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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.10.2020

Wortlos, aber eindringlich

Ausflug zum Mond
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Irgendwann in der Zukunft: Eine Schulklasse macht einen Feldtrip zum Mond mit einem fliegenden Schulbus. Sie marschieren im wahrsten Sinne des Wortes durch eine Mondlandschaft, voraus der Lehrer, der etwas ...

Irgendwann in der Zukunft: Eine Schulklasse macht einen Feldtrip zum Mond mit einem fliegenden Schulbus. Sie marschieren im wahrsten Sinne des Wortes durch eine Mondlandschaft, voraus der Lehrer, der etwas erklärt, hinten dran die Schüler. Nur einer von ihnen bleibt zurück, damit beschäftigt, sich umzusehen und dann an - an eine Düne gelehnt - die wunderschöne blau-grüne Erdkugel zu malen. Irgendwann schläft er ein und als er aufwacht, bemerkt er erschrocken, dass all seine Klassenkameraden und der Lehrer fort sind. Gerade noch erkennt er, dass der Schulbus abgehoben ist und davonfliegt. Verzweifelt er? Weint er? Nein. Der kleine Junge setzt sich hin und malt wieder und plötzlich ... ist er nicht mehr allein.

Ich habe ja schon einige süße Kinderbücher gesehen, aber das hier darf sich in die Top-5 einreihen, denn es ist auch noch außergewöhnlich. Die ganze Geschichte wird ohne Worte, nur anhand der Zeichnungen, erzählt. Dabei fängt die Handlung sogar schon auf dem Cover an, beim Einsteigen in den Shuttle-Bus zum Mond. Es enthält Messages, ohne dass ein Zeigefinger erhoben wird und das Ganze wird so kindgerecht rübergebracht, dass es zum Niederknien ist. Dieses Buch ist nicht nur ein Bilderbuch, sondern wahrhaftig auch ein Lehrbuch in Sachen Träumen, Fremdheit, Freundschaft, Akzeptanz. Ganz großes Kino auch für die ganz Kleinen.

Veröffentlicht am 21.10.2020

Außen hui, innen na ja

Flo, der Flummi und das Schnack
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Flo, der Flummi und das Schnack ist ein Vorlesebuch und als solches auch echt schön gestaltet. Gegen das Cover und die Zeichnungen im Inneren gibt es absolut keine Einwände oder Beschwerden. Gut gedacht ...

Flo, der Flummi und das Schnack ist ein Vorlesebuch und als solches auch echt schön gestaltet. Gegen das Cover und die Zeichnungen im Inneren gibt es absolut keine Einwände oder Beschwerden. Gut gedacht finde ich auch, dass zu jeder Geschichte das Alter steht, ab welchem man vorlesen und die Kinder wahrscheinlich verstehen könnten, sowie die voraussichtliche Lesezeit. Die meisten Geschichten waren zwischen fünf und zehn Minuten angesetzt, also perfekt, um auch einfach mal zwischendurch nach dem Buch zu greifen.

Das waren die positiven Dinge, die mir zu dem Buch aufgefallen sind. Was mir weniger gefallen haben, waren die meisten Geschichten selbst. Die waren zum Großteils wirklich entweder extrem banal (selbst für ganz kleine Kinder) oder seltsam im Sinne von HÄ, was wollte uns der Dichter damit sagen?. Nun könnte man argumentieren, dass ich das nicht beurteilen könne, weil ich ja erwachsen bin. Allerdings hat meine Fachfrau - das Vorlesekind im Alter von sechs - genau dasselbe gesagt. Und wenn es für ein Kind schon, ich zitiere "wie doof!" ist, welchen Sinn hat das Buch dann?

Es gab auch ein paar Geschichten, die uns beiden gefallen haben. Das von der kleinen Spinne war nett, die längere Geschichte unter dem Meer oder auch die von den Staubmäusen.

Aber im Großen und Ganzen war das Buch ein ziemlicher Reinfall und auch ein paar Dinge, wo ich mich fragte, ob der Lektor da gepennt hat, kamen vor. Die Behauptung, dass Tiger aus Afrika kämen zum Beispiel. Oder dass eine Elster "ab da immer gemobbt wurde" einfach mal beiläufig eingeschoben, als ob das okay wäre. (Kleiner Spoiler: IST ES NICHT!)

