Ein gelungener hist. Roman
Dorothee Krings entführt uns nach Gerresheim, einem kleinen Ort nahe Düsseldorf, das Anfang des 20. Jahrhunderts Zentrum der Glasflaschenproduktion war. Anhand der Geschichte zweier Frauen, Bille, Tochter ...
Dorothee Krings entführt uns nach Gerresheim, einem kleinen Ort nahe Düsseldorf, das Anfang des 20. Jahrhunderts Zentrum der Glasflaschenproduktion war. Anhand der Geschichte zweier Frauen, Bille, Tochter eines Glasmachers, und Leonie, die Tochter des Fabrikanten, erleben wir ihre Träume von einem besseren Leben, die sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu erreichen versuchen.
Die Männer schuften in den Glashütten und werden ob der Arbeitsbedingungen nicht sehr alt. Der karge Lohn für Schwerstarbeit reicht kaum zum Leben, weshalb ihre Töchter und Frauen in der Weberei arbeiten müssen. Dort sind sie sexuellen Übergriffen und Willkür der Fabriksbesitzer ausgesetzt. Wenn die Glasbläser oder Püster, wie man sie auch nennt, ihre Arbeit, aus welchen Gründen auch immer verlieren, verlieren sie auch ihre Unterkunft, die ihnen von den Arbeitgebern zur Verfügung gestellt werden. Mit dieser Drohung, die immer wieder wahr gemacht wird, werden die Arbeiter klein und stumm gehalten bis sich die Wut auf die Fabrikanten in einem Deutschland weiten Generalstreik entlädt. Als die Streikkasse leer ist, müssen die Arbeiter kleinlaut um Wiedereinstellung bitten, was nicht immer gelingt, weil inzwischen Glasbläser aus anderen Teilen Europas angeworben worden sind.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass so mancher an Auswanderung nach Amerika denkt, ohne zu ahnen, dass auch in den USA die Wirklichkeit eine andere ist, als kolportiert wird.
Meine Meinung:
Gerresheim ist heute ein Stadtteil von Düsseldorf und die damalige Glasfabrik ist heute eine weltweit agierende Aktiengesellschaft im Medizinproduktebereich. Deshalb ist dieser historische Roman ein Stück Heimatgeschichte, die wahrscheinlich nur jene kennen (und interessiert), die in unmittelbare Nähe leben.
Mit hat dieser historische Roman sehr gut gefallen, schildert er doch ziemlich schnörkellos und ohne großen Pathos die Lebensbedingungen der Arbeiter und ihrer Familien dieser Zeit.
Obwohl es der Fabrikantentochter an materiellen Gütern nicht mangelt, sie stets ein gepflegtes Dach über den Kopf hat und sich nicht darüber den Kopf zerbrechen muss, woher sie die nächste Mahlzeit nehmen soll, ist auch ihr Leben in einem gesellschaftlichen Korsett gefangen. Statt malen zu können, wird sie an einen Mann verheiratet (um nicht zu sagen verschachert), der in den Augen des Vaters, den größten Nutzen für die Fabrik bringt.
Interessant ist, dass das Ende offen bleibt. Alles deutet auf eine Fortsetzung hin, die mir persönlich willkommen ist.
Fazit:
Gerne gebe ich diesem historischen Roman 5 Sterne.