Cover-Bild Nachsommer
18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: mareverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 144
  • Ersterscheinung: 13.02.2018
  • ISBN: 9783866482609
Johan Bargum

Nachsommer

Karl-Ludwig Wetzig (Übersetzer)

Zeitlebens hat Olof im Schatten seines selbstbewussten Bruders Carl gestanden. Carl war der Liebling der Mutter, der allerdings in Ungnade fiel, als er mit seiner Frau Klara (mit der Olof seine eigene Geschichte hat) und den beiden Söhnen aus Karrieregründen in die USA auswanderte. Viele Jahre später nun treffen die ungleichen Brüder am Sterbebett der Mutter wieder aufeinander, in ihrem Landhaus in den südfinnischen Schären – und mit ihnen ihre Familien, alte Rivalitäten und Träume, Fehler und Versäumnisse. Es dauert nicht lange, bis der Frieden des Spätsommers, der über der Insel liegt, brüchig wird. Gerade noch rechtzeitig erkennt Olof, dass der Moment gekommen ist, um aus dem Schatten seines Bruders herauszutreten.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.03.2018

Ruhig und tiefgründig

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„Alles bloß Beschwörungsversuche, Sündenböcke, vorgeschobene Ausflüche anstelle dessen, was ich mich ihm niemals zu sagen traute: Sei mir nicht böse, dass ich es nicht ertrug, dich sterben zu sehen. Verzeih ...

„Alles bloß Beschwörungsversuche, Sündenböcke, vorgeschobene Ausflüche anstelle dessen, was ich mich ihm niemals zu sagen traute: Sei mir nicht böse, dass ich es nicht ertrug, dich sterben zu sehen. Verzeih mir, dass ich dich im Stich gelassen habe.“

Olof findet sich nach Jahren plötzlich zurück in seinem Elternhaus. Seine Mutter liegt im Sterben. In den Tagen und Stunden bis zum Tod trifft er nach über zehn Jahren seinen jüngeren, ihm ganz und gar unähnlichen Bruder Carl und dessen Ehefrau Klara das erste mal wieder. Deren zwei Kinder, Sam und Sebastian, sind ebenfalls mit von der Partie. Und dann ist da noch Tom, „Onkel“ Tom, der Freund seiner Mutter. Und so nimmt die Geschichte seinen Lauf…

Bargum behandelt vor allem zwischenmenschliche Beziehungen. Den Tod des Vaters als sie noch Kinder waren, den Olof nie verkraftet hat. Die Beziehung zwischen Olof und Tom, den Olof sein Leben lang nicht als Freund der Mutter anerkennen konnte. Und um die schwierige Beziehung der beiden Brüder. Carl, der jüngere, wurde von seiner Mutter bevorzugt, jedoch dadurch auch massiv eingeengt. Er tat, was er musste um sich zu befreien und hat so seine Mutter sehr gekränkt. Für Olof war es umso schwerer, weil er immer der weniger geliebte war. Das alles kommt nun nach Jahren plötzlich auf den Tisch. Nach Jahren, während denen alle Beteiligten sich mit ihrem eigenen Leben auseinander gesetzt hatten und keine Gedanken mehr daran verschwendet hatten. Und dann kommt noch ans Licht, dass Olof und Klara sich besser kannten als zuvor bekannt…

Dies war mein erstes Buch von Johan Bargum. Ich war überrascht, wie dünn das Büchlein ist. Mit seinem unglaublich poetischen und ruhigen Schreibstil hat Bargum mich völlig überzeugt. Er lässt manche Details offen, sodass der Leser sich seinen Teil denken kann. Nicht alles wird explizit erwähnt. Wie sagt Bargum so schön, „Weiß man eigentlich jemals, was vor sich geht?“

Veröffentlicht am 15.02.2018

Beeindruckende Familiengeschichte

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Ein schlichter Titel, ein schlichtes Buchcover - nichts lässt erahnen, welch eine dramatische Familiengeschichte sich dahinter verbirgt! Die Brüder Olof und Carl, rein äußerlich und auch charakterlich ...

