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Veröffentlicht am 15.09.2016

Bella Mia

Bella mia
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Ein Erdbeben hat ihnen 2009 alles genommen, hat alles Hab und Gut zerstört und ein Familienmitglied getötet. Die Mutter hat ihre Tochter, die Schwester ihre Zwillingsschwester und der Neffe seine Mutter ...

Ein Erdbeben hat ihnen 2009 alles genommen, hat alles Hab und Gut zerstört und ein Familienmitglied getötet. Die Mutter hat ihre Tochter, die Schwester ihre Zwillingsschwester und der Neffe seine Mutter verloren. Das Wohnviertel ist durch das Militär abgesichert und das Betreten der Zone strengstens verboten. Doch die Sehnsucht nach der Vergangenheit, nach der damals vorherrschenden heilen Welt und den vertrauten Gebrauchsgegenständen bleibt, so dass man sich heimlich in diese zerstörte Zone schleicht und in Erinnerungen schwelgt, alte Klamotten, Töpfe, Decken und Möbel begutachtet und sich fragt, wann und ob man jemals wieder dahin zurückkehren wird. Wann kehrt wieder Normalität ein? Wann wird man der Trauer entfliehen können? Alles ist in Staub und einen grauen Umhang gehüllt. Die Menschen leben in provisorischen Wohnblöcken, die kurz nach dem Erdbeben errichtet worden sind, doch schon anfangen zu bröckeln. Die Vergänglichkeit ist überall sicht- und greifbar.

Caterina lebt mit ihrer Mutter und ihrem Neffen Marco, dem Sohn ihrer Zwillingsschwester Olivia, in dieser Wohnsiedlung und beschäftigt sich tagein tagaus mit den Verlusten, die ihre Familie, aber auch die Menschen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, erleiden mussten. Sie beobachten die gebrochenen Gestalten, die keinen Sinn mehr in ihrem Leben sehen, sie versucht ihren Neffen zu erziehen und hat jeden Tag ihre Schwester, die sie über alles geliebt hat, vor Augen. Jedes Mal ist es ein Stich ins Herz, wenn sie an Olivia denkt und merkt wie sehr ihre Schwester fehlt.

Ich mag den klaren Schreibstil der Autorin und die Familiengeschichte bzw. das Drama hat mich berührt und zum Nachdenken angeregt. Dem Leser wird vor Augen geführt wie schnell alles verloren und zerstört sein kann. Da fragt man sich doch, was einem im Leben wirklich wichtig ist?! Da wird einem klar, auf wie viele (materielle) Dinge man tatsächlich verzichten kann, denn diese Dinge geben uns nicht viel zurück. Es sind die Menschen, die uns im Leben begleiten, auf die wir nicht verzichten können. Die helfende Hand, die uns gereicht wird, die wärmende Umarmung, die tröstenden Worte die uns in schweren Stunden aufmuntern. Familie, Freunde, Bekannte und Nachbarn machen unser Leben lebenswert. Dies wird auch in dem Buch deutlich, indem geschildert wird wie die drei Protagonisten mit ihrer Trauer umgehen und sich gegenseitig bewusst, aber auch teils unbewusst, zur Seite stehen und unterstützen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Sommer in Irland

Ein Sommer in Irland
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Caroline hat es nicht leicht. Sie muss sich als alleinerziehende Mutter durchschlagen und ihre pubertierende Tochter versuchen zu erziehen, die oft mehr als launisch ist. Sie arbeitet bei einem Kunsthändler ...

