Cover-Bild Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen
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12,80
inkl. MwSt
  • Verlag: Verlag 3.0 Zsolt Majsai
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Psychologie
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 260
  • Ersterscheinung: 17.06.2017
  • ISBN: 9783956673115
Maria Braig

Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen

Die Asylentscheiderin
Bundesweit sucht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ca. 300 tatkräftige, mutige und entscheidungsfreudige Frauen und Männer der Deutschen Post, um für 6 – 12 Monate als Entscheider alle anhängigen Asylverfahren verantwortungsbewusst zu bearbeiten.

Dieser Aufruf kommt Jule, die sich in einer Lebenskrise befindet und nach Neuorientierung sucht, gerade recht.
Sie glaubt, wenn sie dabei hilft die Flüchtlinge einzuteilen in solche die Schutz verdient haben und solche, die nur kommen, um ihrer Armut zu entfliehen, kann sie den wirklich Verfolgten helfen.
Doch je mehr Fluchtgeschichten sie anhört, umso schwerer fällt es ihr, die meist verzweifelten Menschen die zu ihr kommen und deren weiterer Lebensweg von ihrer Entscheidung abhängt, in richtige und falsche Flüchtlinge einzuteilen.

Auf einem Klassentreffen begegnet sie Cochise, die sich für offene Grenzen für alle einsetzt. Die beiden Frauen fühlen sich voneinander angezogen, ihre unterschiedlichen politischen Ansichten führen aber immer wieder zu Konflikten.
Dann begleitet Jule Cochise nach Griechenland, wo diese ein Prozess wegen „Schlepperei“ erwartet …

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.11.2022

Die Sichtweise von Asylsuchenden sowie Einblicke in die Sichtweise einer Asylentscheiderin

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Ich durfte hier wirklich einmal wieder ein wahres Meisterwerk der Autorin Maria Braig kennen lernen! Allein das Cover läd schon zum lesen ein, sowie der Klappentext,
der den Leser richtig neugierig macht, ...

Ich durfte hier wirklich einmal wieder ein wahres Meisterwerk der Autorin Maria Braig kennen lernen! Allein das Cover läd schon zum lesen ein, sowie der Klappentext,
der den Leser richtig neugierig macht, indem ein Schlepperei-Gerichtsverfahren angedeutet wird und zudem Jule, hier die Hauptprotagonistin, die Entscheidung
der Asyl-Suchenden treffen muss.

Jule, die lange als Postangestellte arbeitete und nun, nachdem eine Postfiliale nach der anderen geschlossen wurde, nicht wirklich mehr weiß wohin, da erfährt sie
von den zu vergebenden Stellen als Asyl-Entscheider/innen. Sie ist sehr engagiert und möchte unbedingt solch einen Posten "ergattern", tut alles dafür und wird am Ende
tatsächlich eingestellt. Sie glaubt hier endlich etwas sinnvolles zu tun und Menschen zu helfen indem sie entscheidet das die "Richtigen" hier bleiben dürfen und die "Falschen"
wieder ins Heimatland zurück müssen. "Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen".
Doch so einfach, wie Jule es sich vorstellt, ist das ganze nicht. Es stellt sich sogar als sehr schwierig heraus, vor allem mit ganz viel Emotionen.
Da sitzen diese Menschen vor ihr, weinen, klagen ihr Leid und wollen unbedingt hier bleiben. Doch es gibt Gesetze nach denen sie entscheiden muss,
da haben Emotionen nichts zu suchen, das merkt sie sehr schnell und ist völlig am Boden zerstört.
Sie wird "heimgesucht" von diesen Menschen, kann nicht mehr abschalten und fragt sich, ob es wirklich richtig war, diese Stelle anzutreten.
Vor allem als sie eine alte Schulfreundin, Cochise, auf einem Klassentreffen wiedersieht. Sie gerät immer wieder mit ihr in Konflikte über Entscheidungen und über
ihre Arbeit, so daß zwischendrin immer mal wieder Sendepause zwischen den beiden herrscht.

