Cover-Bild Der Halbbart
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12,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 26.08.2020
  • ISBN: 9783257611359
Charles Lewinsky

Der Halbbart

Der Sebi ist nicht gemacht für die Feldarbeit oder das Soldatenleben. Viel lieber mag er Geschichten. Im Jahr 1313 hat so einer es nicht leicht in einem Dorf in der Talschaft Schwyz, wo Engel kaum von Teufeln zu unterscheiden sind. Vom Halbbart, einem Fremden von weit her, erfährt er, was die Menschen im Guten wie im Bösen auszeichnet – und wie man auch in rauen Zeiten das Beste aus sich macht.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2020

Sehr berührend

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In einem Dorf in der Talschaft Schwyz lebt Eusebius - Sebi genannt - mit seinen älteren Brüdern Poli, einem Hitzkopf sondersgleichen und dem klugen Geni, der genau das Gegenteil verkörpert. Und dem Sebi ...

In einem Dorf in der Talschaft Schwyz lebt Eusebius - Sebi genannt - mit seinen älteren Brüdern Poli, einem Hitzkopf sondersgleichen und dem klugen Geni, der genau das Gegenteil verkörpert. Und dem Sebi hören wir zu in diesem Buch, lauschen seinen vielen Geschichten. Durch seine Freundschaft zum Halbbart, der vom Herzogtum Österreich herübergekommen ist, lernt er, gerade mal 13 Jahre jung, viel über das Leben.

„Ein Roman voller Schalk und Menschlichkeit, der zeigt, wie aus Geschichten Geschichte wird.“

Das Buch spielt im Jahre 1313 und etwas danach. Ein wenig abgewandelt könnte es genauso im Hier und Jetzt verankert sein. Gewisse Dinge ändern sich einfach nie. Was gut ist, wird immer gut bleiben, all das Schlechte ist wohl nie auszurotten.

„Der Halbbart“ - das ist so ein ganz eigener Erzählstil. Ich brauchte schon ein wenig Zeit, um mich damit anzufreunden. Schnell war aber so richtig drin und gefangen in den Geschichten, die Sprache gefiel mir immer besser und ich ließ mir so manchen Ausdruck, so manchen Satz auf der Zunge zergehen. Die schweizerischen Begriffe, auch wenn man sie nicht alle gleich versteht, erklären sich meist von selbst. Schön fand ich auch die kurzen Kapitel mit ihren Überschriften, die gleich einen Vorgeschmack auf das Nachfolgende vermitteln.

Indem der Sebi seine Geschichten erzählt, bekommt man einen Einblick ins mittelalterliche Leben. Er begegnet Menschen, begleitet sie ein Stück des Weges, trifft sie immer wieder und lernt aus allem. Er ist ein sehr kluger, nachdenklicher Halbwüchsiger, der aber in dieser Zeit schon ziemlich erwachen sein muss. Er ist es, der den Halbbart als erster so richtig wahrnimmt. Und er geht mit offenen Augen durchs nicht immer leichte Leben.

Der Aberglaube spielt schon immer eine große Rolle und je weniger die Leute haben, desto mehr klammern sie sich an so manchen Mythos. Da wird von so mancherlei Volksbelustigung erzählt, von den Grausamkeiten, den menschlichen Abgründen. Das Klosterleben wird ebenso durchleuchtet wie das der Soldaten und Söldner. Einfach das Leben – verpackt in Geschichten. Es sind weise, lebenskluge Sachen, die da erzählt werden. Von den Menschen in all ihren Facetten. Dieses Buch ist voller Poesie, voll von Lebensweisheiten und Lebensmut, die sich bis zum heutigen Tag nicht geändert haben. Dinge, die damals passiert sein könnten, wären auch in der jetzige Zeit oftmals passend.

Auf diesen Roman habe ich mich so richtig eingelassen. Und ich finde, genau das sollte man. Ohne Vorurteile einfach lesen, zuhören, die Gefühle erspüren. Dann ist man hier genau richtig. All diese weisen Worte sind immer gültig: "Am meisten tut man für den Frieden, wenn man jeden auf seine Art verrückt sein lässt." Zeitlos - passt auf viele Menschen und Gelegenheiten. Diese sinnigen Sätze – und es gibt so einige davon - gefallen mir ausgesprochen gut.