Caroline hat es nicht leicht. Sie muss sich als alleinerziehende Mutter durchschlagen und ihre pubertierende Tochter versuchen zu erziehen, die oft mehr als launisch ist. Sie arbeitet bei einem Kunsthändler und das Verhältnis zu ihrem Exmann, welcher sie für eine jüngere Frau verlassen hat, ist auch eher angespannt. Glücklicherweise bekommt sie von ihrem Chef das Angebot für ein paar Wochen nach Irland zu reisen, um Nachforschungen bezüglich einer Auktion zu betreiben und im Zuge dessen ein sehr altes und wertvolles Buch zu ersteigern. Ihre Tochter Kim ist von dem Vorschlag sie zu begleiten alles andere als begeistert, muss aber trotzdem mit und ist die erste Zeit lang sehr stur und bockig. Beide beziehen ein Cottage, welches von einer traumhaft schönen Landschaft umgeben ist und Caroline beginnt mit der Recherchearbeit.

Auf der Suche nach dem wertvollen Buch sucht Caroline das Schloss Cardew Castle auf und macht die Bekanntschaft mit dem ruppigen Besitzer, welcher sie sehr schnell des Grundstücks verweist. Sie befragt die Dorfbewohner, die angespannt reagieren und nicht über das Schloss, den Besitzer oder sonst irgendetwas, was mit dem Schloss in Verbindung gebracht wird, sprechen möchten. Alle sind diesbezüglich sehr abweisend, was Caroline ziemlich stutzig macht und nachdenklich stimmt. Trotz merkwürdiger Vorkommnisse lässt sich Caroline nicht von ihrem Vorhaben abbringen und stößt auf ein Wappen, welches ihr bekannt vorkommt und auf ein Buch, welches die interessante und bewegende Geschichte einer jungen Frau namens Amy beinhaltet. Noch ahnt Caroline nicht in wie weit die Geschichte ihr eigenes Leben beeinflussen wird und welche Geheimnisse bald an das Tageslicht befördert werden.

Das Buch „Ein Sommer in Irland“ ist ein vielschichtiger Roman, der überhaupt nicht kitschig ist und den man kaum aus der Hand legen möchte, da er so spannend geschrieben ist. Die Landschaft Irlands wird dem Leser näher gebracht, die Charaktere sind allesamt toll und authentisch beschrieben und schnell entwickelt man als Leser eine Zu- oder Abneigung in Bezug auf einige Personen. Die Verbindung zwischen der Geschichte von Amy, welche um 1900 in Irland spielt, und der Gegenwart wertet die Story noch weiter auf und es macht Spaß zu lesen, wie sich die Geheimnisse nach und nach lüften und zu erfahren wie diese Geschichten zusammenhängen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Kreuzfahrt

Kreuzfahrt
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Zwei Ehepaare lernen sich im Urlaub kennen und finden heraus, dass sie in ihrer Heimatstadt in unmittelbarer Nähe zueinander wohnen. Beide Paare haben je zwei Kinder, die sich anfreunden, die Familien ...

Zwei Ehepaare lernen sich im Urlaub kennen und finden heraus, dass sie in ihrer Heimatstadt in unmittelbarer Nähe zueinander wohnen. Beide Paare haben je zwei Kinder, die sich anfreunden, die Familien werden zu Nachbarn, verstehen sich gut und schon steht auch der Freundschaft zwischen Meret und Dres sowie Romy und Jan nichts mehr im Wege. Man trifft sich zum shoppen, zum Essen, man sitzt gemeinsam da, trinkt Wein und führt Gespräche über Gott und die Welt. Doch für Meret und Jan ist es mehr als nur Freundschaft. Sie fühlt sich zu Jan hingezogen, kann nicht aufhören an ihn zu denken und stellt ihre Beziehung zu Dres und ihre Familie in Frage. Es ist ein innerer Konflikt der sie zu zerreißen droht und den der Leser in dem Brief, den sie an Jan schreibt und aus dem das gesamte Buch besteht, erzählt bekommt.

