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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2023

Sundog-Konvoi

Nocterra 1
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Vor dreizehn Jahren kam die Dunkelheit über die Erde. Und mit der Dunkelheit kamen die Schatten: Menschen und Tiere, die sich so verwandelten, mutierten, dass sie sich auf alles stürzten und töteten, was ...

Vor dreizehn Jahren kam die Dunkelheit über die Erde. Und mit der Dunkelheit kamen die Schatten: Menschen und Tiere, die sich so verwandelten, mutierten, dass sie sich auf alles stürzten und töteten, was noch normal lebte. Val und ihr Adoptivbruder Em verloren dabei nicht nur Hab und Gut, sondern auch ihre Eltern. Seit Val fahren kann, ist sie einer der "Fährmänner": Männer und Frauen, die mit riesigen, gepanzerten Trucks durch die Dunkelheit fahren und Güter und Personen transportieren. Eines Tages erfährt Val, dass es eine Zuflucht gibt, wo Licht - Sonnenlicht - existieren soll. Doch auf dem Weg dahin wird sie nicht nur von den Schatten und einem geheimnisvollen Gegner verfolgt, sondern muss aufpassen, dass sie nicht auch noch ihren Bruder verliert.

Was für eine außergewöhnlich gut erzählte Geschichte! Die Idee mit der Dunkelheit und den dadurch resultierenden Mutationen habe ich auf diese Art noch nicht gelesen. Natürlich bleiben jede Menge Fragen: Was löst die Dunkelheit aus? Die Sonne kann nicht erloschen sein, sonst wäre es megakalt. Woher haben die Überlebenden Strom? Wie halten sie die Straßen instand? Aber der Schreibstil mit immer wieder Rückblenden und die Zeichnungen überzeugen auf ganzer Linie und lassen die Graphic Novel zu einem Pageturner werden. Ich bin jetzt sehr gespannt, wie es mit Val, ihrem Bruder und ihren Verbündeten weitergeht.

Veröffentlicht am 25.02.2023

Monster und Mütter

Die marmornen Träume
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Sommer 1939. Der Psychoanalytiker Simon Kraus hat ein schönes Leben. Er hat einen leichten Job, in dem er die Frauen von Nazigrößen betreut, gelegentlich mit ihnen schläft und sie dann mit dem Wissen um ...

Sommer 1939. Der Psychoanalytiker Simon Kraus hat ein schönes Leben. Er hat einen leichten Job, in dem er die Frauen von Nazigrößen betreut, gelegentlich mit ihnen schläft und sie dann mit dem Wissen um ihren Fehltritt erpresst. Als plötzlich genau diese Frauen ermordet werden, gerät er in das Visier der Gestapo, genauer des Obersturmführers Franz Beween. Dieser hat den Befehl, die Morde aufzuklären. Da im Tausendjährigen Reich jedoch keine Serientäter existieren dürfen, schon gar nicht welche, die Nazis oder deren Verwandten angreifen, hängt Beween meistens in der Luft, weil er entweder keine Informationen erhält oder niemanden befragen darf. Schnell wird ihm klar, dass er nur mit Hilfe von Kraus und dessen Kollegin den Fall lösen kann - auch wenn er weiß, dass sein Leben auf dem Spiel steht, egal, ob er den Fall löst oder nicht.

Es kommt nicht oft vor, dass mich ein so dickes Buch von der ersten bis zur letzten Seite fesseln kann: Hier ist das geschehen. Dabei gibt es eigentlich keine einzige sympathische Hauptperson. Beween ist ein Bauernsohn, der als Schläger und Mörder Karriere bei der SS und SA gemacht hat und davon träumt, in den Krieg ziehen zu können. Kraus ist ein kleiner, opportunistischer Mistkerl, bei dem gelegentlich Anflüge von dummem Mut durchblitzt und seine Kollegin, die Adlige Minna, ist nur klar, wenn sie völlig betrunken ist. Diese drei wirklich unsympathischen Protagonisten lavieren sich durch eine völlig verrückt gewordene Welt, in der Leben einerseits nichts mehr zählt, andererseits alles bedeutet. Die Naziherrschaft wird in ihrer Grausamkeit, ihrem Schrecken, ihrer Menschenverachtung sehr gut portraitiert und wenn man liest, wie sich ein französischer Autor durch deutsche Geschichte schlägt und dabei alle bluten lässt, wie er die Banalität des Bösen aufzeigt, die fanatischen Ansichten skizziert, kann man nur noch Respekt haben. Da verzeiht man auch den eine oder andere Episode, die nicht ganz so logisch ist, denn man wird hier vor allem eins: erschütternd gut unterhalten. 4,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 18.02.2023

Immer wieder Donnerstag

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel (Die Mordclub-Serie 3)
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Nachdem die letzten Fälle äußerst erfolgreich von unseren beliebtesten Senioren diesseits und jenseits des Kanals gelöst worden sind, muss ein neuer Fall her. Und dieses Mal ist es Joyce, die auswählt. ...

Nachdem die letzten Fälle äußerst erfolgreich von unseren beliebtesten Senioren diesseits und jenseits des Kanals gelöst worden sind, muss ein neuer Fall her. Und dieses Mal ist es Joyce, die auswählt. Vor zehn Jahren starb eine Journalistin; der Mord wurde nie geklärt. Joyce hat die Hoffnung, im Laufe der Ermittlungen auch den berühmten Moderator Mike Waghorn zu treffen, auf den sie gar nicht so insgeheim ein bisschen steht. Und plötzlich befinden sich die vier im Zentrum von Geldwäsche, Mehrfachmorden, Kryptowährungen, Fernsehauftritten, Entführungen - und das meistens alles noch vor dem Frühstück. Zum Glück haben sie beste Verbindungen und beste Verbündete, sonst würde es manchmal verdammt knapp werden ...