In diesem Buch bekommt man einen sehr guten und tiefen Einblick in die Arbeit einer Asylentscheiderin, wie schwierig im Grunde diese Arbeit ist und vor allem wie
schwierig zu entscheiden. Das alles was von außen so einfach wirkt, ist im Grunde eine sehr sehr schwierige Arbeit, vor allem hier jedem Gerecht zu werden und vor
allem auch gerecht zu entscheiden. Es ist ein sehr guter Roman bei dem man viel Hintergrundwissen über das Asyl-Recht sowie einzelne Situationen erhält.
Die eine oder andere hätte man als Laie vielleicht ganz anders eingeschätzt und meiner Meinung nach ist es der Autorin richtig gut gelungen die einzelnen Entscheidungen spannend
und gleichzeitig realitätsnah rüber zu bringen.
Es hat sicherlich viel Recherche gebraucht, um die einzelnen Asyl-Antragssteller zu beschreiben, die Gründe zu beschreiben, warum gerade sie hier bleiben möchten, und wie
teilweise schon vorab klar ist, das bestimmte Menschen zurück in ihre Heimat müssen.
Der Leser bekommt ein sehr klares Bild davon wie die Gesetze tatsächlich sind und warum viele Entscheidungen in bestimmte Richtungen getroffen werden. Das hier sicherlich
auch einmal der eine oder andere Fehler passiert...das kann gar nicht ausbleiben....

Sehr interessant war auch die Geschichte, bei der Cochise als "Schlepperin" erwischt wurde. Sie hatte keine Ahnung von ihrer "zusätzlichen" Ladung und wurde umgehend in
Griechenland ins Gefängnis gesteckt, alle diese Erlebnisse passieren, diese Menschen, die flüchten, wissen oftmals keinen anderen Ausweg mehr, als sich in LKW´s zu verstecken
und selbst wenn sie von den Fahrern entdeckt werden .... wer will diese einfach im Stich lassen ... was wäre, wenn es die eigene Familie ist, die flüchten muss.
Ein unglaublich schwieriges Thema wurde hier aufgegriffen und für den Leser sehr einfach in einem Roman erklärt, doch so einfach wie es scheint, ist es ganz bestimmt nicht.

Ich wünsche und hoffe das dieses Buch in viele Leserhände findet, denn gerade dieses absolut aktuelle Thema geht uns alle an, und ich finde wir können nicht genug Hintergrundwissen
bekommen, um objektiv zu bleiben. Das ist nicht einfach und schnell sind die Vorurteile in den Köpfen wieder da, ob man will oder nicht.

Ich werde dieses Buch unbedingt weiter empfehlen, vor allem an Schulen und an Jugendliche sollte es appelieren, denn wir können nicht offen genug sein, um diesen Menschen
ein zu Hause geben zu dürfen. Wir sollten gut darüber nachdenken, was wir tun würden in einer sehr schwierigen Situation, Krieg, Familienverlust, Verfolgung .... wir kennen diese
Situationen nicht (jedenfalls die meisten von uns) und ich bin sicher genau das möchte Maria Braig hier erreichen, ein Umdenken der Menschen, ein objektives und ehrliches Denken,
gerechtes Denken und keine Urteile über Menschen, deren Situation wir nicht kennen und demnach überhaupt kein Recht haben zu "verurteilen".
Sie möchte dem Leser sicherlich auch nahe legen, diesen Menschen freundlich zu begegnen mit dem Hintergrundwissen diesen Buches. Wir würden in einem fremden Land auch
gerne herzlich behandelt werden und vor allem respektvoll!

Ich kann nur sagen: Lest dieses Buch, so viele Menschen wie möglich, und ich hoffe die Botschaft der Autorin kommt bei jedem einzelnen an.
Hier kann es nur 5 von 5 Sternen geben, so viel Recherche und Ausdauer wie hier benötigt und mehr als gut umgesetzt wurde.

Danke liebe Maria Braig für die Offenheit und den Mut ein solches Buch zu schreiben!

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Veröffentlicht am 22.10.2017

offen und ehrlich

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Auf die Autorin Maria Braig wurde ich im Rahmen einer Wanderbuchrunde aufmerksam, das Thema hat mich sofort angesprochen, „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen – Die Asylentscheiderin“ ...

