Cover-Bild Heimat
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16,99
inkl. MwSt
  • Verlag: hanserblau in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 19.08.2025
  • ISBN: 9783446284999
Hannah Lühmann

Heimat

Roman
Hinter der perfekten Idylle lauert die »Tradwife«-Szene – Hannah Lühmanns Roman über ein virales Thema und den Rechtsruck in unserem Land

Als Jana mit ihrer Familie aufs Land zieht, merkt sie schnell: Hier gelten andere Regeln. Hinter der bürgerlichen Fassade lauert ein höchst problematisches Weltbild, wie selbstverständlich wird hier AfD gewählt. Auch Janas charismatische Nachbarin Karolin hat sich ganz der Rolle als Hausfrau und Mutter verschrieben. Je mehr Zeit Jana mit Karolin verbringt, desto klarer wird ihr, dass sie auf eine sehr zeitgemäße Weise ultrakonservativ ist – sie kämpft als »Tradwife« im Namen der Tradition gegen alles, wofür Jana eigentlich steht. Jana versucht, sich gegen ihre Faszination zu wehren, und ertappt sich doch immer wieder bei dem verstörenden Gedanken, dass sie Karolin um ihr Leben beneidet …

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.08.2025

Neubausiedlung

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Jana und Noah ziehen mit ihren beiden kleinen Kindern in eine auf den ersten Blick idyllische Neubausiedlung hinter dem Speckgürtel. Nach der spontanen Kündigung frei vom Arbeitsdruck und in Erwartung ...

Jana und Noah ziehen mit ihren beiden kleinen Kindern in eine auf den ersten Blick idyllische Neubausiedlung hinter dem Speckgürtel. Nach der spontanen Kündigung frei vom Arbeitsdruck und in Erwartung des dritten Sprösslings ordnet Jana ihr Leben neu, freundet sich nach einiger Zeit mit anderen Müttern an. Allerdings scheint man hier anders zu denken und zu leben als Jana es bislang aus der Stadt gewohnt ist.

Überaus realistisch erzählt Hannah Lühmann von Jana und sogenannten Tradwives, Frauen, welche ganz und gar in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter aufgehen und dieses Bild nach Möglichkeit auch noch auf diversen Social Media Kanälen veröffentlichen. Anfangs noch darüber verwundert, dass man den örtlichen Kindergarten nur bis zur Mittagszeit nützt, überlegt Jana bald, ob es nicht tatsächlich besser wäre, sich selbst mehr um den Nachwuchs zu kümmern. Ähnlich werden andere Themen aufgegriffen und hinterfragt, Kochrezepte übernommen und Handarbeitstechniken ausprobiert, bis Jana wie selbstverständlich in die Gemeinschaft der anderen Frauen aus der Neubausiedlung hineinwächst. Geschickt zeigt die Autorin dieses Buches Szenarien auf, die zum Nachdenken anregen, ohne selbst jedoch einzelne Aspekte als gut oder schlecht zu normieren. Dieses Sichtbarmachen von unterschiedlichen Lebensmodellen gelingt auf großartige Weise und geht einher mit einem spannenden Schreibstil, der mich sofort an die Seiten dieses eher schmalen Büchleins gefesselt hat. Auf wunderbare Weise entsteht aus schnödem Alltag eine lebendige Geschichte, die man sich bildlich und lebhaft vorstellen kann, genau so könnte es tatsächlich passieren. Das Ende ist erschütternd, insbesondere, wenn man noch einmal zum Anfang zurückblättert.

Höchst interessante Gedankenanstöße zu verschiedenen Lebensentwürfen und mehr oder minder auffällige Beeinflussung durch die Umwelt zeichnen diesen großartigen Roman besonders aus. Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 17.08.2025

Dieses Buch tut weh, weil es zeigt: Der Abgrund ist nicht fern, er wohnt nebenan. Und genau das ist seine literarische und gesellschaftspolitische Sprengkraft.

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Dieses Buch hat mich kalt erwischt. So schmal der Roman ist, so lange wird er in mir nachhallen. Lühmann gelingt es, mit erschreckender Präzision sichtbar zu machen, wie harmlos verpackte Ideologien unsere ...

Dieses Buch hat mich kalt erwischt. So schmal der Roman ist, so lange wird er in mir nachhallen. Lühmann gelingt es, mit erschreckender Präzision sichtbar zu machen, wie harmlos verpackte Ideologien unsere Gegenwart vergiften.