Ein schlichter Titel, ein schlichtes Buchcover - nichts lässt erahnen, welch eine dramatische Familiengeschichte sich dahinter verbirgt! Die Brüder Olof und Carl, rein äußerlich und auch charakterlich grundverschieden, sehen sich nach vielen Jahren der Trennung erst am Bett der todkranken Mutter wieder. Verdrängte Erinnerungen kommen an die Oberfläche und altes Konkurrenzdenken bricht zwischen den Geschwistern wieder auf. Während Carl sein Leben erfolgreich meistert, hadert Olof mit vertanen Chancen.
In sachlichem Ton und knappen Sätzen schildert Johan Bargum in der Rolle seines Alter Ego Olof eindrucksvoll die aufgeladene Atmosphäre im Elternhaus der Brüder. Recht nüchtern erzählt er von Olofs Affaire mit Klara, Carls Ehefrau, die ihm eigentlich mehr bedeutet als nur eine vorübergehende Liebelei, und von dem Aufenthalt der Familie Carls im Haus der Mutter am Meer. Überzeugend gelingt es dem Autor, die Melancholie zu veranschaulichen, die nicht nur über diesem Spätsommer auf der Insel schwebt, sondern auch über der auseinander gebrochenen Familie liegt und Olofs Gemüt verdüstert. Erinnerungen und Ereignisse bleiben vage; Bargum macht etliche Andeutungen und überlässt es dem Leser, seine eigenen Schlüsse zu ziehen.
Mit dem Satz „Weiß man eigentlich jemals, was vor sich geht?“ beginnt Bargum / Olof seinen Roman. Diese Frage stellt sich auch der Leser während der Lektüre immer wieder, und sie lässt ihm auch später, nach Beendigung des Romans keine Ruhe.
Ob Olof es schafft, „sich noch einmal an die Startlinie zu stellen“ , einen Neuanfang für sich zu wagen?
"Nachsommer" ist eine dicht und eng gewobene Erzählung über das komplizierte Geflecht familiärer Beziehungen und seine weitreichenden Folgen, geschrieben von einem der renommiertesten finnland-schwedischen Schriftsteller!

Veröffentlicht am 09.02.2018

Wunderschön erzähltes dichtes Familiendrama über zwei ungleiche Brüder

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Olof stand schon in der Jugend im Schatten seines zwei Jahre jüngeren Bruders Carl, der vor Jahren mit seiner Familie in die USA ausgewandert ist. Als ihre Mutter im Sterben liegt, trifft sich die Familie ...

Olof stand schon in der Jugend im Schatten seines zwei Jahre jüngeren Bruders Carl, der vor Jahren mit seiner Familie in die USA ausgewandert ist. Als ihre Mutter im Sterben liegt, trifft sich die Familie wieder im Sommerhaus in Finnland.
Die Rivalitäten aus der Kindheit und Jugend, die Ungleichheit in der Beziehung zur Mutter und zu deren Lebensgefährten - Onkel Tom - sind sofort wieder da, und Olof erinnert sich in diesen Sommertagen auf einmal an Erlebnisse aus der Vergangenheit, die er längst vergessen oder verdrängt hatte.


Meine Meinung:
Der Roman "Nachsommer" ist zwar nicht umfangreich an Seiten, aber unglaublich reich an Inhalt. Von der ersten Seite an war ich gefangen in der sprachgewaltigen Erzählung aus Olofs Sicht, die so eindringlich und vielschichtig von der Beziehung zu seinem Bruder und den anderen Familienmitgliedern berichtet. Die Personen werden - vielfach auch eher implizit - sehr fein beschrieben, mit all ihren inneren Zwängen und Konflikten, die oft eher unter der Oberfläche zu erahnen sind und vielleicht den einzelnen auch gar nicht in vollem Umfang bewusst sind.
Johan Bargum versteht es, durch seine hintergründige Erzählweise in klaren und doch sehr bildreichen Worten eine extrem dichte Atmosphäre zu schaffen, die den Leser teilhaben lässt an dem vielschichtigen Beziehungsgeflecht innerhalb der Familie und an der Dramatik, die in der Vergangenheit begründet liegt. Ich glaubte fast, die Luft am See zu riechen oder den Donner des Gewitters zu hören, so sehr hat mich die Erzählung in ihren Bann gezogen.
Auch optisch ist der kleine Band mit einem ansprechenden Cover und einer hochwertigen Aufmachung wunderschön gestaltet, so dass das Leseerlebnis rundum ein Genuss ist.


