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Veröffentlicht am 05.01.2023

Grauen in den Bergen

Wintersterben
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Valeria Ravelli ist eine der besten Ermittlerinnen von Interpol. Deshalb wird auch sie geschickt, als irgendwo in den Walliser Alpen eine Leiche gefunden wird. Der Tote war früher BKA-Beamter und hat in ...

Valeria Ravelli ist eine der besten Ermittlerinnen von Interpol. Deshalb wird auch sie geschickt, als irgendwo in den Walliser Alpen eine Leiche gefunden wird. Der Tote war früher BKA-Beamter und hat in den Fällen von verschwundenen Mädchen recherchiert. In dem abgelegenen Ort stößt Valeria nicht nur auf eine Mauer aus Schweigen, sondern auch auf eine Leiche und die ersten Anschläge auf sie lassen nicht lange warten. Zur selben Zeit ermittelt Valerias Kollege Colin Bain eine Spur in den Schweizer Großstädten. Beiden ist schnell klar, dass sie niemandem trauen können und sie jederzeit in Gefahr schweben.

Okay, ich habe das zwar geschrieben mit der Klarheit, dass sie in Gefahr schweben, aber obwohl Valeria selbst das immer wieder betont, scheint ihr das meistens am A... vorbeizugehen, so wie sie sich permanent noch mehr als nötig in Gefahr bringt. Sie vergisst ständig ihre Waffe, steigt ohne Rückendeckung in diversen Bergen/Tunneln/Häusern herum, lässt sich von Verdächtigen von Pontius zu Pilatus schicken und hält auch sonst nicht viel von eigener Sicherheit. So, wie sie sich oft genug anstellte, ist mir bis zum Schluss des Buches nicht klargeworden, warum sie als Zugpferd von Interpol gilt. Das lässt mich an dieser Behörde glatt ein bisschen zweifeln. Womit ich auch nur schwer zurechtkam, war der Schreibstil. Das einig Gute daran fand ich den fast durchgängig vorhandenen unterschwelligen Horror. Ansonsten war er mir zu distanziert und das Wechseln in 2. Person Singular Präsens während des Denkens riss mich jedes Mal wieder aus dem Lesefluss. Außerdem wurde sich gerade bei diesen Denkvorgängen ständig wiederholt. Auch die Logik fehlte mir ein bisschen, gerade zum Schluss, wo plötzlich das gesamte Polizeiballett auftaucht. Warum? Wer hat sie benachrichtigt? Und warum sollten sie? Mehr kann ich ohne zu spoilern nicht schreiben, aber das war auch nicht die einzige Sache, die mich gestört hat.

So fand ich zwar die eigentliche Idee gut und auch die unheimliche Atmosphäre in dieser Gegend, aber der Rest konnte mich nicht überzeugen. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 17.12.2022

Welcher Mordclub?

Der Mordclub von Shaftesbury – Eine Tote bleibt selten allein
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Penelope St. James möchte unbedingt Partnerin einer alteingesessenen Londoner Luxus-Partnervermittlung werden und lässt sich deshalb darauf ein, eine Außenstelle in einem ländlichen Nest ohne Internet ...

Penelope St. James möchte unbedingt Partnerin einer alteingesessenen Londoner Luxus-Partnervermittlung werden und lässt sich deshalb darauf ein, eine Außenstelle in einem ländlichen Nest ohne Internet und mit schlechtem Telefonanschluss zu eröffnen. Als erste Amtshandlung fällt sie erstmal dramatisch in Ohnmacht, weil es hier auf dem Land ... Tiere gibt. Und Tierärzte. Doch nach einiger Zeit gewöhnt sie sich sowohl an die smogfreie Luft als auch an die Dorfbewohner. Nur als sie beim Joggen eine sterbende Frau findet, ist das eher unangenehm. Aber Penelope hat so viel zu tun, dass sie den Mord dann eher en passant auf Seite 309 von 310 lösen muss.

