt gut gefallen.

Das Buch habe ich genossen, weil so viele schöne Sätze und Phrasen verwendet wurden, das ich einfach tief in die Geschichte hineingezogen wurde.

"Die Luft würde sich mit süßem Summen füllen, das vertraut und friedlich war und die Welt der Menschen, der Bienen liebte, gemütlich und heimelig machte."
Das ist nur eines der vielen Stellen im Buch, die ich liebe.

Sergej den Protagonisten mochte ich sehr, seine Liebe zu den Bienen ist einfach nur süß.

Das Buch ist die ganze Zeit über sehr melancholisch, aber irgendwo auch hoffnungsvoll.

Es wird sicher nicht das letzte Buch von diesen tollen Autoren mit der schönen Sprache gewesen sein.