Auf die Autorin Maria Braig wurde ich im Rahmen einer Wanderbuchrunde aufmerksam, das Thema hat mich sofort angesprochen, „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen – Die Asylentscheiderin“ ein immer noch sehr aktuelles Thema.
Die Protagonistin des Romans Jule, die nach einemfast 30jährigen Berufsleben bei der Post und einer gescheiterten Beziehung einen Neuanfang für sich sucht, liest einen Aufruf des BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), das tatkräftige, mutige und entscheidungsfreudige Menschen sucht, um für 6-12 Monate als Entscheiderin Asylverfahren verantwortungsbewusst zu bearbeiten. Sie bewirbt sich und wird nach erfolgreich bestandenem Crashkurs in Sachen „Entscheidungen“ als Entscheiderin für das BAMF tätig. Eher zufällig trifft sie ihre alte Klassenkameradein Cochise wieder, die ihrerseits aktiv in der Flüchtlingshilfe tätig ist und so ganz anders ist als Jule; zwischen beiden entwickelt sich langsam als stetig eine Freundschaft, trotz ihrer so völlig unterschiedlichen Auffassungen zur Flüchtlingspolitik. Als Cochise in Griechenland als angebliche Schlepperin verhaftet wird, gegen Kaution auf freien Fuß kommt, begleitet Jule, die immer mehr schwere Selbstzweifel an der Arbeit beim BAMF hat, Cochise zum Prozess nach Griechenland.
Maria Braig hat mich mit dem Roman in ihren Bann gezogen, sie schreibt packend, fesselnd und voller Emotionen einerseits die widerstreitenden Gefühle und Ängste von Jule, andererseits aber auch die Geschichten der Flüchtlinge, die zu Jule als Asylentscheiderin kommen, Geschichten, die unter die Haut gehen, die betroffen machen. Geschichten, die das Leben schreibt und die verdeutlichen und sehr anschaulich schildern, welcher enorme psychische Druck auf den Beamten lastet, die als Asylentscheider tätig sind, denn die einzelnen Schicksale haben nicht zu interessieren, es wird nach Gesetzen entschieden.
Die Autorin hat klar das deutsche Asylrecht beschrieben und lässt viel Hintergrundwissen über das Asylrecht einfließen, erläutert Begriffe wie subsidiären Schutz, sichere Herkunftsländer, die Dublin-Verordnung und Fluchtgründe.
Ein Roman, der aufrüttelt, der veranschaulicht, dass dringend Handlungsbedarf besteht, Asylentscheider müssen zureichend geschult werden und im Rahmen von Mentoring Programmen begleitet werden und es ist unverantwortlich, wenn in Deutschland Menschen, die keine Qualifikationen nachweisen können, im Schnellverfahren zu Entscheidern ausgebildet werden, die über Sein oder Nichtsein von Menschen entscheiden können, in „Der Zeit“ war im Juni diesen Jahres ein Bericht, demzufolge viele der sogenannten Entscheider unzureichend ausgebildet sind, von den mehreren Tausend eingestellten Mitarbeitern haben bislang nur 21,6 % die notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen durchlaufen.

Veröffentlicht am 23.08.2017

Asyl oder Abschiebung

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Ich finde unsere Abschiebepolitik sehr schlimm (vor allem diese Nacht und Nebel Aktionen, die Menschen betreffen, die schon lange hier geduldet und integriert sind), aber auch, dass die Politik den Familiennachzug ...


Ich finde unsere Abschiebepolitik sehr schlimm (vor allem diese Nacht und Nebel Aktionen, die Menschen betreffen, die schon lange hier geduldet und integriert sind), aber auch, dass die Politik den Familiennachzug erschwert und dann noch diese absurden Behauptungen, manche Länder seien sicher...

Seit vielen Jahren begegne ich immer wieder Menschen, die lieber sterben wollen, als in Länder zurückkehren zu müssen, wo sie vor dem Sterben noch gefoltert werden und die wegen Suizidversuchen zu uns in die Klinik kommen. Daher interessiert mich das Thema sehr, zumal es jetzt ja viel mehr Menschen betrifft und man in den Medien immer wieder von diesen ungerechten Abschiebepraktiken hört. Es ist unfassbar, welche unmenschlichen Entscheidungen da oft getroffen werden. Insofern wollte ich gerne wissen, wie die andere Seite aussieht und was in den Menschen vorgeht, die solche Entscheidungen treffen. Wie schaffen sie es , Nachts zu schlafen, wenn sie Familien auseinander gerissen haben ? Haben sie kein Herz ? Oder sind unsere Politiker und Gesetze schuld ?

Ich habe durch ehrenamtliche Hilfe hier und in den Flüchtlingslagern auf Lesbos viele der Flüchtlinge kennengelernt, ihre Verzweiflung und Not, aber auch ihre Demut, Dankbarkeit unnd Bescheidenheit. Die tiefe Erleichterung und Erlösung, wenn sie es bis nach Lesbos geschafft haben, werde ich nie vergessen. Und die Vorstellung, wie sie wieder zurück in die Hölle geschickt werden, macht mich krank.