Es ist kein Buch zum nebenher lesen, man muss sich einfühlen, dem Sebi, dem Halbbart und all den anderen Raum lassen. Im richtigen Leben ist das halt oft so, dass Wunschdenken das eine ist, die Realität aber eine ganz andere Sprache spricht. Ein Buch, das vieles vermittelt und zum nachdenken anregt. Dem Sebi hätte ich noch stundenlang zuhören können.

Charles Lewinsky ist ein großartiges, eindrucksvolles, sehr empfehlenswertes Werk gelungen, das einfach gelesen werden will.

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Veröffentlicht am 17.09.2020

Vom Sebi und seinen Brüdern

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Ist „Der Halbbart“ tatsächlich ein Roman? Im Jahr 1313 dürfen wir das harte Leben der Dorfbevölkerung in der Schweiz kennenlernen. Und hier genau den Eusebius, genannt Sebi. Er lebt mit Mutter und zwei ...

Ist „Der Halbbart“ tatsächlich ein Roman? Im Jahr 1313 dürfen wir das harte Leben der Dorfbevölkerung in der Schweiz kennenlernen. Und hier genau den Eusebius, genannt Sebi. Er lebt mit Mutter und zwei Brüdern in einem kleinen Dorf und dort hat sich ebenfalls der Halbbart häuslich niedergelassen. Nein, nicht in einem Haus, eher an einem Unterstellplatz. Warum nennen ihn die Leute so? Alle haben hier einen Spitznamen. So heißt ein Mann Bruchi, weil er sich beide Beine brach. Aber noch einmal zum Sebi. Der erzählt gerne und viel und nicht nur das Kloster Einsiedeln kommt in seinen Geschichten vor.

Zitat aus dem Buch und ein Gedanke Sebis: „Wenn die Knochen der Heiligen derart durcheinander kommen, wie soll das bei der Auferstehung werden? Wenn eine Hand am falschen Arm ist, oder eine Rippe da, wo sie nicht hingehört?“

Der Autor nutzte für sein Buch eine Sprache der alten Zeit. Viele Ausdrücke gehören zum Schwyzer-deutsch, sind aber im Zusammenhang gut zu verstehen. Warum der Verlag diesen Titel wählte, das kann ich nicht nachvollziehen. Ist doch die Hauptperson der junge Eusebius. Er schreibt von den Mönchen und den Äbten und wie sie das Volk unterdrückten. Wie Kräuterfrauen den Menschen bei Erkrankungen zur Seite standen und der Totengräber viele Kinder begraben musste. Es war ein schweres und karges Leben damals, aber die Menschen waren zufrieden. Sie kannten es nicht anders.

Wer ohne Buch, Radio oder Fernsehen leben muss, der hört gerne den Geschichtenerzählern zu. Die kamen immer im Winter, da die Dorfbewohner im Sommer keine Zeit zum Zuhören hatten. Wahrscheinlich hat der Sebi deshalb auch so gerne Geschichten erzählt, weil er seine Familie und Freunde unterhalten wollte. „Der Halbbart“ ist keine Zusammenhängende Story, die hier wiedergegeben wird. Viel mehr eine Aneinanderreihung vieler kleiner Aufzeichnungen, die teils brutal und teils amüsant sind. Schön fand ich, wie der Autor es schaffte, die damalige Atmosphäre so genau darzustellen. Mein Kopfkino funktionierte sehr gut. Vier Sterne und eine Empfehlung gibt es von mir.

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Veröffentlicht am 04.09.2020

Ein tolles Buch, das mich sehr positiv überrascht hat.

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Ein Buch, das im Jahr 1313 in der heutigen Schweiz spielt (inklusive helevetischen Begriffen), erzählt von einem Jungen, und davon 688 Seiten? Ich gebe es zu, so richtig viel Bock hatte ich anfangs nicht ...