Fazit:
Für mich war "Nachsommer" ein absoluter Lesegenuss und ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen, weil mich die Atmosphäre und das Familiendrama so gefangen hat. Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 01.08.2018

Gerechtigkeit

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ist oft nur ein Wort. Gerade im Familienleben gibt es so viele Bevorzugungen von Kindern seitens der Eltern. Häufig und gerade auch, wenn diese längst dem Kindesalter entronnen sind und sich nur noch ...

ist oft nur ein Wort. Gerade im Familienleben gibt es so viele Bevorzugungen von Kindern seitens der Eltern. Häufig und gerade auch, wenn diese längst dem Kindesalter entronnen sind und sich nur noch selten bei den Eltern blicken lassen. Dann müssen sich die Geschwister, die in der Nähe geblieben sind, sich um die Eltern kümmern und quasi immer zur Verfügung stehen, starke Nerven haben. So auch Olof, dessen jüngerer Bruder Carl - von jeher der Erfolgreichere, Hübschere, Beliebtere - letzteres gerade auch bei der längst verwitweten Mutter - sich längst in die Staaten davongemacht hat, was seine Mutter sehr verletzt hat. Es bringt sie jedoch nicht davon ab, seinen Namen ständig im Munde zu führen, ihn gegenüber seinem Bruder Olof als den besseren, liebenswerteren darzustellen. Auch wenn sie seit Jahren sauer ist auf Carl. Aber sie will ihn unbedingt nochmal sehen vor ihrem Tod.

Wie im Vorgängerroman "Septembernovelle" geht es hier um eine Dreiecksbeziehung, vielmehr um zwei: Olof, Carl und ihre Mutter sowie Olof, Carl und Carls Frau Klara.

Der Autor Johan Bargum erzählt seine Geschichte in wenigen Worten, die aber umso mehr sagen - und noch mehr Fragen hinterlassen. Denn vieles wird nur angedeutet und das betrifft sowohl Ereignisse als auch Gedanken. In der Hinsicht hat das Büchlein durchaus etwas Philosophisches, auch wenn die Erzählweise eher eine pragmatische ist. Auf jeden Fall lohnenswert für Leser, die nach der Lektüre gern weiterdenken und ein Büchlein, das man so schnell nicht vergessen wird!

Veröffentlicht am 07.06.2018

Der Hüter deines Bruders

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„Ich habe sie in der Unterwelt zurückgelassen. Anstatt sie zu überreden, zu bitten, sie einzuschließen, zu entführen, zu rauben, habe ich mich hinter einer Rüstung aus Feigheit, Angst und Konventionen ...

„Ich habe sie in der Unterwelt zurückgelassen. Anstatt sie zu überreden, zu bitten, sie einzuschließen, zu entführen, zu rauben, habe ich mich hinter einer Rüstung aus Feigheit, Angst und Konventionen versteckt.“


Inhalt


Für die beiden ungleichen Brüder Olof und Carl wird das Treffen am Sterbebett der Mutter zu einer Zerreißprobe. Denn nicht nur ihre von Rivalitäten geprägte Kindheit steht zwischen ihnen, sondern auch all die Verfehlungen der letzten Jahre, die Schuldzuweisungen und das Unverständnis auf beiden Seiten. Nicht zuletzt eine Frau, die der eine geliebt, der andere geheiratet hat und die nun auch für einen kurzen, traurigen Besuch in die Heimat zurückkehrt. Die Mutter liegt im Sterben und die Söhne müssen ihren Frieden mit der alten Frau schließen, und gleichzeitig ihren eigenen Weg fortsetzen, der durch Zuwendung oder fehlende Liebe nicht mehr eben ist und das auch nicht mehr werden kann. Familienbande hin oder her – wer sind eigentlich die Leidtragenden einer unausgewogenen Lebensgeschichte?