Ich bin also mit großer Neugier an dies Buch heran gegangen und wurde nicht enttäuscht. Ich fand allein schon den Anfang sehr stark. Erst diese Zitate, die schon sehr erschrecken und nachdenklich machen, wie die Politik mit Menschen umgegangen ist und es jetzt wieder tut, und dann der Alptraum der Asylentscheiderin, die ja eigentlich Postbeamtin ist. So sollte es eigentlich allen Entscheidungsträgern gehen, vor allem auf politischer Ebene, damit nicht so eiskalt über Menschenleben entschieden wird. Viele Fragen der Hauptperson stelle ich mir auch. Mit welchem Recht entscheiden Menschen, die die Situation der anderen nicht wirklich kennen, über das Schicksal und das Leben der anderen ? Wie kann ich wissen, ob ein Land wirklich für alle sicher ist, wenn ich selbst nicht den Altag erlebt habe? In dem Buch wird sehr anschaulich geschildert, wie man in so einen Job reinrutschen kann. Allerdings ist die Figur etwas blauäugig und glaubt brav, was ihr eingeredet wird, nämlich, dass nicht genug Ressourcen für alle da seien und man daher "Wirtschaftsflüchtlinge" abschieben müsse. Sie geht da in meinen Augen von einer falschen Prämisse aus und ich hätte es spannender gefunden (und aufschlußreicher), wenn sie nicht die Möglichkeit gehabt hätte, glauben zu können, etwas Gutes zu tun. Wie ist das also mit den anderen Asylentscheidern ? Dachten diese auch zu Anfang etwas Gutes zu bewirken und sind dann lediglich abgestumpft ?

Besonders erschreckend und erschütternd fand ich den Lehrgang, den die Postbeamten im Eilverfahren absolvieren und die Dogmen, die sie dort eingetrichtert bekommen. Das ist wirklich harter Stoff und ich bin entsetzt darüber, aber anders kann man wohl auch nicht verstehen, was Menschen dazu bewegt, andere in die Hölle zurückzuschicken. Diese Sätze "Spüren Sie die Lüge auf!" und "wer einmal lügt, lügt immer" sind eine unglaubliche Unterstellung und Gemeinheit allen anständigen Flüchtlingen gegenüber und legen den Grundstein für Mißtrauen und Ablehnung. Ich selbst hatte einen Patienten mit völlig vernarbten und verkrüppelten Füßen, was eindeutig auf mehrmaliges Foltern zurückzu führen war und er berichtete, wenn er abgeschoben würde, würde er direkt vom Flughafen wieder ins Gefängnis kommen und dort hingerichtet werden. Ich fand schon schlimm, was er bereits durchgemacht hatte, dann zeigte er mir seinen Abschiebebescheid. Als Begründung stand da, er hätte sich die Wunden auch selbst zufügen können, um Asyl unrechtmäßig zu erschleichen. Ich war fassungslos über diese Unterstellung und Wortwahl. Und selbst wenn, wie groß muß die Verzweiflung und das Leid sein, um sich soetwas anzutun ? Er wird nie wieder laufen können und es hätte gar nicht selbst zugefügt sein können. Auch wurde kein Arzt zur Beurteilung hinzugezogen. Wenn die Behördenangestellten aber so gedrillt werden...Nein, eigentlich kann ich diese eiskalte Unmenschlichkeit auch dann nicht verstehen. Und dann diese Aufforderung, sich hinter den Gesetzen zu verstecken, wenn das Gewissen oder Mitgefühl in die Quere kommt. Da kriege ich eine Gänsehaut, denn sowas hatten wir schonmal. Eigentlich sollten die Gesetze für die Menschen gemacht werden und nicht gegen sie, aber ich schweife ab.

In dem Buch wird die menschlichre Not und Verzweiflung gut dargestellt, manchmal auch sehr drastisch, indem z.B. so nebenbei jemand erwähnt wird, der aus dem Fenster gesprungen ist, weil er keinen Ausweg mehr sah. Die Figur der Cochise stellt ein bißchen den Gegenpol oder das Gewissen dar und so langsam beginnt die Asylentscheiderin ihr Tun in Frage zu stellen. Die Wende in ihrem Denken und Handeln kommt durch einen Traum, den sie sehr realistisch erlebt. An ihrem Denken, dass Menschen, die mitansehen müssen, wie ihre Kinder verhungern, weil kein Geld für Essen da ist, die sterben, weil sie sich keine medizinische Versorgung leisten können, die niemals eine Arbeit im Heimatland finden werden, weil sie einer bestimmten Minderheit angehören, nur "Wirtschaftsflüchtlinge" sind und dass wir überfordert seien diesen Menschen zu helfen, hat sich nichts geändert. Aber sie hat sozusagen die menschliche Seite der Not gesehen, die Verzweiflung, die Menschen dazu bringt, sich auf den gefährlichen Weg in eine unsichere Zukunft zu machen. Nun bekommt sie diesen Spagat zwischen Gestzesauflagen und Gewissen nicht mehr hin und dekompensiert.