Das Buch fiel mir auf, weil es wahnsinnig prominent in Titel und Gestaltung an den "Donnerstagmordclub" anspielt. (Sehr cooles Buch, unbedingt lesen!) Aber ich finde, wenn man sich schon so ... nun ja, fast unverschämt an einem richtig guten Buch bedient, sollte man sowohl die Fähigkeiten haben, inhaltlich und stilistisch mitzuhalten als auch bei einem "british cozy crime" nicht nur das cozy zu verwenden. Und wo bitte war denn der Mordclub überhaupt? Den gibt es bis zum Schluss nicht, was bedeutet: Hier möchte ein Verlag auf einen Zug aufspringen. Mir tut die Autorin direkt leid, denn sie wollte sicherlich nur eine romantische Geschichte, die auf dem Land spielt, schreiben. Mit ein paar Irrungen und Wirrungen, ein bisschen Slapstick, einem altklugen Kind und ein paar niedlichen Hunden. Der "Kriminalfall" wirkte jedoch eher so, als hätte man ihn irgendwie am Ende des Buches mit Müh und Not versucht unterzubringen, damit man nicht wegen Genreirreführung niedergebrüllt wird. Jetzt habe ich die Geschichte aber auch nicht unbedingt gehasst und schnell gelesen war sie auch. Trotzdem keine Meisterleistung vom Verlag, LeserInnen dermaßen am Nasenring vorzuführen. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 23.11.2022

Verdorbenes Blut

Der mexikanische Fluch
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Noemi ist eine moderne, junge Frau der fünfziger Jahre in Mexico. Sie liebt es zu tanzen, zu flirten, in der Hauptstadt zu leben. Doch als sie einen verstörenden Brief ihrer Cousine Catalina erhält, zögert ...

Noemi ist eine moderne, junge Frau der fünfziger Jahre in Mexico. Sie liebt es zu tanzen, zu flirten, in der Hauptstadt zu leben. Doch als sie einen verstörenden Brief ihrer Cousine Catalina erhält, zögert sie nicht lange. Sie reist in das mexikanische Hinterland, in eine abgelegene Gegend, wo das Herrenhaus der Doyles steht. Catalina hat Virgil Doyle geheiratet, doch sie wirkt nicht glücklich. Als Noemi eintrifft, scheint ihre Cousine schwer krank zu sein, die Doyles sind fast alle kaltherzige, herablassende Rassisten und das Haus selbst ist unheimlich. Doch schon bald merkt Noemi, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht und auch sie selbst bald in ein Geheimnis verstrickt wird, das sie nicht mehr loslassen will ...

Ich hatte mich wirklich auf das Buch gefreut. Hypes interessieren mich zwar in der Regel nicht, aber da es als Schauerroman angepriesen wurde, die ich sehr schätze, ließ ich mich gerne einfangen. Oder hätte mich zumindest gern einfangen lassen, denn so richtig gelang es dem Buch nicht. Die Handlung ist bis zur Mitte des Buches gemächlich und Noemi, die eigentlich als intelligente Frau beschrieben wurde, ließ sich wieder und wieder von den Doyles unterbuttern, auch wenn sie das ein oder andere Mal dagegenhielt. Was mich jedoch mehr störte, war, dass zwar die typischen Schauerzutaten vorhanden waren - gruseliges Haus, abgeschieden, unheimliche Bewohner - aber nichts daraus gemacht wurde. Stattdessen wurde auf Ekel anstatt Horror gesetzt, und ich wusste nicht, wovor ich mich mehr ekeln sollte: den sexuellen Belästigungen, die sehr detailliert beschrieben oder diverse Rituale, die durchgeführt wurden. Auch das Ende war mir zu abrupt und beinahe geeignet, um ins Glücksbärchiland einzugehen. Ich bleibe also eher unzufrieden und enttäuscht zurück, auch wenn der Schreibstil zu den besseren und gehobeneren zählt. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 04.11.2022

Against all odds

Countdown. Der letzte Widerstand
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An einem Tag im Sommer vor zwei Jahren gab es einen globalen EMP-Vorfall, der sämtliche Stromnetze der Welt lahmlegte. Das normale Leben ist vorbei, die Menschen versuchen, irgendwie über die Runden zu ...