In der Beschreibung des Buches steht was von "Das perfekte Buch für Eltern mit Musik- und Literaturgeschmack!". Und damit wird den Eltern schon im Sinne von Des Kaisers neue Kleider suggeriert, dass, wenn sie das Buch nicht toll finden, sie wohl nicht zur intellektuellen Elite gehören. Und welche Eltern wollen das schon? Bestimmt nicht diejenigen, die die Zeitschrift Nido lesen. Küchenpsychologie, die funktioniert, wenn man die begeisterten Rezensionen anderer liest. Von mir Proleten und meinem Vorlesekind gibt's 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 18.10.2020

Schnee fällt

Tod in der Bibliothek
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Irland 1957: In dem Herrenhaus der Osbornes gibt es einen Toten, ausgerechnet den örtlichen Priester und ausgerechnet in der Bibliothek. Inspector Strafford wird zum Ermitteln gerufen und er trifft auf ...

Irland 1957: In dem Herrenhaus der Osbornes gibt es einen Toten, ausgerechnet den örtlichen Priester und ausgerechnet in der Bibliothek. Inspector Strafford wird zum Ermitteln gerufen und er trifft auf seltsame Bewohner des Herrenhauses, von denen niemand sehr traurig über den Tod des Geistlichen zu sein scheint. Auch die Bewohner des Ortes tratschen zwar, sind aber auch nicht sonderlich erschüttert. Dazu kommt ein heftiger Wintereinbruch mit viel Schnee und die Kirche wünscht, die Todesursache zu vertuschen. Doch es bleibt nicht bei dem einen Toten ...

Abgesehen von der Beschreibung der winterlichen Verhältnisse, gibt es nichts, das ich bei diesem Buch positiv hervorheben kann. Es fängt schon mal damit an, dass der Verlag auf wirklich nahezu unverschämte Weise suggeriert, dass es sich hier um einen Krimi im Stile von Agatha Christie handelt. Dem ist - selbst mit dem Herrenhaus und dem Toten in der Bibliothek - nicht so. Bei Agatha kann man sich auf intelligente Ermittler einstellen, darauf, dass auf jedes Detail wert gelegt wird, auf skurrile, wunderbar gezeichnete Typen. Was bekommt man hier? Einen Ermittler, der laut Klappentext als attraktiv beschrieben wird, es aber nicht ist. Es wird behauptet, er sei intelligent - den Beweis dafür blieb er schuldig. Stattdessen stolpert er durch den Fall, begreift nichts und sieht noch weniger, er geilt sich an der psychisch kranken Frau des Gutsherrn auf, verbringt die Tage damit, in depressiven Erinnerungen zu schwelgen, den Hut an sein Bein und die Fingerknöchel an seine Zähne zu schlagen. Irgendwann wollte ich ihm nur noch den Hut aus den Händen reißen und die Zähne ausschlagen, damit er weder das eine noch das andere machen kann, sondern das tut, wozu er da ist: ermitteln.

Zum Ermitteln hat er aber keine Zeit und keine Lust. Er muss jedem erklären, dass er nicht Stafford, sondern Strafford heißt - ja, ist das nicht wichtig! Dann sind sämtliche weibliche Personen so notgeil, dass sie sie ihn beinahe anspringen und ihm trotz der Kälte die Klamotten vom Leib reißen. Überhaupt zeichnet sich dieses Buch durch Sexszenen aus, die weder in einem Krimi etwas zu suchen haben noch zur Handlung beitragen. Eher zum Abgewöhnen sind - falls jemand vorhat, ins Kloster zu gehen, lies das Buch, es wird dir die Lust auf fleischliche Gelüste vergehen. Selten habe ich einen mehr negativ eingestellten Protagonisten erlebt als Strafford und er ist furchtbar unsympathisch. Der Fall löst sich quasi eher zufällig und so richtig auch erst zehn Jahre später. Der Autor soll angeblich ein Bestsellerautor in disguise sein, aber falls ja, hat er/sie wohl noch nie einen Krimi geschrieben und wisst ihr was? Sollte er/sie auch nie wieder. Ich jedenfalls werde - falls es sich wirklich zu einer Reihe entwickelt - nicht mehr nach diesem Autor greifen und ich kann es auch niemandem, der klassische Whodunnits mag, empfehlen.

Veröffentlicht am 14.10.2020

Klare Himmel, Kinder!

Ember Drachentochter
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Vor zwölf Jahren hat der Magier und Sturmfänger Lionel ein Drachenbaby gerettet und weil Drachen in seiner Welt jagt und getötet werden, hat er sie verzaubert, sodass sie wie ein Mensch aussieht. Jetzt ...