Meinung


Der in Helsinki geborene Autor Johan Bargum setzt sich in diesem Roman mit einer belasteten Geschwisterbeziehung auseinander, in der jeder Bruder einen Part zugeteilt bekommt und diesen auch hinreichend ausfüllt. Trotzdem wird ersichtlich, dass nicht alles nur schwarz oder weiß ist und dass auch die Zeit nicht alle Wunden heilen kann. Seine Protagonisten werden auf den wenigen Seiten sehr plastisch und greifbar beschrieben, man sieht sie vor sich und kann mit ihnen Empathie empfinden. Der ältere Olof ist der Vernünftige, der sich nichts traut, Carl der Jüngere hingegen springt in die Presche und setzt sich durch. Dennoch ist Olof bei der Mutter geblieben und Carl hat bereits vor Jahren den Kontakt auf ein Minimum beschränkt.


Mit dieser fast lyrischen Erzählung, die ganz wunderbar die Stimmung und Melancholie eines Landes einfängt und noch viel mehr die aufziehenden Gewitterwolken über einer familiären Tragödie, bin ich trotz der Thematik, von der ich mir viel versprochen habe, nicht warm geworden. Prinzipiell liegt das wohl an einer anderen Erwartungshaltung, die ich an den Roman gestellt habe. Durchaus eine traurige, mitreißende Stimmung, den Schatten eines schweren Verlusts, die Traurigkeit am Sterbebett der Mutter, doch all das steht hier nicht wirklich im Mittelpunkt. Vielmehr sind es die Brüder und ihr Beziehungsgeflecht, die hier ein feinsinniges, fast psychologisches Spiel miteinander betreiben und sich dennoch kein Stück annähern.


War der Anfang noch vielversprechend, so flaut die Geschichte schnell ab, die handelnden Personen verfallen in routinierte Muster und kommen nicht mehr von der Stelle. Verletzungen bleiben bestehen, Gespräche werden nicht geführt, zumindest keine, die bewegen, alles bleibt irgendwo im Schweigen verloren, hängt bedeutungsschwanger im Raum und schwebt unschön über der Geschichte. Diese Stille, die hier von den Menschen ausgeht, dieses Unvermögen einander näherzukommen, hat mich sehr mit Unzufriedenheit erfüllt.


Der Schreibstil selbst ist minimalistisch, geprägt von kurzen, nicht immer beendeten Sätzen, weswegen sich ein Deutungsspielraum ergibt. Zwischen den Zeilen steht noch so viel mehr, so viel Ungesagtes, sofern man es hineininterpretieren möchte. Und mir war gerade dieses knappe, nur angedeutete Wort zu wenig, zumal ich verzweifelt nach irgendeiner konkreten Aussage gesucht habe. Einerseits ein getrübtes Geschwisterverhältnis, dann ein Bruder, der mit seinem Leben in der zweiten Reihe ganz und gar nicht zufrieden ist und einer, dem es trotz seiner Dominanz an Unbeschwertheit fehlt. Dazwischen noch eine Frau, die mir fremd blieb und ein Ziehvater, der dem Ganzen ein bisschen von dem Glanz verliehen hat, den ich mir wünschte. Und was ich ganz besonders vermisst habe, war die Rolle der sterbenden Mutter, ihre Persönlichkeit fehlte förmlich komplett, die Gespräche mit den Söhnen, die Aussöhnung mit der Vergangenheit, ihre Wünsche für eine Zukunft der beiden …Für mich bleibt die Ratlosigkeit im Raum stehen - was war die Idee dahinter?


Fazit


Die vielen begeisterten Rezensionen, haben mich zu diesem Buch greifen lassen, dem ich nun doch nur 3 Lesesterne gebe. Die menschliche Seite kam mir hier zu kurz, das Ungesagte machte mich unzufrieden und in die Gegenwart mitnehmen kann ich nicht viel. Sehr einprägsam hingegen die Stimmung in Anlehnung an die Natur, in Kooperation mit der Wirkung der ruhigen, einladenden Landschaften entfaltet sich die Geschichte - ihre Schönheit jedoch bleibt mir im Wesentlichen verborgen.