Was mich etwas gestört hat, ist, dass es in diesem Buch schon wieder eine lesbische Beziehung gibt. Ich finde, das nervt etwas, weil es den Eindruck macht, als würde die Autorin sich diesbezüglich auf einem Kreuzzug befinden. Das hat irgendwie nichts mit dem Thema zu tun. Wenn die Asylentscheiderin sich wenigstens Gedanken darüber machen würde, wie offen, frei und ohne Angst sie das Verlieben in eine Frau ausleben kann, ohne im Gegensatz zu den von ihr abgelehnten Afrikanern um Leib und Leben fürchten zu müssen, dann fände ich die Erwähnung dieser Beziehung sinnvoll. So finde ich das etwas überflüssig. Eigentlich stört mich das nicht, aber wenn es in 4 Büchern 3x vorkommt (im 4. Buch kommen Flüchtlinge selbst zu Wort), dann denk ich schon irgendwann ; "Nicht schon wieder ! Was hat das mit dem Thema zu tun ?" Aber sei´s drum. Es tut der Geschichte ja auch keinen Abbruch.

Erschütternd wieder am Schluß die einzelnen Schicksale und die haarsträubenden Begründungen für die Ablehnungen. Ich hatte immer gedacht, wir schützen Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt werden und denen bei Rückkehr Folter und Tod droht, aber dem ist nicht so. Die Infos zu einzelnen Begriffen z.B. was ist subsidärer Schutz oder was besagt diese schwachsinnige Dublin Verordnung finde ich sehr hilfreich.

Insgesamt ein starkes, wichtiges und lesenswertes Buch und ich finde es klasse, dass sich die Autorin unermütlich bemüht, dieses Thema immer wieder von allen Seiten zu beleuchten. Wie wir mit diesen Menschen, die so dringend unsere Hilfe benötigen, umgehen, und wie blind wir für ihr Leid sind, aus Sorge, wir müßten kürzer treten, wenn wir ihnen helfen, ist ein solcher Skandal, dass die Bücher von Maria Braig an den Schulen gelesen werden sollten, um wieder so etwas, wie ein soziales Gewissen und Mitmenschlichkeit zu wecken.

Veröffentlicht am 10.11.2017

Hochaktuelles Buch über Ängste, Moral und die Werte unserer Gesellschaft

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Jeder hat sie vor Augen: Die Flüchtlingsströme auf der Balkanroute, die überfüllten Fischkutter in den Wogen des Mittelmeers, die verzweifelten Gesichter, die scheinbar alle versuchen, zu uns zu kommen ...

Jeder hat sie vor Augen: Die Flüchtlingsströme auf der Balkanroute, die überfüllten Fischkutter in den Wogen des Mittelmeers, die verzweifelten Gesichter, die scheinbar alle versuchen, zu uns zu kommen und hier ein ein neues, glückliches Leben in Sicherheit und Wohlstand aufbauen wollen. Aber können wir uns das leisten? All diese Massen? Muss da nicht Einhalt geboten, eine "Grenze" gesetzt werden? Klar, sie alle haben gute Gründe, warum sie sich auf den Weg gemacht haben - aber sind die auch gut genug, um ein Bleiberecht zu erhalten?
Diese Fragen beschäftigen Juli als sie in der Zeitung ein Stellenangebot des BAMF entdeckt, welches dringend "Asylentscheider" sucht. Kurzentschlossen bewirbt sie sich, glücklich, endlich einer "sinnvollen" Tätigkeit nachzukommen.
Schon bald bahnen sich aber ganz andere Fragen ihren Weg: Hat es dieser einzelne, der hier gerade in seiner Verzweiflung vor ihr zusammen bricht, der alte Greis, der sein Leben lang geschuftet hat, um jetzt vor dem nichts steht, oder die Mutter mit den schrecklichen, traumatisierenden Erfahrungen und dem unermüdlichen Willen, für ihre Kinder ein sicheres, geborgenes Zuhause zu finden - haben sie es nicht alle irgendwie verdient, hierbleiben zu dürfen? Und dann ist da noch ihre Freundin, die ihrem neuen Job sehr kritisch gegenüber steht, gar anzweifelt, dass ein Aussieben tatsächlich notwendig ist...

Ein sehr spannendes Buch, das einen tollen Einblick in die Arbeit der Behörde gibt, das Zweifel anspricht und den Menschen hinter den Akten ein Gesicht gibt, lesenswert!