Es wird keine klassische Liebesgeschichte dargestellt, sondern vielmehr die Entwicklung einer Affäre, der Frust einer eingeschlafenen Ehe und der Wunsch nach Liebe und Zärtlichkeit, nach Aufmerksamkeit und Abenteuer skizziert. Die Gedankengänge, die Meret beschäftigen, ihr Handeln und alle Gegebenheiten, die sie umgeben, könnten jedem passieren. Es ist eine Geschichte, die aus der Mitte eines Lebens, einer Ehe, einer Gesellschaft herausgefiltert und niedergeschrieben worden ist. Es ist eine Geschichte, die den ein oder anderen Leser zum Nachdenken über die eigene Ehe/Beziehung bewegen könnte. Man stellt sich schnell die Frage, ob einem so etwas selber passieren könnte, ob man genug Aufmerksamkeit, Respekt und Liebe erfährt, ob man glücklich ist oder welche Sehnsüchte einen beschäftigen. Ist die eigene Ehe/Beziehung stark genug, um dem Verlangen nach einer Affäre, einem Abenteuer stand zu halten?

Es gibt leider ein, zwei Stellen in dem Buch, die ich tatsächlich als „zu weit hergeholt“ beschreiben würde, doch allgemein gesehen ist die Story sehr interessant und das Gefühlschaos in und rund um Meret bestens beschrieben. Die Charaktere sind sonderbar und auch unterhaltsam. In dem Buch wird hin und wieder von einer Kreuzfahrt geschrieben, doch die eigentliche Kreuzfahrt unternehmen die vier Charaktere. Sie schippern, der Erreichung des Zieles wissend und auch unwissend, durch das Wasser. Zu welcher Insel (siehe Cover) es sie letztendlich verschlagen wird, weiß man nur noch nicht.

Ich habe das Buch gerne gelesen, fand den Schreibstil passend und die Geschichte hervorragend, da sie speziell ist. Hatte ich zunächst eine relativ normale Liebesgeschichte erwartet, wurde ich von einer komplexen und attraktiven Story überrascht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Erst wenn du tot bist

Erst wenn du tot bist
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Fanny wollte es in ihrer Heimatstadt Stralsund eigentlich etwas ruhiger angehen lassen. Nach der jahrelangen journalistischen Tätigkeit für diverse große Zeitungen in Kriegsgebieten hatte sie genug von ...

Fanny wollte es in ihrer Heimatstadt Stralsund eigentlich etwas ruhiger angehen lassen. Nach der jahrelangen journalistischen Tätigkeit für diverse große Zeitungen in Kriegsgebieten hatte sie genug von all dem Leid und Elend. All diese Erfahrungen haben dazu geführt, dass sie anfing Panikattacken zu bekommen und sogar ihre Beziehung hielt diesen Druck nicht aus. So nahm sie einen Job bei den Ostsee-Nachrichten an und brach alle Zelte im Ausland ab. Auf ihrer morgendlichen Joggingstrecke macht Fanny aber einen grausigen Fund und schon stürzt sie sich Hals über Kopf in die Ermittlungs- und Recherchearbeit. Wie in alten Zeiten schlägt ihr Reporter-Herz höher und sie versucht mit allen ihr bekannten Mitteln den Mord an der jungen Mutter Melanie Schmidt aufzudecken. Zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Lars, welcher die polizeilichen Ermittlungen leitet, versucht sie dem Mörder auf die Schliche zu kommen und scheut sich nicht davor allen involvierten Personen auf den Zahn zu fühlen.

Positiv aufgefallen ist mir der lockere und klare Schreibstil, mit dem die Autorin Spannung erzeugt und mich kontinuierlich dazu gebracht hat immer weiter zu lesen. Zudem fand ich die Charaktere passend und die Thematik gut gewählt. Aktuelle Themen werden angeschnitten, gewisse Klischees bedient und so manche Szene kennt man aus dem gesellschaftlichen Alltag nur zu gut.