Ein Buch, das im Jahr 1313 in der heutigen Schweiz spielt (inklusive helevetischen Begriffen), erzählt von einem Jungen, und davon 688 Seiten? Ich gebe es zu, so richtig viel Bock hatte ich anfangs nicht auf den Halbbart. Aber schon nach wenigen Seiten war ich quasi schockverliebt in Sebi: Selten so einen tollen, einnehmenden, sympathischen Protagonisten/Erzähler erlebt! Und schwupps, das Buch las sich quasi von selbst. Das ist große Erzählkunst in 83 Kapiteln à 8 Seiten, die Charles Lewinsky hier abliefert.

Sebi, Dreh- und Angelpunkt der Geschichte und Erzählung, ist ein Junge auf der Schwelle zum Erwachsenen, der nicht so recht weiß, was er will - oder kann. Als jüngster von drei Brüdern (in bester Märchenmanier ist der Älteste Geni weise und "gut", der mittlere Poli ein Unruhestifter) fällt es ihm nicht leicht, seinen Platz zu finden. Und so steckt er meist in der Rolle des Beobachters und Kommentators fest - für die Leserschaft ein echter Glücksfall, denn Sebi ist das, was man wohl landläufig "bauernschlau" nennt. Er hat ein Gespür für Menschen und Situationen und blickt schnell, was Sache ist. Diese clevere Auffassungsgabe ist ihm selbst aber gar nicht richtig bewusst, sodass er seine Beobachtungen und Überlegungen nie überheblich, sondern stets lakonisch-nonchalant, fast nebenbei schildert - was ihn umso glaubwürdiger und sympathischer macht.

Der titelgebende Halbbart läutet mit seinem Erscheinen den Beginn der Erzählung ein. Er ist ein mysteriöser Fremder, der aufgrund seines verunstalteten Äußeren (augenscheinliche Brandnarben) sein Pseudonym erhält. Die, die ihm nahestehen, - und da gehört Sebi schnell dazu - erfahren von seinem Schicksal und dem Antisemitismus, der ihn zum Flüchtigen machte.

Das Buch selbst ist ein Bildungsroman, Sebis Coming of Age, wenn man so will. Vor allem ist es aber eine große Liebeserklärung an die Fabulierkunst. Sebi erzählt vom Leben im Dorf (und da passiert eine Menge, wir sind mitten im Marchenstreit, die Hintergründe werden im Buch geschildert) und von vielen anderen Geschichten, die er gehört hat. Das Erzählen wird für ihn selbst immer wichtiger, bis hin zur wahren Bestimmung.

Viel historisches bla bla bla? Nicht nur, denn viele Themen im "Halbbart" sind gerade heute aktueller denn je. Denn Sebi merkt, was Geschichten in den falschen Händen oder ihr Erzählen mit falschen Absichten ausrichten können: Fake News, Medienmanipulation und Geschichtsrevision lassen grüßen. In dieser Hinsicht funktionieren die mittelalterlichen Mechanismen heute noch genauso "gut"...

Ein tolles Buch, das mich sehr positiv überrascht hat.

Veröffentlicht am 11.09.2020

Gemischte Gefühle

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Gemischte Gefühle

Ich habe eine Zeit gebraucht um in das Buch und die Geschichte einzutauchen. Die Geschichte ist teilweise sehr wirr beziehungsweise für mich nicht richtig nachvollziehbar.

Wir begleiten ...

Gemischte Gefühle

Ich habe eine Zeit gebraucht um in das Buch und die Geschichte einzutauchen. Die Geschichte ist teilweise sehr wirr beziehungsweise für mich nicht richtig nachvollziehbar.

Wir begleiten Sebi, einen Träumer der so gar nicht in die Zeit um 1300 passt. Seine Kindheit und auch sein Erwachsenwerden sind von vielen Ereignissen und Schicksalen geprägt.

Der Aufbau mit den Kapitelüberschriften und auch die (finde ich) guten Recherchen zu der beschriebenen Zeit finde ich sehr gut gelungen.

Ich bin bei dem Buch hin und her gerissen. Ich hatte meine Probleme in die Geschichte zu kommen und dennoch wollte ich es unbedingt zu Ende lesen. Daher 3 Sterne, denn die Hintergründe und Den Aufbau des Buches fand ich sehr interessant und toll, die Geschichte an sich leider etwas zäh.

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