Ich liebe diese Reihe, diesen verrückten Cast, diese verrückten Einfälle und Ideen des Autors, das kann ich nicht anders sagen. Hier ist alles immer schräg: die Ereignisse, die Dialoge, die Leute. Ist vieles völlig undenkbar, übertrieben, absurd? Aber sicher! Ist mir das bei dieser Reihe völlig egal? Aber so was von! Die Geschichten sind humorvoll, cosy, voller Wärme und Freundschaft. Und manchmal auch bittersüß, weil man weiß, dass es nicht ewig so weitergehen kann, schließlich sind unsere Protagonisten bereits um die 80. Und dennoch wünsche ich mir eine Netflix-Serie und dass dem Autoren die Ideen niemals ausgehen. Schließlich gibt es immer wieder einen Donnerstag.

Veröffentlicht am 17.02.2023

Nachtfahrt

NIGHT – Nacht der Angst
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Anfang der 90iger Jahre: Die Filmstudentin Charlie gibt ihr Studium auf, als ihre Mitbewohnerin und beste Freundin Maddie von dem berüchtigten Campuskiller umgebracht wird. Da sie keine Minute länger hier ...

Anfang der 90iger Jahre: Die Filmstudentin Charlie gibt ihr Studium auf, als ihre Mitbewohnerin und beste Freundin Maddie von dem berüchtigten Campuskiller umgebracht wird. Da sie keine Minute länger hier verbringen, sondern nach Hause zu ihrer Großmutter möchte, nimmt sie das Angebot von Josh an, an einem Abend mitten unter der Woche zu fahren. Während der Fahrt unterhalten sie sich und ihr fallen immer mehr Ungereimtheiten bei Josh auf. Obwohl er nett ist und gut aussieht, ertappt sie ihn immer wieder beim Lügen und ein schrecklicher Verdacht steigt in ihr auf: Ist sie zu dem Campuskiller in den Wagen gestiegen? Doch das Problem, das Charlie hat: Seit einem Trauma kann sie manchmal Realität und gewisse Filme im Kopf nicht mehr auseinanderhalten, also was kann sie glauben und kann sie überhaupt sich selbst trauen?

Es war schon ziemlich cool, in die Neunziger einzutauchen. Kassettendecks im Auto, keine Handys, nur Telefonzellen, Gespräche über Filme, die noch älter als die 90iger sind. Das Buch erhält seine Spannung dadurch, dass da auf engstem Raum zwei Leute miteinander auskommen müssen, die sich nicht kennen und es natürlich tiefste Nacht ist. Und Charlie kann nicht eben den Notruf am Handy wählen. Manchmal weiß man als Leser auch nicht, ob sie sich jetzt Sachen einbildet oder die echt sind. Bis zum letzten Drittel fand ich das Buch daher auch richtig cool, nur ab da wurde es mir ein bisschen zu abgedreht und die Twists kamen praktisch im Sekundentakt. Nichtsdestotrotz war es eine kurzweilige und spannende Lektüre, die ich gern gelesen habe.

Veröffentlicht am 15.02.2023

Live

The truth behind your lies
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Jahrelang ist Jan von einer Clique während der Schulzeit gemobbt worden. Jetzt ist das Abi geschafft und genau diese Clique lässt sich von Jan dazu überreden, kostenlos Urlaub in der Hütte seines Onkels ...

Jahrelang ist Jan von einer Clique während der Schulzeit gemobbt worden. Jetzt ist das Abi geschafft und genau diese Clique lässt sich von Jan dazu überreden, kostenlos Urlaub in der Hütte seines Onkels zu machen, die irgendwo in der Schweiz liegt. Was die Mädchen und Jungs nicht ahnen: Das ist nicht Jans letzter Versuch, Teil ihrer Clique zu werden, sondern seine Rache. Er hat die Hütte mit Kameras ausgestattet und beschlossen, sie und ihre Handlungen und Gespräche auf einem YT-Kanal bloßzustellen. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass es auch unter der Oberfläche der Clique so sehr brodelt ...

Die Geschichte wird in sehr kurzen Abschnitten aus jeweils zwei Perspektiven erzählt. Einerseits Jan, der begabte Musiker, der jahrelang unter Einsamkeit und dem Mobbing der anderen litt, andererseits Emmy, ein Mädchen aus der angesagten Clique, aus deren Sicht wir erleben, was unter ihren Freunden und in ihren Gedanken wirklich abgeht. Und natürlich ist nicht alles schwarz-weiß, aber dennoch ist es eine Tatsache, dass eine ganze Gruppe von sechs bzw. fünf Leuten permanent einen einzigen fertiggemacht hat. Wessen Sympathien da nicht bei Jan liegen, dem muss ganz entscheidend Empathie fehlen. Was mir hier ein bisschen gefehlt hat, war die Tiefe bei den Mobbern, die kamen zum Teil schon arg stereotyp herüber. Dennoch empfinde ich dieses Buch als ein sehr wichtiges, das auf jeden Fall auch Platz im Unterricht und bei Besprechungen mit Schülern haben sollte, und das ich gerade Jugendlichen weiterempfehlen kann.