An einem Tag im Sommer vor zwei Jahren gab es einen globalen EMP-Vorfall, der sämtliche Stromnetze der Welt lahmlegte. Das normale Leben ist vorbei, die Menschen versuchen, irgendwie über die Runden zu kommen. In den Städten hat die Atlas-Union die Macht übernommen, nur auf dem Land leben noch vereinzelte autarke Gruppen in befestigten Siedlungen. Zu einem dieser Dörfer gehört der fünfzehnjährige Ben, und wenig später kommt seine ehemalige Klassenkameradin Lena mit ihren Eltern hinzu. Zur selben Zeit erfahren sie Ungeheuerliches über die Machthaber der Atlas-Union und sie müssen sich dafür entscheiden, gegen diese Übermacht zu kämpfen oder die Welt, wie sie sie kannten, endgültig untergehen zu sehen.

Vorneweg: Normalerweise mag ich Thiemeyers Jugendbücher. Er greift immer solche Themen auf und lässt jugendliche Protas ihren Weg gehen. Aber keine Ahnung, was hier passiert ist. Vielleicht wollte er ursprünglich wieder eine Trilogie schreiben wie bei Evolution und hatte mittendrin keine Lust mehr oder er hat die Geschichte mit fünfzehn geschrieben und sie lag die letzten vierzig Jahre in der Schublade und fiel ihm gerade wieder ein. Jedenfalls fehlte hier jegliche Raffinesse im Aufbau der Geschichte, die Protagonisten handelten die mesite Zeit völlig dumm, Logik bei Widerständlern und Machthabern suchte man vergebens. Und dann dieses schreckliche Ende, das der Unlogik wirklich noch mal die Krone aufsetzt. Nein, das war echt überhaupt nichts. Die Bewertung von 2,5 Punkten ergibt sich mehr aus der guten Leistung des Sprechers als aus der Qualität des Buches.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.10.2022

Club der Unsympathen

Der Wintermordclub
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Jedes Jahr kurz vor Weihnachten treffen sich in einem kleinen Hotel in Le Lavandou eine Gruppe alter, ehemaliger Ermittler aus ganz Europa: Ex-Kommissare, Ex-Agentinnen, Ex-Gerichtsmediziner etc. Vor zwanzig ...

Jedes Jahr kurz vor Weihnachten treffen sich in einem kleinen Hotel in Le Lavandou eine Gruppe alter, ehemaliger Ermittler aus ganz Europa: Ex-Kommissare, Ex-Agentinnen, Ex-Gerichtsmediziner etc. Vor zwanzig Jahren haben sie gemeinsam einen großen Fall im Zuge einer Europol-Ermittlung gelöst, seitdem sind sie befreundet. Jedes Jahr gibt es ein Krimi-Diner, bei dem verbissen um den Titel "Bester Detektiv" gekämpft wird. Doch dieses Jahr erwartet die Ü-70iger ein Schock: Statt eines geschminkten Schauspielers erwartet sie eine richtige Leiche - und er ist einer von ihnen. Bedeutet das, auch der Mörder ist einer von ihnen? Plötzlich sind es nicht nur metaphorische Leichen, die im Keller versteckt sind ...

Vermutlich wollte hier jemand auf den Erfolg des Donnerstagsmordclub aufspringen und es hätte auch gut klappen können. Rein vom kriminalistischen Gefühl her schien mir der Autor gut recherchiert zu haben, wer was welche Aufgaben in verschiedenen Behörden oder Ländern hat. Leider versäumte er, auch ein sympathisches Personal zu schaffen, stattdessen amüsierte er sich damit, sämtliche Klischees aufzufahren, die diverse Länder bieten zu haben. Den fetten, ungehobelten, biersaufenden Deutschen, die noch immer attraktive Französin, die ihre Gefühle verbergende Engländerin, den großen, blonden Holländer, den verhutzelten Polen und den kriminellen Griechen. Manchmal fielen ein paar Worte in der entsprechenden Sprache wie "my dear", meistens jedoch hätte ich ohne entsprechenden Hinweis am Anfang des Kapitels kaum gewusst, wer da gerade die Erzählung übernimmt. Schade auch, dass zwar ständig behauptet wurde, sie wären alle befreundet, der Beweis blieb allerding schuldig. Jeder zog gedanklich über den anderen her, kaum einer zeigte sympathische Züge. Am Ende des Buches bleiben ein schaler Geschmack der enttäuschten Vorstellungen und ein schönes Cover übrig. 2,5/5 Punkten.