In der Figur Karolin steckt das gesamte Paradox der »Tradwife«-Szene: Ein Frauenbild, das vorgibt, emanzipatorisch »gewählt« zu sein, tatsächlich aber die Rückkehr zu ultrakonservativen Mustern feiert – und das in einer hippen, fast glamourösen Verpackung. Es ist dieser Widerspruch, der Jana nicht loslässt – und uns Leser:innen ebenso. Denn wer kennt nicht diesen kurzen Moment der Faszination für ein scheinbar „geordnetes“ Leben? Lühmann zwingt uns, genau dort hinzusehen, wo Bequemlichkeit in politische Gefahr kippt.

📚 Aus literaturwissenschaftlicher Perspektive ist Heimat ein Meisterstück der Verdichtung: Der Text arbeitet mit Spiegelungen, Ambivalenzen, Schweigen. Das Private ist hier radikal politisch – Nachbarschaft wird zum Mikrokosmos des Rechtsrucks.

💡 Feministisch gelesen entlarvt der Roman nicht nur internalisierte Misogynie, sondern auch den perfiden Charme einer Ideologie, die Frauenrechte unterwandert, indem sie Lifestyle-Ästhetik mit reaktionären Werten koppelt. Das macht Heimat so beunruhigend aktuell.

Veröffentlicht am 09.08.2025

Kurzes und intensives Gesellschaftsporträt

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Jana zieht mit ihrer Familie in die Vorstadt. Wir lernen ihre Tristesse kennen, ihren Kummer über die angespannte Beziehung zu ihrem Partner, die dritte Schwangerschaft, die zwei kleinen Kinder und das ...

Jana zieht mit ihrer Familie in die Vorstadt. Wir lernen ihre Tristesse kennen, ihren Kummer über die angespannte Beziehung zu ihrem Partner, die dritte Schwangerschaft, die zwei kleinen Kinder und das schlechte Gewissen über die Erleichterung, nach der Kündigung wenigstens die Belastung des Jobs als Werbegrafikerin los zu sein. Farbe in das Grau bringt Karolin, die heimliche Königin des Wohnviertels. Als sogenanntes Tradwife lebt sie ein ultrakonservatives Weltbild. Jana gerät immer mehr in den Sog dieser Idylle, bei dem auch Social Media eine große Rolle spielt. Doch ist der Schein so schön, wie er zu sein scheint? Der Lesende verfolgt diese Spirale mit einer Achterbahn der Emotionen- Verständnis, Unglauben, Entsetzen. Unglaublich authentisch dargestellt, auch was den Algorhitmus in den sozialen Medien angeht, ein kurzes, sehr intensives Porträt, was mich persönlich sehr bewegt hat.

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Veröffentlicht am 27.08.2025

Wichtige und aktuelle Geschichte

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Heimat von Hannah Lühmann ist ein kurzer Roman, der sich mit Retraditionalisierung und Rechtsruck auseinandersetzt.

Jana zieht mit ihrem Mann und den Kindern aufs Land und knüpft dort Kontakt zu anderen ...

Heimat von Hannah Lühmann ist ein kurzer Roman, der sich mit Retraditionalisierung und Rechtsruck auseinandersetzt.

Jana zieht mit ihrem Mann und den Kindern aufs Land und knüpft dort Kontakt zu anderen Müttern. Schnell wird sie in die Gruppe aufgenommen, um dann festzustellen, dass vor allem die „Anführerin“, Karolin, ihr Leben als Tradwife gekonnt auf den sozialen Medien inszeniert. Diese scheinbar selbstgewählte Rückkehr in traditionelle Rollenmuster wird im perfekt kuratierten Feed geschickt als einzig erfüllendes Familienmodell präsentiert: dreckige, aber glückliche Kinder, die den ganzen Tag im Freien spielen und natürlich nicht fremdbetreut werden; Rezepte, bei denen man neben den Erzeugnissen aus dem eigenen Garten selbstverständlich vor allem die Liebe schmeckt, mit der sie für die Familie zubereitet wurden; Landhausästhetik von den Holzmöbeln bis zu den Outfits der gesamten Familie. Jana merkt, dass sie gleichzeitig fasziniert, abgeschreckt und sogar neidisch ist und wir begleiten sie dabei, wie sie sich mit dem Ganzen auseinandersetzt. Nebenbei finden Themen wie Familiendynamik, rechte Politik, Werte und Mutterschaft mit all ihren Konsequenzen Eingang in die Geschichte.