Vor zwölf Jahren hat der Magier und Sturmfänger Lionel ein Drachenbaby gerettet und weil Drachen in seiner Welt jagt und getötet werden, hat er sie verzaubert, sodass sie wie ein Mensch aussieht. Jetzt hat Ember, wie er seine Adoptivtochter genannt hat, das Problem, dass sie sich im Sommer regelmäßig entzündet und etwas abfackelt. Daher gibt er sie in die Obhut seiner Schwester, die eine Forschungsstation in der Antarctika leitet. Doch auch dort bemerkt Ember, dass sich Menschen auf die Jagd nach Drachen machen: der arrogante Prinz Gideon, der hinterhältige Lord Norfall und noch mehr Jäger. Sie beschließt, etwas dagegen zu unternehmen und lernt dabei nicht nur ihre eigenen Fähigkeiten, sondern auch die Freundschaft zu zwei weiteren außergewöhnlichen Kindern kennen.

Das ist echt ein tolles Kinderbuch mit mehr als nur einer anständigen Message. Man lernt hier Jungs und Mädchen kennen, die nicht auserwählt sind, die auch Selbstzweifel haben, denen auch nicht immer alles gelingt, aber die trotzdem nicht aufgeben und weitermachen und vor allem versuchen, das Richtige zu tun. Es geht um Fragen der Ethik, und obwohl viele Drachen und andere Wesen auftauchen, ganz stark um Fragen der Menschlichkeit und Freundschaft. Mir gefiel, dass diejenigen, die auf der richtigen Seite standen, nicht automatisch auch nur sympathisch waren, oder dass der ausgewiesene Antagonist nicht nur böse um des böse seins ist. Er kann genauso gut charmant sein oder gut aussehend oder auch ein freundliches Lächeln haben. Und dadurch bekommen gerade Kinder sehr schnell mit, dass die wahren Monster nicht unbedingt auch wie Monster aussehen müssen. Hier gibt es alles: Abenteuer, Spannung, wichtige Dinge zum Mitnehmen.

Veröffentlicht am 10.10.2020

New World Order

Blue Sky Black. Ohne Dunkelheit keine Sterne
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Weltweite Katastrophen sorgen dafür, dass Milliarden Menschen umkommen und die Systeme zusammenbrechen. Auf der Flucht aus der Großstadt verliert Mila ihre Eltern und ihren Bruder und kommt als Waise nach ...

Weltweite Katastrophen sorgen dafür, dass Milliarden Menschen umkommen und die Systeme zusammenbrechen. Auf der Flucht aus der Großstadt verliert Mila ihre Eltern und ihren Bruder und kommt als Waise nach Kanada, zu ihrem Großvater, der ihr zeigt, wie man auch unter diesen Umständen in der Wildnis überleben kann. Zwei Jahre später stirbt auch er und Mila bleibt allein zurück. Plötzlich taucht ein verletzter Fremder auf, den sie wieder aufpäppelt, obwohl man immer Angst vor Plünderern und Mördern haben muss. Sie verliebt sich in den Mann namens Logan und plötzlich befindet sich Mila mitten in einer weltweit umfassenden Verschwörung und entscheidet sich, zusammen mit Logan den Kampf gegen die intrigante Regierung aufzunehmen.

Das hätte eine mega Dystopie werden können. Ich stehe ja eh auf Verschwörungen von Regierungen und dem Kampf David gegen Goliath. Allerdings erwarte ich dann auch ein durchdachtes Szenario. Was man hier bekommt, ist ein interessant er-, aber absolut kein durchdachter Hintergrund. Erklärungen zu den wirklich interessanten Dingen erfolgen stets und ständig als isso. Je mehr man liest, desto mehr fragt man sich, wie eigentlich alles noch so funktionieren kann, wie es das tut. Schlimmer fast noch ist die Liebesgeschichte, die weitaus mehr und kitschigeren Raum einnimmt als das dystopische Gerüst. Mila entpuppt sich schnell als Person mit Stalkertendenzen und Logan erklärt nach zwei Tagen seine unendliche Liebe. Diese unendliche Liebe sorgt übrigens dafür, dass beide stets und ständig die eigentliche Revolution in Gefahr bringen, aber das macht ja nichts, sie tun es ja aus Liebe. Logan ist übrigens ein Supermann, der alles kann. Nach zwei Tagen ist eine entzündete Schusswunde verheilt und behindert ihn in keinster Weise mehr und als Mila später zum Supersoldier wird, funktionieren ihre übermenschlichen Fähigkeiten immer nur dann, wenn es der Handlung dient. Ansonsten lässt sie sich genauso schnell über den Tisch ziehen wie ein normaler Mensch. Es wimmelt in dem Buch von unlogischen Handlungen, perfekt getimeten Zufällen und den allumfassenden isso-Erklärungen. Positiv zu erwähnen ist der Schreibstil, der ein schnelles Durchlesen ermöglicht, ein starker Frauencharakter und wie gesagt die Idee, sodass es noch 1,5 Punkte werden.