Bemängeln muss ich hingegen einige Szenen, die ich unpassend, unnötig oder teilweise einfach übertrieben fand. Ohne zu viel verraten zu wollen, waren es Szenen, die meines Erachtens nicht zum Charakter „Fanny“ gepasst und bei mir Kopfschütteln verursacht haben. Es wurden auch Dinge erwähnt, die gar nicht mehr in dem Buch weiter behandelt und somit links liegen gelassen wurden. Auch der Mitteilungsdrang einiger Charaktere hat mich stutzig gemacht, denn Fanny kam unglaublich schnell an diverse Informationen und Menschen heran, was ich eher unglaubwürdig finde und auch das ihr Bruder, der Polizist, sie so extrem in die Ermittlungsarbeit eingebunden hat empfand ich als unverhältnismäßig.

Letztendlich ist „Erst wenn du tot bist“ ist ein netter Krimi für zwischendurch, bei dem man nicht zu viel denken und sich gut berieseln lassen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der goldene Handschuh

Der goldene Handschuh
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„Der goldene Handschuh“ ist eine Kneipe. Es ist ein dunkles, stinkendes Loch, in dem verlorene Seelen und finstere Gestalten Zuflucht finden und sich unter Gleichgesinnten die Lichter ausschießen. Traurige ...

„Der goldene Handschuh“ ist eine Kneipe. Es ist ein dunkles, stinkendes Loch, in dem verlorene Seelen und finstere Gestalten Zuflucht finden und sich unter Gleichgesinnten die Lichter ausschießen. Traurige Schicksale, verhunzte Lebensläufe, gesundheitliche Probleme, Arbeitslosigkeit und die Sehnsucht nach einem geregelten Leben und der Liebe werden hier mit viel Schnaps heruntergespült. Ob am helllichten Tag oder mitten in der Nacht, die Kneipe öffnet ihre Tür immer und für jeden.

Fritz Honka ist so eine verkorkste Gestalt, die im goldenen Handschuh Zuflucht und vermeintliche Freunde findet. Er weiß, wie alle anderen auch, dass wenn er die Kneipe betritt, er „Freunde“ wiedersieht und die Außenwelt ausblenden kann. Honka ist Alkoholiker, er lebt in einer kleinen stinkenden und dreckigen Wohnung und greift hier und da eine Frau auf, die ihn befriedigt und der er als Gegenleistung ein Dach über dem Kopf anbieten kann. Gewalt, Streitereien, Obszönitäten und der Drang nach Sex beherrschen seinen Alltag. Doch tief in seinem Inneren will er ein normales Leben führen, einen Job ausüben, ein geregeltes Einkommen haben und dem Teufelskreis, in dem er sich befindet, entfliehen. Letztendlich kann er der Spirale, die ihn noch tiefer in all das Elend zieht, nicht entkommen und legt auch noch einen Karriere als Frauenmörder hin.

Zwischendurch wird die Geschichte von einer reichen und bekannten Familie eingeschoben, in der einige Familienmitglieder, trotz all dem Geld, Probleme und abartige Neigungen haben, die natürlich ausgelebt werden müssen. Früher oder später landet man auch hier in der berüchtigten Kneipe und säuft sich das Leben schön. An dieser Stelle wird klar, dass die zerstörten und bemitleidenswerten Existenzen nicht nur der Unterschicht angehören, sondern sich auch in der Oberschicht finden lassen. Denn wie sagt man so schön: Geld allein macht nicht glücklich.

Das Buch von Heinz Stunk ist keine leichte Kost. Mir ist beim Lesen, da ich mich versucht habe intensiv in die Situationen hineinzuversetzen, tatsächlich zwischendurch schlecht geworden, denn die Lebensumstände von Honka und all den anderen Handschuh-Besuchern sind alles andere schön. Die Beschreibungen seiner Abartigkeit, seines Alkoholkonsums und seiner Handlungen sind manchmal abstoßend. Der Schreibstil und diverse Zeitsprünge machen das Lesen nicht so einfach, aber die Geschichte wird sehr realistisch beschrieben. Honkas Morde sind eher als Randgeschichte niedergeschrieben. Vielmehr dreht sich die Story um seine Persönlichkeit, seine Neigungen und seine Sehnsüchte. Die polizeilichen Ermittlungen und der Prozess werden erst als Anhang des Buches thematisiert.