Die unheimliche Stärke dieses Buches liegt darin, dass man sich beim Lesen selbst immer wieder dabei ertappt, Karolin nicht wirklich widersprechen zu können. Es ist total gruselig, weil es aufzeigt, wie subtil die Neue Rechte agiert. Wie gut sie die Schwachpunkte bestimmter Gruppen (hier: junge Mütter) ausfindig machen und dann genau dort ansetzen. Und zwar nicht durch laute Parolen oder angriffslustige Argumente, sondern durch ganz gezielt gesetzte, scheinbar beifällige Bemerkungen. Und die treffen genau dort, wo das Selbstbewusstsein vielleicht eh schon leicht angekratzt ist. Und dann beginnen die Zweifel. Und das reicht.

Dieses Buch macht Angst, weil es sich hier keinesfalls um eine Dystopie handelt, sondern sich die Geschichte so oder so ähnlich in vielen ländlichen Regionen abspielen könnte und es vermutlich auch tut. Beim Lesen musste ich neben Margaret Attwood’s Handmaid’s Tale auch an die Metapher mit dem Frosch im Wasserglas denken: Aus einem Glas mit heißem Wasser würde er sofort wieder raushüpfen, aber wenn man ihn in kaltes Wasser setzt und die Temperatur ganz langsam erhöht, merkt er die Hitze erst, wenn es schon zu spät ist.

Das Einzige, das ich mir noch gewünscht hätte, wären etwas mehr Infos an bestimmten Stellen: Wie genau ist die Dynamik zwischen Karolin und Clemens? Über Jonas hätte ich auch so gerne mehr erfahren – vielleicht hätte man den kalifornischen Liebhaber für ein paar mehr Informationen opfern können?

Insgesamt hat mich das Buch aber überzeugen können, und von mir gibt’s definitiv eine Empfehlung. Eignet sich ganz sicher auch gut als Buchclub-Buch oder Oberstufenlektüre! Und als Geschenk für all jene, die vielleicht anfällig für die vermeintliche Idylle der Tradwife-Bewegung sind.

4,5/5

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Veröffentlicht am 19.11.2025

Beängstigend

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"Heimat" ist ein ziemlich ruhiger, fast stiller Roman, in dem das meiste zwischen den Zeilen passiert. Beängstigend ist dabei, wie normal sich alles - am Anfang - anfühlt. Die Gespräche zwischen den Müttern, ...

"Heimat" ist ein ziemlich ruhiger, fast stiller Roman, in dem das meiste zwischen den Zeilen passiert. Beängstigend ist dabei, wie normal sich alles - am Anfang - anfühlt. Die Gespräche zwischen den Müttern, die Treffen der Kinder, alles wirkt so vertraut. Kleinstädtisch, irgendwie schon fast gemütlich. Und dann entgleiten die Normalitäten ganz leise. Die Denkweisen verändern sich. Der Frust auf den Partner wird mit Ablehnung seiner Freunde gleichgesetzt und mit deren Weltanschauung begründet. Man hält sich immer enger an die Menschen, die doch so nett sind, obwohl sie einen immer mehr von einem selbst entfremden. Und plötzlich ist man mittendrin im Wahlkampf der AfD, obwohl man doch eigentlich nur mit der netten Nachbarin Kaffeetrinken war und Rezepte ausgetauscht hat.
Das fand ich an dem Buch wirklich gut gemacht, wie es unaufdringlich wirkt. Man fühlt sich tatsächlich so, als würde es einem selber passieren und das obwohl es immer wieder auch Momente des Zweifelns gibt.
Und dann ... kommt das Ende. Dieses typische und für mich frustrierende "Hanserende". Denn das Buch hört auf an einer Stelle, an der die Geschichte eigentlich doch erst so richtig spannend wird und damit wird man dann alleingelassen. Mittlerweile weiß ich das und rechne bei dem Verlag damit und trotzdem hat es mich bei diesem Roman wieder kalt erwischt. Da muss doch noch was kommen. Nein. Frustration. Es passt zu diesem Buch, fühlt sich aber trotzdem unbefriedigend an.
Aber wer gerne hochaktuelle, gesellschaftskritische Romane liest, die sehr literarisch sein dürfen: Hier zugreifen!!!

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